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Wirtschaftsumfeld | Zentralasien | Infrastruktur

Zentralasien rückt durch neue Infrastruktur näher an Weltmärkte

Am Bindeglied zwischen Europa und Asien werden Verkehrskorridore ausgebaut. Investitionen in Milliardenhöhe sind notwendig. EU-Mittel fließen über "Global Gateway" in die Region.

Von Viktor Ebel | Almaty

In Zentralasien schneiden sich nicht nur die Interessen Europas, Chinas und Russlands, sondern auch mehrere Transportkorridore. Diese werden ausgebaut, um sowohl auf der Ost-West-, als auch auf der Nord-Süd-Achse Transportzeiten zu verkürzen und alternative Lieferrouten zu etablieren. Die Länder Zentralasiens versprechen sich davon Zugang zu neuen Märkten, den Ausbau des Logistiksektors zu einem Standbein der Wirtschaft und Investitionen in Milliardenhöhe.

Die Eurasische Entwicklungsbank (EDB) schätzt das Investitionsvolumen für laufende und geplante Infrastrukturprojekte in Zentralasien auf fast 53 Milliarden US-Dollar (US$). Das ist das Ergebnis einer im Juli 2025 veröffentlichten Studie. Mit einem Anteil von 44 Prozent entfällt fast die Hälfte der Investitionen auf den Flächenstaat Kasachstan. Danach folgt Kirgisistan, wo zuletzt große Infrastrukturprojekte gestartet sind.

Großteil der Investitionen soll in Straßen fließen

Bei der Art der Infrastrukturvorhaben dominieren Straßenbauprojekte, in die 58 Prozent der Mittel fließen sollen, gefolgt von Eisenbahnprojekten (35 Prozent). Im Vordergrund stehen die Straßen und Eisenbahnstrecken entlang des Verkehrskorridors TRACECA, den die EU 1993 ins Leben gerufen hat, um den Schwarzmeerraum über den Südkaukasus mit Zentralasien zu verbinden. Im Gegensatz zum nördlich gelegenen Eurasischen Korridor führt TRACECA nicht über Russland. Das macht die Route für westliche Unternehmen im Bereich Infrastrukturentwicklung und Logistik interessant.

 

Der Nachteil von TRACECA sind die vielen Landesgrenzen, unterschiedliche Spurweiten sowie die begrenzte Schiffbarkeit des Kaspischen Meeres. Hinzu kommen fehlende Teilabschnitte sowie Nadelöhre entlang der Strecke, wie beispielsweise die kasachischen Kaspi-Häfen. Während auf politischer Ebene an schnelleren Grenzabfertigungen und vereinheitlichten Zollverfahren gearbeitet wird, zielen die Investitionen auf die Verbesserung der harten Infrastruktur ab. Ein Beispiel dafür ist die zu TRACECA gehörende Transkaspische Transportroute, auch als Mittlerer Korridor bekannt, in den auch die EU investiert.

Für welche Güter wird der Mittlere Korridor genutzt?

Laut einer Analyse der Weltbank werden hauptsächlich Öl und Ölprodukte, Kohle und Eisenmetalle über das Kaspische Meer transportiert. Rohstoffexporte, insbesondere von Kasachstan nach Europa, dominieren daher. Verarbeitete Erzeugnisse machen rund ein Fünftel aller beförderten Güter aus. Die Weltbank schätzt, dass der Anteil der per Container transportierten Waren im Jahr 2030 rund ein Drittel erreichen dürfte.

EU hat Zentralasiens Infrastruktur längst im Blick

Der Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 beschleunigte eine Entwicklung, die schon während der Coronapandemie begann: Die Suche nach alternativen Handelsrouten. Um sich sowohl von Russland als auch von blockierten Seewegen unabhängig zu machen, kündigte die EU 2024 an, 10 Milliarden Euro in die zentralasiatische Verkehrsinfrastruktur zu investieren. Grundlage für die Investitionszusage war eine 2023 von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) durchgeführte Studie, die den Ausbau des Mittleren Korridors empfiehlt.

Zuletzt kam das Thema beim EU-Zentralasien-Gipfel im April 2025 in Usbekistan wieder auf den Tisch. Um die ausgerufene strategische Partnerschaft mit der Region zu unterstreichen, stellte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Zentralasien 12 Milliarden Euro Investitionen im Rahmen der Initiative Global Gateway in Aussicht. Im Fokus steht neben der Zusammenarbeit bei kritischen Rohstoffen und dem Kampf gegen den Klimawandel der Verkehrssektor, für den 3 Milliarden Euro vorgesehen sind.

Die Verteilung der Investitionen auf einzelne Projekte lässt sich nicht vollumfänglich nachvollziehen. Es empfiehlt sich daher, regelmäßig Ausschreibungen der EU-nahen Europäischen Investitionsbank (EIB) und EBRD sowie Projektmeldungen in der GTAI-Datenbank zu prüfen.

Größte laufende und geplante Infrastrukturvorhaben in Zentralasien nach Investitionsvolumen *)In Milliarden US-Dollar
Projektbezeichnung

Investitionsvolumen

Stand
Eisenbahn China Kirgisistan Usbekistan

4,7

Umsetzung
Mautstraße Taschkent Andischan (Usbekistan)

4,3

Vorbereitung
Eisenbahn Balykchy Makmal Dschalal-Abad (Kirgisistan)

4,1

Umsetzung
Eisenbahnstrecke Nord Süd (Tadschikistan)

3,9

Vorbereitung
Schnellstraße Astana Torgay Kandyagasch (Kasachstan)

2,6

Umsetzung
Fernstraße Aschgabat Turkmenabat (Turkmenistan; letzter Abschnitt: Mary Turkmenabat)

2,4

Umsetzung 
Fernstraße Serakhs Mary Serkhetabat (Turkmenistan)

2,2

Vorbereitung
Modernisierung des Eisenbahnabschnitts Dostyk Moyinty (Kasachstan)

2,0

Umsetzung
Eisenbahnkorridor Tadschikistan Afghanistan Turkmenistan

2,0

Umsetzung
Sanierung Fernstraße Scheskasgan Arkalyk Petropawl (Kasachstan)

1,9

Umsetzung
* auf diese zehn Vorhaben entfallen nach Berechnungen der EDB 58 Prozent der veranschlagten Gesamtinvestitionen in Höhe von 53 Milliarden US-Dollar.Quelle: Eurasische Entwicklungsbank 2025

Die EU plant für Ende 2025 eine Folgeveranstaltung des ersten Gipfeltreffens zwischen der EU und Zentralasien noch für Ende 2025 in Usbekistan. Auf dem Wirtschaftsforum soll neben institutionellen Geldgebern auch privates Kapital für Investitionen in den Transkaspischen Verkehrskorridor (Mittleren Korridor) eingeworben werden.

Warenverkehr auf dem Mittleren Korridor nimmt zu

Was sich hingegen nachvollziehen lässt, ist die Wirkung der Ausbauprojekte der letzten Jahre. Laut Angaben der Vereinigung Transkaspische Internationale Transportroute stieg das Frachtvolumen über den Mittleren Korridor zwischen 2023 und 2024 um 20,5 Prozent auf 3,3 Millionen Tonnen. Der Containerumschlag hat sich in diesem Zeitraum sogar mehr als verdreifacht. Das hat auch mit der Gründung der Middle Corridor Multimodal zu tun, zu der sich die staatlichen Eisenbahnbetreiber aus Kasachstan, Aserbaidschan und Georgien zusammengeschlossen haben.

12 Mio. t

könnte das jährliche Frachtvolumen auf dem Mittleren Korridor bis 2030 betragen, schätzt die Weltbank.

Sie vereinheitlicht die Tarife und dient als zentraler Ansprechpartner für Unternehmen, die den Mittleren Korridor nutzen wollen. Das soll helfen, die Transportzeit von 30 Tagen und mehr zwischen China und Europa auf unter zwei Wochen zu senken. Auf Seiten der harten Infrastruktur sind Projekte zum Hafenausbau und im Schiffbau sowie Investitionen in Bahnstrecken, rollendes Material und Logistikzentren zu nennen. Für ausländische Unternehmen bestehen sowohl Chancen bei Beratungsdiensten, beispielsweise bei der Einführung digitaler Technologien in der Logistik, als auch bei Ausrüstungslieferungen. Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick auf die Finanzierung.

Privatsektor investiert besonders in Logistikzentren 

Bei der Analyse der geplanten und laufenden Infrastrukturprojekte in Zentralasien hat die EDB festgestellt, dass ein Großteil der Straßen- und Eisenbahnprojekte staatlich finanziert wird. Bei Logistikzentren und Containerhubs dominiert hingegen privates Kapital. Mehrere Vorhaben werden von internationalen Entwicklungsbanken begleitet. Neben der EIB und der EBRD ist auch die Asiatische Entwicklungsbank aktiv.

Manche Projekte existieren bislang nur auf dem Papier

Neben den Ost-West-Verbindungen gibt es auch Pläne, Verkehrskorridore auf der Nord-Süd-Achse zu etablieren. Während der Korridor an der Ostküste des Kaspischen Meeres vornehmlich russischen Interessen dient, sollen geplante Routen durch Afghanistan Zentralasien mit Häfen am Indischen Ozean verbinden.

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Afghanistan wird es besonders bei diesen Projekten auf Geberbanken ankommen. Derzeit existiert beispielsweise der transafghanische Bahnkorridor Usbekistan – Afghanistan – Pakistan nur auf dem Papier. Eine kürzlich vereinbarte Machbarkeitsstudie könnte das Projekt aber angestoßen haben, wie verschiedene Medien berichten.

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