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Wirtschaftsumfeld | Japan | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Der Arbeitsmarkt und die Arbeitskultur in Japan befinden sich im Wandel. Der Mangel an Fachkräften ist eine der zentralen Herausforderungen.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Der japanische Arbeitsmarkt ist mehr oder weniger leer gefegt. Dies zeigt sich in einer geringen Arbeitslosenrate von 2,6 Prozent im Jahr 2022. Fachkräfte fehlen, und so umwerben Firmen junge, ins Erwerbsleben einsteigende Menschen bereits frühzeitig. Dabei hat sich die Arbeitswelt in Japan, beschleunigt durch die Coronapandemie, gewandelt. Die bislang tradierte Arbeitskultur bricht durch Digitalisierung, Telework und Homeoffice langsam auf.

Die Arbeitslosenrate wird in Japan tendenziell weiter sinken, da gegenwärtig schon ein Fachkräftemangel herrscht und die Erwerbsbevölkerung schrumpft. Das Japan Research Institute geht davon aus, dass bei gleichbleibender Erwerbstätigenquote die Arbeitslosigkeit im Jahr 2024 auf unter 2 Prozent fallen wird.

Mangel an Fachkräften treibt Firmen um

In Japan hat sich der Arbeitskräftemangel zu einem ständigen Begleiter der Firmen entwickelt. Das wirkt sich auch auf das Wachstum und langfristig auch auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen vor Ort aus. In der jährlichen Geschäftsklimaumfrage der Außenhandelskammer (AHK) Japan für 2023 bleibt die Rekrutierung von gut ausgebildetem Personal die größte Herausforderung (84 Prozent). Sie hat an Signifikanz gegenüber 2022 (plus 12 Prozentpunkte) sogar noch weiter zugenommen.

Umso wichtiger sind Rahmenbedingungen, die darauf abzielen, Personal zu rekrutieren und zu halten. Die Bereitschaft insbesondere junger Leute, den Job zu wechseln, ist gestiegen. Dies gilt mittlerweile auch für Angestellte mittleren Alters. Laut einer Umfrage der Wirtschaftszeitung Nikkei planen japanische Firmen im Fiskaljahr 2023, etwa 37,3 Prozent der offenen Positionen mit Jobwechslern zu besetzen. Insgesamt ist die lebenslange Beschäftigung in einem Unternehmen nicht mehr das oberste Ziel der Erwerbstätigen.

Work-Life-Balance gewinnt an Bedeutung

Auch in Japan hat sich "Work-Life-Balance" als Begriff etabliert. Mitte 2019 hat die Regierung schrittweise eine Work Style Reform eingeführt. Firmen sollen unter anderem sicherstellen, dass ihre Angestellten mindestens fünf bezahlte Urlaubstage pro Jahr nehmen, um so exzessiver Mehrarbeit und Überarbeitung vorzubeugen. Die neue Überstundenregelung legt Obergrenzen fest. Lesen Sie mehr zur Reform im Abschnitt "Arbeitsrecht".

Bei Bürotätigkeiten sind unbezahlte Überstunden keine Seltenheit. Ein weiterhin ungelöstes Problem ist, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub nicht ausschöpfen. Von den im Jahr 2022 zustehenden durchschnittlich 17,6 Tagen bezahlten Urlaubs wurden nur 10,3 Tage genommen.

Weitere Regelungen betreffen die Angleichung bei der Entlohnung von Festangestellten und Teilzeitkräften. Die Freistellung für die Kindererziehung (Child Care and Family Leave Law), Karriereförderung von Frauen (Act on the Promotion of Female Participation and Career Advancement in the Workplace), wie auch Maßnahmen gegen Belästigungen am Arbeitsplatz (Anti-Harrassment Act) sind seit 2022 gesetzliche Vorgaben.

Arbeitskräftepool ist ausbaufähig

Frauen bilden die größte inländische Reserve am Arbeitsmarkt. Aktuell arbeiten mehr Frauen auch nach der Geburt von Kindern weiter als noch vor zehn Jahren. Im Oktober 2017 wurde die Elternzeit auf zwei Jahre ausgeweitet. Dennoch geben immer noch 60 Prozent der Frauen ihre Arbeit mit der Geburt des ersten Kindes auf, so das Ministerium MHLW (Ministry of Health, Labour and Welfare). Alternativ arbeiten Mütter häufig in Teilzeit. Bei Frauen lag der Anteil von Angestellten in Teilzeitanstellungen im Jahr 2022 bei 53,4 Prozent. Bei den männlichen Arbeitskräften betrug die Teilzeitquote 22,2 Prozent.

Eine Option, vorhandene Lücken vor allem bei technischen Arbeitsplätzen zu füllen, ist die Umschulung von Personal. Japanischen Arbeitskräften ist dies nicht fremd, da der Einsatz in unterschiedlichen Abteilungen in Firmen gängige Praxis ist.

Eine weitere potenzielle Reserve sind ausländische Arbeitskräfte. Die Zahl der regulär beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte ist in Japan Ende Oktober 2022 gegenüber dem Vergleichsmonat 2021 um 5,5 Prozent gestiegen und lag bei 1,82 Millionen Personen. Um ausländische Arbeitskräfte anzuziehen, hat die japanische Regierung seit dem 1. April 2019 die Visaregelungen für bestimmte Beschäftigungsgruppen, Hochlohnempfänger, Höherqualifizierte und Start-up-Unternehmer angepasst. Sie alle sollen schneller eine permanente Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Japan arbeitet hier mit einem Punktemodell.

Japan im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

Arbeitskräftemangel nimmt zu

Der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung lag im Oktober 2022 bei 59,4 Prozent. Die Über-65-Jährigen hatten einen Anteil von 29 Prozent. Während diese Gruppe weiter wächst, führen die niedrigen Geburtenraten dazu, dass der Nachwuchs der bis 15-Jährigen derzeit anteilig nur noch 11,6 Prozent ausmacht.

Der japanische Think Tank Recruit Works Institute prognostiziert, dass die Erwerbsbevölkerung ab 2027 schnell sinken wird. Die Regierung reagiert und hat sich zum Ziel gesetzt, den Geburtenrückgang zu stoppen und mehr Arbeitskräfte für höherqualifizierte Jobs auszubilden und umzuschulen. Dazu hat sie für die kommenden fünf Jahre ein Budget von 7,6 Milliarden US$ eingeplant.

Japan hat Attraktivitätsproblem

Wenn es um darum geht, Fachkräfte anzuziehen und zu halten, hat Japan in den vergangenen vier Jahren an Attraktivität verloren, so das Schweizer Institut IMD. Demnach lag der Archipel im Jahr 2022 auf Rang 41 von 63 untersuchten Volkswirtschaften. Bei der Frage, wie es um die internationalen Erfahrungen der Manager und deren Sprachkenntnisse bestellt ist, landete Japan ganz am Ende.

Das Ausbildungsniveau ist in Japan jedoch hoch. Das bestätigt der IMD "World Talent Ranking Report" vom Dezember 2022. Beim Bildungsniveau der 15-Jährigen belegte Japan den fünften Rang. Die Fachkenntnisse werden meist mit der Ausbildung in Firmen erworben. Zwar wird Englisch in japanischen Schulen gelehrt, jedoch ist die Sprachpraxis sehr gering. Hier sollten ausländische Firmen nicht zu hohe Erwartungen haben.

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