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Special | Japan | Klimawandel lokal

Dekarbonisierung braucht Kooperation

Japan kann sein produziertes Kohlendioxid allein kaum loswerden. Für das Speichern und Wiederverwerten schaut der Archipel daher auch auf das Ausland.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Das Zieljahr 2050 im Blick, sucht Japan nach Möglichkeiten, seine Kohlendioxidemissionen von jährlich mehr als 1 Milliarde Tonnen zu senken. Dazu sollen das Abscheiden und Speichern (Carbon Capture and Storage, CCS) wie auch die CO2-Wiederverwertung (Carbon Capture and Utilization, CCU) wichtige Beiträge leisten. Japanische Unternehmen und Forschungsinstitute arbeiten daran, bestmögliche Lösungen zu finden und suchen international nach Kooperationen.

Japan will alle Ansatzpunkte, wie das Abfangen des CO2 an der Entstehungsquelle oder das Entziehen von Kohlendioxid aus der Atmosphäre (Direct Air Capture, DAC), austesten. Bislang laufen zumeist Demonstrationsprojekte, in denen es darum geht, die Machbarkeit, das Scale-up von Pilotanlagen und die Sicherheit der Verfahren zu evaluieren.

Speicherplatz für Kohlendioxid ist in Japan rar

Das Langfristziel des Wirtschaftsministeriums ist es, bis zum Jahr 2050 jährlich circa 120 Millionen bis 240 Millionen Tonnen Kohlendioxid geologisch zu speichern. Damit Japan das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen kann, hat die International Energy Agency (IEA) für das CCS-Verfahren ein Mindestmaß von 120 Millionen Tonnen errechnet. Dazu sollen spätestens ab 2030 jährlich zwischen 6 Millionen bis 12 Millionen Tonnen an Speicherkapazität für Kohlendioxid entstehen.

Ob überhaupt ausreichend Speichermöglichkeiten auf dem Archipel vorhanden sind, ist noch nicht gesichert. Japans Regierung will auf jeden Fall bis 2030 die Rahmenbedingungen zur Umsetzung von CCS-Verfahren schaffen. Vorausgesetzt wird, dass Technologien zum Abscheiden und Speichern von CO2 ab 2030 im industriellem Maßstab und zu vertretbaren Kosten einsetzbar sind.

Eines der ersten CCS-Projekte in Japan ist das Projekt Tomakomai auf der nördlichen Insel Hokkaido. Hier wird das in einer Raffinerie anfallende CO2 direkt eingefangen und vor der Küste in den Unterseeboden gepumpt. Am CCS-Zentrum in Tomakomai sollen ab 2024 zudem Testläufe für die Verschiffung von verflüssigtem CO2 starten. Da die Entstehung und Speicherung von Kohlendioxid zumeist an unterschiedlichen Orten stattfinden, ist der Transport per Schiff ein wichtiger Teil der CO2-Wertschöpfungskette.

CO2-Recycling hat Potenzial

Abgeschiedenes Kohlendioxid lässt sich als Rohstoff wiederverwenden. Japan hat 2019 eine "Roadmap for Carbon Recycling Technologies" formuliert. Sie soll Innovationen anschieben, beispielsweise um CO2-neutrale Brennstoffe wie synthetisches Gas oder E-Fuels zu erzeugen. Pläne hierzu hat unter anderem der Energieversorger Tokyo Gas. Er hat im Januar 2023 mit der US-Firma Global Thermostat vereinbart, deren DAC-Verfahren in Japan einzusetzen.

In Osaki-Kamijima in der Präfektur Hiroshima ist im Jahr 2022 ein Forschungs- und Entwicklungsstandort für diverse CO2-Recycling-Verfahren entstanden. Zu den hier entwickelten Technologien zählen die effiziente Verwertung von Kohlendioxid in Baustofferzeugnissen, in der Synthese von Kunststoffen und zur Biokraftstoffherstellung in der Algenzucht. Als Quelle für das Kohlendioxid dient die Osaki CoolGen Demonstrationsanlage, die auf der Basis eines Gas-Dampf-Kombiverfahren mit integrierter Kohlevergasung arbeitet.

Geschäft mit Klimaneutralität kennt keine Grenzen

Mehrere japanische Konzerne haben sich zu Konsortien und Joint Ventures zusammengeschlossen, um bis 2030 die Kommerzialisierung von CCUS-Technologien zu verwirklichen. Dazu gehören die vier japanischen Großunternehmen Itochu, Mitsubishi Heavy Industries, INPEX und Taisei. Diese haben im Januar 2023 vereinbart, gemeinsam den Schiffstransport und die Wertschöpfungskette für das Trennen, Sammeln und Speichern als Dienstleistung für sogenannte "hard-to-abate industries" anzubieten. Hierunter fallen Industrien, bei denen die Dekarbonisierung nur sehr schwer umzusetzen ist.

Ein Ansatz ist, das abgeschiedene CO2 in verflüssigtem Zustand per Schiff zu weitgehend erschöpften Gas- und Ölfeldern zu transportieren. Dort wird das Kohlendioxid gespeichert, was es letztlich ermöglicht, die Quellen noch weiter auszubeuten. Dies planen die japanischen Handelshäuser Mitsui und Mitsubishi, Rohstoffkonzerne wie Eneos und JX Nippon Oil&Gas, Stromversorger und Chemiekonzerne. Sie kooperieren mit Unternehmen in Indonesien, Malaysia oder auch Australien, um die Machbarkeit solcher Projekte zu prüfen.

Da die Speichermöglichkeiten in Japan begrenzt sind, hat auch die nationale Rohstoffagentur JOGMEC (Japan Oil, Gas and Metals National Corporation) die Aufgabe erhalten, Kooperationen für den Einsatz von Kohlendioxid in energiereichen Ländern wie Indonesien zu fördern. Dazu hat Japan mit südostasiatischen Staaten das Asia CCUS Network gegründet. Das langfristige Ziel ist es, abgeschiedenes CO2 mit erneuerbarer Energie in grünen Ammoniak und Wasserstoff umzuwandeln und dann per Schiff nach Japan zu transportieren.

Technologienachfrage steigt rasant

Laut Angaben der IEA nimmt die Zahl der CCUS-Projekte weltweit zu. Im Jahr 2021 gab es mit 195 Projekten doppelt so viele wie noch im Jahr zuvor. Allerdings sind darunter überwiegend Pilotanlagen oder Pläne für Projekte. Dennoch ist der Bedarf hoch. Nicht nur Japan, sondern auch viele andere Länder in Asien setzen noch stark auf fossile Energiegewinnung oder haben eine große Stahlproduktion. Sie benötigen zukünftig CCUS-Technologien.

Von diesem Zukunftsmarkt will sich Mitsubishi Heavy Industries ein ordentliches Stück Kuchen abschneiden. Das Unternehmen hält laut eigenen Angaben weltweit gegenwärtig die größten Anteile am Markt für CO2-Abscheideausrüstung. Abgesehen von großen, kundenspezifischen Anlagen hat Mitsubishi Heavy Industries im Jahr 2022 kompaktere Ausrüstungen auf den Markt gebracht, die leicht transportierbar und für kleinere Firmen geeignet sind.

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