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Branchen | China | Transport und Logistik

Entspannung für Chinas Liefer- und Logistikketten

Die Seefrachtraten nach Europa beziehungsweise Nordamerika fallen stetig, die Transportzeiten normalisieren sich. Beim innerchinesischen Verkehr gibt es aber noch große Probleme.

Von Roland Rohde | Bonn

Der Logistik- und Transportsektor in China dürfte die schwierigsten Zeiten hinter sich gebracht haben. Während der Coronajahre 2020 und 2021 funktionierten die Lieferketten nicht zuverlässig. Unternehmen klagten über horrende Frachtraten und enorm lange Transportzeiten. Überall fehlten Leercontainer und zeitweise waren sogar ganze See- und Flughäfen infolge der strikten Null-Covid-Politik gesperrt. Doch im Laufe des Jahres 2022 bessert sich die Lage stetig.

Der Mangel an Leercontainern ist nicht mehr ganz so groß. Die Laufzeiten für den Seeverkehr zwischen China und Europa beziehungsweise Nordamerika haben sich spürbar verkürzt. Immer weniger Schiffe laufen die Häfen mit Verspätung an. Die Frachtraten sind sogar dramatisch zurückgegangen. Lagen sie gemäß Angaben des maritimen Beratungsunternehmens Drewry zu Beginn des Jahres 2022 noch im fünfstelligen US-Dollar-Bereich, so haben sich die Preise seitdem mit großer Geschwindigkeit in Richtung Vorkrisenniveau bewegt.

Seefrachtraten auf einzelnen Strecken um bis zu 70 Prozent gefallen

Ob und wann das Vorkrisenniveau erreicht wird, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. So bestehen teils Unterschiede zwischen den einzelnen Strecken. Bei der Route von Shanghai nach Los Angeles sind die Frachtraten für einen 40-Fuß-Standardcontainer beispielsweise von mehr als 12.000 US-Dollar (US$) Ende September 2021 auf gut 3.000 US$ Ende September 2022 gefallen. Einen solch starken Preisverfall haben vor einem Jahr selbst Optimisten nicht für möglich gehalten.

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Internationales Frachtfluggeschäft bereits über Vorkrisenniveau

Das Frachtfluggeschäft leidet derweil darunter, dass es nach wie vor nur vereinzelt Passagierflüge zwischen China und dem Rest der Welt gibt. Denn regulär transportieren die Maschinen eine Menge Beifracht. Nur wenige Ausländer dürfen seit mehr als zwei Jahren in die Volksrepublik überhaupt einreisen und müssen dafür eine Hotelquarantäne absolvieren. Die Regierung hält auch die eigene Bevölkerung möglichst von Auslandsreisen ab, indem die Behörden kaum noch Pässe verlängern. Die chinesischen Grenzen bleiben für den Personenverkehr weitgehend dicht.

Indikatoren zum chinesischen Flugverkehr Januar bis August 2022 (Veränderung im Vergleich zum entsprechenden Vorkrisenzeitraum 2019 in Prozent)

Indikator

Veränderung

Frachtvolumen (in Tonnen), davon

-13,5

  National*

-26,5

  International

13,5

Frachtumschlag (in Tonnenkilometer), davon

2,1

  National*

-26,7

  International

14,2

Auslastung Frachtverkehr (in Prozentpunkten)

-7,2

Passagieraufkommen (Personen), davon

-58,3

  National*

-53,2

  International

-98,2

* National: einschließlich Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macau sowie TaiwanQuelle: Civil Aviation Administration of China (CAAC) 2022

Von den Quarantäne- und Einreisevorschriften ist der reine Frachtflugverkehr allerdings weniger stark betroffen. Daher ist das internationale Frachtaufkommen von und nach China laut Angaben der Civil Aviation Administration of China während der Coronapandemie sogar leicht gestiegen.

Die Regierung hat sich noch nicht offiziell dazu geäußert, wann und unter welchen Bedingungen sie von der bisherigen Null-Covid-Politik abrücken wird. Zahlreiche Landeskenner erwarten vor dem Frühjahr 2023 allerdings keine nennenswerten Lockerungen. Bis eine komplett ungehinderte Einreise für alle Personengruppen wieder möglich ist und sich der Flugverkehr normalisiert, könnte es sogar noch bis 2024 oder gar 2025 dauern.

Schienentransport nach Europa leidet unter Krieg in der Ukraine

Bei der Transportalternative per Schiene gibt es außerdem Schwierigkeiten. Vor zehn Jahren wurde die direkte Eisenbahnverbindung zwischen China und Europa in Betrieb genommen. Die Container gingen unter anderem bis nach Hamburg, Duisburg oder Nürnberg. Gerade 2020 und 2021 erfreute sich die Strecke einer großen Beliebtheit. Doch nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine meiden viele europäische Unternehmen die Route, da sie über russisches Staatsgebiet führt.

China versucht seitdem, alternative Routen zu etablieren, die bislang jedoch nicht über ausreichend Kapazitäten verfügen. Ohnehin bleibt der Warenverkehr per Schiene ein reines Nischenangebot, da ein Zug maximal knapp 100 Container transportieren kann. Tatsächlich wurden im Gesamtjahr 2021 so viele Container per Schiene von und nach Europa befördert wie allein der Hafen Shanghai ungefähr in einer Woche umschlägt.

Im Prinzip befinden sich ständig ein paar Dutzend chinesische Metropolen in wechselnder Reihenfolge im Teil-Lockdown.

Das größte Problem für die Logistikbranche bleibt der innerchinesische Transport. Infolge der Null-Covid-Politik kann es überall und jederzeit zu unvorhergesehenen Beschränkungen kommen. Dann können Lastwagen beziehungsweise deren Fahrer bestimmte Provinz- und Stadtgrenzen kurzfristig nicht mehr passieren. Für Logistiker bleibt diese Art von Unplanbarkeit ein Albtraum.

Null-Covid-Politik sorgt weiter für Störungen

Letztendlich kann Beijing nicht kurzfristig von der Null-Covid-Politik abrücken, da dies einerseits einem Gesichtsverlust gleichkäme. Andererseits ist die Bevölkerung nur unzureichend immunisiert, vor allem da die Behörden ausschließlich auf weniger wirksame einheimische Vakzine setzen. Insbesondere bei Senioren soll es noch eine gewisse Impflücke geben. Die Logistikbranche muss sich daher weiterhin auf Schwierigkeiten beim innerchinesischen Transport einstellen.

Beim internationalen Seeverkehr können Logistiker darauf hoffen, dass die Frachtraten weiter sinken und sich die Laufzeiten normalisieren. Außerdem dürften Chinas Exporte in den kommenden Monaten kaum noch wachsen oder gar zurückgehen, da die Nachfrage in den Hauptabnehmerregionen schwächelt. Zudem versuchen immer mehr ausländische Unternehmen, sich alternative Beschaffungs- und Absatzmärkte zu erschließen, um ihre Abhängigkeit vom Reich der Mitte zu reduzieren.

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