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Special | Indien | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Energie: Ausbau der erneuerbaren Energien hat Priorität

Indien will mit Wind- und Solarkraft die Dekarbonisierung des Energiemix vorantreiben. Auch grüner Wasserstoff soll künftig produziert werden. Der Investitionsbedarf ist riesig.

Von Boris Alex | New Delhi

Indiens Energiepolitik zielt in erster Linie darauf ab, die benötigte Energie so schnell und kostengünstig wie möglich zu produzieren. Mit welchem Energieträger dieses Ziel erreicht wird, spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Egal ob Kohle, Wind, Solar oder Kernkraft - für alle gibt es Platz im indischen Energiemix. Mit dem rasanten Wirtschaftswachstum ab dem Jahr 2000 ist der Bedarf an billiger Energie explodiert. Um die Nachfrage zu decken, wurde die Erzeugung aus fossilen Quellen kräftig ausgebaut. Kohle hatte 2021 einen Anteil an der Primärenergieerzeugung von 57 Prozent und Erdöl von 27 Prozent. Im Gegenzug ging der Anteil emissionsfreier oder -ärmerer Träger wie Wasserkraft und Erdgas im Energiemix zurück.

Energieversorgung

Indien hat 2010 mit der "National Solar Mission" erst relativ spät den Startschuss zum Ausbau der erneuerbaren Energien gegeben. Der Anteil von Wind, Solar, Biomasse und Wasserkraft (bis 25 Megawatt; Small Hydro) am Primärenergieverbrauch war 2021 mit 5 Prozent zwar noch gering. Er wird aber in den nächsten Jahren kontinuierlich wachsen, da die Regierung vor allem mit erneuerbaren Energien ihre Klimaziele erreichen will. Weil saubere Stromquellen alleine aber den wachsenden Energiebedarf nicht decken werden, setzt Indien weiter auch auf Kohle - allerdings soll ihr Anteil am Primärenergiemix ab etwa 2030 sinken, so die Prognose des Ministry of Power.

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Stromerzeugung

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung lag 2021 bei 10 Prozent. Damit hat er sich innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. Gegenüber 2020 legte die Produktion um 13 Prozent auf 172 Terawattstunden zu. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der netzgebundenen Kapazität lag im März 2023 mit 125 Gigawatt bei 30 Prozent. Großwasserkraftwerke hatten einen Anteil von 11 Prozent. Zählt man noch die knapp 7 Gigawatt Kernenergie hinzu, dann entfallen inzwischen 43 Prozent der installierten Stromerzeugungskapazität auf nichtfossile Energieträger

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Der geplante Ausbau der erneuerbaren Energien auf bis zu 500 Gigawatt bis 2030 ist aber nur der erste Schritt zur Dekarbonisierung der Wirtschaft. Um bis 2070 klimaneutral zu werden, müsste Indien seine Kapazitäten auf 7.400 Gigawatt ausbauen, so die Berechnung des Council on Energy, Environment and Water. Indien will deshalb den Zubau bei Wind und Solar mit Hochdruck vorantreiben. Anfang April 2023 hatte die Regierung bekannt gegeben, dass sie in den kommenden fünf Finanzjahren jährlich 50 Gigawatt an neuen Kapazitäten ausschreiben will.

Ambitionierte Ausbauziele für erneuerbare Energien

Bis zum Ende des Jahres 2030 sollen so die Kapazitäten für die Solarstromerzeugung auf 280 Gigawatt vervierfacht werden. Der Marktforscher JMK Research erwartet bis 2030 aber nur einen Zubau auf etwa 220 Gigawatt. Die Ratingagentur Fitch Solutions ist deutlich pessimistischer und rechnet bis dahin nur mit Kapazitäten von 140 Gigawatt. Ende 2022 befanden sich Freiflächenanlagen mit einer Kapazität von 100 Gigawatt in der Projektpipeline. Rund die Hälfte davon sollen bis 2026 ans Netz gehen. Den Investitionsbedarf hierfür beziffert die Unternehmensberatung Ernst & Young auf mindestens 50 Milliarden US-Dollar (US$).

Die netzgebundenen Windkraftkapazitäten sollen bis 2030 von aktuell 43 auf 140 Gigawatt zulegen, so die Pläne der Regierung. Der Global Wind Energy Council erwartet bis 2026/2027 einen Zubau von etwa 20 Gigawatt. Dies wäre zwar eine deutliche Steigerung gegenüber den letzten Jahren, bliebe aber dennoch hinter den Ausbauzielen zurück. Neuen Schub könnte die Offshore-Windkraft bringen. Das Potenzial von 174 Gigawatt wird bislang noch nicht genutzt. Bis 2030 plant das Ministry of New and Renewable Energy,  37 Gigawatt Offshore-Windkapazitäten  installiert zu haben.

Grüner Wasserstoff steht in den Startlöchern

Indien will zum globalen Vorreiter bei grünem Wasserstoff werden. Das Marktvolumen für die Herstellung, Speicherung und Transport des weitgehend -kohlenstoffdioxid-neutralen Wasserstoffs könnte bis 2030 auf 8 Milliarden US$ zulegen, so die Zahlen von NITI Aayog. Erste konkrete Investitionsvorhaben gibt es bereits. Reliance Industries will in seinem Industriepark im Bundesstaat Gujarat künftig grünen Wasserstoff aus Solarstrom erzeugen. Zudem ist der Bau eines Werks zur Fertigung von Elektrolyseuren für den indischen Markt sowie den Export mit einer Jahreskapazität von 2.500 Megawatt geplant - Kostenpunkt: 500 Millionen US$.

Der geplante Ausbau der Kernenergie kommt in Indien langsamer voran als geplant. Zurzeit sind 22 Reaktoren mit einer Leistung von knapp 7 Gigawatt am Netz. Von dem Ziel, bis 2032 die Atomstromkapazitäten auf 63 Gigawatt auszubauen, ist Indien aber weit entfernt. Aktuell befinden sich acht Reaktoren mit insgesamt 6 Gigawatt im Bau. Technisch basieren die Hälfte davon auf der einheimischen Weiterentwicklung des Canada Deuterium Uranium-Schwerwasserreaktors. Weitere drei sind Druckwasserreaktoren russischer Bauart. Zudem wird derzeit ein Prototyp des ersten Thorium-Flüssigsalzreaktors des Landes mit einer Leistung von 500 Megawatt errichtet. Indien zählt zu den Ländern mit den größten Thorium-Vorräten weltweit und ist einer der Vorreiter bei dieser Technologie.

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