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Interview | Grönland | Rohstoffe

"Rohstoffe sind in Grönland da, aber noch zu teuer"

Grönlands Rohstoffe wecken Begehrlichkeiten. Doch die Kosten des Abbaus würden oft unterschätzt, sagt Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).

Von Edda Schlager | Berlin

Harald Elsner, Geologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Harald Elsner, Geologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) | © BGR

Die Avancen von US-Präsident Donald Trump haben Grönlands Rohstoffreichtum weltweite Aufmerksamkeit verschafft. Fachleute sehen die Realität nüchterner. Harald Elsner ist Geologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Weltweit untersucht er mineralische Rohstoffvorkommen und lotet ihr Potenzial für die Versorgung Deutschlands und der EU mit kritischen und strategischen Rohstoffen aus. Die Rohstoffe in Grönland hält er für sehr gut erschlossen, aber aufgrund im Weltmarktvergleich hoher Kosten kaum für wirtschaftlich nutzbar. 

Wie wahrscheinlich ist die kommerzielle Nutzung der Rohstoffe in Grönland? 

In großem Umfang ziemlich unwahrscheinlich, da man die vorhandenen Rohstoffe kaum erreicht. Das liegt nicht nur am Inlandeis, sondern gilt auch für die eisfreien küstennahen Regionen. Es fehlt schlicht an Infrastruktur. Die Exploration findet mit Hubschraubern statt. Von der Meeresseite ist der Zugang wegen meist hoher Fjordwände schwierig. Für eine kommerzielle Nutzung ist das viel zu teuer. Im Gegensatz zu vielen anderen Weltgegenden sind die Vorkommen und Lagerstätten in Grönland allerdings sehr gut erkundet. Es gibt viele Firmen, die weiterhin auf irgendetwas explorieren, aber im Prinzip sind die guten Sachen bekannt. Man könnte rein theoretisch anfangen.

Was ist dann das Problem? Warum sind nicht mehr Unternehmen tätig?

Die Vorkommen in Grönland müssen sich im Weltmaßstab messen. Sie sind gut erkundet, aber im Vergleich zu anderen Standorten rechnet es sich nicht. Es geht ja nicht nur um die physische Zugänglichkeit. Es fehlt auch die Energieversorgung, es fehlt qualifiziertes Personal, und da sind die Transportkosten, um die theoretisch gewonnenen Rohstoffe abzutransportieren. Zudem gibt es geografische Schwierigkeiten. Wenn Vorkommen zum Beispiel zwischen zwei Gletschern liegen und man dort drüber eine Straße baut, liegt die zwei Wochen später 20 Meter weiter in verschiedenen Teilen, weil der Gletscher sich bewegt. Bisher sprachen Wirtschaftlichkeitsprüfungen immer gegen große Projekte. Das hat nichts mit den Vorkommen selbst zu tun, die sind schön groß und im Weltmaßstab bedeutend. Aber kommerziell sind im Weltmaßstab eben andere Vorkommen in Amerika, Kanada oder Australien besser. Außerdem sind nicht alle in Grönland vorhandenen Rohstoffe hochpreisig zu verkaufen, und dementsprechend wird nichts entwickelt.

Nun gibt es ja aber gar nicht so wenig Explorationslizenzen in Grönland.

Im Vergleich alleine zu Australien zum Beispiel sind das nicht viele. Zudem gilt im Bergbau: Auf etwa 100 Explorationslizenzen kommt lediglich ein theoretisch realisierter Abbau. Die Unternehmen, die die Explorationslizenzen erwerben, sind oft Junior Mining Companies, die mit Risikokapital arbeiten, um damit an der Börse weiteres Kapital zu generieren, oft mit Penny Stocks und mit dem Weiterverkauf von Lizenzen, und die sich häufig umbenennen für weitere Investoren. Also, sie wollen da meist gar nichts abbauen, sie haben gar nicht das Geld dazu, denn der Abbau kostet wirklich mehrere 100 Millionen US-Dollar. Und nur wenn es ganz große Unternehmen sind oder große Unternehmen einsteigen, dann ist die Chance da, dass überhaupt irgendein Abbau stattfindet – wenn das Vorkommen das hergibt. 

Ist der grönländische Bergbausektor für deutsche Unternehmen interessant? 

Da sehe ich wirklich niemanden. Weder ist irgendeine deutsche Firma in der Erkundung tätig, noch hat jemand Interesse am Abbau oder daran, Rohstoffe aus Grönland nach Deutschland zu importieren. 

Selbst wenn die grönländische Regierung und die Bevölkerung, die den Bergbau nur unter hohen Umweltauflagen ermöglichen möchten, sich einstimmig zu mehr Bergbau entschließen würden – würde das den sich verhalten entwickelnden Sektor maßgeblich voranbringen?

Die Grönländer sind sehr flott mit Abbaugenehmigungen, schneller als die Deutschen. Wenn ein Unternehmen sagt, hier haben wir 200, 300 Millionen US-Dollar und da bauen wir jetzt ein Bergwerk, dann ginge das innerhalb von ein paar Jahren. Seltene Erden müssen weiterverarbeitet werden, das geht derzeit nicht außerhalb Chinas. Aber für die anderen Rohstoffe – Blei, Zink, Kobalt zum Beispiel – wäre das nicht schwierig. Wenn man Geld hat, kann man kurz- oder mittelfristig da anfangen. Nur, fürchte ich, wäre das Geld dann weg, weil es sich schlicht nicht rechnet. Sie müssen investieren, man hat die Kapitalkosten und die Betriebskosten, und das übersteigt dann den wirtschaftlichen Gewinn.

Wie beurteilen Sie unter all diesen Gesichtspunkten die jüngst vergebenen Abbaulizenzen an die kanadische Greenland Resources zum Abbau von Molybdän, ein Schwerpunktprojekt der EU, sowie an das europäische Unternehmen Greenland Anorthosite Mining zum Abbau von Anorthosit?

Das Abbauvorhaben von Greenland Anorthosite Mining ist interessant, aber hat keine größere Bedeutung, da es sich bei Anorthosit um ein nicht besonders wertvolles Gestein handelt. Das Malmbjerg Projekt ist ebenfalls interessant, ich halte seine Erschließung aufgrund seiner gletschernahen Lage aber für schwierig. Erwähnen sollte man noch das kanadische Unternehmen Amaroq Minerals, das Ende 2024 aus seinem Nalunaq Gold Projekt erstmals tatsächlich Gold produzierte. Bei den hohen Goldpreisen lohnt sich also zumindest die Goldproduktion in Grönland. 

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