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Hochbau: Projekte
Öffentlich-private Partnerschaften setzen Großprojekte um. Impulse kommen auch von großen privaten Ketten, insbesondere im Gesundheitssektor und Tourismus.
27.05.2025
Von Gloria Rose | São Paulo
Der Bau und Betrieb öffentlicher Gebäude, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitssektor, war in der Vergangenheit durch hohe Ineffizienzen gekennzeichnet. Mehr als 10.000 Baustellen, in die bereits große Summen geflossen waren, lagen brach. Die Bauten wurden auf der Plattform Mãos à Obra erfasst. Nur wenige von ihnen wurden zu Ende geführt. Auch infolge dieser Erfahrung vergeben die Bundesstaaten und Kommunen heute zunehmend Konzessionen an private Betreiber oder setzen auf öffentlich-private Partnerschaften (PPP).
Öffentlich-private Projekte nehmen Fahrt auf
Die Regierung in Brasília, die Bundesstaaten und die Kommunen strukturieren in vielen Bereichen Projekte für private Betreiber. Das Spektrum ist vielfältig. Es reicht vom Bau und/oder Betrieb von Krankenhäusern, Schulen, Verwaltungseinrichtungen, Museen, Veranstaltungszentren bis hin zu Strafvollzugsanstalten, Parks, Sportplätzen und vielem mehr.
Informationen zu Projekten bieten beispielsweise die Internetseite des Investitionsprogramms PAC der brasilianischen Regierung oder die Seite PPI des Bundesstaats São Paulo. Auch der Infrastrukturverband ABDIB bietet eine Übersicht über verschiedenste Vorhaben auf seiner Projektplattform.
Laut einer Erhebung der Beratungsfirma Radar PPP vom Januar 2025 kamen zwischen 2022 und 2025 besonders viele Projekte zum Bau und Betrieb von Bildungseinrichtungen hinzu. Die Zahl der Vorhaben verdreifachte sich auf 148 Projekte. Insgesamt stieg die Zahl der Vorhaben in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnraum, Bestattungswesen und Strafvollzug von 377 auf 594 Projekte an.
Kategorie | Anzahl der Projekte | Investitionen in Mio. US$ *) |
---|---|---|
Bildung | 9 | 1.510 |
Gesundheit | 11 | 661 |
Wohnraum und Urbanisierung | 5 | 657 |
Bestattungswesen | 7 | 20 |
Strafvollzug | 1 | 16 |
Insgesamt | 33 | 2.865 |
Viele Verträge für PPP-Projekte und Konzessionen erarbeitet der Projekthub der Entwicklungsbank BNDES. Im Bildungsbereich bereitet BNDES derzeit vier Vergaben vor. Am weitesten fortgeschritten ist der Vertrag für 31 Bildungsstätten in Caxias do Sul (Rio Grande do Sul), der im 3. Quartal 2025 vergeben werden soll. Eine PPP für 123 Schulen im Staat Minas Gerais ist für das 2. Quartal 2026 vorgesehen. Dazu kommen Vorhaben in Recife (Pernambuco) und in Rio de Janeiro.
Vorreiter São Paulo vergab 2024 Konzessionen für den Neubau von 33 Schulen. Für 2025 plant der Staat eine PPP zum Betrieb von 143 Schulgebäuden. Im Gesundheitssektor sollen bis Ende 2025 die medizinische Grundversorgung in Recife und Jaboatão dos Guararapes (Pernambuco) vergeben werden. Darüber hinaus strukturiert BNDES Verträge zur Sanierung und Nutzung staatlicher Gebäude. Bis 2026 sollen sieben Immobilienblöcke versteigert werden.
Auch private Dienstleister bauen Gesundheitseinrichtungen
Die Coronakrise stürzte private Krankenversicherer und Gesundheitsanbieter in eine tiefe Krise. Nun nehmen große Ketten wie Rede D'Or und Hapvida die Expansion wieder auf. Die Bevölkerung Brasiliens wird im kommenden Jahrzehnt deutlich schneller altern als in anderen Schwellenländern. Pflegeheime für die höheren Einkommensklassen rücken ins Interesse von Investmentfonds. Die Investitionen im privaten Gesundheitssektor steigen tendenziell und fördern den Bau weiterer Einrichtungen.
Sozialbau steht im Fokus von Regierung und Wohnungsbaugesellschaften
Mit dem Programm Imóvel da Gente will die Regierung bis 2026 mehr als 1.000 öffentlichen Gebäuden eine neue Bestimmung geben. Ein Großteil soll in Wohnraum umgewandelt werden. Mehr als 762 Immobilien gingen bereits in das Portfolio des Wohnungsbauprogramms "Minha Casa Minha Vida" (MCMV) über. Dadurch wurden Wohnungen für mehr als 400.000 Familien geschaffen.
Unter der Regierung Lula rückt der soziale Wohnungsbau wieder in den Vordergrund. Davon profitieren besonders die Baugesellschaften Direcional, Cury, MRV und Pacaembu, da 90 Prozent ihrer Aktivtäten über MCMV laufen. Aber auch Plano&Plano, Tenda und Cyrela nutzen den Trend für sich sowie Konzerne, die auch für gehobene Einkommensschichten bauen. Hierzu zählen Unternehmen wie Nortis (Firmentochter für sozialen Wohnungsbau: Vibra), Patrimar (Novolar) und Benx (VivaBenx).
Shoppingzentren und Tourismus ziehen Investitionen an
Die Kassen in den Malls klingeln. Im Jahr 2024 stellte der Sektor einen neuen Umsatzrekord auf. Von Jahr zu Jahr kommen neue Standorte hinzu, für 2025 erwartet der Verband Abrasce bis zu zwölf Neueröffnungen. Insgesamt verfügen bislang knapp 250 der 5.570 Städte und Gemeinden Brasiliens über rund 650 Shoppingmalls.
Große Betreiber von Malls erzielen zweistellige Wachstumsraten und investieren. So baut Multiplan bis Ende 2026 die drei Einkaufszentren Parque Shopping Maceió (Alagoas), Morumbi Shopping (São Paulo) und ParkShopping Brasília (Distrito Federal) aus und investiert dafür etwa 110 Millionen US-Dollar (US$). Ähnlich hohe Summen investiert Tacla in den Ausbau von drei Zentren und den Bau einer neuen Mall in Paraná, Santa Catarina und São Paulo. Dagegen stößt der börsennotierte Konzern Allos Beteiligungen ab.
Auch wegen der hohen Flugpreise machen die Brasilianer meist Urlaub im eigenen Land. Die Zahl der Besucher aus dem Ausland steigt. Im Jahr 2025 werden erstmals mehr als 7 Millionen Touristen erwartet. Der Umsatz stieg 2024 um 4,2 Prozent und erreichte den Rekordwert von 37,8 Milliarden US$.
Das beflügelt die Branche und viele Hotelketten investieren, darunter internationale und renommierte Marken. Hilton wächst exponentiell und plant für die kommenden fünf Jahre 20 neue Standorte, zum Teil über Franchise-Verträge. Die ausländischen Investitionen legten 2024 um 40 Prozent auf 360 Millionen US$ zu. Das Portal Tourism Investment Hub bietet eine Übersicht über große Investitionsprojekte.
Lang erwartete Luxusattraktionen wie der Surfparkkomplex Beyond The Club (BTC) im Süden São Paulos kommen voran. Von der Entwicklung des Sektors profitieren beliebte Ziele wie der Tourismusdistrikt Serra Azul im Hinterland São Paulos. Doch die stärksten Impulse erwartet der Nordosten Brasiliens. Die Regierung stützt die Entwicklung über das Förderprogramm PATI.
Vorhaben | Investitionssumme (in Mio. US$) *) | Projektstand | Projektträger |
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Ausbau der landesweit 74 Krankenhäuser der Kette Rede D'Or und Erweiterung um 5.400 neue Betten | 1.391 | Veröffentlichung des Investitionsplans bis 2028 im September 2024 | Rede D'Or |
Neues Verwaltungszentrum des Bundesstaats São Paulo im Stadtzentrum der Metropole (Nutzflãche von 219.000 qm) | 872 | Ausschreibung der 30-jährigen Konzession ist für das 3. Quartal 2025 vorgesehen, die Vergabe für das 4. Quartal 2025, Baubeginn für 2027 | Regierung des Bundesstaats São Paulo (Architekturbüro Opera Quatro) |
Bau einer Tourismusanlage und nachhaltigen Luxusresidenz "Maraey" mit drei Hotels und einer Universität in Maricá (Rio de Janeiro) | 649 | Baubeginn 2. Halbjahr 2025 | Maraey (IDB Brasil: Joint-Venture der Unternehmen Cetya und Abacus Group) |
2 Konzessionen für den Bau und Betrieb von insgesamt 33 Schulen in 29 Städten des Bundesstaats São Paulo | 390 | Beide Konzessionen mit einer Laufzeit von 25 Jahren wurden im 3. Quartal 2024 vergeben (Investitionssumme pro Konzession: 195 Mio. US$) |
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Bau von 10 neuen Kliniken und Krankenhäusern, Erweiterung um 1.811 neue Betten + Diagnosezentren und Probeannahmestellen | 372 | Investitionsplan 2025 und 2026 (50 Prozent im Staat São Paulo + Amazonas, Rio de Janeiro, Pará, Ceará, Pernambuco und Mato Grosso do Sul) | Hapvida NotreDame Intermédica |
60 m hohes Stadion für den Fußballverein Flamengo in Rio de Janerio (Nutzfläche von 304.000 qm inklusive 84 Restaurants und Bars) | 359 | Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung mit der Stadt im November 2024, Eröffnung geplant für November 2029 | Flamengo (nach Entwurf von Arena Events + Venues) |
Themenpark und Resort in João Pessoa (Paraíba); Aquapark und Ausbau des Resorts in Atibaia (São Paulo) + Modernisierung und Instandhaltung der vier weiteren Tourismuskomplexe | 279 | Investitionsplan bis 2030 wurde im Januar 2025 angekündigt | Grupo Tauá |
Costana Frontier Resorts, Luxusresort mit künstlichem Strand in Novo Machado (Rio Grande do Sul) | 112 | Baubeginn im 2. Halbjahr 2026, Eröffnung 2029 | MSK Incorp der Gruppe Tecnika Engenharia Especializada |
6 neue Hotels bis 2026: Hotel in Ouro Preto (Minas Gerais) wird im April 2025 eröffnet, danach folgen Belém (Pará), 2 Hotels in Coruripe (Alagoas), 2 Hotels in São Luís (Maranhão) | 112 | Darüber hinaus bestehen Pläne für Hotels/Resorts in Brumadinho (Minas Gerais) und in Mangue Seco (Bahia). | Gruppe Vila Galé |
Neubau von Strafvollzugsanstalten in Caxias do Sul und Rio Grande (Rio Grande do Sul) | 93 | Vertrag mit Baukonzern Verdi Sistemas Construtivos Ende Dezember 2024 unterzeichnet, Baubeginn 2025 | Regierung des Bundesstaats Rio Grande do Sul |
Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".