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Wirtschaftsausblick | China

Chinas Wirtschaft kommt nicht richtig in Gang

Die Baubranche kriselt weiter, Konsumenten sparen, die Exportentwicklung ist ungewiss. Für Chinas Binnenwirtschaft nehmen die Wachstumshemmnisse zu.

Von Corinne Abele | Shanghai

Top-Thema: Wie kann China trotz schwierigem Welthandel wachsen?

Chinas Binnenkonsum kommt nicht in Gang, nun kommen massive Probleme im Welthandel hinzu. Seit dem zweiten Amtsantritt von Donald Trump im Weißen Haus hat der Handels- und Technologiekonflikt mit den USA wieder an Fahrt gewonnen und ist zudem unberechenbar geworden. 

Nach zeitweisen Rekordzöllen der USA von bis zu 145 Prozent auf Importe aus China sowie bis zu 125 Prozent Gegenzölle Chinas hat die Einigung der beiden Länder vom 12. Mai 2025 die Situation zumindest für 90 Tage auf deutlich niedrigerem Zollniveau entschärft. Doch die Lage bleibt angespannt. Der Wachstumsmotor Welthandel fällt erst einmal aus. Dazu tragen auch der kriegerische Konflikt in Nahost sowie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bei. 

Zwar sind die unmittelbaren Folgen für die chinesische Wirtschaft vorerst abgefedert – durch Handelsumlenkungen über Drittländer, Konjunkturmaßnahmen der Regierung und eine leichte Währungsabwertung. Die Weltbank hob im Juni 2025 sogar ihre BIP-Prognose für das laufende Jahr leicht auf 4,5 Prozent an. Doch angesichts des angespannten geopolitischen Umfelds bleibt offen, wie dynamisch die zweitgrößte Volkswirtschaft künftig noch wachsen kann.

 

Mehr Risiko für Unternehmen

Längst wird der Handelskonflikt durch die USA und China verstärkt auch mit Sanktionslisten gegen Unternehmen und erhöhten Exportkontrollen geführt. Als strategisch mächtiges Instrument baut China hier vor allem Exportkontrollen und -verbote für seltene Erden sowie für von China dominierte Prozesstechnologien (wie im Bereich Batterie oder Fotovoltaik) auf. Auch Europa ist von Lieferkettenengpässen für seltene Erden betroffen; Firmen in Deutschland schlagen Alarm. Generell steigt für global agierende deutsche Unternehmen die Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten. Bereits jetzt sind ihre Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Wie auch Unternehmen und Regierungen anderer Länder müssen sie ihre chinabezogenen Risiken kontinuierlich abgleichen und De-Risking betreiben.

Wirtschaftsentwicklung: Zaghafter Aufschwung spürbar?  

Der Kompromiss im Handelsstreit mit den USA sowie erste Konjunkturmaßnahmen haben im Juni 2025 zumindest die Geschäftserwartungen der inländischen Wirtschaft etwas verbessert. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die verarbeitende Industrie stieg im Juni 2025 weiter auf 49,7; erst ein Überschreiten der 50er-Marke weist jedoch auf positive Geschäftsaussichten hin. Der Einzelhandelsumsatz legte nach 3,5 Prozent 2024 in den ersten fünf Monaten 2025 um 5 Prozent zu. 

Dabei halten Kritiker die Maßnahmen der Regierung zur Konsumstimulation weder für ausreichend noch für nachhaltig. Die Regierung hat seit 2024 Subventionen für Ersatzanschaffungen von unter anderem Maschinen, aber auch Haushaltselektronik oder Autos bereitgestellt. Für 2025 ist die Verdopplung der Gelder auf 300 Milliarden Renminbi Yuan (RMB; rund 35 Milliarden Euro) geplant. 

Konsumschwäche und regionale Verschuldung

Chinas Konsumschwäche hat strukturelle Gründe: Dazu zählen versäumte Sozial- und Gesundheitsreformen, aber vor allem auch die Immobilienkrise. Um einer Überschuldung zu entgehen, werden Wohnungskredite vorfristig abbezahlt, anstatt das Geld für den Konsum zu verwenden. Ein Krisenende könnte sich laut Analysten frühestens 2027 abzeichnen.

Viele Hoffnungen sind mit dem im November 2024 erlassenen 10 Billionen RMB (rund 1,2 Billionen Euro) schweren Konjunkturprogramm verbunden, das auf eine mittel- bis langfristige Umschuldung und Schuldenreduzierung der Regionalregierungen zielt. Deren Verschuldung inklusive sogenannter Finanzvehikel (LGFV) schätzen Experten auf rund 80 Prozent des BIP.

Investieren bei unzureichender Nachfrage

Die Investitionen der verarbeitenden Industrie stiegen 2024 um 9,2 Prozent und in den ersten fünf Monaten 2025 um weitere 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mitunter auch hohe Subventionen sorgen in einigen Bereichen wie Solaranlagen, Elektroautos oder Akkus für den Aufbau weiterer Überkapazitäten und in der Folge Preisverfall. So stiegen die Investitionen in die Automobilproduktion von Januar bis Mai 2025 um 23,4 Prozent, während der Preiskampf der Elektroautobauer eskaliert. Die industrielle Wertschöpfung legte bei deflationären Tendenzen 2024 um 5,8 Prozent und in den ersten fünf Monaten 2025 um 6,3 Prozent im Vorjahresvergleich zu.

Deutsche Perspektive: Wieviel China ist notwendig und sinnvoll?

Schwache Nachfrage und immer stärkere Konkurrenz in China dämpfen auch bei deutschen Unternehmen die Gewinnerwartungen deutlich. Darauf weisen sowohl die Geschäftsklimaumfrage der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in China vom Dezember 2024 als auch die Blitzumfrage der AHK vom Mai 2025 hin. Rund 44 Prozent der befragten deutschen Unternehmen erwarten eine Verschlechterung der Entwicklung in ihrer Branche im Jahr 2025. 

Deutschland hat 2024 deutlich weniger Autos und Maschinen nach China geliefert als im Vorjahr. Insgesamt bezog China rund 11 Prozent weniger Waren aus Deutschland als im Vorjahreszeitraum. Während die einen darin eine Verringerung der Abhängigkeit vom chinesischen Absatzmarkt sehen, werten andere die Entwicklung als geringere Wettbewerbsfähigkeit deutscher Anbieter auf dem chinesischen Markt. 

Lokalisierung und Diversifizierung: Zwei Seiten einer Medaille

Gemäß Deutscher Bundesbank sanken 2024 deutsche Direktinvestitionen (Zuflüsse) in China weiter auf 4,4, Milliarden Euro, wobei die reinvestierten Gewinne auf 8,5 Milliarden Euro stiegen. Ende 2023 hatte der Bestand deutscher Direktinvestitionen "nur" noch bei knapp 116 Milliarden Euro (2022: 124 Milliarden Euro) gelegen. Diversifizierung und Lokalisierung sind mögliche Antworten auf die steigenden geopolitischen Risiken. Wer kann, versucht der Fragmentierung der globalen Lieferketten durch Diversifizierung und jeweilige Präsenz in den wichtigsten Handels- und Wirtschaftsregionen zu begegnen.

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