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Kanada will im Zukunftsmarkt für Luftfahrttechnik vorn dabei sein

Von KI-gestützter Wartung bis Alternativantrieb: Kanadas Luftfahrt investiert in grüne Technologien, Digitalisierung und Infrastruktur – und bietet deutschen Firmen neue Chancen.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Lufthansa Technik investiert 88 Millionen US-Dollar (US$) in eine neue Wartungs- und Testzellenanlage für Flugzeugtriebwerke am internationalen Flughafen Calgary. Neben den Hamburgern, die als technische Betreiber fungieren, investieren auch die kanadische Fluggesellschaft WestJet und der Airport Calgary in das Vorhaben. WestJet nutzt den Flughafen als Drehkreuz.

"Diese Investition ist ein starkes Beispiel für deutsch-kanadische Kooperationen im Hightechsektor", sagt Yvonne Denz, Geschäftsführerin der AHK Kanada. "Kanada setzt auf das Know-how deutscher Unternehmen – Lufthansa Technik investiert in kanadische Expertise und Talent."

Starkes Wachstum im MRO-Sektor

Kanada entwickelt sich zunehmend zu einem bedeutenden Standort für Wartung, Reparatur und Überholung (MRO) von Flugzeugen. Zuvor wurden Wartungsarbeiten lange ins Ausland verlagert – etwa in die USA, nach Mexiko oder nach Asien. Jetzt kehrt ein Teil dieser Aktivitäten zurück:

  • Air Canada investiert in den Ausbau ihrer Wartungskapazitäten an den Flughäfen Montréal und Winnipeg.
  • Aéroports de Montréal (ADM), die Flughafenbehörde für den Großraum Montréal, baut den Frachtflughafen Mirabel gezielt zu einem Standort für Luftfahrttechnik, Logistik und MRO aus.
  • MTU Maintenance Canada, die Tochter des deutschen Triebwerksherstellers MTU Aero Engines, hat in British Columbia ein Trainingsprogramm für Triebwerkswartung gestartet, um dem Fachkräftebedarf im MRO-Sektor zu begegnen und die Kompetenzbasis in Westkanada zu stärken.

Dass Kanadas Rolle als MRO-Standort wächst, liegt neben dem Nearshoring-Trend auch an der Modernisierung des Flugzeugbestands: Air Canada erneuert ihre Langstreckenflotte mit Boeing 787 und Airbus A330, WestJet baut ihre Boeing-737-MAX-Flotte auf über 130 Maschinen aus.

Kanada blickt nach Europa – neue Perspektiven für Zulieferer

Nach den jüngsten diplomatischen Spannungen mit den USA im Zuge des Handelskonflikts prüft die Royal Canadian Air Force (RCAF) Alternativen zu den F-35A-Kampfjets von Lockheed Martin, die ursprünglich beschafft werden sollten. Eine solche könnte das Kampfflugzeug Gripen des schwedischen Rüstungskonzerns Saab sein, was im Fall eines Zuschlags neue Montage- und Wartungsstandorte in Kanada nach sich ziehen dürfte.

Mehr Bedarf an MRO, Logistik und Infrastruktur an Kanadas Flughäfen entsteht auch durch neue Direktverbindungen wie die zwischen Berlin und Toronto durch Air Transat. Discover Airlines, eine Tochtergesellschaft der Lufthansa, bietet Direktflüge zwischen München und Calgary an. Für deutsche Zulieferer ergeben sich dadurch Kooperationschancen, etwa in den Bereichen Triebwerkswartung, nachhaltige Instandhaltung, Testsysteme, Automatisierung sowie Ausbildung.

Automatisierung und KI treiben Wartung und Training voran

Auch Digitalisierung und Automatisierung schreiten voran, um die Effizienz in Produktion, Wartung und Betrieb zu steigern. So soll die neue Wartungsanlage von Lufthansa Technik in Calgary über einen vollautomatisierten Teststand für Triebwerke der neuesten Generation verfügen.

Das auf MRO-Dienstleistungen spezialisierte Unternehmen Avianor aus Mirabel nutzt künstliche Intelligenz (KI) zur Vorhersage von Flugzeugwartungen. Im Juli 2025 hat Avianor über das kanadische Spitzencluster Scale AI fast 1 Million US$ für sein Projekt erhalten. Kooperationspartner ist das kanadische Technologieunternehmen Vooban.

Auch in der militärischen Luftfahrt setzt Kanada auf KI-basierte Trainings- und Simulationslösungen: Die RCAF will ein modernes, integriertes Trainingssystem für alle fliegenden Besatzungen aufbauen. Betreiber des nationalen Programms ist SkyAlyne, ein Joint Venture von CAE Inc. und KF Aerospace. Schwerpunkte sind KI-Trainingssysteme, netzwerkbasierte Simulation, digitale Zwillinge und Datenintegration. Das Programm, das einen Umfang von mehr als 8 Milliarden US$ hat, läuft über einen Zeitraum von 25 Jahren.

Kanadas Importe von Luftfahrttechnik aus Deutschland waren 2024 rückläufigAngaben in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent
Produktgruppe (HS-Code)

Kanadas Importe

Veränderung 2024/23 *)

davon aus Deutschland

Veränderung 2024/23 *)

Flugzeugmotoren mit Fremdzündung (zum Beispiel Ottomotoren; 8407)

4.668

-5,8

6,4

22,3

Flugzeugmotoren mit Selbstzündung (zum Beispiel Dieselmotoren; 8408)

1.472

7,4

24,2

-20,6

Teile von Turbostrahltriebwerken oder Turbopropellertriebwerken (8411.91)

4.001

14,1

88,6

-13,0

Luftfahrzeuge, Raumfahrzeuge, Trägerraketen (8802)

 3.003

 -17,0

10,0 

-95,2 

Teile für Flugzeuge und Hubschrauber (8807)

 5.628

 12,8

116,5 

-7,2 

* nach Maßgabe der Ursprungswerte in kan$.Quelle: ISED Trade Data Online 2025; Statistics Canada 2025

Dekarbonisierung steht im Fokus großer Flughafenprojekte

Parallel zur technologischen Entwicklung rücken auch Airports in den Blickpunkt grüner Investitionen. Am Flughafen Toronto-Pearson, Kanadas größtem Airport (2024: 47 Millionen Passagiere), sollen Terminals und Energieinfrastruktur ausgebaut sowie Effizienz und Nachhaltigkeit verbessert werden.

Das geschieht über das mehrjährige Investitionsprogramm Pearson LIFT. Die Greater Toronto Airports Authority (GTAA) hat bereits 2024 erste Bau- und Modernisierungsmaßnahmen eingeleitet, die noch 2025 starten sollen. Langfristziel ist eine Dekarbonisierung des Flughafenbetriebs, etwa durch Investitionen in die eigene Stromerzeugung.

ADM hat 2025 das größte Investitionsprogramm ihrer Geschichte gestartet: So sollen am Flughafen Montréal-Trudeau unter anderem ein neuer Abfertigungsterminal mit zusätzlichen Flugzeugpositionen sowie neue Parkflächen und moderne Drop-off-Zonen für Passagiere entstehen. Außerdem wird der Flughafen an das automatisierte Schnellbahnsystem REM (Réseau express métropolitain) angeschlossen, das den Airport mit dem Stadtzentrum von Montréal verbindet. Diese Maßnahmen sind zwar vor allem kapazitäts- und komfortorientiert, aber dennoch klar auf eine Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen ausgerichtet.

Luftfahrttechnologie immer nachhaltiger

Kanada – insbesondere Québec – positioniert sich als Innovationsstandort für umweltfreundliche Antriebe, Leichtbau und Drohnentechnologie. Die Investitionen von Pratt & Whitney Canada sowie ein Luft- und Raumfahrtprojekt unter Beteiligung von Boeing, Bombardier und Thales Canada unterstreichen den Fokus auf thermische Effizienz, hybride Antriebe und emissionsarme Flugplattformen.

Kanadas Luftfahrt durchläuft einen tiefgreifenden Wandel – technologisch, ökologisch und strategisch. Für deutsche Unternehmen eröffnen sich daraus vielfältige Chancen: vom Export hochwertiger MRO-Technik über die Beteiligung an Digitalisierungsprojekten bis hin zur Mitgestaltung nachhaltiger Flughafeninfrastruktur.

Die AHK Kanada organisiert gemeinsam mit der IHK Region Stuttgart vom 13. bis 17. Oktober 2025 eine Geschäftsreise zum Thema "Luft- und Raumfahrttechnik in Verbindung mit Wasserstoff" nach Montréal, Kanada.

Ansprechpartner: Leander Andac, Head of Project Management & Market Development, leander.andac@germanchamber.ca

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