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Rechtsbericht | Brasilien | Eigentums- und Steuerrecht

Brasilien verabschiedet Gesetz gegen Protektionismus

Ein neues Gesetz ermöglicht Brasilien Sanktionen gegen Länder oder Blöcke, die einseitige Handelsbarrieren errichten.

Von Dr. Julio Pereira | Berlin

Am 14. April 2025 ist in Brasilien das sogenannte Gesetz zur Wirtschaftsreziprozität (Lei da Reciprocidade Econômica, Gesetz 15.122/25) in Kraft getreten, das die Reaktionsfähigkeit des brasilianischen Staates gegenüber externen Handelshemmnissen stärken soll. In der Praxis ermöglicht das Gesetz Brasilien, schnelle Vergeltungsmaßnahmen (einschließlich steuerlicher Maßnahmen) zu ergreifen, die sich auf strategische Wirtschaftssektoren anderer Länder auswirken können, wie beispielsweise den Technologie- und den audiovisuellen Sektor.

Was sieht das neue Gesetz vor?

Im Wesentlichen gibt das neue Gesetz der Exekutive Rechtsgrundlagen für mögliche Gegenmaßnahmen im Falle von protektionistischen Beschränkungen oder Anforderungen aus dem Ausland, die die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten von Unternehmen mit Sitz in Brasilien beeinträchtigen. Dem Gesetz zufolge müssen Gegenmaßnahmen des Staates in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft koordiniert werden.

Welche konkreten Gegenmaßnahmen sind gesetzlich festgelegt?

Die Exekutive ist befugt, folgende Gegenmaßnahmen zu ergreifen:

  1. Erhöhung von Steuersätzen (CIDE und CONDECINE);
  2. Aussetzung von Rechten an geistigem Eigentum, Handels- und Investitionskonzessionen;
  3. Beschränkung der Einfuhr von Waren und Dienstleistungen;
  4. Aussetzung anderer Verpflichtungen aus Handelsabkommen, denen Brasilien beigetreten ist.

Diese Gegenmaßnahmen können kumulativ angewendet werden. In jedem Fall legt das Gesetz klar fest, dass diplomatische Verhandlungen im Vordergrund stehen müssen, um die Handelsbeziehungen zwischen Brasilien und dem Land, das die Gegenmaßnahmen ausgelöst hat, zu normalisieren.

Anwendbarkeit des Gesetzes

Art. 2 des Gesetzes legt fest, dass Gegenmaßnahmen bei der Umsetzung (oder angekündigten Umsetzung) einseitiger Maßnahmen durch ein Land oder einen Wirtschaftsblock in drei Fällen ergriffen werden können:

  • Verletzung internationaler Handelsabkommen: im Falle von Entscheidungen von Drittländern, die im Widerspruch zu den Bestimmungen eines unterzeichneten Handelsabkommens stehen.
  • Auferlegung zusätzlicher Umweltanforderungen: im Falle einseitiger Umweltmaßnahmen von Drittländern, die strenger sind als die von Brasilien festgelegten Umweltschutzstandards.
  • Einmischung in die Souveränität Brasiliens: im Falle des Versuchs, die freien Entscheidungen des brasilianischen Staates in Fragen des internationalen Handels durch Handels-, Finanz- oder Investitionserpressung zu beeinflussen.

Auswirkungen des Gesetzes auf das Steuer- und Eigentumsrecht

Von besonderem Interesse für deutsche Unternehmen ist die Tatsache, dass das neue Gesetz dem brasilianischen Staat die Möglichkeit gibt, Gegenmaßnahmen im Bereich des Steuer- und des geistigen Eigentumsrechts zu ergreifen.

Im Steuerbereich könnte Brasilien bestimmte Steuersätze erhöhen, insbesondere die Abgabe auf wirtschaftliche Interventionen (Contribuição sobre Intervenção no Domínio Econômico CIDE) und die Abgabe zur Förderung der nationalen Filmindustrie (Contribuição para o Desenvolvimento da Indústria Cinematográfica Nacional CONDECINE). Diese Abgaben dienen speziell der Förderung der technologischen Entwicklung und der Filmindustrie in Brasilien. Ihr ursprünglicher nichtfiskalischer Zweck steht daher im Einklang mit dem Charakter von Gegenmaßnahmen im Sinne des neuen Gesetzes. In jedem Fall darf die Exekutive die Steuersätze nur erhöhen, wenn sie alle verfassungsrechtlichen Steuergrundsätze einhält.

Was das geistige Eigentum betrifft, könnte Brasilien als Gegenmaßnahme (innerhalb der Grenzen des TRIPS-Abkommens) die Aussetzung des Patentschutzes, die Verkürzung der Schutzdauer oder die Einführung einer Reihe von Verwaltungshemmnissen anwenden. Für deutsche Technologieunternehmen könnte dies eine geostrategische Chance sein, in Brasilien Fuß zu fassen.

WTO und globaler Kontext

Es ist hervorzuheben, dass die im neuen Gesetz vorgesehenen Gegenmaßnahmen im Einklang mit den Bestimmungen von Artikel XXIII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) stehen, dessen Unterzeichnerstaat Brasilien ist. Bislang hat Brasilien ähnliche Gegenmaßnahmen nur dann ergriffen, wenn dies vom Streitbeilegungsgremium der WTO genehmigt wurde (nach Durchlaufen des gesamten Streitbeilegungsverfahrens) – und selbst dann nur, wenn der unterlegene Mitgliedstaat die Entscheidungen der WTO nicht befolgte. Vor dem Hintergrund des weltweit zunehmenden Protektionismus formalisiert das neue brasilianische Gesetz die Möglichkeit für das Land, vorab Gegenmaßnahmen gegen Bedrohungen zu ergreifen.

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