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Finnland: Anwendbares Recht
Vor einer intensiven Beschäftigung mit dem finnischen Recht gilt es zu klären, ob dieses überhaupt anwendbar ist. (Stand: 14.07.2025)
Von Nadine Bauer, Karl Martin Fischer | Bonn
Das Kollisionsrecht wird oft – etwas irreführend – als Internationales Privatrecht bezeichnet. Irreführend, weil es keine länderübergreifende Rechtsordnung ist, sondern lediglich entscheidet, welche Rechtsordnung bei der Lösung eines Falles die maßgebliche ist. Im Verhältnis des finnischen Rechts zum deutschen Recht findet sich die Antwort auf diese Frage in der Europäischen Rom I–Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008).
Demnach gilt: Parteien können grundsätzlich frei bestimmen, nach welchem Recht ein Vertrag ausgelegt werden soll. Dieser Grundsatz der freien Rechtswahl im Bereich schuldrechtlicher Verträge ist für seit dem 17. Dezember 2009 geschlossene Verträge in der oben genannten Verordnung verankert. Er ist beschränkt, wenn sogenannte "Eingriffsnormen" vorliegen (Art. 9 der Rom I-Verordnung). Dabei handelt es sich um Normen, die ein Staat als so zentral für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, ansieht, dass sie nicht disponibel sind.
Bei Fehlen einer – ausdrücklichen oder sich aus anderen Umständen des Vertrages ergebenden – Rechtswahl sieht die Rom I-Verordnung im Regelfall Folgendes vor: Entscheidend ist das Recht desjenigen Landes, in dem diejenige Partei, die die vertragstypische Leistung erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (siehe Art. 4 Abs. 2). Demnach wäre beispielsweise finnisches Dienstvertragsrecht anwendbar, wenn der Dienstleister in Finnland angesiedelt ist und der Dienstleistungsempfänger aus Deutschland kommt. Abweichend von dieser Grundregel gilt bei unbeweglichen Sachen, dass der Belegenheitsort der unbeweglichen Sache das anwendbare Recht bestimmt. Ein Mietvertrag zwischen einem finnischen Vermieter und einem deutschen Mieter über ein Haus in Finnland würde sich demnach nach finnischem Mietvertragsrecht richten. Ergibt sich allerdings aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Vertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
Eine weitere Besonderheit gilt bei Kaufverträgen. Denn dort gibt es eine länderübergreifende Rechtsordnung: Da sowohl Finnland als auch Deutschland die Wiener Konvention über den internationalen Warenkauf unterzeichnet haben, gilt das dort geregelte Recht, und das selbst bei einer Rechtswahl zugunsten des deutschen oder des finnischen Rechts. Denn das deutsche Recht verweist bei internationalen Sachverhalten ja gerade auf das Wiener Kaufrecht. Um in dieser Situation nationales Recht zu vereinbaren, muss das Wiener Kaufrecht ausdrücklich ausgeschlossen werden. Formulierungsbeispiel: "Es gilt deutsches / finnisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts".