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Wirtschaftsumfeld | Griechenland | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Mit EU-Fördermitteln sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Ein Fachkräftemangel macht sich breit. Mit Weiterbildungsmaßnahmen soll dem entgegengesteuert werden.

Von Michaela Balis | Athen

Rund 30 Milliarden Euro aus dem Aufbaufonds der EU sind für private und öffentliche Projekte geplant. Dadurch werden bis 2026 nach Angaben der griechischen Regierung rund 180.000 neue Arbeitsstellen entstehen. Weitere 26 Milliarden Euro aus dem EU-Partnerschaftsvertrag 2021 bis 2027 (ESPA) stehen für neue Projekte bereit. Der Partnerschaftsvertrag sieht auch Ausbildungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose und Frauen vor. Die Arbeitslosigkeit soll im Jahr 2023 auf 12,2 Prozent sinken, berichtet die EU-Kommission in ihrer Frühjahrsprognose.

Geeignete Arbeitskräfte sind rar

Rund ein Drittel von 510 befragten Unternehmen plant im 3. Quartal 2023 neues Personal einzustellen, so eine Studie zu Beschäftigungsaussichten der Personalvermittlungsagentur ManpowerGroup. Insbesondere die Transport- und Logistikbranche sowie die IKT-Branche wollen neue Mitarbeitende rekrutieren. Gleichzeitig klagen rund 80 Prozent der griechischen Unternehmen branchenübergreifend über Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden, so die Studie zum Fachkräftemangel der ManpowerGroup vom März 2023. Kleine und mittlere Unternehmen hätten es besonders schwer, da sie Bewerbern niedrigere Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen bieten könnten als Großunternehmen. Außerdem würden sie sich nicht rechtzeitig an die veränderten Bedürfnisse von Arbeitnehmenden anpassen.

In der Landwirtschaft ist der Mangel an Arbeitskräften unter anderem der Abwanderung von Landarbeitern aus Drittländern während der Coronakrise geschuldet. In der Tourismusbranche fehlen rund 100.000 Beschäftigte. Während der Coronapandemie haben sich viele umorientiert. Außerdem lassen die Arbeitsbedingungen trotz florierendem Tourismus und steigenden Einnahmen häufig zu wünschen übrig. Geplante Projekte werden in den kommenden Jahren auch die Arbeitskräftenachfrage in der Bauwirtschaft verschärfen. Marktexperten zufolge fehlen in dieser Branche sogar etwa 200.000 Fachkräfte. In der Energiebranche können Unternehmen keine geeigneten Bewerber mit mittlerem Bildungsabschluss finden. Für besonders anspruchsvolle Arbeitsbereiche wie Offshore-Windparks müssen selbst Ingenieure nachgeschult werden.  

Unternehmen beklagen fehlende Skills

Griechische Arbeitgeber bemängeln häufig die Qualität der Ausbildung und die unzureichenden Fähigkeiten und Fertigkeiten der Bewerber. Etwa jedes fünfte Unternehmen gab in der ManpowerGroup-Studie an, dass es den Bewerbern an Verantwortungsbewusstsein, Disziplin sowie kritischem und analytischem Denken mangele. Auch Teamfähigkeit zählt nicht zu den Stärken. Lückenhaft seien auch die Informatikkenntnisse sowie das Know-how in den Bereichen Maschinenbau, Marketing und Vertrieb. Durch studienbegleitende Praktika und frühzeitige Informationen wollen deutsche Unternehmen vor Ort zukünftige Fachkräfte anwerben und ausbilden.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten (2022)

Bevölkerung (in Mio.)

10,5

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 64 Jahre, in Mio.)

6,6

Erwerbstätige (in Mio.)

4,1

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

12,5

Analphabetenquote (in %) 1)

7,2

Universitätsabschluss (in %) 1)

78,5

1 Prozentsatz der Erwerbspersonen an der Bevölkerung.Quelle: Griechisches Statistikamt Elstat 2023; Europäische Kommission 2023

In Aus- und Weiterbildung wird investiert

Um neue Arbeitsplätze zu schaffen und Mitarbeitenden weiterzubilden, nutzt die griechische Regierung die Finanzmittel aus dem EU-Aufbaufonds. Etwa 220 Millionen Euro sind für die Berufsausbildung, beispielsweise für den Erwerb digitaler Fähigkeiten, vorgesehen. Beschäftigte wünschen sich Möglichkeiten zur Weiterbildung: Das gaben rund 80 Prozent der 3.547 Befragten für die Studie "Employer Brand 2023" des Personaldienstleisters Randstad an. Aber nur 45 Prozent der befragten Beschäftigten gaben an, diese Möglichkeit von ihren Arbeitgebern zu bekommen.

Das Bedürfnis nach zusätzlichen Leistungen steigt

Fast ebenso wichtig wie das Gehalt sind den Mitarbeitenden laut der Randstad-Studie andere Bedingungen wie private Kranken- und Rentenversicherungen, Supermarktgutscheine, flexible Arbeitszeiten und Telearbeit. Die Höhe des Gehalts wird aber immer wichtiger, insbesondere vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten.

Das Arbeitsgesetz 4808/2021 sieht die Möglichkeit zum Homeoffice vor. Deutsche Unternehmen in Griechenland bieten ihren Angestellten die Möglichkeit, bis zu drei Tage pro Woche im Homeoffice zu arbeiten, meldeten Unternehmensvertreter gegenüber Germany Trade & Invest. Diesem Arbeitsmodell folgen vorrangig große Firmen. Einer Umfrage der Athener Industrie- und Handelskammer zufolge wollen rund 80 Prozent der Unternehmen die Telearbeit beibehalten. 

Neue Formen von Arbeitsverträgen fortan möglich

Das griechische Parlament verabschiedete Ende September 2023 ein neues Arbeitsgesetz G. 5053/FEK 158/Α/26-9-2023. Damit wird die EU-Richtlinie 2019/1152 in nationales Recht umgesetzt. Fortan werden neue Formen von Arbeitsverträgen möglich sein, beispielsweise "Null-Stunden-Verträge" oder Verträge für die "Arbeit auf Abruf“. Auch sollen Beschäftigte die Möglichkeit haben, für zwei Arbeitgeber zu arbeiten. Ziel der Neuerungen ist es, den griechischen Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten und die Schwarzarbeit einzudämmen. Dennoch sorgt das neue Gesetz für Aufregung, da Mitarbeitende das Gefühl haben, in einem zunehmend unsicheren Umfeld arbeiten zu müssen. 

Digitale Arbeitskarte soll Arbeitsmarkt kontrollieren

Seit 2023 müssen alle Unternehmen, unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten, eine digitale Arbeitskarte einführen. "Sie soll dazu dienen, die Schwarzarbeit und unrechtmäßige Überstunden zu stoppen", sagt Chysiis Poulakou, Rechtsanwältin in der Rechtsanwaltsgesellschaft Ad Hoc Legal. Sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte haben auf Probleme bei der Ausführung und eine fehlende Flexibilität hingewiesen. Außerdem würden auf die Unternehmen hohe Kosten zukommen, damit sie alle Richtlinien einhalten. Das sei Poulakou zufolge unmöglich. Letztendlich würde sich das hinderlich auf die Ansiedlung ausländischer Unternehmen im Land auswirken.

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