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Special | Kolumbien | Wasser - Die knappe Ressource

Kolumbiens Wasserreichtum braucht moderne Technik

Kolumbien hinkt bei Wassereffizienz und Nachhaltigkeit in der Region hinterher. Große öffentliche Investitionen sollen das ändern – und eröffnen Chancen für deutsche Firmen.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Kolumbien verfügt über die sechstgrößten Wasservorkommen des Planeten, geht aber verschwenderisch damit um. Nach UN-Angaben wird weniger als ein Fünftel des Abwassers sicher aufbereitet, das ist der schlechteste Wert in Lateinamerika. Auf dem Land sind die Werte noch geringer, jeder Zehnte verrichtet seine Notdurft im Freien. "Bislang hat Kolumbien seine Klärindustrie aufgrund seines Wasserreichtums vernachlässigt", sagt Carlos Olivo, Vertriebsingenieur beim bayerischen Unternehmen Flottweg. Deshalb muss Kolumbiens Abwasserwirtschaft sowohl in der Industrie als auch im öffentlichen Sektor umfassend modernisiert werden. Vor allem abseits von Bogotá und Medellín mangelt es noch an moderner Technik.

Staatliche Gelder sollen Abwasserentsorgung verbessern

Wegen der schlechten Situation hat sich Kolumbien per Gesetz Besserung verordnet: Bis 2026 sollen weitere 3,5 Millionen Menschen Zugang zu einer adäquaten Abwasserentsorgung erhalten und ab 2030 will das Land 70 Prozent seiner Abwässer behandeln. Dafür fließt nun mehr Geld. Der Staatshaushalt für 2024 genehmigt knapp zwei Drittel mehr Mittel für das Ministerium für Wohnungswesen, Städte und Territorium, das die Wasserwirtschaft maßgeblich steuert. Bis 2026 sind es laut dem Nationalen Entwicklungsplan fast 7 Milliarden US-Dollar (US$) für den Wasser- und Umweltsektor.

"Kolumbien ist ein großer Markt mit enormen Wasserressourcen und noch wenig Wasseraufbereitung; das macht das Land interessant für deutsche Anbieter von Wassertechnik." – Dorian Hernández, Manager bei KSB Colombia.

Deutsche Firmen wie Flottweg, KSB, Ferrostaal und Wilo liefern bereits Technologie für Leuchtturmprojekte. Digitale Lösungen aus Deutschland sind gefragt: In der Kläranlage El Salitre (Investitionen: 335 Millionen US$) kommen vollautomatisierte Zentrifugen von Flottweg zum Einsatz. Das Pumpwerk Canoas (100 Millionen US$) nutzt sechs der größten Abwasserpumpen von KSB. 

Die staatlichen Finanzspritzen könnten nun Geschäftschancen für die weitere Modernisierung der Branche eröffnen. Dieser Trend zeichnet sich bereits ab. Laut Brancheninsidern technisiert sich die Branche in Kolumbien zunehmend.

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Neue Großprojekte lassen auf sich warten

Allerdings hapert es noch an der Umsetzung neuer Investitionen. "Derzeit fehlen konkrete neue Großprojekte des Staates", sagt Alexander Martin, Vertriebsleiter von Wilo in Kolumbien. Die Dortmunder Firma vertreibt in dem Land Pumpen und Rührwerke, zum Beispiel für große Abwasserprojekte in Bogotá, aber auch für kleinere Projekte wie eine Trinkwasseranlage in Villavicencio und eine Kläranlage in Pereira. 

Auch die Privatwirtschaft halte sich derzeit mit Neuinvestitionen eher zurück, beobachtet Martin. Für die Jahre 2025 und 2026 mache er sich daher zwar etwas Sorgen. Aber bereits strukturierte Projekte, regionale Vorhaben und die Erneuerung bestehender Anlagen würden weiterhin für Absatz sorgen – wenn auch langsamer. Da seit einigen Jahren Auflagen für die Aufbereitung von Industriewasser bestehen, beauftragen die Unternehmen vermehrt externe Wasseraufbereiter. Davon profitieren ausländische Anbieter. 

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Deutsche Firmen haben Marktvorteile

Verschiedene Branchentrends kommen insbesondere deutschen Firmen im Sektor zugute. Die kolumbianische Regulierung setzt Qualitäts- und Effizienzstandards, die es minderwertigeren und weniger effizienten Produkten aus Asien erschweren, auf den Markt zu kommen. Beispielsweise ist für Elektromotoren inzwischen der IE3 Effizienzstandard verbindlich vorgeschrieben. "Auch wegen der hohen Strom- und Energiekosten entscheiden sich immer mehr Unternehmen für energieeffizientere Lösungen", so Martin. 

Zudem achte die Privatwirtschaft im Land inzwischen stärker auf langfristige Investitionen. "Es zählt nicht mehr nur der Verkaufspreis von Produkten im Wassersektor, sondern auch die Kosten für Wartung und Betrieb spielen eine Rolle", sagt Martin. "Davon profitieren langlebige deutsche Produkte." 

Korruption und Vertragssicherheit sind Hürden

Laut Dorian Hernández vom pfälzischen Unternehmen KSB sind der große politische Einfluss und die Korruption in mittelgroßen und kleinen Städten Hindernisse für Projekte. Darüber hinaus gebe es keine technischen Standards oder spezifischen Qualitätsvorgaben für alle Komponenten. Ein weiteres Problem ist die mangelnde Rechtssicherheit der Verträge und Zahlungsgarantie einiger Vertragspartner.

Zentrale und dezentrale Trinkwasserversorgung weitet sich aus

Kolumbien weist im Durchschnitt dreimal so viel Wasser pro Quadratkilometer aus wie der Rest Lateinamerikas. Dennoch hat ein Viertel der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, auf dem Land ist es mehr als die Hälfte. Viele Gemeinden sind von Wasserknappheit bedroht, und vier von zehn Litern Trinkwasser gehen durch undichte Tanks oder marode Netze verloren. Vor allem an der Karibikküste ist das Trinkwasser knapp, da Kläranlagen und Wassernetze veraltet und unzureichend sind. 

Das dürfte sich ändern. Die Stadt Santa Marta modernisiert ihr Wassernetz für 445 Millionen US$, Barranquilla baut eine Wasseraufbereitungsanlage und nördlich von Bogotá wird die Wasserverteilung erneuert. Zusätzlichen Schub könnte der Sektor durch Initiativen der Regierung von Gustavo Petro erhalten. Im April 2023 gab das kolumbianische Wohnungsbauministerium bekannt, dass über 300 Millionen US$ für Trinkwasserprojekte bereitstünden. Das Gesetz 2.294 vom Mai 2023 sieht vor, dass weitere 4 Millionen Menschen in den nächsten Jahren Zugang zu einer angemessenen Trinkwasserversorgung erhalten. 

Rechtsrahmen und zuständige Behörden für Wasser

Deutsche Unternehmen sorgen für Trinkwasser

Neben kommunalen Versorgungsprojekten bieten dezentrale Wasserversorgungslösungen in entlegenen Gegenden Kolumbiens Chancen. Ende 2023 weihte Kolumbien im dünn besiedelten Bundesstaat La Guajira das erste von 100 Wasseraufbereitungsmodulen, Pumpstationen und Speichersystemen ein. Auch deutsche Unternehmen sind präsent. In La Guajira installierte das Kölner Unternehmen mft mit Geldern der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Minikläranlagen, und Boreal Light aus Berlin lieferte drei Trinkwasseraufbereitungsanlagen, die für 3.000 Liter Trinkwasser pro Stunde sorgen. 

Der Water Action Hub des UN Global Compact bietet eine Übersicht über Wasserprojekte nationaler und internationaler Organisationen in Kolumbien, an denen sich Unternehmen beteiligen können.

Effiziente Technik kann die Landwirtschaft gegen den Klimawandel wappnen

In der kolumbianischen Landwirtschaft geht viel Wasser verloren. Einfache Oberflächenbewässerung ist weit verbreitet. Die meisten Avocadobauern des Landes beispielsweise bewässern ihre Pflanzen permanent, ohne den Zeitpunkt der nötigen Bewässerung genau zu planen. Der hohe Wasserverbrauch und die ineffiziente Wassernutzung erschweren die landwirtschaftliche Produktion während des Dürrephänomens El Niño – ein Problem, das sich mit dem Klimawandel verstärken wird. 

Neue politische Instrumente sollen den Agrarsektor auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten, was Chancen für ausländische Firmen bietet. Der Nationale Entwicklungsplan sieht vor, bis 2026 kleine Bewässerungsanlagen auf rund 800 Hektar zu modernisieren und neue Anlagen auf 5.000 Hektar zu bauen. Das Programm zur ländlichen Kapitalisierung (ICR) erleichtert den kapitalschwachen Kleinbauern die Finanzierung von Bewässerungsanlagen. Dafür hat die Regierung im Oktober 2023 rund 16 Millionen US$ zugesagt. 

Relevante Akteure im kolumbianischen Wassersektor

Kontakt

Beschreibung

Viceministerio de Agua y Saneamiento Básico

Vizeministerium für Wasser und sanitäre Grundversorgung

Comisión de Regulación de Agua Potable y Saneamiento Básico (CRA)

Aufsichtsbehörde für Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung

Asociación Colombiana de Ingeniería Sanitaria y Ambiental (ACODAL)

Kolumbianischer Verband für Sanitär- und Umwelttechnik

Asociación Nacional de Empresas de Servicios Públicos Domiciliarios (ANDESCO)

Nationaler Verband der öffentlichen Versorgungsunternehmen

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