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Special | Brasilien | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Investitionen: Nachhaltigkeit macht sich bezahlt

Brasilien kann Standortvorteile bei erneuerbaren Energien nutzen und sich besserstellen. Dafür bedarf es Reformen und verlässlicher Rahmenbedingungen.

Von Gloria Rose | São Paulo

Aufgrund der relativ hohen Staatsverschuldung stellt Brasilien nur sehr begrenzt Finanzmittel für Förderprogramme und Subventionen bereit. Doch das Land befindet sich in einer privilegierten Ausgangslage. Durch die globale Trendwende zur Dekarbonisierung kann es grüner und gleichzeitig auch reicher werden. Zu dieser Feststellung kommt der aktuelle Länderbericht der Weltbank zu Klima und Entwicklung CCDR (Country Climate and Development Reports). Die Regierung kann die Investitionen stimulieren, indem sie für verlässliche Rahmenbedingungen und eine gut funktionierende Marktregulierung sorgt sowie attraktive Projekte und öffentlich-private Investitionspartnerschaften anbietet.

Amazonien-Fonds begünstigt erste Projekte

Die Geberländer Norwegen und Deutschland froren unter der Regierung Bolsonaro die Mittel der 2008 gegründeten Klimafinanzierungsinitiative ein. Von der Wiederbelebung des Fonds profitieren zunächst die 14 Projekte, die 2019 nicht die bereits zugesagte Förderung erhielten. Weitere 56 Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 430 Millionen US-Dollar (US$) befanden sich Ende 2018 in der Pipeline und können sich erneut bewerben. Im April 2023 sagten die USA zusätzliche Gelder zu. Damit belaufen sich die Mittel des Fonds nun auf über 1,5 Milliarden US$.

Alle Projekte müssen den Richtlinien des Aktionsplans zur Vorbeugung und Eindämmung der Entwaldung in Amazonien PPCDAm entsprechen. Der Aktionsplan durchläuft von 2023 bis 2027 seine fünfte Phase. In der öffentlichen Anhörung im April 2023 gingen 540 Beiträge ein, die nun ausgewertet werden. Maßnahmen in vier zentralen Bereichen sollen die Entwaldung bis 2030 stoppen: 

  1. Nachhaltige Produktion
  2. Überwachung (Monitoring und Kontrolle)
  3. Grundbesitzrecht und Raumordnung
  4. Normative und wirtschaftliche Förderinstrumente

Strukturierte Projekte und Investitionspartnerschaften 

Projekte zur Emissionsminderung können eine zinsgünstige Finanzierung über den Fundo Clima und andere Kreditlinien der brasilianischen Entwicklungsbank BNDES beziehen. Auch ausländische Entwicklungsbanken stellen Kapital zur Verfügung. In der Regel mangelt es weniger am Kapital als an gut strukturierten Projekten. Das Ministerium für regionale Entwicklung und auch das Infrastrukturministerium strukturieren Projekte, die den Anforderungen der Climate Bonds Initiative (CBI) gerecht werden. Teilweise werden bereits formulierte Projekte des Programms für öffentlich-private Investitionspartnerschaften (PPI) integriert. So sollen beispielsweise die geplanten Schienenkonzessionen FIOL grüne Anleihen in Anspruch nehmen können.

Begünstigungen für Strom aus erneuerbaren Energien laufen aus

Für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien musste bislang nur die Hälfte der üblichen Stromnetzgebühren TUST und TUSD entrichtet werden. Begünstigt werden jedoch nur Projekte, die noch vor dem 2. März 2022 einen Stromnetzanschluss beantragt haben. Um noch in den Genuss der auslaufenden Begünstigung zu kommen, reichten Projektentwickler vom Jahresbeginn 2022 bis zum Stichtag etwa 3.500 Vorhaben ein. Die Regulierungsbehörde Aneel führte einen Filter ein, um weniger wirtschaftliche Projekte wieder aus der Warteschleife zu entfernen: Der Betreiber übernimmt das Risiko, die Förderung zu verlieren, falls sein Projekt nicht innerhalb von 48 Monaten ans Netz gehen kann.

Die dezentrale Erzeugung für den Eigenbedarf wird in Brasilien über ein Net-Metering-Modell gefördert, nicht wie in Deutschland über eine Einspeisevergütung. Auch hier löst die auslaufende Förderung einen starken Andrang an Investitionen aus. Ab 2023 wird die Netzgebühr graduell angehoben. Projekte, die 2022 den Netzanschluss beantragten, bleiben bis 2045 von der Zahlung befreit. Dadurch verdoppelte sich im Jahr 2022 die installierte Leistung auf 17 Gigawatt. Trotz der Verlängerung der Amortisationsdauer erwartet der Branchenverband Associação Brasileira de Geração Distribuída (ABGD) für 2023 einen erneuten Anstieg um 8 Gigawatt. 

Anreize über den Handel mit Emissionsrechten

Brasilien verfügt bislang über keinen branchenübergreifenden Handel mit CO₂-Emissionsrechten. Doch für den Kraftstoffsektor entstand über das Förderprogramm RenovaBio ein Markt für Emissionsrechte. Die sogenannten Créditos de Descarbonização por Biocombustíveis (CBIOs) werden an der brasilianischen Börse gehandelt. Ein CBIO-Zertifikat entspricht einer Tonne CO₂-Emissionen. Hersteller von Biokraftstoffen verkaufen CBIOs. Vertriebsunternehmen wiederum kaufen CBIOs und kompensieren darüber den Verkauf fossiler Kraftstoffe. Die Regulierungsbehörde ANP erhöht das Handelsvolumen von Jahr zu Jahr auf bis zu 90 Millionen CBIOs im Jahr 2030. Dementsprechend dürfte die Produktion von Bioethanol um 70 Prozent auf jährlich 50 Milliarden Liter zulegen. Die Erzeugung von Biodiesel von derzeit 4 Milliarden Litern soll sich mehr als verdreifachen. 

Das Programm Metano Zero soll Emissionen aus der Abfallwirtschaft und aus landwirtschaftlichen Reststoffen verhindern. Die Projekte erzielen damit doppelte Erlöse: erstens durch die Verwertung von Biogas und Biomethan und zweitens über den Zertifikatehandel durch die Emissionsvermeidung. Derzeit produzieren landesweit weniger als zehn Anlagen 400.000 Kubikmeter Biomethan pro Tag. Bis 2027 soll das Produktionsvolumen auf täglich 2,3 Millionen Kubikmeter ausgedehnt werden. Weitere 25 Anlagen sind geplant. Die Investitionen belaufen sich auf voraussichtlich 1,4 Milliarden US$. Bis zu 36 Prozent seiner Methanemissionen will Brasilien über das Programm einsparen. Damit würde das Land das Methanabkommen vom Klimagipfel in Glasgow locker erfüllen. 


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