Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | China | Chemische Industrie

Chinas Chemiebranche zwischen Quantität und Qualität

In der Chemieindustrie in China drücken Überkapazitäten auf die Preise. Gleichzeitig müssen Produzenten für mehr Nachhaltigkeit neue Herstellungsprozesse und Produkte entwickeln. (Stand: April 2025)

Von Corinne Abele | Shanghai

Ausblick auf die chemische Industrie in China

 

  • Krise des Immobiliensektors setzt sich fort.
  • Gesamtkonjunktur bleibt schwach.
  • Überkapazitäten intensivieren Preiswettbewerb.
  • Nachfrage nach klimafreundlicheren Produkten steigt.

Anmerkungstext: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf der Grundlage von Gesprächen mit Branchenvertretern, Verbandsprognosen sowie von der Staatlichen Statistikbehörde (NBS) veröffentlichten Zahlen zur Branchenkonjunktur. Die Einschätzung ist subjektiv und ohne Gewähr. Stand: März 2025

  • Markttrends

    Während die Chemienachfrage schwach bleibt, wächst die inländische Konkurrenz. Überkapazitäten für petrochemische Grundstoffe sorgen weltweit für Preisdruck.

    Der Chemiesektor ist symptomatisch für Chinas schwache und durch strukturelle Probleme gezeichnete Wirtschaftskonjunktur. Geplagt von Überkapazitäten und sinkenden Preisen fallen die Gewinne. Eine kurzfristige Lösung ist nicht in Sicht; dennoch bleiben die Investitionen in die Branche stabil. Ausländische Chemiehersteller geraten durch die wachsende inländische Konkurrenz im weltweit größten Chemiemarkt China unter Druck.

    38 %

    der globalen Produktionskapazität für sechs Basischemikalien (Ethylen, Propylen, Butadien, Benzol, gemischte Xylole und Toluol) werden 2030 in China stehen, prognostiziert ICIS. 

    Die Chemiebranche bekam 2024 vor allem die anhaltende Immobilienkrise zu spüren; aber auch in Branchen wie dem Automobilsektor lief es nicht wirklich rund. Die Umsatzzuwächse blieben in den verschiedenen Segmenten bescheiden. Den stärksten Zuwachs sah das Segment Kunststofffasern.

    Dabei kam es aufgrund fehlender Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage sowie entsprechenden Preisentwicklungen in einigen Segmenten zu dramatischen Gewinneinbußen. Die petrochemische Sparte fuhr einen operativen Verlust von umgerechnet rund 6,3 Milliarden US-Dollar (US$; 45,9 Milliarden Renminbi Yuan; RMB). Offiziellen Zahlen der nationalen Statistikbehörde (NBS) zufolge betrug der operative Gewinn im Vorjahr 52,2 Milliarden RMB (7,2 Milliarden US$). Auch im Segment Basischemikalien ging der operative Gewinn um 9,1 Prozent zurück; leicht negativ tendierte die Entwicklung im Bereich pharmazeutische Produkte sowie bei Gummiprodukten. Lediglich der operative Gewinn der Kunstfaserherstellung stieg deutlich um 35,3 Prozent.

    Hoffen auf erhöhte Nachfrage 2025

    Für 2025 hofft die chemische und petrochemische Industrie vor allem auf eine stärkere inländische Nachfrage. Auf dem Volkskongress im März 2025 wurden Konjunkturmaßnahmen verlängert, wie Direktsubventionen beim Kauf neuer Haushaltselektronik oder beim Verschrotten alter Fahrzeuge sowie die Stärkung der Privatwirtschaft, was von Branchenvertreter begrüßt wird. Zwar dürfte China weiter die Dekarbonisierung seiner Wirtschaft verfolgen, doch diese Entwicklung 2025 angesichts der wirtschaftlichen Situation wohl etwas verlangsamen. Kreditversicherer Atradius sieht Anfang März 2025 Chinas Chemiemarkt nur noch mit 2,2 Prozent im laufenden und mit 3,6 Prozent im kommenden Jahr wachsen.

    Wichtige Abnehmerbranchen unter Druck

    Wichtige Nachfrager für chemische Erzeugnisse wie der Bausektor oder die Automobilbranche befinden sich weiter unter Druck. Zwar zeigen sich leichte Anzeichen von Verbesserung, doch die Immobilienkrise ist bei weitem noch nicht vorbei. Der weltweite Absatz chinesischer Autos legte 2024 zwar noch um 4,5 Prozent zu, jedoch die Verkäufe im Inland bei steigendem Anteil von Fahrzeugen mit alternativem nur noch um 1,6 Prozent. Damit wird auch für Autobauer der Export immer wichtiger; fast jedes fünfte in China produzierte Fahrzeug wurde 2024 bereits im Ausland verkauft. Für die stark exportorientierte Elektronik- und IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie)-Branche trüben sich die Exportaussichten durch die eskalierende Strafzollpolitik der USA ein. Zusätzlich bedrohen das De-facto-Importverbot der USA für Elektroautos "made in China" sowie Antisubventionszölle der EU die heimische Autobranche.

    Preisverfall durch Überkapazitäten geht weiter

    Die trotz nachlassender Nachfrage weiter aufgebauten Produktionskapazitäten sorgen für fallende Preise im In- wie im Ausland. Laut Independent Commodity Intelligent Services (ICIS) dürften die weltweiten Überkapazitäten für die sechs wichtigen petrochemischen Ausgangsstoffe (Ethylen, Propylen, Butadien, Benzol, gemischte Xylole sowie Toluol) 2025 rund 226 Millionen Tonnen pro Jahr erreichen. Ein Großteil davon steht in China. So betrug Chinas Anteil an den weltweiten Produktionskapazitäten für Ethylen 2024 bereits 23 Prozent. Allein 2024 sollen laut ICIS in China Anlagen für zusätzlich jährlich 18,7 Millionen Tonnen (Basis-)Chemieprodukte aufgebaut worden sein – rund vier Fünftel des weltweiten Kapazitätsaufbaus. Auch 2025 sind weitere Projekte in Bau und Planung.

    Inlandsnachfrage nach Pestiziden schwach

    Auch den Bereich Agrarchemikalien wird Trumps Zollpolitik treffen. In den ersten acht Monaten 2024 wurden laut AgriBusiness Global 89 Prozent aller in China produzierten Pestizide exportiert. Die Nachfrage nach chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln in China selbst dürfte 2025 hingegen aufgrund eines prognostizierten geringeren Einsatzes von Insektiziden sinken. Mit einem leichten Anstieg wird hingegen bei Bio-Pestiziden gerechnet, die einen wachsenden Nischenmarkt bedienen. Gemäß der Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen befand sich China 2022, was die Intensität des Pestizideinsatzes angeht, mit Platz 93 im Mittelfeld von insgesamt 197 Ländern weltweit.

    Erhöhter Bedarf an Feinchemikalien und Spezialchemie

    Mit weiter steigendem Bedarf wird im Bereich Spezial- und Feinchemikalien gerechnet. Davon profitieren auch internationale sowie deutsche Chemiehersteller. Einer Marktstudie von Grandview Research zufolge dürfte der chinesische Markt zwischen 2025 und 2030 im jährlichen Durchschnitt um 12,5 Prozent wachsen. So hat die gesteigerte Nachfrage aus dem Bereich erneuerbarer Energien laut der Branchenplattform CHEManager zu Investitionen in die Herstellung von Separatoren für Lithiumbatterien, für Elektrolyte für Lithium-Ionen-Batterien, Harzmaterialien, abbaubare Kunststoffe sowie technische Kunststoffe geführt.

    Risikoabwägung wichtig

    Um gegen die inländische Konkurrenz preislich zu bestehen und kundenspezifisch innovative Produkte anbieten zu können, setzen einige internationale Chemiefirmen auf weitere Lokalisierung. Dabei müssen auch deutsche Chemieunternehmen steigende geopolitische Risiken, die Auswirkungen der US-Zollpolitik und Chinas Reaktion darauf eigene Schutzzölle, Ausweitung der Exportkontrolle im Blick behalten und miteinander abwägen, ohne die eigene Wettbewerbsposition in China und (damit) auch international zu gefährden.

    Von Corinne Abele | Shanghai

  • Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie

    Chinas Chemiebranche ist wichtiger Zulieferer für neue Greentech-Bereiche und nachhaltigere Produkte. Gleichzeitig ist sie einer der größten CO2-Emittenten des Landes.

    Chinas petrochemische und chemische Industrie spielt eine zentrale Rolle beim Umbau von Chinas Industrie in Richtung Nachhaltigkeit. So liefert sie entscheidende Ausgangsprodukte für die Solar- und Windkraftbranche und ermöglicht durch neue Materialien Leichtbaulösungen. Zudem ermöglicht der Chemiesektor umweltverträglichere Lösungen durch biologisch abbaubare Kunststoffe und umweltverträglichere Pestizide.

    So betont Chinas Umsetzungsplan für Innovation und Entwicklung der Feinchemie 2024 bis 2027 bereits die "grüne" Entwicklung dieser Sparte. Gleichzeitig zählt die petrochemische und chemische Branche mit einem Anteil von 13 Prozent an den gesamten chinesischen Emissionen von Kohlendioxid (CO2) zu den Hauptemittenten des Landes. Noch ist die Energieintensität der Branche um ein Vielfaches höher als beispielsweise in Europa.

    Umgang mit Kohleverarbeitungsindustrie schwierig

    So muss die Dekarbonisierung der chemischen und petrochemischen Industrie in China voranschreiten, wenn das Land sein Doppelziel CO2-Spitze bis 2030 und Klimaneutralität 2060 erreichen will. Bei einem nur leichten landesweiten CO2-Anstieg 2024 um 0,8 Prozent laut CarbonBrief könnte China zumindest das erste Ziel deutlich früher erreichen.

    Tatsächlich ist vor allem die Kohleverarbeitungsindustrie ein Hemmschuh auf dem Weg hin zu weniger CO2-Emissionen. Wie die nationale Energiestatistik zeigt, war die chemische Industrie einer der stärksten CO2-Treiber. Die auf dem Einsatz von Kohle beruhenden CO2-Emissionen stiegen zwischen März und Dezember 2024 um 27,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

    ETS bleibt vorerst ohne Petrochemie und Chemie 

    Vor diesem Hintergrund überrascht es daher, dass es bislang keine konkreten Umsetzungspläne gibt, den petrochemischen und chemischen Sektor in das seit Juli 2021 bestehende nationale Emissionshandelssystem (Emission Trading System; ETS) einzubeziehen. Auch der vom Umweltministerium im September 2024 erlassene Arbeitsplan, künftig die Produktion von Zement, Stahl sowie Primäraluminium im ETS einzuschließen, ist noch nicht umgesetzt. Dabei müssen Unternehmen unter CBAM ab 2026 Ausgleichszahlungen beim Import von Produkten in die EU leisten, die mit höheren CO2-Emissionen außerhalb der EU produziert werden als dies innerhalb der EU der Fall wäre. Dazu zählen auch Düngemittel, Salpetersäure, Ammoniak sowie Wasserstoff.

    Zwar bleibt der petrochemische und chemische Sektor damit zwar vorläufig außerhalb des landesweiten ETS, wird jedoch innerhalb von ETS-Pilotregionen wie beispielsweise Shanghai abgedeckt. Dort trugen die verschiedenen Segmente der petrochemischen und chemischen Industrie inklusive der pharmazeutischen Herstellung 16,7 Prozent zum industriellen Produktionswert 2024 bei.

    Managementsystem für CO2-Fußabdruck

    Tatsächlich steht die verifizierbare Dokumentation von CO2-Emissionen in China erst am Anfang. Das Umweltministerium erarbeitet derzeit ein Footprint Management System. Bereits im Sommer 2024 haben acht Unternehmen die Chemical Industry Chain Carbon Footprint Alliance gegründet. Zu ihnen zählen unter anderem die staatlichen Konzerne China National Petroleum Corp., die China National Offshore Oil Corp. und die China Petroleum and Chemical Corp. Ziel ist es, ein Managementsystem für den CO2-Fußabdruck und entsprechende Buchhaltungsstandards zu entwickeln und einzuführen.

    Grüne Wasserstoffwirtschaft im Entstehen

    Mit dem Inkrafttreten des neuen Energiegesetzes am 1. Januar 2025 wird Wasserstoff (H2) in China erstmals als Energieträger eingestuft. Bereits 2021 wurde der erste mittelfristige Entwicklungsplan bis 2035 für die Wasserstoffwirtschaft verabschiedet. Langfristig soll dabei der Anteil von grünem und blauem H2 deutlich steigen. Er fungiert nicht zuletzt als Speicher für die aus Solar- und Windkraft gewonnene Energie.

    Grüner (und blauer) H2 ist für die Chemieindustrie Ausgangspunkt für die Herstellung von Ammoniak sowie Methanol mit geringen oder gar keinen CO2-Emissionen. Letzteres ist wie CO2-arm hergestelltes Ethanol vor allem als grüner Treibstoff für die Schifffahrt und perspektivisch für die Luftfahrt stark gefragt. Das verfügbare Angebot deckt den prognostizierten Bedarf aber bei weitem noch nicht. Gemeinsam mit weiteren Ressorts hat das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) im Dezember 2024 einen Plan zur Förderung des Einsatzes von mit geringen CO2-Emissionen hergestellten Wasserstoffs in der Industrie  erlassen.

    Gewaltiger Ausbau von Solar und Wind schafft Nachfrage

    China hat auch 2024 seine erneuerbaren Energien massiv ausgebaut und damit seine ursprünglich für 2030 gesetzten Ausbauziele von insgesamt 1.200 Gigawatt deutlich früher erreicht. Bei Solarenergie erhöhte China 2024 die Kapazitäten um 277 auf 887 Gigawatt und bei Windkraft um 80 auf 521 Gigawatt.

    Die Chemiebranche hat sich auf den damit verbundenen Nachfragesog nach Ausgangs- und Halbleitermaterialien eingestellt. Mengenmäßig überstiegen die Ausfuhren von Polysilizium wird für die Herstellung von Solarzellen benötigt 2024 erstmals die Einfuhren. Allerdings ist der Sektor von Überkapazitäten und enormem Preisverfall geplagt, was ebenfalls auf die gesamte Solarbranche zutrifft. Außerdem wird kräftig in die chemische Zulieferindustrie für die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus für die Elektromobilität investiert. Mit fast 13 Millionen Fahrzeugen mit alternativem Antrieb ist China mit deutlichem Abstand der größte Markt weltweit.

    Staat treibt Akku-Recycling voran

    Mit der steigenden Anzahl von Elektroautos wächst auch der Bedarf an Batterierecycling. China dominiert diesen Bereich weltweit mit Recyclingkapazitäten von rund 2,9 Millionen Tonnen pro Jahr. Im März 2025 wurde eine Regelung zur Einfuhr von Reststoffen aus recycelten Lithium-Ionen-Akkus öffentlich erörtert. Chinas Regierung treibt den Ausbau von Recyclingkapazitäten voran und hat dazu im Oktober 2024 in Tianjin die staatliche China Resources Recycling Group gegründet.

    Von Corinne Abele | Shanghai

  • Branchenstruktur

    Der inländische Wettbewerb nimmt zu, die Produktionstiefe steigt weiter. Auch ausländische Chemiefirmen setzen daher zwangsläufig auf Lokalisierung.

    China ist der weltweit größte Produzent sowie Abnehmer von petrochemischen und chemischen Produkten. Ausgehend von einem Fokus auf Basischemikalien hat sich die Branche in den letzten Jahren deutlich diversifiziert. Längst wird das höherwertige Chemiesegment nicht mehr ausschließlich durch ausländische Chemiefirmen durch Produktion vor Ort oder Importe bedient. China verfügt inzwischen über eine umfangreiche inländische Wertschöpfungskette und über komplexe Industriecluster der Chemiebranche im ganzen Land. Gepaart mit seinem riesigen Binnenmarkt ist die Suche nach vergleichbaren Standorten schwierig.

    Internationale Branchenspitze auf China angewiesen

    Fein- und Spezialchemikalien sind die Segmente, in denen der Beitrag der internationalen Chemiefirmen bislang noch am größten ist. Orientiert an lokalen, häufig innovativen Kundenbedürfnissen bedienen sie diese zunehmend durch Produktion, aber auch Innovation und Entwicklung vor Ort.

    Wer im Bereich Chemie zu den global führenden Unternehmen zählen möchte, muss im weltweit größten Chemiemarkt aktiv und erfolgreich sein. So schätzte BASF in einem firmeneigenen Bericht den Beitrag Chinas zum globalen Wachstum des Chemiemarktes 2024 auf rund 86 Prozent. Im Jahr 2024 wuchs Chinas Chemieproduktion (ohne pharmazeutische Herstellung) diesem Bericht zufolge um 6,8 Prozent.

    Inländische Konkurrenz kommt näher

    Der Markt ist jedoch hart umkämpft, der Abstand zu chinesischen Anbietern wird geringer. Dabei beruht die erhöhte Wettbewerbsfähigkeit erfolgreicher chinesischer Herausforderer auch auf verstärkter Innovationsfähigkeit. Darauf weisen Indikatoren wie die steigende Anzahl an Patentanmeldungen, Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowie das vermehrte Zitieren wissenschaftlicher Artikel im Chemiebereich aus China hin.

    Vor allem führende Branchenunternehmen drängen in die jeweils höherwertigeren Produktsegmente vor. Dabei zählen häufig nicht-staatliche Chemiefirmen zu den stärksten Wettbewerbern. Tatsächlich sollen Pressemeldungen zufolge rund 90 Prozent aller größeren Chemieproduzenten nicht-staatlich sein.

    Es verwundert daher wenig, dass sich zunehmend chinesische Unternehmen in der globalen Spitzengruppe befinden. So zählten 2024 bereits drei chinesische Firmen zu den ersten zehn auf der Liste "ICIS Top 100 Chemical Companies", die das Independent Commodity Intelligence Services (ICIS) im September 2024 veröffentlicht hat: Sinopec (Rang 2), Rongsheng Petrochemical (8) vor Wanhua Chemical (9). Es folgen weiter auf Platz 24 Hengli Petrochemical sowie Hengyi Petrochemical auf Platz 36. Die Liste führt Branchenführer BASF an – der einzige deutsche Chemiegigant unter den Top Ten.

    Wichtige Branchenunternehmen in China Umsatz im 3. Quartal 2024 in Milliarden US-Dollar; Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum in Prozent
    Unternehmen

    Bereich

    Umsatz 3)

    Veränderung

    SinopecPetrochemie

    337,7

    -4,2

    PetroChinaPetrochemie

    322,0

    -1,1

    Rongsheng PetrochemicalPetrochemie

    35,0

    2,6

    Wanhua Chemical Groupvielfältig

    21,1

    11,3

    Tongkun Holding GroupChemiefaser

    10,9

    23,2

    Xinfengming GroupChemiefaser

    7,0

    11,3

    Syngenta Group 1)Agrarchemikalien

    6,8

    4,0

    Hebei Chengxin 2)Feinchemikalien

    6,1

    k.A.

    SinopharmPharmaindustrie

    5,4

    4,1

    3TREES GroupFarbe

    1,3

    -2,8

    1 Tochtergesellschaft von Sinochem mit Hauptsitz in der Schweiz; 2 Umsatz für das Jahr 2023; 3 Umrechnung zum Monatsendkurs September 2024 der Deutschen Bundesbank: 1 US$ = 7,0074 RMBQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025; Meldungen in der chinesischen Presse und Finanzberichte der Unternehmen 2025

    Innovation wird immer wichtiger

    Wer weltweit in der Spitzengruppe bleiben möchte, muss unter Berücksichtigung der wachsenden geopolitischen Risiken im weltweit größten Chemiemarkt aktiv, erfolgreich und vor allem für die häufig innovativen Kunden präsent sein. So baut BASF derzeit seinen größten Verbundstandort außerhalb Europas im Süden Chinas in Zhanjiang in der Provinz Guangdong. Bis 2030 soll das Projekt mit einer Gesamtinvestitionssumme von 10 Milliarden Euro den Betrieb aufnehmen und dann der größte Verbundstandort von BASF weltweit sein. Nach Angaben der Beratungsgesellschaft Rhodium Group zählte BASF aufgrund dieses riesigen Einzelprojekts sowohl 2022, 2023 als auch im 1. Halbjahr 2024 zu den größten fünf europäischen Investoren in China.

    Der Anteil der Chemieindustrie an den im Zeitraum 2022 bis zum 1. Halbjahr 2024 in China getätigten Direktinvestitionen europäischer Firmen lag bei 14 Prozent und somit gleich hoch wie zuvor im Zeitraum 2019 bis 2021. Rückläufig war hingegen der Anteil der Pharma- und Gesundheitsbranche an den europäischen Direktinvestitionen in China. Er fiel von zuvor 10 auf 4 Prozent. Die Rhodium Group führt dies auf die abnehmende Tätigkeit europäischer Firmen in dieser Branche im Bereich Mergers & Acquisitions in China zurück.

    Chinesische Konkurrenz im Weltmarkt

    Doch auch chinesische Chemiefirmen sehen sich angesichts der zunehmenden Fragmentierung nach Standorten außerhalb Chinas um. Bislang dürfte sich der Großteil ihrer Wertschöpfungskette (noch) im Inland befinden. So stellt China beispielsweise laut der Branchenplattform CHEManager mittlerweile rund 55 Prozent der weltweiten Essigsäurekapazität, 50 Prozent der globalen Kapazitäten zur Ruß-Herstellung sowie 45 Prozent der vorhandenen Kapazitäten zur Herstellung von Titandioxid. Gleichzeitig bestimmt das Land die globalen Wertschöpfungsketten für die Herstellung von Solarzellen/-modulen und Batterien sowie für viele der dafür notwendigen Chemikalien.

    Zölle beeinflussen globale Lieferketten

    Die durch Trumps Zollpolitik weiter beschleunigte De-Globalisierung könnte daher auf einige globale Lieferketten chemischer Erzeugnisse disruptiv wirken. Basierend auf der chinesischen Zollstatistik war China 2024 Nettoexporteur chemischer Erzeugnisse mit einem Handelsüberschuss von rund 18,4 Milliarden US$. Dabei gingen nicht nur die Importe um 5,0 Prozent zurück, sondern auch die Exporte um wertmäßig 1,5 Prozent. Dazu dürfte der Preisverfall aufgrund von Überkapazitäten in einigen Segmenten beigetragen haben.

    Rund 9,3 Prozent der Ausfuhr chemischer Erzeugnisse gingen in die USA; aus der wiederum 11,8 Prozent der Einfuhren stammen. Steigende Strafzölle auf beiden Seiten dürften diesen Handel 2025 beeinflussen und möglicherweise verstärkt chemische Erzeugnisse aus China in die EU umleiten. Bei chemischen Waren lag der Anteil der EU im Jahr 2024 an Chinas Exporten bei 14,8 Prozent, während Chinas Importe in dieser Produktkategorie zu 29,9 Prozent aus der EU stammten. Allein 8,9 Prozent der gesamten Lieferungen chemischer Erzeugnisse nach China stammten aus Deutschland.

    Von Corinne Abele | Shanghai

  • Rahmenbedingungen

    China vervollständigt den Regulierungsrahmen der Chemieindustrie. Bei Handel und Produktion in China steigen die Compliance-Anforderungen. Auch sind Strafzölle zu beachten. 

    Die chinesische Regierungsbehörde, verantwortlich für die Registrierung und Verwaltung von Chemikalien in China (National Registration Centre for Chemicals; NRCC), verfügt unter anderem über eine integrierte Informationsplattform über gefährliche Stoffe und Produkte.

    Stringentere Marktüberwachung

    Seit 1. Januar 2021 ist die China New Chemical Substance Notification (MEE Order No. 12), die chinesische REACH-Verordnung (China REACH), in Kraft. Sie konzentriert sich auf neue Stoffe, die schwer abbaubar, bioakkumulierend und/oder toxisch sind. Zur Notifizierung reichen Basisdaten aus. Akzeptiert werden Daten von chinesischen Laboren mit nationaler Akkreditierung oder von ausländischen Forschungsinstituten mit einer Qualifikation für Good Laboratory Practice (GLP). Geschäftsinformationen können auf Antrag maximal fünf Jahre lang vertraulich behandelt werden.

    Produkt- und einzelfallabhängig müssen Unternehmen Informationen über die gerade gültigen Regelungen einholen. Seit März 2018 ist die gesamte Marktüberwachung in der Superbehörde State Administration for Market Regulation (SAMR) angesiedelt. Die frühere Im- und Exportinspektion CIQ (China Inspection and Quarantine) ist seither in der Zollverwaltung aufgegangen.

    Steigende Echtzeiterfassung von Umweltdaten

    Darüber hinaus muss sich die Chemiebranche in China den erhöhten Anforderungen an Umweltschutz, aber auch Produktregistrierung und -verfolgung stellen. So schreitet die Echtzeiterfassung von Daten zu Abwasser, Abgasen sowie Festmüllabfall landesweit fort. Transparent zugänglich sind immer mehr Daten über die nationale Online-Informationsplattform. Bei der Integration von Kriterien des Umweltschutzes in das Sozialkreditsystem für Unternehmen (Social Credit System) nehmen einige Regionen wie die Provinz Zhejiang Vorreiterrollen ein.

    Bereits seit 2018 ist die Einfuhr von Kunststoffabfällen verboten; die an Kunststoffe gestellten Reinheitsanforderungen werden beständig erhöht. Ebenfalls ist die schrittweise Einbindung des petrochemischen und chemischen Sektors in das nationale Emissionshandelssystem (ETS) geplant.

    Ausländische Investitionen in die Chemie und Petrochemie sind generell möglich. Die aktuelle Negativliste für ausländische Investitionen der National Development and Reform Commission (NDRC) wurde am 6. September 2024 veröffentlicht und ist seit 1. November 2024 gültig. Sie enthält keine petrochemischen oder chemischen Produkte. Auf der seit 1. Januar 2023 wirksamen Positivliste mit Produktbereichen, in denen ausländische Investitionen explizit willkommen sind, sind einige chemische Erzeugnisse wie organische Polymere oder Hochleistungsfasern zu finden.

    Ebenfalls gilt seit 1. Februar 2024 der Katalog zur Ausrichtung der Umstrukturierung der Industrie der NDRC. Er betrifft in- wie ausländische Unternehmen und unterteilt die Industriebranchen in drei Kategorien: geförderte, eingeschränkte und veraltete Bereiche – je nach dem Stand der Fortschrittlichkeit der eingesetzten Technologie und Prozesse. In allen drei Bereichen finden sich chemische und petrochemische Produkte.

    China verfolgt die Stärkung inländischer Wertschöpfungsketten und einheimischer Champions auch in der petrochemischen, chemischen und pharmazeutischen Industrie. Einen Überblick über aktuelle Themen der Geschäftspraxis bieten die Positionspapiere der Arbeitsgruppen Petrochemicals, Chemicals and Refining sowie Pharmaceutical der Europäischen Handelskammer in China.

    Lieferkettengesetz und CO2-Ausgleichsmechanismus sind zu beachten

    Aufgrund von Menschenrechtsverletzungen (Internierungslager, Zwangsarbeit) an der vor allem in Xinjiang lebenden uigurischen Minderheit haben die USA den Uyghur Forced Labour Prevention Act erlassen. Er verbietet die Einfuhr von unter Zwangsarbeit von Uiguren hergestellten Produkten beziehungsweise Produktkomponenten.

    Auch das seit dem 1. September 2022 geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zielt darauf ab, Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferketten zu verhindern. Aufgrund der neuen Anforderungen könnten sich die Lieferstrukturen und damit Chinas Position in den globalen Lieferketten künftig verändern, beispielsweise für Solarzellen.

    Hinzu kommt die schrittweise Umsetzung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) für Importe in die EU seit dem 1. Oktober 2023. Zum 1. Oktober 2024 erfordert der notwendige Quartalsbericht erstmals die Angabe tatsächlicher herstellerspezifischer CO2-Emissionen. Diese sind in China nur schwer zu bekommen.

    Ab Januar 2025 haben Hersteller aus Drittländern die Möglichkeit, ihre Emissionsdaten im CBAM-Register zu hinterlegen. So können EU-Importeure die Daten automatisch abrufen, anstatt sie einzeln von ihren Lieferanten abzufragen. Zu den bislang betroffenen Produktgruppen im Bereich Chemie zählen Wasserstoff (HS-ZTPos. 2804.10.00), Ammoniak (2814), Kaliumnitrat (2834.21.00) sowie Düngemittel (3102 und 3105). Perspektivisch dürften weitere chemische Produkte hinzukommen.

    Strafzölle für mehr chemische Produkte

    Durch die Welthandelsorganisation (WTO) anerkannte Verstöße haben dazu geführt, dass chemische Produkte aus China mehrfach mit unternehmensspezifischen Anti-Dumping-Strafzöllen belegt wurden, sowohl seitens der USA als auch der EU. So erhoben die Vereinigten Staaten beispielsweise bereits zuvor Anti-Dumping-Zölle auf Lithiumbatterien, deren Komponenten sowie einige kritische Mineralien, Solarzellen und -module sowie Elektroautos.

    Auch die EU erhebt Strafzölle auf Elektroautos aus China sowie auf einige chemische Waren mit Ursprung in China, darunter PET. Mitte 2024 verhängte die EU zunächst vorläufige Strafzölle auf die Einfuhr von Titandioxid. Mit Wirkung vom 10. Januar 2025 führte die EU diese unternehmensspezifische Antidumpingmaßnahme nun endgültig ein. China leitete wiederum 2024 eine Antidumping-Untersuchung zu Importen von Poly­oxymethylen (POM)-Copolymeren aus der EU, den USA, Japan und Taiwan ein.

    Seit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus setzen die USA unter anderem auch gegen China auf Strafzölle, die nicht WTO-konform sind. Zunächst traten am 4. Februar 2025 Zusatzzölle von 10 Prozent auf alle US-Importe aus China in Kraft. Diese Zusatzzölle wurden mit einer Durchführungsverordnung (Executive Order) des US-Präsidenten zum 4. März 2025 auf 20 Prozent erhöht. China reagierte zwischenzeitlich gezielt mit Gegenzöllen auf ausgewählte Waren.

    Der Kampf um die Technologievorherrschaft zwischen China und den USA wird auch über die sogenannte Listenpolitik ausgetragen. So befinden sich auf der Liste der USA für "Firmen, die als in den USA operierende chinesische Militärfirmen" angesehen werden, bereits große staatliche Chemiekonzerne wie ChemChina oder CNOOC. Die Liste wird laufend erweitert.

    China erhöhte Exportkontrolle

    China hat zudem die Exportkontrolle für Metalle der seltenen Erden und weitere kritische Mineralien verschärft, zunächst unter anderem für Grafit, Gallium und Germanium sowie Antimon. Seit 4. Februar 2025 bestehen außerdem Exportbeschränkungen für bestimmte Verbindungen und Produkte aus Indium, Molybdän, Tellur, Wismut und Wolfram erlassen. China plant nun auch den Export von Lithium-Verarbeitungstechnologien sowie für Batteriekathodentechnologie zu beschränken. Entsprechende Änderungsvorschläge konnten bis zum 1. Februar 2025 kommentiert werden.

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Corinne Abele | Shanghai

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Greater China

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Industry and Information Technology (MIIT)

    Ministerium für Industrie- und Informationstechnik
    Ministry of Science and Technology of the People's Republic of China (MOST)Ministerium für Wissenschaft und Technologie
    Ministry of Ecology and Environment (MEE)Ministerium für Ökologie und Umwelt
    National Development and Reform Commission (NDRC)Nationale Kommission für Entwicklung und Reform
    National Energy Administration (NEA)Nationale Energiebehörde

    China Petroleum and Chemical Industry Federation (CPCIF)

    Fachverband für die Erdöl- und chemische Industrie 
    China Chemical Industrial Equipment Association (CCIEA)Fachverband für chemische Industrieausrüstungen

    Association of International Chemical Manufacturers (AICM)

    Fachverband multinationaler Chemieunternehmen in China
    China International Chemical Industry Fair (ICIF China 2025)Jährliche Fachmesse für Erdöl und Chemie
    17. bis 19.09.25 in Shanghai
    China Coatings Show 2025Jährliche Fachmesse für Farben und Lacke
    03. bis 05.09.25 in Shanghai

    China Chemical Industry News

    Fachzeitung in chinesischer Sprache

    Von Corinne Abele | Shanghai

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.