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Wirtschaftsumfeld | China | Geschäftsreisen

Geöffnete Grenzen – aber kein Business as Usual

In den drei Jahren der Abschottung hat sich in China einiges verändert - auch bei Geschäfts- und Delegationsreisen.

Von Robert Herzner | Hongkong

Mit Wirkung vom 1. Dezember 2023 erhalten deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger für maximal 15 Tage eine visumsfreie Einreise in die Volksrepublik China. Dies ist die zweite Erleichterung zur Einreise, nachdem China im März 2023 nach circa drei Jahren seine Grenzen für ausländische Besucher geöffnet hatte. 

Sich endlich wieder persönlich zwischen Zentrale und chinesischer Niederlassung auszutauschen, um ein umfassendes Verständnis der lokalen Geschäftstätigkeiten zu gewährleisten, ist ein wichtiges Anliegen besonders für Mittelständler. Wenngleich die zuvor aufwendige Beantragung eines Visums in vielen Fällen entfällt, stehen Reisende vor Herausforderungen, insbesondere mit der bargeldlosen Bezahlung vor Ort.

Kein Visum für Geschäftsreisen mehr nötig 

Das chinesische Außenministerium kündigte am 24. November 2023 an, dass Deutsche ebenso wie Bürger Frankreichs, der Niederlande, Spaniens, Italiens und Malaysias visafrei nach China reisen dürfen. Die Regelung gilt ab dem 1. Dezember 2023 zunächst befristet bis zum 30. November 2024. Voraussetzungen sind, dass die Reise anlässlich geschäftlicher Tätigkeiten, Tourismus, Familien- und Freundbesuch sowie Transit erfolgt und der Aufenthalt nicht länger als 15 Tage dauert. Der Reisepass muss noch mindestens sechs Monate gültig sein, mit einem Dienstpass ist weiterhin ein Visum erforderlich. Die Visumspflicht hatte China zuvor bereits für Singapur und Brunei abgeschafft. 

Dies erleichtert die Einreise sehr, denn der bisher erforderliche Visumsantrag enthält sehr detaillierte Angaben zur Reisehistorie, zum familiären und beruflichen Hintergrund – und idealerweise ein Einladungsschreiben einer in China registrierten Organisation. Ferner ist die persönliche Beantragung in einer offiziellen chinesischen Visastelle erforderlich gewesen, unter anderem zur Erfassung biometrischer Daten.

Auch positiv hervorzuheben ist, dass seit dem 2. November 2023 Reisende, die nach China ein- und ausreisen, nicht mehr das Formular zur Gesundheitserklärung für China ausfüllen müssen. Dies bedeutet, dass alle Beschränkungen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgehoben sind. Bei der Einreise erfolgt allerdings weiterhin die Erfassung von biometrischen Daten und an den Flughäfen Peking und Shanghai ebenso beim Landübertritt von Hongkong aus ist mit einer erhöhten Wartezeit an der Passkontrolle zu rechnen.

Im öffentlichen Leben wie bei Messeveranstaltungen sowie der Nutzung von Fernzügen, Flugzeugen und beim Hoteleinchecken hat sich Gesichtserkennung für den Zugang etabliert. 

Bezahlen – oft nur noch digital 

Eine große Hürde für Reisende in China aus dem Ausland ist die Bezahlung vor Ort, ohne die chinesischen Bezahl-Apps Alipay oder WeChat Pay gestaltet sich diese sehr schwierig. Für einen Account war in der Vergangenheit grundsätzlich die Eröffnung eines chinesischen Bankkontos notwendig. Einhergehend mit der Grenzöffnung Chinas haben beide Unternehmen ermöglicht, ihre Apps stattdessen auch mit einer ausländischen Kreditkarte zu verbinden. Dazu ist die Verifizierung mit dem Reisepass erforderlich, dies empfiehlt sich, bereits vor der Abreise einzurichten. 

Die Alipay-Funktion TourCard wird von Reisenden als einfacher im Vergleich zur Zahlungsfunktion in WeChat eingeschätzt. Die Zahl der Transaktionen ist begrenzt und die Überweisungssumme gedeckelt, jedoch können größere Ausgaben wie Hotelrechnungen auch ohne Apps mit der Kreditkarte bezahlt werden. Vergleichsweise einfach ist die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel: Bezahlt werden kann zum einen mit Alipay, zum anderen mit der roten Metrokarte Shanghais, die landesweit in den U-Bahnen eingesetzt werden kann. Reisende können die Karte in Shanghai erwerben. 

China gilt als Vorreiter der Digitalisierung. Der Verfassungsschutz warnt jedoch vor der elektronischen Überwachung mittels Apps wie WeChat und Alipay und vor der Mitnahme von Privatgeräten und solchen, die Zugang zum Firmennetzwerk haben.

Nur vereinzelte Delegationsreisen 

Die Besucherzahlen sowohl bei Einzelgeschäftsreisenden als auch bei Delegationen bleiben bisher 2023 auf geringem Niveau. Vor der Coronapandemie kamen jährlich über 50 hochrangige Delegationen aus Deutschland alleine nach Shanghai. Mit Außenministerin Baerbock und Umweltministerin Lemke erfolgten 2023 insgesamt zwei Delegationen auf Bundesebene. Diese wurden ergänzt durch etwa zehn Besuche aus Bundesländern und Landeshauptstädten. Auch Vertreter anderer EU-Staaten berichten von einem signifikanten Rückgang der Delegationen. Für 2024 ist ein deutlicher Anstieg zu erwarten, wobei das Vor-Covid-Niveau nicht erreicht wird. Neben der Neuausrichtung der politischen Zusammenarbeit spielt die praktische Umsetzung einer Reise eine Rolle. 

4.500

deutsche Staatsangehörige leben heute (2023) schätzungsweise in der 25-Millionen-Metropole Shanghai. Vor der Pandemie (2019) waren es circa 8.500.

Deutsche Geschäftsreisende erleben einen spürbaren Rückgang der Besucher aus dem Ausland, etwa auf Fachmessen. In den letzten drei Jahren verließen zudem viele Expats China, während Nachzug nur sehr begrenzt erfolgte. Offizielle Zahlen, wie viele ausländische Beschäftigte das Land verließen, gibt es nicht.

Einheimische erscheinen in Gesprächen zurückhaltender, es erfolgt ein Fokus auf berufliche, insbesondere technische Themen. Dabei besteht weiterhin ein hohes Interesse an der Kooperation mit westlichen Unternehmen, in Deutschland richtet sich das Augenmerk neben der Automobilindustrie und dem Maschinenbau auf Neue Materialien, Wasserstoff und Künstliche Intelligenz.

Seine Eindrücke teilt auch Jan Jovy, der für PwC in Shanghai als Director in der China European Business Group tätig ist und Delegationen wie die aus Baden-Württemberg begleitet. Ein Fazit der Besucher sei, dass China während der Pandemie nicht stagniert habe, sondern sich "mit China Speed" weiterentwickele, besonders in der Digitalisierung. Nichtsdestotrotz ist diese Entwicklung nicht in allen Branchen positiv, denn die Geschäftsaussichten haben sich eingetrübt.

 

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