Special Laos Wasserkraft
Stromexporte bringen Laos Geld und neue Probleme
Laos will in großem Stil Strom aus Wasserkraft nach Thailand und Vietnam exportieren. Dazu müssen neue Großkraftwerke gebaut werden. Hohe Umweltschäden sind unvermeidlich.
19.07.2023
Von Marcus Hernig | Bonn
Ein Blick auf die Landkarte verrät: Das gewässerreiche Laos bietet ideale Bedingungen, um zur sogenannten Batterie Südostasiens zu werden. Von 94 Kraftwerken sind Stand 2022 bereits 77 Wasserkraftwerke. Nur zwei davon befinden sich am Mekong (darunter auch das Größte des Landes); die restlichen verteilen sich entlang der zahlreichen Nebenflüsse. Allein am Nam Ou-Fluss betreibt Power China seit 2021 sieben Staudämme.
Wasserkraftwerke haben bereits einen Anteil von rund 80 Prozent an der installierten Stromerzeugungskapazität des Landes von insgesamt 11.800 Megawatt. Nach Schätzungen der japanischen Agentur für internationale Kooperationen (JICA) benötigt Laos selbst bis 2030 nur Kapazitäten von maximal 5.900 Megawatt. Doch am Mekong entstehen weitere Staudämme. Alle dienen dem Export von Strom.
Laos ist bisher der einzige Staat der Mekong-Region, der für seine Staudammprojekte ein internationales Vorprüfverfahren (Prior Consultation, PC) der Mekong River Commission (MRC) durchgeführt hat. Dabei werden technische Verfahren eingesetzt, um den Einfluss des Projekts auf die Ökosysteme des Mekongs und seiner Nebenflüsse zu prüfen. Dieses Vorprüfverfahren ist eine Variante der "Vorgehensweisen gegenseitiger Benachrichtigung, vorheriger Prüfung und gegenseitiger Abkommen" (PNPCA, Procedures for Notification, Prior Consultation and Agreement) der Mekong-Anrainer, deren Durchführung zum Standard beim Bau neuer Wasserkraftwerke werden soll. |
Am Mekong entstehen neue Großkraftwerke
Stromexporte sind ein einträgliches Geschäft: Sie machten 2021 nach UN-Comtrade-Berechnungen 1,63 Milliarden US-Dollar (US$) oder rund 23 Prozent aller Güterausfuhren des Binnenstaates Laos aus. Die laotische Regierung will daher den Mekong weiter aufstauen. Bisher sind hier erst zwei Wasserkraftwerke bei Xayaburi und bei Don Sahong an der Grenze zu Kambodscha in Betrieb.
Weitere sieben Staudämme mit einer Gesamtkapazität von rund 7.500 Megawatt sollen bis 2033 fertiggestellt werden. Die beteiligten Projektentwickler stammen in jeweils drei Fällen aus China und aus Thailand, in einem aus Vietnam. Ziel der Mekong-Stromexporte ist fast ausschließlich Thailand. Für die Exportpläne bedarf es eines Netzes von Übertragungsleitungen. Das muss erst einmal finanziert und gebaut werden.
Das erste von sieben geplanten Wasserkraftwerken ist bereits im Bau und soll bis 2029 fertiggestellt werden. Die Anlage wird über 1.460 Megawatt Kapazität verfügen. Im Dezember 2022 wurde bekannt, dass der österreichische Technologiekonzern Andritz ab 2023 die Maschinensätze für die Energieerzeugung sowie Transformatoren und Steuerungselemente liefert.
Thailand importiert den meisten Strom
Thailand ist der wichtigste Abnehmer des laotischen Stroms. Knapp 90 Prozent des exportieren Stroms des Jahres 2021 mit einem Gesamtwert von rund 1,5 Milliarden US$ gingen über die Grenze zum südlichen Nachbarn. Hauptabnehmer ist die thailändische Energieagentur EGAT (Electricity Generating Authority of Thailand).
Bis zum Jahr 2030 plant das Königreich bis zu 9.000 Megawatt an Kapazität in Laos für Stromimporte zu nutzen. Hauptlieferanten sind die Wasserkraftwerke. Dabei soll Thailand bereits jetzt eine Überkapazität an Strom von 41 Prozent aufweisen.
Warum also wird weiter Strom aus laotischen Wasserkraftwerken importiert? Zum einen will Thailand den Anteil erneuerbarer Energien im eigenen Strommix bis 2036 auf rund 20 Prozent erhöhen. Zum anderen dient der Ankauf durch EGAT zur Unterstützung der thailändischen Investoren, die die Staudämme mitfinanzieren.
Hinzu kommt ein Durchleitungsabkommen nach Singapur via Thailand und Malaysia. Singapurs Stromlieferant Keppel Electric importierte 2022 erstmalig 100 Megawatt Strom aus laotischen Wasserkraftwerken. Auch dort gilt laotische Wasserkraft als Schlüssel für mehr erneuerbare Energie im Strommix.
Projektname | Kapazität (in Megawatt) | Geplante Eröffnung | Projektentwickler | Status |
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Luang Prabang, Provinz Luang Prabang | 1.460 | 2029 | Luang Prabang Power Company (Joint Venture Regierung Laos mit Petro Vietnam Power Corporation) | in Bau |
Pak Beng, Provinz Oudomxay | 912 | 2029 | China Datang Overseas, Électricité du Laos (EDL) | Internationales Prüfverfahren PNPCA abgeschlossen, Absichtserklärung für Tarifabkommen unterzeichnet |
Pak Lay, Provinz Xayaburi | 770 | 2029 | Sinohydro (China) und China National Electronics Import & Export Corporation (CEIEC) | PCPNA abgeschlossen, Einspeisetarif verabschiedet |
Sanakham, Provinz Vientiane | 684 | 2030 | China Datang Overseas, Électricité du Laos (EDL) | PNCPA im Prozess |
Phou Ngoy, Provinz Champasak | 728 | 2030 | Charoen Energy and Water Asia Co. Ltd. (CEWA) aus Thailand | PNPCA beantragt |
Pak Chom, Provinz Vientiane | 1.079 | 2032 | Energieministerium Thailand und Ministerium für Bergbau und Industrie Laos | PNCPA fehlt noch |
Ban Koum, Provinz Champasak | 1.872 | 2033 | Italian-Thai Development Public Company Limited (ITD) aus Thailand | PNPCA fehlt noch |
Vietnams Importpläne benötigen Leitungen
Noch ist Vietnam als Importeur laotischen Stroms unbedeutend. Lediglich 3,4 Prozent des laotischen Exportstroms gingen 2021 in das östliche Nachbarland.
Drei Staudämme in Laos Südprovinz Attapeu am Fluss Xe Kaman sollen bereits heute bis zu 572 Megawatt Kapazität für Vietnam bereitstellen. Die vietnamesische Regierung hat bisher Pläne gebilligt, die Stromimporte mit einer Gesamtkapazität von knapp 2.700 Megawatt vorsehen. Bis 2030 will Vietnam insgesamt 5.000 Megawatt Strom aus laotischer Wasserkraft importieren.
Dem vietnamesischen Stromanbieter Vietnam Electricity (EVN) liegen laut Vietnam Net Global Angebote aus 53 laotischen Kraftwerksprojekten vor. Diese könnten theoretisch über 7.000 Megawatt Kapazität zur Verfügung stellen, weit mehr als von Vietnam bis 2030 geplant.
Zusätzlich zu einer bestehenden grenzüberschreitenden 230 Kilovolt-Stromleitung wird eine zweite solche Leitung zwischen dem Staudamm Nam Mo in Laos und Tuong Duong Vietnam errichtet. Sie soll die Stromversorgung Nordvietnams sichern. Doch um die laotischen Kapazitäten auszuschöpfen, benötigt Vietnam weitere Hochspannungsleitungen.
Staudämme verändern die Ökosysteme
Der Kraftwerksbau am Mekong und an seinen Nebenflüssen verursacht schon heute deutlich zu bemerkende Umweltschäden. Die internationale Mekong River Commission (MRC) überwacht die Veränderungen von Wasserständen und Wasserqualität entlang des Flusses. Beraten wird sie dabei von Expertinnen und Experten der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Barbara Schweiger, stellvertretende Länderdirektorin bei der GIZ in Laos, sagt: „Wir stellen eine Veränderung des Sedimentflusses und eine Einschränkung der Biodiversität in Südostasiens längstem Strom fest. Fische können die Staustufen der Kraftwerke nicht mehr überwinden, sodass dem traditionellen Fischfang am Mekong und seinen Nebenflüssen die Grundlage entzogen wird. Die Sedimente fehlen als Dünger für die Felder.“
Hinzu komme laut Schweiger der Klimawandel: „Wir gehen für die Mekongregion von einem Temperaturanstieg von 3,3 Grad bis 2060 aus. Dann werden wir fünf bis zehnmal so viele Überflutungsschäden am Mekong und seinen Nebenflüssen haben wie heute.“
Wirtschaftliche und nachhaltige Alternativen zur Wasserkraft existieren jedoch bisher kaum. Einzig in der südlichen Provinz Attapeu befindet sich ein 600 Megawatt-Windkraftprojekt mit japanischer und thailändischer Beteiligung in Bau. Möglich wäre auch, die großen Wasserflächen der Kraftwerksstauseen mit schwimmenden Fotovoltaikanlagen zu versehen, um damit zusätzlich Strom aus Sonnenenergie zu gewinnen.