Sicherheit, Iran-Sanktionen und Zahlungsverkehr sind Themen, die Geschäfte mit Irak erschweren. Ein irakischer Technikvertreter berichtet, wie er damit umgeht.
Seine Kunden betreiben hauptsächlich die südirakischen Ölfelder: An sie verkauft der irakische Vertriebsvertreter Messgeräte und andere Technik westlicher Hersteller. In diesem Teil des Interviews erklärt unser Gesprächspartner, welche Strategien deutsche Unternehmen für den Markteintritt benötigen, warum ein virtuelles Meeting ein sinnvoller erster Schritt ist und wie es um die Sicherheitslage im Land steht.
Wie läuft Ihr Geschäft mit der irakischen Öl- und Gasindustrie?
Ich kann nicht klagen. Nach der Firmengründung vor einigen Jahren beschäftige ich aktuell ein gutes Dutzend Leute, die Hälfte davon Ingenieure. Das Unternehmen hier ist inzwischen wichtiger als meine Baufirma, die ich davor aufgebaut hatte.
Sie vertreten US-amerikanische und französische Techniklieferanten. Sind Sie auch an deutschen Partnern interessiert?
Ja, deren Angebot würde hier gut passen. Deutsche Produkte haben in Irak einen guten Ruf. Die Regierung achtet verstärkt auf die Vermeidung von Emissionen und den CO₂-Fußabdruck auch in der Öl- und Gasindustrie. Dazu gibt es hier noch wenig Know-how und Deutschland ist in diesen Feldern prominent vertreten.
Sind deutsche Produkte bisher denn nicht auf den Ölfeldern im Einsatz?
Doch, in mehreren Umweltüberwachungsstationen bei Öl- und Gasfeldern in der Nähe von Basra zum Beispiel. Ich kenne aber keinen lokalen Vertreter deutscher Produkte. Die Technik kommt offenkundig indirekt ins Land – als Lieferungen im Rahmen größerer Projekte. Vielleicht wurde sie auch online geordert.
Ich habe praktisch täglich virtuelle Treffen mit meinen ausländischen Partnern und potenziellen Kunden.
Wie könnten deutsche Lieferanten besser von den Marktchancen profitieren?
Sie müssten erst einmal ihre Technik bekannt machen, mit Hilfe lokaler Partner. Dazu braucht zunächst niemand nach Irak zu kommen. Ich habe praktisch täglich virtuelle Treffen mit meinen ausländischen Partnern und potenziellen Kunden. Solche Onlinemeetings würde ich in einem zweiten Schritt dann auch direkt zwischen den beiden Partnern arrangieren.
Ganz ohne persönlichen Kontakt wird es aber kaum weitergehen.
Natürlich nicht. Der Kontakt kann auf einer internationalen Messe oder einem anderen Branchentreffen geknüpft werden. Besser ist es aber schon, wenn Angestellte des ausländischen Partners irgendwann persönlich nach Irak kommen.
Die Hauptstadt und der Süden von Irak um Basra, wo die Ölfelder liegen, sind sicher.
Da wird das erste Thema die persönliche Sicherheit sein?
In der Nähe von Bagdad gibt es dabei in der Tat noch manchmal Probleme. Aber die Hauptstadt selbst und der Süden von Irak um Basra, wo die Ölfelder liegen, sind sicher.
Wagen sich Ihre westlichen Partner denn ins Land?
Im Februar kamen zwei Abgesandte eines US-amerikanischen Partners, um hier ihre neuartige Technik zum rauchfreien Verbrennen von Fackelgas vorzustellen. Ich holte sie mit meinem Auto vom Flughafen Basra ab. Wir bewegten uns auch sonst ganz normal, ohne Sicherheitsmaßnahmen. Die Gäste waren erstaunt über das vibrierende Leben in Basra mit belebten Restaurants bis nachts um eins. Da sei deutlich mehr los als in Houston.
Sicherheitsdienste können schnell 1.000 US-Dollar pro Tag und Person kosten.
Sehen das alle ausländischen Partner so entspannt?
Nein, internationale Ölkonzerne und andere ausländische Großunternehmen richten sich nach strikten internen Sicherheitsbestimmungen. Sie buchen gepanzerte Fahrzeuge und manchmal bewaffnete Konvois. Diese gelten für das gesamte Besuchspersonal, egal aus welchen Ländern es stammt. Nach diesen internen Konzernrichtlinien müssen sich typischerweise auch Leute von Subunternehmen oder anderen ausländischen Partnern richten. Solche Sicherheitsdienste können schnell 1.000 US-Dollar (US$) pro Tag und Person kosten, wobei es hier ein großes Angebot dafür gibt.
Wie funktioniert der Geldtransfer an Ihre Lieferanten ins Ausland?
Völlig problemlos. Ich veranlasse Überweisungen an internationale Banken in Dubai, in den USA, in Großbritannien, in Italien, egal wohin. Deutschland ist bisher nicht dabei, aber da habe ich auch noch keine Partner. Die Gebühren sind gering, die irakischen Banken verlangen 0,7 Prozent des Überweisungsbetrags, also 7.000 US$ bei einem Überweisungsbetrag von 1 Million US$. Wichtig ist, dass die Rechnungen und auch alle anderen benötigten Dokumente vollständig vorliegen und den Bestimmungen der Central Bank of Iraq entsprechen.
Westliche Firmen zögern bei Irak-Geschäften aus Angst vor Verletzung der internationalen Sanktionen gegen Iran, wegen der engen Iran-Irak-Beziehungen. Ein Problem für Sie?
Wir achten strikt auf den Schutz unserer ausländischen Lieferanten, schon aus eigenem Interesse. Gegenüber dem Partner unterschreiben wir eine Verpflichtungserklärung, dass wir den Endkunden kennen und sicherstellen, dass dieser weder in Iran sitzt noch Verbindungen dorthin hat.
Vor etwa zwei Jahren erreichte uns eine Anfrage zu Ultraschall-Durchflussmessern. Davon verkaufen wir an die hiesigen Ölfelder Hunderte. Bei einem Stückpreis von 14.000 bis 300.000 US$ ist das ein wichtiges Geschäft. Ich sagte dem potenziellen Kunden trotzdem ab. Er konnte oder wollte mir auch auf mehrere Nachfragen hin nicht klar sagen, an wen die Durchflussmesser letztlich gehen sollten.
Von Ulrich Binkert
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Bonn