Bericht Wirtschaftsumfeld | Kolumbien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Fachkräfteanwerbung aus Kolumbien
Die Vermittlung von Fachkräften aus Kolumbien nach Deutschland etabliert sich weiter. Verschiedene deutsche Unternehmen werben an.
24.09.2025
Von Janosch Siepen | Bogotá
Im April 2025 unterzeichneten Kolumbien und die Bundesrepublik Deutschland eine Absichtserklärung, um in Migrationsfragen enger zusammenzuarbeiten. Unter anderem soll die Fachkräftegewinnung aus Kolumbien ausgebaut werden. Zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der kolumbianischen Arbeitsverwaltung SPE besteht bereits seit einigen Jahren eine Vereinbarung zur Fachkräftevermittlung nach Deutschland. Bedingung ist, dass es in Kolumbien keinen Fachkräftemangel in den Berufen gibt, für die Deutschland um Arbeitskräfte wirbt.
Absprache zwischen beiden Ländern fördert Vermittlung
Ein wichtiges Vermittlungsinstrument ist dabei das Rekrutierungsprojekt "T.E.A.M." der Bundesagentur für Arbeit und des Servicio Público del Empleo (SPE), mit der Auslandshandelskammer (AHK Kolumbien) als Partner. "2024 haben wir zu der Vermittlung von 63 Elektronikern und 79 Krankenpflegern beigetragen", sagt Ana Milena Restrepo, Leiterin von DEInternational bei der AHK Kolumbien. "Auch 2025 haben wir mehrere Hundert Kandidaten in unseren Verfahren, vor allem auch durch die Anfragen von deutschen Kliniken." Hinzu kämen neue Pilotprojekte für Früherzieher mit der Stadt Heidelberg und für Handwerker mit der Handwerkskammer.
Allerdings sei die Sprache eine große Herausforderung bei der Fachkräftevermittlung, sagt Restrepo. Hinzu kommt der bürokratische Prozess, der einen großen Aufwand darstellt, gerade für kleine Unternehmen.
Im Rahmen des Azubi-Projekts der AHK, bei denen Kandidaten auf eine deutsche Berufsausbildung sprachlich vorbereitet werden, hat die AHK bereits Kandidaten für die Berufe Industriemechaniker, Konstruktionsmechaniker, Mechatroniker und Zerspanungsmechaniker vorbereitet. Für 2025 sind auch Lkw-Fahrer, Automatisierungstechniker und Chemiker geplant.
Deutsche Institutionen helfen
Diverse Unternehmen und Einrichtungen haben bereits Fachkräfte aus Kolumbien angeworben, darunter Deutschlands größter Vermietungskonzern Vonovia (Elektroniker:innen und Gärtner:innen) sowie durch private Anbieter die Stadt Hanau (Erzieher:innen) und ein Krankenhaus in Neumünster (Operationstechnische Assistent:innen).
Interessierte Unternehmen können sich direkt an die Bundesagentur für Arbeit wenden. Diese hat regionale Servicestellen für Arbeitgeber, die bei Anfragen an den jeweiligen Ansprechpartner der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) verweisen.
Um den Prozess zu verschlanken, versucht die AHK auch über die regionalen Industrie- und Handelskammern (IHK) direkt mit interessierten Unternehmen in Kontakt zu treten. Denn ein Problem sind die langwierigen Anerkennungsprozesse und die hohen bürokratischen Hürden. Entsprechende Maßnahmen können bis zu 18 Monate dauern. Die Vermittlung einer Fachkraft kostet nach Aussagen der AHK im Schnitt zwischen 10.000 und 13.000 Euro.
Vonovia hat die Erfahrung gemacht, dass Mitarbeitende nach der Weiterbildung im Unternehmen und der Anerkennung der Qualifikation durch die IHK in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden konnten. Die kolumbianischen Fachkräfte hatten in Kolumbien Deutsch bis zum Sprachniveau A2 gelernt und eine Prüfung abgelegt. Sie wurden nach der Einreise von der IHK begleitet. Vonovia habe bei Behördengängen und der Wohnungssuche geholfen, hieß es aus dem Unternehmen. Zu Beginn hatte SPE die Fachkräfte unter anderem über soziale Medien angeworben.
Unternehmensbindung ist wichtig
Die Kandidaten sind sehr motiviert und anpassungsfähig. "Kolumbianer sind Feelgood-Manager", sagt eine Fachkräftevermittlerin. "Aber sie sind keine Einzelkämpfer und man sollte sie nicht allein in die deutsche Provinz vermitteln." Sie empfiehlt Unternehmen, schon früh eine Bindung zu den Fachkräften aufzubauen. "Zum Beispiel einmal im Monat einen Jour Fixe zwischen einem Unternehmensvertreter und der Fachkraft vereinbaren." Das helfe, die Person kennenzulernen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Es gebe Unternehmen, die bereits die dritte Kohorte rekrutiert haben und über WhatsApp-Gruppen das Leben in Deutschland kommunizieren. "Da sind die Fachkräfte schon vorintegriert, bevor sie eigentlich ankommen."
Vermittlung soll fair stattfinden
Die zuständige kolumbianische Behörde habe eine klare Vorstellung davon, wie eine faire Fachkräftevermittlung aussieht. "Die kolumbianische Arbeitsverwaltung hält die schützende Hand über die Vereinbarung und möchte über alles informiert werden", sagt die Vermittlerin. "Gleichzeitig ist Kolumbien daran gelegen, nicht nur aus den kolumbianischen Metropolen zu vermitteln, sondern auch aus den ländlichen Regionen, wo die Informalität noch höher ist."