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Fachkräfte
Fachkräfte sind in Kenia nicht immer leicht zu bekommen. Gerade in technischen Berufen müssen Unternehmen oft eine intern organisierte Zusatzausbildung einplanen.
04.07.2024
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Für einfache Tätigkeiten findet man in Kenia schnell günstiges Personal, bei Fachkräften hingegen ist die Lage komplexer. Viele deutsche Unternehmen betreiben in Kenia ihre regionalen Vertriebsniederlassungen. Die hierfür benötigten Mitarbeitenden in den Bereichen Verwaltung und Vertrieb sind ohne größere Probleme verfügbar. Schwieriger wird es beim technischen Support. Speziell deutsche Anbieter von Anlagen, bei denen die technische Unterstützung wichtig ist, stehen angesichts des Fachkräftemangels vor einer Herausforderung.
Fachkräftemangel existiert auch in den Bereichen Tourismus und Gastronomie, wo ebenfalls deutsche Unternehmer aktiv sind. Zwar ist Personal für Service, Rezeption und Reinigung in ausreichender Anzahl vorhanden, jedoch verfügen diese Arbeitskräfte meist nur über eine Basisausbildung, die sie lediglich für eng umrissene Aufgaben qualifiziert. Bei spezialisierten Fachkräften wie Köchen oder Patissiers hingegen besteht ein Mangel. Auch hier ist eine praktische Qualifizierung notwendig.
Regierung will praktische Ausbildung stärken, tut sich aber schwer
Der Regierung ist das Problem des Fachkräftemangels bewusst. Schon die Vorgängerregierung unter Präsident Uhuru Kenyatta führte im Jahr 2018 das sogenannte Competency Based Education & Training (CBET) ein. Damit sollte im Rahmen der beruflichen Ausbildung der praktische Aspekt gestärkt werden, indem die Studenten während ihrer Ausbildung vermehrt in Unternehmen gehen. In der Praxis hat sich diese gute Intention jedoch als schwer realisierbar herausgestellt. Den Ausbildungszentren fehlt es oft an einer geeigneten Ausstattung. Auch sind pädagogische und didaktische Kenntnisse bei den Ausbildern kaum vorhanden.
Viele Unternehmen begegnen dem Fachkräftemangel mit einer internen Ausbildung. Entscheidet sich ein Unternehmen für diesen Weg, benötigt es in der Regel ein Ausbildungsinstitut für den theoretischen Teil der Ausbildung. Diesen Partner sollte es sich sorgfältig aussuchen. Es bietet sich an, vor Ort deutsche Regierungsorganisationen zu kontaktieren. GIZ und KfW kennen sich mit der Qualität der Trainingsinstitute gut aus und können Unternehmen mögliche Partnerinstitute vermitteln.
Auch führen die GIZ und die KfW seit dem Jahr 2020 das Programm "Promotion of Youth Employment and Vocational Training" durch. Mit dem bis 2026 laufenden Programm wird die duale Ausbildung angelehnt an das deutsche Modell mit jährlich rund 1.500 bis 2.000 Berufsschülern landesweit an staatlichen Berufsschulen eingeführt. Die zur KfW gehörende Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG) beteiligt sich immer wieder finanziell an Investitionen des Privatsektors mit positiven sozialen Auswirkungen. Nicht ausgeschlossen, dass sie sich auch an dem Aufbau eines firmeneigenen Trainingszentrums beteiligt.
Die AHK Ostafrika in Nairobi unterstützt deutsche Unternehmen bei der Aus- und Fortbildung von Fachkräften:
- Organisation und Überwachung der dualen Ausbildung und Prüfung im B-Zertifikatsbereich
- Durchführung von Ausbildereignungslehrgängen inklusive Prüfung mit bisher über 600 Absolventen
- Erstellen von Konzepten, Curricula und Betreuung individueller dualer Ausbildungsgänge für Firmen und Branchen inklusive Prüfungen im C-Zertifikatsbereich
- Beratungsdienstleistungen aller Art zum Thema berufliche Bildung und Fachkräfte
Ein gutes Beispiel für unternehmensinterne Ausbildung ist Krones als Partner des GIZ/KfW-Programms zur dualen Ausbildung. Das weltweit aktive Unternehmen stellt Maschinen und Anlagen für die Getränke- und flüssige Lebensmittelindustrie her und betreibt in Nairobi ein Vertriebsbüro für Ostafrika. Um auch in Ostafrika die Maschinen und Anlagen bei den Krones Kunden zu installieren und zu warten, benötigt das Unternehmen gut ausgebildete Servicetechniker. Deshalb etablierte Krones vor einigen Jahren am Standort Nairobi eine Ausbildung in Mechatronik.
Einer der großen Vorteile dabei: Die einheimischen Techniker kennen den lokalen Markt und können besser auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen. Nach dem Schulabschluss werden die Jugendlichen zweieinhalb Jahre lang ausgebildet. Das Ausbildungssystem ist an das deutsche duale System angelehnt. Unterstützt wird Krones von der Kiambu National & Polytechnic (KINAP), die den theoretischen Teil übernimmt, und der AHK, welche die Prüfungen im C-Sektor organisiert.
Zunehmend im Gespräch ist im Zusammenhang mit dem Thema "Fachkräfte" auch die Vermittlung kenianischer Arbeitskräfte nach Deutschland. Das Ziel ist es, Fachkräfte für jene Berufe zu bekommen, in denen in Deutschland ein Mangel herrscht. Gleichzeitig erhofft man sich bei den Partnerländern damit auch eine bessere Verhandlungsbasis für das Ausweisen illegaler Immigranten zurück in deren Heimat.
Deutschland und Kenia planen Abkommen für die Migration von Fachkräften
Das im Juli 2023 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz bildet die rechtliche Grundlage. Mit Leben gefüllt werden soll dieses Gesetz über sogenannte Fachkräftemigrationsabkommen mit verschiedenen Ländern weltweit. Kenia ist mit dabei, weil das Land über gutes Potenzial verfügt und sich zudem eine enge politische Partnerschaft zwischen den Regierungen unter Präsident William Ruto und Bundeskanzler Scholz entwickelt hat.
Im Mai 2024 besuchte Dr. Joachim Stamp, der Sonderbeauftragte für Migrationsabkommen aus dem Bundesinnenministerium Kenia und verhandelte das Abkommen weiter aus. In einigen Monaten soll es von beiden Regierungen unterzeichnet werden. Das Abkommen soll mit Leben gefüllt werden, indem zum Beispiel im Herbst 2024 eine Jobmesse in Nairobi stattfinden soll.
Von den jährlichen etwa eine Millionen Schulabgängern schaffen es weniger als die Hälfte in den regulären Arbeitsmarkt beziehungsweise ins Studium oder eine Ausbildung. Das heißt, es gibt viele junge Menschen, die der kenianische Arbeitsmarkt nicht absorbieren kann. In den meisten Fällen müsste jedoch noch eine zusätzliche Qualifikation erfolgen. Organisationen wie die GIZ, AHK und das Goethe-Institut könnten mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet werden, um die Prozesse zu unterstützen.
Bezeichnung | Anmerkungen |
Delegation der Deutschen Wirtschaft in Kenia | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen. Leiter der Abteilung „Berufsbildung“ ist Bruno Backes. |
GIZ | Büro in Nairobi. Leiter des Programms „Promotion of Youth Employment and Vocational Training“ ist Horst Bauernfeind |
KfW | Regionalbüro in Nairobi. Leiter des Programms „Promotion of Youth Employment and Vocational Training“ ist Ralf Orlik |
Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG) | Regionalbüro in Nairobi. Die DEG finanziert unter anderem private Investitionen. |
Kenia im weltweiten Vergleich Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können. |