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Branchen | Kolumbien | Energiesicherheit und -preise

Gefährdete Energiesicherheit eröffnet Chancen in Kolumbien

Schwindende Reserven und Trockenheit machen Kolumbiens Energieversorgung zu schaffen. Der Staat ebnet den Weg für Offshore-Windenergie und grünen Wasserstoff.  

Von Janosch Siepen | Bogotá

Kolumbiens Reserven fossiler Energieträger reichen nur noch für etwa sieben Jahre. Produktion und neue Explorationen stocken. Zugleich hängt das südamerikanische Land stark von Wasserkraft ab. Doch der Klimawandel und insbesondere das Wetterphänomen El Niño könnten dazu führen, dass in Zukunft nicht mehr genug Wasser für die Stromerzeugung zur Verfügung steht - und das bei wachsendem Stromverbrauch. Dieser wird nach Angaben der nationalen Planungseinheit für Bergbau und Energie UPME in den kommenden Jahren um 1,7 bis 3 Prozent jährlich steigen.

Überblickstabelle zu wichtigen Energiemarktindikatoren (2021)
 

Kolumbien

Deutschland

Bevölkerung (in Mio.)

49,9

83,2

Energieproduktion (PJ)

4.023

4.045

Stromverbrauch (TWh)

75,6

550,7

Nettoenergieimporte (PJ)

2723

7916

Pro-Kopf-Verbrauch (GJ/Kopf)

33,3

144,9

CO2 Emissionen (Mio. T)

62

622

Strompreis Industrie (USD/ MWh)

k.A.

221,17

Strompreis Endverbraucher (USD/ MWh)

k.A.

380,05

PJ=petajoule, GJ=gigajoule.Quelle: IEA World Statistics 2023

Immer wieder warnen Branchenvertreter vor einer Energieknappheit, möglichen Stromausfällen, steigenden Preisen und einem Verlust der Energieautarkie. Engpässe durch ein unzureichendes Übertragungsnetz und das Ausbleiben neuer Flüssiggasterminals belasten die Energieversorgung zusätzlich. Daher ist Kolumbien dringend auf Lösungen angewiesen.

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Trockenheit treibt Energiepreise in die Höhe

Da Kolumbiens Stromerzeugung stark von Wasserkraft abhängt, wirken sich Regenfälle und Wasserstände in den Stauseen auf die Strompreise des Landes aus. Durch das Wetterphänomen El Niño war 2023 weniger Wasser verfügbar, der Energiebedarf stieg. Ersatzquellen wie thermische Energie sind teuer. In der Folge zogen die Energiepreise an: von 250 kolumbianischen Pesos pro Kilowattstunde (COP/KWh) im Januar auf über 1.000 COP/KWh im September. Das Dekret 0929 von Juni 2023 soll nun das Einfrieren der Strompreise erleichtern. 

Im regionalen Vergleich gehörte Kolumbien laut dem Energieportal Global Petrol Prices Ende 2022 mit 0,19 US-Dollar (US$) pro Kilowattstunde zu den Ländern mit den höchsten Strompreisen für Haushalte. In Südamerika waren nur Uruguay und Peru noch teurer. Bei Industriestrom lag Kolumbien mit 0,18 US$ pro Kilowattstunde hinter Peru auf Platz 2. Der Strompreis setzt sich zum Großteil aus Erzeugung (39 Prozent) und Verteilung (31 Prozent) zusammen, so die Zahlen des kolumbianischen Verbands der Stromverteiler (Asocodis).

Wie Kolumbien die Versorgung gewährleisten will

Um die Energiesicherheit langfristig zu gewährleisten, verfolgt Kolumbien einen mehrspurigen Ansatz: 

  1. Umgestaltung des Energiemixes: Im Jahr 2050 soll der Energiemix deutlich anders aussehen als heute. Anreize für erneuerbare Energien sollen dabei helfen. 
  2. Feste Stromverpflichtungen: Auktionen für feste Stromverpflichtungen (Obligaciones de Energía Firme, OEF) gibt es bereits. Sie sollen die Energieversorgung während der energiearmen El Niño-Perioden sicherstellen. 
  3. Gasimporte und Offshore-Gas: Kolumbien will den Import von Flüssiggas ausweiten und Offshore-Vorkommen nutzen.
  4. Interkonnektoren: Vorhaben wie ein regionaler Strommarkt und eine Stromleitung mit Panama sollen die Stromversorgung und damit die Preise langfristig stabilisieren.  

Schlüsselrolle für erneuerbare Quellen und grünen Wasserstoff 

Geht es nach dem Entwurf des Nationalen Energieplans (PEN 2022-2052), könnte der Anteil der Erneuerbaren (ohne Wasserkraft) an der Stromversorgung im besten Szenario bis 2052 auf rund 70 Prozent steigen. Durch Instrumente wie steuerliche Anreize und öffentliche Auktionen für strategische Energieträger sollen diese Ziele erreicht werden. Die Regierung unter Gustavo Petro möchte das Land unabhängiger von fossilen Energieträgern machen. Zu den Plänen gehören neben höheren Abgaben auch ein Stopp von neuen Explorationslizenzen.

Um die Abhängigkeit von fossiler Energie, aber auch von Wasserkraft zu senken, setzt Kolumbien auf den Ausbau von Sonne, Wind und grünem Wasserstoff. Die Bedingungen dafür sind besonders im Nordosten des Landes ausgezeichnet. Im Juli 2023 verzeichnete die Datenbank des Informationsdienstleisters BNamericas 143 aktive Projekte für nichtkonventionelle erneuerbare Energien. Davon waren bereits 18 im Bau. Besonders vielversprechend ist die Offshore-Windenergie. Ein entsprechender Aktionsplan sieht bis 2050 eine Kapazität von 9 Gigawatt vor.  

Auch grüner Wasserstoff soll dazu beitragen, den Energiemix des Landes künftig umzugestalten. Der Aktionsplan zum Wasserstoff hält fest, dass Kolumbien langfristig 1.850 Kilotonnen nachhaltigen Wasserstoffs pro Jahr für den Eigenbedarf benötigen wird. Das optimistischste Szenario des Nationalen Energieplans sieht eine Produktionskapazität von 16,5 Gigawatt im Jahr 2052 vor. Verschiedene regulatorische Anreize helfen dabei, die Ziele umzusetzen. Nationale und internationale Konzerne haben bereits verschiedene Elektrolyseprojekte angekündigt. 

Mehr Energie- und Stromimporte sind nötig

Kolumbien verfügt über ein LNG-Terminal bei Cartagena, das ausgebaut werden soll. Zweimal hat die Regierung erfolglos versucht, ein zusätzliches Terminal an der Pazifikküste zu vergeben. Eine weitere potenzielle Energiequelle könnten Gasimporte aus Venezuela sein. Diese Idee ist jedoch umstritten.

Interkonnektoren dürften bald eine wichtige Rolle in der Stromversorgung Kolumbiens spielen. Kolumbien verbindet bereits eine 230 Kilovolt Übertragungsleitung mit Ecuador. Kolumbien arbeitet darüber hinaus mit Peru und Ecuador an der Errichtung des regionalen Strommarkts Mercado Andino Eléctrico Regional de Corto Plazo (MAERCP) und dessen Erweiterung auf Bolivien und Chile im Stromverbundsystem SINEA. Außerdem ist eine 500 Kilometer lange Stromverbindung mit Panama geplant.

Deutsche Unternehmen sind im Energiesektor aktiv

Die Umsetzung dieser ehrgeizigen Regierungspläne gestaltet sich in der Praxis bislang schwierig. Dennoch führt am Ausbau von Sonne und Wind kein Weg vorbei. Zusammen mit Elektrolyseprojekten, geplanten LNG-Terminals und Stromleitungen besteht ein hoher Bedarf an Investitionen und Zulieferungen aus dem Ausland. Staatliche Anreize und Vergabeverfahren werden ausländische Unternehmen weiterhin nach Kolumbien locken. Deutsche Firmen wie Nordex und Siemens Energy sind bereits im Land aktiv. Ihre Lösungen kommen an. 

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