Wirtschaftsausblick | Katar
Katar beschleunigt Wirtschaftswachstum mit LNG-Ausbau
Katar erweitert seine LNG-Kapazitäten massiv und stärkt damit seine Rolle als globaler Gaslieferant. 2026 soll ein deutlicher Export- und Wachstumsschub folgen.
08.07.2025
Von Heena Nazir | Dubai
Top-Thema: Katar baut LNG-Produktion aus
Katar treibt den Ausbau seiner LNG-Kapazitäten (Liquefied Natural Gas) zügig voran. Herzstück dieses Projekts ist die "North Field Expansion", mit der die jährliche Exportkapazität von rund 79 auf 110 Millionen Tonnen steigen soll, ein Zuwachs von über 35 Prozent. Das Vorhaben ist Teil der langfristigen Entwicklungsziele der Qatar National Vision 2030.
Im Teilprojekt North Field East (NFE) lag der Baufortschritt laut dem staatlichen Energiekonzern QatarEnergy im Juni 2025 bei über 60 Prozent. Die ersten vier LNG-Züge sollen Ende 2026 in Betrieb gehen. Trotz weltweiter Lieferkettenrisiken und politischer Spannungen in der Region gilt der Zeitplan als realistisch, nicht zuletzt aufgrund Katars umfassender Erfahrung mit Großprojekten. Die Folgephase North Field South (NFS) soll ab 2027 zusätzliche Kapazitäten schaffen.
Langfristige Abnahmeverträge sichern die Investitionen ab. Katar beliefert insbesondere asiatische Märkte wie China, Indien, Südkorea und Japan. Gleichzeitig baut das Land seine Rolle als Energiepartner Europas aus. Seit 2022 hat Katar mehrere Lieferverträge abgeschlossen, unter anderem mit dem Essener Energieversorger RWE.
Krieg in der Region wirft Schatten
Der Krieg zwischen Israel und dem Iran hat die Lage im Golf seit Juni 2025 destabilisiert. Besonders brisant: Iran hat erstmals gezielt katarisches Territorium angegriffen – ein beispielloser Vorgang, der das sicherheitspolitische Gleichgewicht im GCC erschüttert hat.
Zwar konnten Katars LNG-Exporte über den Hafen Ras Laffan im Nordosten des Emirats bislang weiterlaufen. Auch langfristige Lieferverträge sorgen für eine gewisse Stabilität. Dennoch stellt der Angriff eine Zäsur dar: Sollte die Unsicherheit anhalten, dürfte das Investitionsklima stark leiden, etwa bei Logistik, Sicherheitstechnik und Großprojekten im Energiesektor.
Wirtschaftsentwicklung: LNG-Exporte bleiben wichtigster Wachstumstreiber
Nach einem realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,6 Prozent im Vorjahr prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) für 2025 ein Plus von 2,4 Prozent. Die Dynamik bleibt begrenzt, da die wirtschaftlichen Impulse aus der "North Field Expansion" durch die Inbetriebnahme von vier neuen LNG-Zügen erst im Folgejahr greifen. Für 2026 rechnen Ökonomen mit einem deutlich kräftigeren Anstieg um 5,6 Prozent, getragen von höheren LNG-Ausfuhren.
Die Rahmenbedingungen zeigen sich weiterhin stabil. Besonders Tourismus, Luftfahrt und Gastgewerbe verzeichnen Zuwächse: Im Jahr 2024 kamen rund 4 Millionen Reisende, für 2025 werden bis zu 5 Millionen erwartet, mehr als doppelt so viele wie in den Pandemiejahren 2020/21. Die Bruttoanlageinvestitionen dürften 2,1 Prozent des BIP erreichen und 2026 auf 2,4 Prozent steigen. Zusätzliche Wachstumsimpulse liefern Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Digitalisierung und erneuerbare Energien. Eine weitere regionale Eskalation des Konflikts zwischen Iran und Israel könnte diese Entwicklung jedoch bremsen.
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Außenhandel: Exportstärke durch LNG – stabile Importdynamik
Der Außenhandel bleibt ein tragender Wachstumstreiber. Die Exporte stiegen laut Weltbank 2024 auf rund 101 Milliarden US-Dollar (US$), nach 97,8 Milliarden US$ im Jahr zuvor. Etwa 85 Prozent entfallen auf LNG und Erdölerzeugnisse. Für 2025 werden stabile Exportwerte erwartet 2026 dürfte ein spürbarer Anstieg folgen.
Die Importe beliefen sich 2024 auf rund 35 Milliarden US$. Wichtigste Einfuhrwaren sind Maschinen, Fahrzeuge, Elektrotechnik, Chemikalien und Nahrungsmittel. Die Weltbank prognostiziert für 2025 ein moderates Importwachstum. Dieses wird durch Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und das Gesundheitswesen getragen.
Jedoch stammen die Prognosen von IWF und Weltbank aus dem April 2025 vor der Eskalation des Israel-Iran-Konflikts.
Deutsche Perspektive: Chancen für Technologieanbieter im Umbruchmarkt
Deutschland zählt zu den wichtigsten europäischen Handelspartnern. Die deutschen Exporte stiegen 2024 geringfügig um 1,4 Prozent auf rund 1,3 Milliarden Euro. Gefragt sind vor allem Maschinenbauprodukte, Medizintechnik, Fahrzeuge und elektrotechnische Komponenten.
Deutsche Unternehmen zeigen verstärkt Interesse am LNG-Großprojekt North Field Expansion. Zentrale Aufträge, etwa für LNG-Züge und Verflüssigungstechnologie gingen bisher vorrangig an US-amerikanische und asiatische Anbieter. Jedoch bestehen Chancen im erweiterten Umfeld, etwa bei Zulieferkomponenten, Spezialmaterialien, Automatisierungstechnik oder bei Betrieb und Wartung.
Projekt | Projektstand | Investitionssumme (in Mio. US$) |
---|---|---|
North Field West Development: Upstream | Studie | 9.000 |
North Field West Development: Downstream | Studie | 9.000 |
CO2 Sequestration Complex | Angebotsbewertung | 2.500 |
NGL-5: Main Package | Angebotsbewertung | 2.500 |
CO2 Water Alternating Gas (WAG) Re-Injection Facilities | Angebotsbewertung | 150 |
Der Markteintritt gelingt häufig über lokale Partner oder als Subunternehmer internationaler Konsortien. Technologischer Vorsprung, Exporterfahrung und Vernetzung, etwa über die AHK Golfregion, erhöhen die Erfolgschancen. Auch eine frühzeitige Beobachtung und strategische Begleitung von Ausschreibungen sind entscheidend.
QatarEnergy – Betreiber von LNG-Projekten (North Field)
Zuständig für Vergabeprozesse wie Bid Evaluation und Vendor Registration:
- Allgemeine Anfrage & Tenders: webmaster@qatarenergy.qa
- Lieferanten-/E‑Registration/Fragen: supplierrelation@qatarenergy.qa
- Allgemeine Geschäftsanfragen (Marketing & Trading): marketing@qatarenergy.qa, Tel +974 4013 6622 qatarenergy.qa
- QatarEnergy LNG – Kurzprofil & Kontakte:
PO Box 22666, Doha – Tel +974 4473 6000, Fax +974 4473 6666 qatarenergy.qa
Darüber hinaus investiert Katar gezielt in CO₂-arme Technologien, Energieeffizienz und Wasserstofflösungen. Diese Schwerpunkte sind in der Qatar National Environment and Climate Change Strategy von 2021 verankert. Mit dem bis Ende 2025 erwarteten nationalen Wasserstoffplan könnten sich neue Anknüpfungspunkte ergeben, vor allem für mittelständische Anlagenbauer und Spezialzulieferer.
Die internationale Konkurrenz bleibt hoch, vor allem aus China und den USA. Deutsche Anbieter punkten jedoch mit technischer Spezialisierung, Prozesskompetenz und bewährter Projekterfahrung. Erfolgsentscheidend sind eine klare Positionierung, starke lokale Allianzen und gezielte Unterstützung durch Exportinitiativen oder Kammernetzwerke.
Plattform / Institution | Zuständig für |
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QatarEnergy Tenders | Energieprojekte, v.a. LNG-Projekte |
Mawared Procurement Portal | Allgemeine Regierungsaufträge |
Ashghal – Public Works Authority | Infrastrukturprojekte (Straßen, Kläranlagen, Hochbau) |
KAHRAMAA | Energie- und Wasserversorgungsprojekte |
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