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Branche kompakt | Chile | Abfallwirtschaft

Markttrends

Chile braucht auf allen Ebenen Maschinen, Technologien und Fachkräfte zur Abfallbehandlung. Doch der Markt ist umkämpft und gegenwärtig vielfach noch im Anfangsstadium.   

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Ein wichtiger Meilenstein zur Durchsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (Ley REP) für die chilenische Abfallwirtschaft ist das im September 2023 in Kraft getretene Dekret 12 für Behälter und Verpackungen. Danach müssen Hersteller und Inverkehrbringer eine gesetzeskonforme und nachhaltige Sammlung und Wiederverwertung gebrauchter Verpackungen nachweisen. Die Recyclingziele für Papier/Kartonagen, Glas, Getränkekartons, Metall und Kunststoff werden jährlich hochgefahren.  

Kreislaufwirtschaft wird gesetzlich gefördert 

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz Ley REP hat nicht nur direkte Folgen für die chilenische Abfallwirtschaft, sondern auch auf vorgelagerte Prozesse wie eine umweltfreundlichere Verpackungsgestaltung, auf Zertifizierungen, Systeme zur Produktnachverfolgung bis hin zur Ausbildung von Fachpersonal. 

Deutsches Know-how gefragt 

Daher ist gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, sich zu positionieren und Netzwerke aufzubauen, zeigt eine Zielmarktanalyse der AHK Chile. Besonders gefragt sind Verfahren zur Herstellung von Mehrwertprodukten aus Abfall – speziell auch aus Deutschland. Nicht grundlos reist unter der Ägide des chilenischen Recyclingverbandes ANIR regelmäßig eine chilenische Unternehmensdelegation zur IFAT nach Deutschland. 

Gebraucht werden Maschinen und Anlagen beziehungsweise Technologien und Know-how bei der Abfallsortierung, -aufbereitung und -behandlung. Angefangen bei Deponietechnologie, einschließlich der sachgerechten Schließung von Deponien und der Sanierung von durch sie hervorgerufenen Umweltschäden, über Müllverbrennung bis hin zur weiten Palette der Wiederverwendungs- und Recyclingwirtschaft. Dies gilt speziell in allen Segmenten mit gesetzlich vorgeschriebenen steigenden Recyclingquoten wie Kunststoffen oder Batterien (sofern eine verbesserte Sammlung tatsächlich die ausreichende Materialversorgung sichert), aber etwa auch für die Behandlung organischer Abfälle, bei denen ein solches Gesetz erst in Vorbereitung ist. 

Doch ist der Markt hoch kompetitiv. Wichtige Anbieter kommen aus China, Indien, Italien, aber auch aus Österreich wie Komtech. Der Preis ist entscheidend, so Antonia Biggs, ANIR-Geschäftsführerin, aber auch die personelle Unterstützung. Biggs weiß von einer chinesischen Firma, die ihr Personal gleich für mehrere Wochen zur Installation einer Anlage eingeflogen hat. Außerdem punktet ein starker After-Sales-Service zur Wartung und Reparatur.

"Wichtig ist, möglichst auch über Referenzprojekte zu zeigen, dass deutsche Technologie auf die spezifische Situation in Chile angepasst werden kann. Immer noch verkauft sich in Chile oft nur das, was sich schnell rechnet. Langfristige Lösungsansätze sind deutlich erklärungsintensiver",

sagt Cornelia Sonnenberg, Leiterin der AHK Chile. 

Nach Auskunft der Recyclingfirma Volta waren für sie beim Kauf einer italienischen Sortiermaschine drei Punkte maßgeblich: Effizienz der Anlage, Liefergeschwindigkeit und Preis. Volta, finanziert durch den lateinamerikanischen Investitionsfonds Southern Cross Group, ist im Begriff, seine Kapazitäten aufzustocken. In Ñuble wird dieses Jahr beispielsweise eine Biogas- und eine Kompostanlage errichtet. Mittelfristig steht eine Automatisierung des Sektors an, denn viele Prozesse werden nach wie vor manuell erledigt – und die Fluktuation des Personals, etwa in der Müllsortierung, ist angesichts der Geruchsentwicklung und der körperlichen Beanspruchung sehr hoch.

Wie viel Müll fällt an

2 bis 3 Prozent

des Hausmülls werden recycelt.

Das chilenische Abfallaufkommen schwankt seit 2015 in etwa unverändert zwischen 18 Millionen und 20 Millionen Tonnen; 2021 waren es laut Umweltministerium rund 19,6 Millionen Tonnen. Davon landen rund 80 Prozent auf einer Abfallhalde oder Deponie. Müllverbrennungsanlagen für Hausmüll beziehungsweise seine thermische Verwertung gibt es nicht. Die Verwertungsquote ungefährlicher Abfälle lag 2021 bei 20,9 Prozent. Deutlich höher ist die Quote bei industriellen Abfällen (je nach Material zwischen 30 bis 40 Prozent). Dagegen werden nur zwei bis drei Prozent der städtischen Haushaltsabfälle wiederverwendet. Hier besteht noch viel Luft nach oben.

Dass die Abfälle bis heute auf Deponien entsorgt werden, hat finanzielle und technologische Gründe: Es ist die billigste und einfachste Variante. Bis heute spielen Kosten eine gewichtige Rolle. Der Annahmepreis der Halden liegt Branchenangaben zufolge umgerechnet zwischen 10 und 15 US-Dollar (US$) pro Tonne. Bei einer Müllverbrennungsanlage schlügen zwischen 80 und 90 US$ zu Buche. "Das ist ein großes Starthindernis", weiß Marc Thiele, leitender Projektmanager bei Waste to Energy Araucanía (WTE Araucanía). Der Druck, Alternativen zur Deponielagerung zu suchen, steigt jedoch. Denn die Aufnahmekapazitäten der Halden schrumpfen rapide und die Transportkosten fallen stärker ins Gewicht. Auch sich verschärfende Umweltauflagen verteuern die Deponielagerung und können sogar zur Schließung nicht mehr zeitgemäßer Anlagen führen. Das ist der Punkt, an dem sich Chile derzeit befindet.

Zusammensetzung des chilenischen Müllaufkommens 2021

Kategorie

Aufkommen (in t)

Anteil (in %)

Ungefährliche industrielle Abfälle

9.623.290

49,0

Siedlungsabfälle

9.062.752

46,1

Gefahrenmüll

645.731

3,3

Klärschlämme

310.217

1,6

Gesamt

19.641.990

100

Quelle: Octavo Reporte del Estado Medio Ambiente 2023 auf der Webseite des Sistema Nacional de Información Ambiental 2024

Großes Potenzial im Recycling-Sektor

Generell gibt es eine große Diskrepanz zwischen der zum Teil deutlich höheren zur Verwertung verfügbaren Abfallmenge und dem Teil, der tatsächlich recycelt wird. An fehlenden Recycling-Kapazitäten liegt es nicht. Diese sind oft nur zu einem Drittel oder der Hälfte ausgelastet. Gründe, erklärt Biggs von ANIR, sind vor allem logistische Defizite – etwa das Transportproblem, es lohnt sich oft nicht, die gesammelten Güter über Hunderte oder gar Tausende von Kilometern dorthin zu transportieren, wo die Recylingfirmen angesiedelt sind. Darüber hinaus, so Nesko Kuzmicic, Projektleiter von RIGK Chile, gibt es ein großes Defizit an modernen Sortier- und Waschanlagen. Da es keine Müllverbrennungsanlagen gibt und die Deponieverbringung so preiswert ist, fehlt es an finanziellen Investitionsanreizen. Dies gilt speziell für den sehr durchmischten Siedlungsmüll. Tatsächlich fehlt bisher vielfach ein Markt für recycelte Wertstoffe.

Chiles Recyclingwirtschaft ist unausgelastet, baut aber trotzdem ausStand und Entwicklung der Branche im Jahr 2022
Kategorie

Verfügbares Müllaufkommen (in t)

Installierte Kapazität (in t)

Verwertete Müllmenge (in t)

Wiederverwertungsquote (in %)

Aluminium

                  53.268 

                   49.180 

         10.557 

19,8

Weißblech

                  58.213 

                120.000 

         34.556 

59,4

Batterien

                  33.404 

                   50.677 

         25.180 

75,4

Glas

                451.376 

                278.650 

       148.752 

33,0

Reifen

                178.647 

                   96.740 

         23.471 

13,1

PE

                102.751 

                   66.735 

         49.689 

48,4

PET

                118.205 

                   40.947 

         22.014 

18,6

PP

                  97.902 

                   48.788 

         18.836 

19,2

Schmier-/Altöl

                134.692 

                 134.500 

         81.595 

60,6

Trinkkarton

                  25.800 

                   22.850 

              647 

2,5

Karton

                856.061 

                470.529 

       409.080 

47,8

Quelle: Asociación de la Industría del Reciclaje (ANIR) 2023

 

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