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Der boomende indonesische Onlinehandel hat in der Coronakrise weiteren Auftrieb erhalten. Ausländische Produktanbieter sollten ein Standbein vor Ort haben.
05.11.2021
Von Frank Malerius | Jakarta
Der E-Commerce boomt, und ein Ende dieses Wachstums ist nicht in Sicht. Praktisch alle Güter des täglichen Bedarfs werden täglich millionenfach online gekauft, seien es Bekleidung, Handtaschen, Kosmetika, Spielzeug, Lebensmittel oder das fertig zubereitete Abendessen. Die Beschränkungen des öffentlichen Lebens während der Coronakrise haben dem E-Commerce einen weiteren kräftigen Schub gegeben. Grundlage für die Entwicklung ist die hohe Digitalaffinität der Indonesier.
Praktisch jeder jüngere Städter (56 Prozent der Einwohner leben in Städten) besitzt ein Smartphone und ist bei einem digitalen Zahlungsanbieter angemeldet, über den er sowohl beim Onlineshopping als auch beim physischen Einkauf (sei es nur die Wasserflasche am Straßenrand) bezahlt. In urbanen Regionen hat diese Zahlungsart bereits einen großen Teil des Bargeldverkehrs verdrängt. Die allermeisten Onlinekäufe werden über das Smartphone abgewickelt, auch in der Mittelschicht, die Computer, Laptops und Tablets besitzt.
Indonesier sind stets auf der Jagd nach Rabatten. Die Frage, wo es etwas günstiger als anderswo zu kaufen gibt, ist fester Bestandteil der Alltagskommunikation. E-Commerce-Anbieter, die keine eigenen Geschäfte samt Verkaufspersonal unterhalten müssen, haben in diesem Marktumfeld einen klaren Vorteil
Treiber des E-Commerce ist auch die hervorragend ausgebaute Mikrologistik in Städten. Dort liefern Hunderttausende Motorradkuriere die bestellte Ware schnell und zuverlässig bis in die kleinste Gasse. Jeder, egal wo er in einer Stadt lebt, kann deshalb am Onlinehandel partizipieren. Vor etwa zehn Jahren haben die beiden Start-ups Gojek und Grab mit ihren Apps die indonesische Mikrologistik revolutioniert. Gleichzeitig bieten sie seitdem unzähligen jungen Männern ohne Bildungschancen ein Auskommen.
Internationale Beratungsgesellschaften überschlagen sich mit Wachstumsprognosen zum E-Commerce. Der Analyst E-CommerceDB sah 2020 ein Marktvolumen von mehr als 30 Milliarden US-Dollar (US$). Dabei handelt es sich aber allenfalls um eine grobe Projektion. Denn die tatsächlichen Zahlen kennen nur die Onlinehändler und deren Investoren sowie die Zahlungsanbieter. Die Zentralbank Bank Indonesia wies für die ersten elf Monate 2020 E-Commerce-Transaktionen in Höhe von 18,3 Milliarden US$ aus. Das entspricht fast einer Versechsfachung gegenüber 2017. Dieser Wert umfasst aber nicht die Barzahlungen bei Paketübergabe.
Bild vergrößernDie wichtigsten E-Commerce-Portale sind die heimischen Start-ups Tokopedia und Bukalapak sowie das singapurische Shopee. Weitere beliebte Akteure sind das chinesische JD.id oder das vormals deutsch-investierte Lazada. Bezahlt wird zumeist über die digitalen Plattformen GoPay (gehört zu Gojek) und Ovo.
Geliefert wird die Ware mit den Motorradkurieren von Gojek, Grab und Shopee. Im Jahr 2021 haben sich Gojek und Tokopedia auf eine Megafusion zu "GoTo" geeinigt - einem Konzern, der etwa 40 Milliarden US$ wert sein soll. GoTo will die gesamte Wertschöpfungskette abbilden - vom Verkauf über den Bezahlvorgang bis zur Lieferung.
Produktgruppe | Umsatz in Billionen Rupiah | Anteil am Gesamtumsatz (in %) | Umsatz (in Mio. US$) |
---|---|---|---|
Mode | 143,4 | 30 | 9.883 |
Elektronik | 114,8 | 24 | 7.869 |
Nahrungsmittel, Kosmetika | 76,5 | 16 | 5.246 |
Spielzeug, Sport | 71,7 | 15 | 4.918 |
Möbel, Einrichtung | 66,9 | 14 | 4.590 |
An den Start-ups sind internationale Investoren von Weltrang mit hunderten Millionen US$ beteiligt, seien es Google, Amazon, Facebook oder Tencent. Sie glauben fest an die Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle und die ausreichende Stabilität des regulatorischen Umfeldes.
Der E-Commerce hat eine Vielfalt, die weit über die großen Verkaufsportale hinausreicht. Auch Privatpersonen machen sich die bestehende digitale Infrastruktur zunutze. Vielerorts verkaufen junge Frauen aus ihrem Wohnzimmer heraus Handtaschen und preisen sie dort mit selbstgemachten Videoclips an. Anderswo haben sich Familien auf Kuchen spezialisiert, den sie online vertreiben. Bezahlt wird zumeist digital, geliefert per Motorradkurier.
Indonesien ist für ausländische Unternehmen, die dort ihre Produkte verkaufen wollen, stets ein schwieriges Terrain gewesen, auch im regionalen Vergleich mit anderen ASEAN-Ländern. Immerhin wurde 2021 im Zuge der Reform des Investitionsrechts der eigenständige Vertrieb deutlich erleichtert. Doch gerade Konsumgüter ins Land zu bekommen ist nach wie vor besonders schwierig. Denn heimische Produkte sollen vor ausländischer Konkurrenz geschützt bleiben. Deshalb gibt es für den grenzüberschreitenden E-Commerce enge Grenzen.
Für ausländische Anbieter gilt es daher, ihre Produkte aus dem Land heraus zu verkaufen. Grundregel bei allen Geschäften bleibt auch nach den Reformen: Erfolg gibt es nur mit einem starken einheimischen Partner. Gleichzeitig haben die großen Verkaufsportale Tokopedia und Bukalapak so gute Verbindungen in die Politik, dass sie jederzeit Schutz vor ausländischer Konkurrenz organisieren können. Bestes Erfolgsrezept ist daher eine möglich breit angelegt Kooperation mit den nationalen Playern im Handel, bei der Bezahlung und auf der letzten Meile der Zustellung.
Eine Nachfrage nach deutschen Konsumgütern ist vorhanden, denn sie profitieren vom guten Ruf deutscher Investitionsgüter. "Made in Germany" ist überall ein gutes Verkaufsargument und rechtfertigt einen höheren Preis. Allerdings nur dort, wo die Zweifel über mögliche Fälschungen ausgeräumt sind.
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Wichtigstes indonesisches E-Commerce-Portal, fusioniert mit dem Motorradkurier Gojek zu GoTo | |
Indonesisches E-Commerce-Portal, beliebt im Consumer-to-Consumer-Geschäft | |
Singapurisches E-Commerce-Portal mit eigenem Lieferdienst | |
Chinesisch-investiertes E-Commerce-Portal | |
Chinesisch-investiertes E-Commerce-Portal | |
Indonesisches E-Commerce-Portal | |
Indonesischer E-Commerce-Verband |