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Branchen | Dänemark | Architekturdienstleistungen

Große Hürden für ausländische Architekten

Der dänische Markt für Architekturdienstleistungen bietet Vielfalt, aber nur wenig Chancen für ausländische Akteure. Besonders Nischenprojekte sind gefragt.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Thomas Ringhof, Wuttke & Ringhof Dies ist ein eingebettetes Bild | © Wuttke & Ringhof

Großflächige Revitalisierungsprojekte, neu aufgeschüttete Inseln mit nahezu unbegrenzten Kreativitätsspielraum und prestigeträchtige öffentliche Bauten - auf den ersten Blick erscheint Dänemark wie ein Architekten-Nirvana mit vielfältigen Betätigungsmöglichkeiten.

Doch der Markt bevorzugt große Unternehmen und die Bau- und Sprachpraxis stellen hohe Anforderungen an ausländische Baukünstler. Im Interview mit Germany Trade & Invest (GTAI) spricht Thomas Ringhof über die Herausforderungen und Realitäten des dänischen Marktes für Architekturdienstleistungen. Mit seinem Architekturbüro Wuttke & Ringhof Architekten ist er 2007 von Berlin nach Kopenhagen umgezogen.

Herr Ringhof, auch wenn Ihr Portfolio Projekte in Dänemark und Deutschland umfasst, finden sich größere Realisierungen wie das preisgekrönte Inklusionshotel in Eutin vor allem in Ihrer alten Heimat. Woran liegt das?

Durch seine Organisation ist der dänische Markt für ausländische Architekturbüros schwer zu erschließen. Mir fällt auch keines ein, das hier derzeit im größeren Umfang tätig wäre.

Vor allem kleinen Büros bieten sich kaum Möglichkeiten in den wichtigen öffentlichen Markt einzusteigen. Offene Architekturwettbewerbe sind sehr selten. Kommunen und Gemeinden schreiben solche überhaupt nicht aus. Zwar werden auch in Deutschland offene Wettbewerbe mit einem Kostenrahmen bis 2 oder 3,5 Millionen Euro immer seltener. Aber es gibt diese für kleinere Studios interessanten Möglichkeiten beispielsweise im Bildungs- oder Kulturbau immer noch.

In Dänemark werden solche Projekte hingegen oft von mehrjährigen Rahmenverträgen abgedeckt. Eine Kommune sucht einen Dienstleister für drei oder vier Jahre aus, der alle Bauprojekte in dem Zeitraum entweder plant oder gar plant und ausführt. Um diese Rahmenverträge - genau wie die noch vereinzelt separat ausgeschriebenen Einzelprojekte - können nur große Unternehmen buhlen: Die Teilnahmekriterien setzen hohe Mindestanforderungen bezüglich Umsatz oder Mitarbeiterzahl.

Ihr Restaurierungsprojekt neben der Frederikskirche in der Kopenhagener Innenstadt oder der unweit gelegene Dachterrassenausbau in Østerbro lassen erahnen, dass es einfacher ist, mit privaten Investoren ins Geschäft zu kommen?

Diese Projekte zeigen vor allem, dass der Bedarf in Nischen, wie Instandsetzung und Denkmalpflege, am größten ist. Und ja, private Aufträge sind für kleine Architekturbüros theoretisch einfacher zu gewinnen. Nur sind die Prozeduren einerseits weniger transparent als öffentliche Ausschreibungen. Andererseits sind sie ohne entsprechendes Netzwerk nur schwer auszumachen. Deswegen ist zumindest ein Partner vor Ort unabdinglich. Der hilft dann auch bei der Kommunikation: Wie in allen Ländern werden auch in Dänemark Bauprojekte bevorzugt in Landessprache abgewickelt.

Ein Einfallstor können auch Generalunternehmer darstellen, die zumindest teilweise einzelne Projektphasen an Unterauftragnehmer vergeben, beispielsweise an Planer, Ingenieure oder Architekten. Allerdings kommen auch hier Netzwerke zum Tragen.

Wenn wir schon bei Planern, Ingenieuren und Architekten sind: Unterscheidet sich die Arbeitsteilung stark von der in Deutschland?

Dem dänischen Ausbildungssystem geschuldet ist die Rolle von Architekten hierzulande anders, "kleiner", als in Deutschland. Während des Architekturgrundstudiums liegt der Fokus fast gänzlich auf künstlerischen und kreativen Aspekten. Das in Deutschland zusätzlich vermittelte Ingenieur- und Materialwissen fehlt. Anders als in Deutschland, wo Architekten die Federführung bis hin zur Bauüberwachung übernehmen, steht diese Rolle in Dänemark deswegen eher den Ingenieuren zu.

Wäre ein dänisches Ingenieurbüro ein geeigneter Partner, um auf dem Markt Fuß zu fassen?

Leider nur in der Theorie, da es kaum noch unabhängige Ingenieure in Dänemark gibt. Die meisten arbeiten bei den großen Planungsberatern wie Ramboll, Cowi oder Sweco. Oder direkt bei Bauunternehmen, die oft selbst über große Architektur- und Ingenieursplanungsabteilungen verfügen.

Kommt ein ausländischer Architekt überhaupt alleine mit der dänischen Baurealität zurecht?

Für deutsche Dienstleister sollte zumindest das Baurecht keine allzu großen Fragen aufwerfen. Es ist dem deutschen sehr ähnlich. Allerdings sind die Vorschriften in Dänemark weniger klar gegliedert.

Größere Unterschiede ergeben sich in der Baupraxis. Abgesehen von der bereits erwähnten Sprachfrage ist der Planungs- und Bauprozess in Dänemark sehr stark digitalisiert. Das BIM (Building Information Modeling) gehört zum Alltag. Gearbeitet wird "papierlos", ausschließlich an Bildschirmen. Bei öffentlichen Aufträgen sind digitale 3D-Modelle bereits seit etwa 15 Jahren Pflicht.

Zudem gibt es weitreichende Vorgaben bezüglich der Nachhaltigkeit. Das bezieht sich vor allem auf die rechtlich festgeschriebenen Obergrenzen der Umweltbelastung durch eingesetzte Materialien, die anhand der LCA (Lebenszyklusanalyse) kontinuierlich verschärft werden. Daraus folgt beispielsweise, dass das bisherige Grundbaumaterial, der Beton, zumindest teilweise ersetzt werden muss. Das wiederum führt zu Experimenten mit einem immer breiteren Einsatz von Holz oder anderen alternativen und recycelten Baustoffen.

Sind dänische Auftraggeber nachhaltigkeitsbegeistert oder setzen sie nur widerwillig die rechtlichen Vorgaben um?

Die Nachhaltigkeit spiegelt sich zunehmend auch in den Anforderungen der Auftraggeber wieder. Zusammen mit der generellen Offenheit der Dänen für Innovationen bietet dies mehr Möglichkeiten, Alleinstellungsmerkmale in das eigene Projekt einzuarbeiten.

Allerdings hat der Kostenfaktor - der auch hierzulande immer mitentscheidend war - durch die Inflation und den Wirtschaftsabschwung noch an Gewicht gewonnen. Dabei war schon vorher bei kleineren Aufträgen das Preisniveau für Architekturdienstleistungen niedriger als in Deutschland.

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