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Special Vietnam Global Gateway

Global Gateway nimmt in Vietnam alle seine Kräfte zusammen

Der Fokus der geplanten EU-Projekte liegt vor allem auf dem Energiesektor. Die deutsche KfW finanziert gleich zwei der drei Leuchtturmprojekte im Land. (Stand: 28.11.2023)

Von Lisa Flatten | Hanoi

Die EU will im Rahmen ihrer Konnektivitätsinitiative Global Gateway 10 Milliarden Euro bis zum Jahr 2027 für Projekte in Südostasien mobilisieren. Ein besonders bedachtes Land ist Vietnam. Für die Region des Staatenbundes Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) existieren zwei Team Europe Initiativen (TEI) – eine zu Nachhaltiger Konnektivität und eine Grüne Initiative, beide mit deutscher Beteiligung. 

Passend zur zweiten TEI legt die EU in Hinblick auf Global Gateway den Schwerpunkt in Vietnam auf den Energiesektor. Vietnam ist eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder in der Region. Der Bedarf, die Energiewirtschaft auf erneuerbare Energien umzustellen und die dafür notwendigen infrastrukturellen und regulatorischen Voraussetzungen zu schaffen, ist groß.

Leuchtturmprojekte: Ausbau und Speicherung von erneuerbaren Energien

Neben den Philippinen und Indonesien gehört Vietnam zu drei der zehn ASEAN-Staaten, die im Jahr 2023 von der EU mit Global-Gateway-Leuchtturmprojekten bedacht wurden – und das gleich dreimal.

Erweiterung des Wasserkraftwerks Tri An

Das in den 1980er Jahren von der Sowjetunion gebaute Wasserkraftwerk am Dong Nai Fluss hat eine Kapazität von 400 Megawatt. Nun soll das Werk in der südvietnamesischen Provinz Dong Nai um 200 Megawatt erweitert werden. Seine Wichtigkeit für die Stromgewinnung Vietnams markiert seine Abbildung auf dem 5.000 Vietnamesische-Dong-Schein (rund 20 Eurocent). 

Die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) plant dem staatlichen Stromanbieter Electricity Vietnam (EVN) einen substaatlichen Förderkredit für den Ausbau zur Verfügung zur stellen. Zurzeit steht nur noch die Genehmigung des Finanzierungsvorschlags durch die Commission for Management of State Capital at Enterprises (CMSC) aus. Im Jahr 2024 soll der Vertrag unterzeichnet und mit dem Bau des 140-Millionen-Euro-Projekts begonnen werden. Die Vertragsverhandlungen laufen bereits.

Im Frühsommer 2023 kam es vor allem im Norden des Landes zu starken Dürren. Doch auch im Stausee des Wasserkraftwerks Tri An im Süden fielen die Wasserstände auf den niedrigsten Stand seit 13 Jahren, was vor allem verheerende Folgen für den Fischfang in der Region hatte, aber auch das Kraftwerk für kurze Zeit lahmlegte. Aufgrund der zunehmenden Dürreentwicklungen ist es umso wichtiger, auch andere erneuerbare Energiequellen in Vietnam zu fördern.

Chancen für deutsche Firmen

Die Beteiligung internationaler Baufirmen wird bei dem Projekt als recht niedrig eingeschätzt, da es sehr erfahrene vietnamesische Unternehmen gibt, die bei Projekten im Inland deutlich wettbewerbsfähiger sind. Chancen für deutsche Firmen könnten sich für Ausrüstungszulieferungen ergeben. Ausschreibungen der KfW werden vor allem im Bereich der spezialisierten Consultingdienstleistungen folgen. Dies lohnt es, im Auge zu behalten. 

Mehr deutsche und europäische Beteiligungsmöglichkeiten im Bereich von Zulieferungen und Beratungsdienstleistungen sind beim Bau des Bac Ai Pumpspeicherkraftwerks (siehe unten) zu erwarten. Auch wenn europäische Firmen beim Aufbau von Pumpspeicherkraftwerken einiges an Erfahrung mitbringen, könnte starke Konkurrenz aus China lauern.

Ausbau der Nearshore Windfarm Tra Vinh

Hier setzt die angedachte Erweiterung des 48 Megawatt Windparks in der Provinz Tra Vinh an. Investoren des Windkraftwerks waren die koreanische ST International sowie die Mischfinanzierungsfazilität Climate Investor One (CI1), die von verschiedenen Gebern und Investoren, darunter auch der EU, finanziert wird. Der Windpark ging im Oktober 2021 in Betrieb. Somit konnte er noch von der staatlich garantierten Einspeisevergütung für erneuerbare Energien profitieren, die Ende 2021 auslief. Die Einspeisung neuer Kapazitäten ins Netz durch den angedachten Ausbau, über den bisher wenig bekannt ist, würde dagegen keine solch vorteilhaften Vergütungen mehr erhalten.

Herausforderung für den Ausbau erneuerbarer Energien in Vietnam

Die Unsicherheit über zukünftige Einspeisetarife ist groß und erschwert die Aufstellung eines rentablen Geschäftsszenarios für zukünftige Projekte wie die Tra-An-Windfarmerweiterung. Zurzeit gilt ein zu beantragender Übergangstarif – der nur halb so hoch ist wie noch bis Ende 2021. Es ist damit zu rechnen, dass in Zukunft ein neuer im Einzelfall auszuhandelnder Tarif greifen wird. Mehr Details – auch zum Zeitpunkt der Einführung - liegen zurzeit nicht vor.

An Onshore-Windkapazitäten mangelt es nicht in Vietnam. Einige erneuerbare Energieprojekte mussten zeitweise vom Netz genommen werden und andere wurden bisher gar nicht erst angeschlossen. Ursache ist vor allem der Mangel an Speichermöglichkeiten sowie Übertragungs- und Verteilernetzen.

Bau des Bac Ai Pumpspeicherkraftwerks

Die erste Phase des 1,2 Gigawatt Pumpspeicherkraftwerkprojekts Bac Ai wurde im März 2021 abgeschlossen. Sie betraf vor allem Arbeiten am unteren Stausee. Für die zweite Projektphase unternehmen die vier Kofinanzierer – die EU, die Agence Française de Développement (AFD), die Europäische Investitionsbank (EIB), die KfW und die Japan International Cooperation Agency (JICA) – zurzeit eine Due-Diligence-Prüfung in Hinblick auf Finanzierung sowie Umwelt- und Sozialschutz.

Die zweite Phase, das Hauptprojekt, wird sich auf die Bauarbeiten am oberen Stausee, die Abflusskanäle und das Kraftwerk konzentrieren. Sie soll in der 1. Hälfte des Jahres 2024 beginnen. Die Inbetriebnahme ist für Dezember 2030 angesetzt. Insgesamt werden die Kosten auf knapp über 900 Millionen Euro geschätzt. Die vier Entwicklungsbanken werden voraussichtlich jeweils 150 Millionen Euro einbringen, EVN weitere 300 Millionen Euro. Auch bei diesem KfW-Beitrag handelt es sich wieder um ein substaatliches Darlehen direkt an EVN.

Laut Insidern gestaltet sich die Zusammenarbeit mit EVN vertrauensvoll. Probleme liegen dagegen eher in der Uneinigkeit der zuständigen vietnamesischen Ministerien sowie in einem mangelnden Entscheidungswillen öffentlicher Stellen. Hintergrund ist auch die derzeit laufende Antikorruptionskampagne der Regierung. Es ist das erste Pumpspeicherkraftwerk des Landes. Insgesamt sei bei einem solch komplexen Projekt Geduld gefragt.

EU und G7-plus unterstützen Vietnam auf dem Weg zur Klimaneutralität

Auch an einer TEI für Vietnam zum Thema Climate Resilient, Low-carbon Circular Economy ist Deutschland beteiligt. Durch Investitionen und technische Kooperation sollen Umweltkatastrophen vorhergesehen, verhindert und bewältigt werden. Zudem unterstützt Team Europe den Ausbau erneuerbarer Energien, Energieeffizienzsteigerungen sowie den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft.

Vietnam hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Um das Land auf diesem Weg zu begleiten, wurde Ende 2022 eine Just Energy Transition Partnership (JETP) geschlossen. Im Rahmen der Partnerschaft stehen Vietnam in den kommenden Jahren weitere 15,5 Milliarden US-Dollar (US$) zur Dekarbonisierung im Energiesektor zur Verfügung.

Im Rahmen des Global-Gateway-Forums in Brüssel im Oktober 2023 unterzeichneten Vietnam und die EIB eine Absichtserklärung zur Umsetzung des JETPs. Ziel ist es, eine multi-Projekt-Kreditfazilität im Umfang von 500 Millionen Euro einzurichten. Darüber hinaus wird die EU 16,6 Millionen Euro an technischer Hilfe für die französische AFD bereitstellen, um EVN bei der Vorbereitung und Durchführung von JETP-Projekten zu helfen. Auf politischer Ebene unterstützt die EU Energiesektorreformen, gerade auch zur Schaffung rechtlicher und technischer Voraussetzungen für erneuerbare Energien, Energieeffizienz sowie Übertragungsleitungen.

Neben den Leuchttürmen werden auch weitere Vorhaben unter das JETP gefasst

Projektname

Details

Erweiterung des Ialy Wasserkraftwerks

Installation von zwei zusätzlichen 180-Megawatt-Turbinen, um Kapazität auf 1.080 Megawatt bis 2024 auszuweiten. Finanziert wird das Projekt in den Provinzen Kon Tum und Gia Lai u.a. von der französischen AFD.

Unterseestromkabel zur Anbindung der Nam Chau Insel

Mehr als 10 Kilometer langes Unterseestromkabel zur Versorgung von 107.858 Haushalten mit zuverlässiger Energie (vermehrt on-grid). Projekt scheint bereits seit 2020 fertiggestellt zu sein.

Investitionen in harte und weiche Infrastruktur zur Vorbeugung und Bewältigung von Klimawandelrisiken

Als Beispiel wird genannt: Projekt zur Anpassung an den Klimawandel und zur Widerstandsfähigkeit gegenüber Naturkatastrophen in der Provinz Dien Bien

Quelle: EU-Kommission 2022, Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

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