Rechtsbericht | Chile | Diversifizierung im Recht
Diversifizierung auf chilenische Art
Internationale Verträge und Stärkung der Institutionen: Chiles Strategie zur Diversifizierung angesichts der US-Zölle.
28.11.2025
Von Dr. Julio Pereira | Berlin
Chile hat eines der sichersten und liberalsten Rechtssysteme in Lateinamerika. Das Land bietet eine verlässliche Rechtslage, effiziente Institutionen und eine Diversifizierungsstrategie, die sich konkret auf internationale Abkommen und die Anziehung ausländischer Investitionen stützt.
Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen Chiles im Bereich der Diversifizierung.
Chiles programmatisches Diversifizierungsmodell
Chiles Diversifizierungsmodell kann als „programmatisch” bezeichnet werden. Das heißt, dass der chilenische Staat über einen klaren und gut strukturierten Rechtsrahmen verfügt, um die Diversifizierung der Märkte zu fördern. Das Modell basiert auf stabilen Gesetzen, Steueranreizen, internationalen Abkommen und starken Institutionen.
Regierungsübergreifendes Modell: Ziel und Schwerpunkte
Im Gegensatz zu anderen Ländern der Region, wie Brasilien und Mexiko, steht die chilenische Art der Förderung der Diversifizierung nicht in direktem Zusammenhang mit einer bestimmten Regierung. Es handelt sich um eine Reihe von Vorschriften, die im Laufe der Zeit von aufeinanderfolgenden Regierungen schrittweise erlassen wurden – es handelt sich also um einen regierungsübergreifenden Rahmen. Das Ziel besteht darin, Chile als Staat sowie seine internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu stärken.
Das chilenische Modell hat drei Säulen:
- Stärkung der Institutionen: Chile hat im Laufe der Jahre die Institutionen gestärkt, die sich mit internationalem Handel beschäftigen, vor allem SUBREI und InvestChile.
- Ausländische Investitionen: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen bieten Schutz für ausländische Investitionen.
- Internationale Verträge: Das Land agiert strategisch im internationalen Handel durch verschiedene Abkommen.
Die Rolle der SUBREI
Der zentrale Rechtsrahmen für die Diversifizierung in Chile ist das Gesetz Nr. 21.080 aus dem Jahr 2018, das das Außenministerium grundlegend modernisiert und die Subsecretaría de Relaciones Económicas Internacionales (SUBREI) geschaffen hat. SUBREI ist eine staatliche Stelle, die eine entscheidende Rolle in den internationalen Beziehungen Chiles spielt, darunter:
- die Aushandlung und Verwaltung internationaler Handelsabkommen;
- die Koordinierung des chilenischen Handelsschutzsystems; und
- die rechtliche Begleitung der internationalen Verpflichtungen des Landes.
Für ausländische Unternehmen, vor allem deutsche, heißt das, dass die internationalen Handelsbeziehungen Chiles durch starke institutionelle Rechtsvorschriften geschützt sind – sie tendieren also nicht dazu, je nach politischen Entscheidungen oder Regierungswechseln zu schwanken, anders als in anderen Ländern Lateinamerikas.
Anziehung ausländischer Investitionen
Die zweite wichtige gesetzliche Säule ist das Gesetz Nr. 20.848 aus dem Jahr 2015, das das System für ausländische Investitionen - RIE (Régimen de Inversión Extranjera) - festlegt und die Behörde InvestChile ins Leben ruft. Das Gesetz regelt Rechte, Verfahren und administrative Pflichten. Zu den für deutsche Investoren wichtigsten Punkten gehören:
- das Recht auf Rückführung von Kapital und Gewinnen (Art. 3),
- das Verbot der Diskriminierung ausländischer Investoren (Art. 4)
- und die Einrichtung eines einzigen institutionellen Kanals für Verfahren und Genehmigungen (Art. 7–9).
Internationale Verträge als Motor der Diversifizierung
Neben diesen beiden Rechtsinstrumenten ist Chile eines der Länder weltweit und das lateinamerikanische Land mit den meisten internationalen Handelsabkommen. Insgesamt gibt es 35 Handelsabkommen mit Ländern wie den USA (2004) und wichtigen Wirtschaftsblöcken wie dem Mercosur (1996) und der Europäischen Union (2003, reformiert 2025). Zu den wichtigsten Instrumenten für den chilenischen Außenhandel gehört das Dekret Nr. 317, mit dem das Freihandelsabkommen zwischen Chile und China (2006) in Kraft gesetzt wurde. Dieses Dekret hat nicht nur das Abkommen in Kraft gesetzt, sondern auch ein umfangreiches System von Zollpräferenzen, Ursprungsregeln und Mechanismen zur Beilegung internationaler Streitigkeiten in die chilenische Rechtsordnung aufgenommen. Im Zusammenhang mit den US-Zöllen ist es im Grunde genommen dieses Regelwerk, das die chilenische Wirtschaft schützt.
Vorteile für deutsche Unternehmen
Für deutsche Unternehmen, die in Chile ansässig sind, gewährleistet dieses Regelwerk Rechtssicherheit, Zugang zu mehreren Märkten und regulatorische Stabilität – grundlegende Eigenschaften in einem globalen Umfeld, das von der Volatilität und zunehmendem geoökonomischem Wettbewerb geprägt ist.