China vervollständigt den Regulierungsrahmen der Chemieindustrie. Bei Handel und Produktion in China steigen die Compliance-Anforderungen. Auch sind Strafzölle zu beachten.
Die chinesische Regierungsbehörde, verantwortlich für die Registrierung und Verwaltung von Chemikalien in China (National Registration Centre for Chemicals; NRCC), verfügt unter anderem über eine integrierte Informationsplattform über gefährliche Stoffe und Produkte.
Stringentere Marktüberwachung
Seit 1. Januar 2021 ist die China New Chemical Substance Notification (MEE Order No. 12), die chinesische REACH-Verordnung (China REACH), in Kraft. Sie konzentriert sich auf neue Stoffe, die schwer abbaubar, bioakkumulierend und/oder toxisch sind. Zur Notifizierung reichen Basisdaten aus. Akzeptiert werden Daten von chinesischen Laboren mit nationaler Akkreditierung oder von ausländischen Forschungsinstituten mit einer Qualifikation für Good Laboratory Practice (GLP). Geschäftsinformationen können auf Antrag maximal fünf Jahre lang vertraulich behandelt werden.
Produkt- und einzelfallabhängig müssen Unternehmen Informationen über die gerade gültigen Regelungen einholen. Seit März 2018 ist die gesamte Marktüberwachung in der Superbehörde State Administration for Market Regulation (SAMR) angesiedelt. Die frühere Im- und Exportinspektion CIQ (China Inspection and Quarantine) ist seither in der Zollverwaltung aufgegangen.
Steigende Echtzeiterfassung von Umweltdaten
Darüber hinaus muss sich die Chemiebranche in China den erhöhten Anforderungen an Umweltschutz, aber auch Produktregistrierung und -verfolgung stellen. So schreitet die Echtzeiterfassung von Daten zu Abwasser, Abgasen sowie Festmüllabfall landesweit fort. Transparent zugänglich sind immer mehr Daten über die nationale Online-Informationsplattform. Bei der Integration von Kriterien des Umweltschutzes in das Sozialkreditsystem für Unternehmen (Social Credit System) nehmen einige Regionen wie die Provinz Zhejiang Vorreiterrollen ein.
Bereits seit 2018 ist die Einfuhr von Kunststoffabfällen verboten; die an Kunststoffe gestellten Reinheitsanforderungen werden beständig erhöht. Ebenfalls ist die schrittweise Einbindung des petrochemischen und chemischen Sektors in das nationale Emissionshandelssystem (ETS) geplant.
Ausländische Investitionen in die Chemie und Petrochemie sind generell möglich. Die aktuelle Negativliste für ausländische Investitionen der National Development and Reform Commission (NDRC) wurde am 6. September 2024 veröffentlicht und ist seit 1. November 2024 gültig. Sie enthält keine petrochemischen oder chemischen Produkte. Auf der seit 1. Januar 2023 wirksamen Positivliste mit Produktbereichen, in denen ausländische Investitionen explizit willkommen sind, sind einige chemische Erzeugnisse wie organische Polymere oder Hochleistungsfasern zu finden.
Ebenfalls gilt seit 1. Februar 2024 der Katalog zur Ausrichtung der Umstrukturierung der Industrie der NDRC. Er betrifft in- wie ausländische Unternehmen und unterteilt die Industriebranchen in drei Kategorien: geförderte, eingeschränkte und veraltete Bereiche – je nach dem Stand der Fortschrittlichkeit der eingesetzten Technologie und Prozesse. In allen drei Bereichen finden sich chemische und petrochemische Produkte.
China verfolgt die Stärkung inländischer Wertschöpfungsketten und einheimischer Champions auch in der petrochemischen, chemischen und pharmazeutischen Industrie. Einen Überblick über aktuelle Themen der Geschäftspraxis bieten die Positionspapiere der Arbeitsgruppen Petrochemicals, Chemicals and Refining sowie Pharmaceutical der Europäischen Handelskammer in China.
Lieferkettengesetz und CO2-Ausgleichsmechanismus sind zu beachten
Aufgrund von Menschenrechtsverletzungen (Internierungslager, Zwangsarbeit) an der vor allem in Xinjiang lebenden uigurischen Minderheit haben die USA den Uyghur Forced Labour Prevention Act erlassen. Er verbietet die Einfuhr von unter Zwangsarbeit von Uiguren hergestellten Produkten beziehungsweise Produktkomponenten.
Auch das seit dem 1. September 2022 geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zielt darauf ab, Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferketten zu verhindern. Aufgrund der neuen Anforderungen könnten sich die Lieferstrukturen und damit Chinas Position in den globalen Lieferketten künftig verändern, beispielsweise für Solarzellen.
Hinzu kommt die schrittweise Umsetzung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) für Importe in die EU seit dem 1. Oktober 2023. Zum 1. Oktober 2024 erfordert der notwendige Quartalsbericht erstmals die Angabe tatsächlicher herstellerspezifischer CO2-Emissionen. Diese sind in China nur schwer zu bekommen.
Ab Januar 2025 haben Hersteller aus Drittländern die Möglichkeit, ihre Emissionsdaten im CBAM-Register zu hinterlegen. So können EU-Importeure die Daten automatisch abrufen, anstatt sie einzeln von ihren Lieferanten abzufragen. Zu den bislang betroffenen Produktgruppen im Bereich Chemie zählen Wasserstoff (HS-ZTPos. 2804.10.00), Ammoniak (2814), Kaliumnitrat (2834.21.00) sowie Düngemittel (3102 und 3105). Perspektivisch dürften weitere chemische Produkte hinzukommen.
Strafzölle für mehr chemische Produkte
Durch die Welthandelsorganisation (WTO) anerkannte Verstöße haben dazu geführt, dass chemische Produkte aus China mehrfach mit unternehmensspezifischen Anti-Dumping-Strafzöllen belegt wurden, sowohl seitens der USA als auch der EU. So erhoben die Vereinigten Staaten beispielsweise bereits zuvor Anti-Dumping-Zölle auf Lithiumbatterien, deren Komponenten sowie einige kritische Mineralien, Solarzellen und -module sowie Elektroautos.
Auch die EU erhebt Strafzölle auf Elektroautos aus China sowie auf einige chemische Waren mit Ursprung in China, darunter PET. Mitte 2024 verhängte die EU zunächst vorläufige Strafzölle auf die Einfuhr von Titandioxid. Mit Wirkung vom 10. Januar 2025 führte die EU diese unternehmensspezifische Antidumpingmaßnahme nun endgültig ein. China leitete wiederum 2024 eine Antidumping-Untersuchung zu Importen von Polyoxymethylen (POM)-Copolymeren aus der EU, den USA, Japan und Taiwan ein.
Seit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus setzen die USA unter anderem auch gegen China auf Strafzölle, die nicht WTO-konform sind. Zunächst traten am 4. Februar 2025 Zusatzzölle von 10 Prozent auf alle US-Importe aus China in Kraft. Diese Zusatzzölle wurden mit einer Durchführungsverordnung (Executive Order) des US-Präsidenten zum 4. März 2025 auf 20 Prozent erhöht. China reagierte zwischenzeitlich gezielt mit Gegenzöllen auf ausgewählte Waren.
Der Kampf um die Technologievorherrschaft zwischen China und den USA wird auch über die sogenannte Listenpolitik ausgetragen. So befinden sich auf der Liste der USA für "Firmen, die als in den USA operierende chinesische Militärfirmen" angesehen werden, bereits große staatliche Chemiekonzerne wie ChemChina oder CNOOC. Die Liste wird laufend erweitert.
China erhöhte Exportkontrolle
China hat zudem die Exportkontrolle für Metalle der seltenen Erden und weitere kritische Mineralien verschärft, zunächst unter anderem für Grafit, Gallium und Germanium sowie Antimon. Seit 4. Februar 2025 bestehen außerdem Exportbeschränkungen für bestimmte Verbindungen und Produkte aus Indium, Molybdän, Tellur, Wismut und Wolfram erlassen. China plant nun auch den Export von Lithium-Verarbeitungstechnologien sowie für Batteriekathodentechnologie zu beschränken. Entsprechende Änderungsvorschläge konnten bis zum 1. Februar 2025 kommentiert werden.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Corinne Abele
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Shanghai