Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special | Indonesien | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indonesien unterstützt bei der Ermittlung und Abwendung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 LkSG)

Kurzbeschreibung: Maßgeblich ist das Recht des Beschäftigtenortes. Verstöße gegen das national anwendbare Arbeitsschutzrecht sind verboten, wenn dadurch die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren entstehen. Dies kann durch ungenügende Sicherheitsstandards, Fehlen geeigneter Schutzmaßnahmen und ungenügende Ausbildung und Unterweisung verursacht werden.

Gesetzliche Grundlagen

Indonesien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat neun von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehört das hier relevante Übereinkommen über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz (ILO-Übereinkommen Nr. 187). Das Kernübereinkommen über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (ILO-Übereinkommen Nr. 155) hat Indonesien bislang nicht ratifiziert (Stand: Juli 2023). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Indonesien verfügt über eine relativ veraltete und unzureichende Rechtsgrundlage für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Die ersten Rechtsinstrumente zu diesem Thema wurden bereits 1910 erlassen. Aber erst mit der Verabschiedung des Arbeitsschutzgesetzes Nr. 1 von 1970 (Undang-undang Nomor I Tahun 1970) wurde ein nennenswerter Rechtsrahmen auf nationaler Ebene geschaffen. Obwohl dieses Gesetz nur 18 Artikel enthält, ist es das wichtigste Rechtsinstrument des Landes zu diesem Thema. Es hat im Wesentlichen einen erzieherischen und präventiven Charakter. Auf dieses Gesetz folgten mehrere Regierungsverordnungen, die darauf abzielten, die Umsetzung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu verbessern. Ebenfalls auf der Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes wurden mehrere weitere Gesetze geändert.

Die Regierungsverordnung Nr. 50 von 2012 (Peraturan Pemerintah Nomor 50 Tahun 2012) über die Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems (Sistem Manajemen Keselamatan dan Kesehatan Kerja; SMK3) ist eine der wichtigsten Rechtsvorschriften zu dem Thema Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Darin heißt es, dass Maßnahmen des Arbeitsschutzes alle Aktivitäten sind, die zur Verhütung von Unfällen (Kecelakaan Kerja; KK) und Berufskrankheiten (Penyakit Akibat Kerja; PAK) durchgeführt werden. Die Umsetzung des Arbeitsschutzes in Indonesien stützt sich auf eine Reihe von Gesetzen, die sich im Allgemeinen auf bestimmte Sektoren beziehen. Unter anderem sind folgende Gesetze relevant: Gesetz Nr. 23 aus dem Jahr 1997 über Umweltmanagement, Gesetz Nr. 22 aus dem Jahr 2001 über Öl und Gas, Gesetz Nr. 17 aus dem Jahr 2008 über die Schifffahrt, Gesetz Nr. 36 aus dem Jahr 2009 über den Gesundheitssektor, Gesetz Nr. 11 aus dem Jahr 2014 über das Ingenieurwesen, Gesetz Nr. 32 aus dem Jahr 2014 über maritime Angelegenheiten, Gesetz Nr. 2 aus dem Jahr 2017 über Bauleistungen und Gesetz Nr. 11 aus dem Jahr 2020 über die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Im Allgemeinen werden die Vorschriften zur Umsetzung von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in Indonesien von den zuständigen Stellen ständig geändert und dienen eher als eine Art Empfehlung denn als verbindliche Norm. Auch die Sanktionen bei Nichteinhaltung sind im Vergleich zu anderen Ländern nicht besonders streng. Verstöße gegen das Gesetz Nr. 1 aus dem Jahr 1970 können beispielsweise mit einer sehr geringen Geldstrafe von 100.000 indonesischen Rupiah (Rp; entspricht rund 6 Euro nach dem Wechselkurs der Bundesbank Stand Ende Juli 2023: 1 Euro = 16.623 Rp) geahndet werden.

Zu den wichtigsten Pflichten der Unternehmen (Art. 9 des Arbeitsschutzgesetzes) gehört die Verpflichtung, jeden "neuen Arbeitnehmer" zu unterrichten über: i. Arbeitsbedingungen und Risiken; ii. Kollektive Schutzausrüstung; iii. Persönliche Schutzausrüstung; iv. Sichere Methoden und Vorgehensweisen bei der Ausführung der Arbeit. Nach dieser Norm kann die Unternehmensleitung den Beschäftigten erst dann einstellen, wenn sie sich vergewissert hat, dass er/sie die Sicherheitsbedingungen verstanden hat. Die Unternehmensleitung ist verpflichtet, für alle ihr unterstellten Arbeitnehmer Unterweisungen zur Unfallverhütung und Brandbekämpfung zu veranlassen und im Falle eines Unfalls Erste Hilfe zu leisten.

Zu den Pflichten der Arbeitnehmer (Artikel 12 des Gesetzes Nr. 1 von 1970) gehören: i. Auf Verlangen der für die Sicherheit am Arbeitsplatz zuständigen Aufsichtspersonen oder Fachleute korrekte Auskünfte zu erteilen; ii. Die erforderliche persönliche Schutzausrüstung zu tragen; iii. Alle erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen einhalten; iv. Die Unternehmensleitung aufzufordern, alle erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen umzusetzen; und v. Verweigerung der Arbeit, wenn die Arbeitsschutzanforderungen und die persönliche Schutzausrüstung nicht ausreichend erscheinen. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

In Indonesien gibt es zwar Arbeitsschutzrichtlinien, aber keinen Arbeitsschutz auf dem Niveau entwickelter Länder. Gründe sind die Vermeidung von zusätzlichen Kosten, Leichtfertigkeit oder auch ein Unwissen über Gefahren. Auf dem Bau sind etwa Sicherheitsschuhe die Ausnahme, in der Landwirtschaft besteht vielerorts zu wenig Schutz beim Spritzen von Pestiziden oder Düngemitteln und in der Textilindustrie wird mancherorts mit chemischen Substanzen sorglos umgegangen.

Ausländische Unternehmen und heimische Großunternehmen halten sich zumeist an Arbeitsschutzrichtlinien, denn sie müssen bei Unfällen mit Sanktionen rechnen. Kleinere indonesische Firmen können diese, vor allem wenn sie politisch gut vernetzt sind, leichter umgehen. Praktisch keine Arbeitsschutzrichtlinien gibt es für den informellen Sektor, in dem mehr als die Hälfte der Indonesier tätig ist. Gerade dort, wo der informelle Sektor in Lieferketten hineinreicht besteht die Gefahr von Unfällen. Gleichzeitig ist er nur lückenhaft überprüfbar.

Nur einige Dutzend deutsche Unternehmen haben Produktionsstätten im Archipel. In der Textilbranche gibt es hingegen mehrere. Eines davon ist vor einigen Jahren beim Thema Arbeitsnehmerrechte in die Kritik geraten, wurde aber von den Vorwürfen freigesprochen. Eine deutsche, eine indonesische und eine internationale Nichtregierungsorganisation hatten 2018 bei der OECD Beschwerde eingelegt, wegen mangelhafter Arbeitsbedingungen sowie zu geringen Löhnen und Abfindungszahlungen in einer Fabrik, die im Auftrag für mehrere Abnehmer Bekleidung fertigte. Das Unternehmen wurde 2020 von den Vorwürfen freigesprochen. 

Um mögliche Risiken bei der Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren in Indonesien zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen 

Die Rechtsabteilung der Deutsch-Indonesischen Industrie- und Handelskammer (AHK Indonesien/EKONID) bietet Unternehmen individuelle Beratung und Recherche an. 

Der Vision Zero Fund ist eine Multi-Stakeholder-Plattform, die gemeinsam mit Experten Trainings für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in verschiedenen Lieferketten anbietet. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung des Arbeitsschutzes können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingesehen werden.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.