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Branche kompakt | Marokko | Energiewirtschaft

Marokkos Energiewirtschaft investiert in grüne Technologien

Das Königreich baut Wind und Solar konsequent aus. Außerdem will das Land grünen Wasserstoff produzieren. Wie viel, hängt unter anderem von Abnahmeverpflichtungen aus Europa ab.

Von Ullrich Umann | Casablanca

Ausblick der Energiewirtschaft in Marokko

Bewertung: 

  • Annähernd 10 Milliarden US-Dollar werden 2024 in Energieprojekte investiert, eine Steigerung um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 
  • 8 Milliarden US-Dollar fließen davon in Solar- und Windkraftvorhaben. 
  • Das BIP wächst 2024 laut IWF um 3,62 Prozent, nach 2,38 Prozent im Vorjahr.
  • Grüner Wasserstoff macht das Land international wettbewerbsfähiger. 

Anmerkung: Einschätzung des Autoren für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr;

Stand: Januar 2024

  • Politische Ziele

    Marokko legt ein hohes Ausbautempo zur Erzeugung von Ökostrom vor. Nicht nur Sonne und Wind sind reichlich vorhanden, auch der politische Wille ist da.

    Die Energiepolitik der marokkanischen Regierung basiert auf der Nationalen Energiestrategie aus dem Jahr 2015. Dem schloss sich 2021 die Nationale Strategie für grünen Wasserstoff an. Darüber hinaus wurden und werden Energiegesetze und relevante Vorschriften reformiert. Ebenfalls fand eine Umstrukturierung und Modernisierung nachgeordneter staatlicher Institutionen zur Regulierung und Verwaltung der Energiewirtschaft statt. Aktuell leiten sich für die staatlichen Akteure aus der aktuellen Energiepolitik drei grundlegende Handlungsfelder ab.

    Energiewirtschaft wird grundlegend modernisiert 

    Erstens wird darauf hingearbeitet, die Sicherheit der Energieversorgung zu erhöhen und im Gegenzug die Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger zu verringern. Mit dieser Zielrichtung wird die Stromgenerierung aus den reichlich vorhandenen regenerativen Quellen ausgebaut. Es sollen sogar die materiellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass überschüssiger Ökostrom und daraus hergestellter grüner Wasserstoff ab 2030 exportiert werden können. 

    Um auch private Investitionen verstärkt in die erneuerbare Energiegewinnung zu kanalisieren, sind umfassende Gesetzesreformen notwendig. Nicht zuletzt gehören dazu Regularien, damit unabhängige Erzeuger (Independent Power Producer/IPP) einen vereinfachten Netzanschluss erhalten, aber auch Einspeisevergütungen und Netzdurchleitungstarife, die es so noch nicht gibt.

    Das zweite Handlungsfeld bündelt alle regulatorischen und technischen Maßnahmen zum Ausbau von Fotovoltaik und Windenergie. Ursprünglich sollte der Anteil von Wind- und Solarenergie am Strommix im Jahr 2030 bei 52 Prozent liegen. Aktuell zeigt sich die Regierung aber optimistisch, dass dieses Ziel schon 2027 erreicht werden kann, und zwar zu 55 Prozent. 

    Das dritte Handlungsfeld dient der weiteren Reduzierung der Treibhausgasemissionen: Im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens hatte sich Marokko zur Senkung des CO2-Ausstoßes um 42 Prozent im Vergleich zu 2010 verpflichtet. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Regierung mehrere Programme beschlossen, darunter Zuschüsse zur Beschaffung energieeffizienter Geräte und Anlagen. Zusätzlich hat sie strengere Energiestandards für Gebäude erlassen.

    Grüner Wasserstoff als fester Bestandteil der Energiestrategie

    Aufgrund des hohen Potenzials für den Ausbau der Erneuerbaren, und auch wegen der vorteilhaften Brückenfunktion zwischen Europa und Afrika, strebt Marokko eine regionale Führungsrolle bei der Erzeugung, beim Verbrauch und beim Export von grünem Wasserstoff und Ammoniak an. Die 2021 verabschiedete Nationale Strategie für grünen Wasserstoff stellte dafür einen Zeitplan bis 2050 auf.

    In der ersten Phase bis 2030 liegt der Schwerpunkt sowohl beim Aufbau von Erzeuger- und Exportkapazitäten als auch bei der Verwendung grünen Wasserstoffs in der Industrie. In der zweiten Phase von 2030 bis 2040 soll die Stabilität der nationalen Stromnetze durch den Einsatz von grünem Wasserstoff als Energiespeicher erhöht werden. Ebenfalls soll Wasserstoff im öffentlichen und im Schwerlastverkehr als Treibstoff nutzbar sein. In der dritten Phase ab 2040 sieht die Strategie weitere Exportsteigerungen sowie eine noch stärkere Nutzung von Wasserstoff in der Wärmeerzeugung, im Schienen-, See-, Luft- und Straßenverkehr vor. 

    Widergespiegelt in Zahlen sieht die Strategie bis 2030 den Aufbau von 14,6 Gigawatt an Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energiegewinnung vor, die zur Wasserstoffelektrolyse zur Verfügung stehen. In der Endphase, 2050, sollen diese Kapazitäten sogar schon bei 131,5 Gigawatt liegen. Der damit in Verbindung stehende Investitionsbedarf wird bis 2050 mit 100 Milliarden US-Dollar veranschlagt.  

    Federführend bei der Umsetzung der nationalen Energie- und Wasserstoffpolitik ist das Ministerium für Energietransition und nachhaltige Entwicklung. Das Ministerium kooperiert projektbezogen mit ausländischen Geberinstitutionen, darunter mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Beide deutsche Institutionen verfügen in Rabat über eigene Vertretungen.

     

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Markttrends

    Die Projektpipeline zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Wasserstoffelektrolyse ist lang. Doch hängt die Umsetzung auch von Entscheidungen im Ausland ab.

    Der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung beschleunigt sich: 2027 soll die marokkanische Energiewirtschaft nach aktuellen Regierungsplänen 55 Prozent des Stroms (ohne Wasserkraft) aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Nach den ursprünglichen Ausbauplänen sollten die Erneuerbaren erst ab 2030 in der Stromproduktion überwiegen, mit einem Anteil von 52 Prozent. Ende 2023 lag die Quote von Solar- und Windenergie am Strommix mit einer installierten Kapazität von 5.147 Megawatt noch bei 39,4 Prozent. Zum Ende des laufenden Jahres 2024 wird mit einer gesteigerten Quote von 42 Prozent gerechnet.

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    neue Windparks sollen bis 2030 in Marokko entstehen. 

    Doch existieren auch Hürden für den Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung. Dazu gehören die drei Kohle- und die drei Gaskraftwerke. Für deren Bau hatte die staatliche Office National de l’Electricité et de l’Eau Potable (ONEE) mit den Investoren langfristige Konzessions- beziehungsweise Langzeitabnahmeverträge (Power Purchase Agreements - PPA) abgeschlossen. Die Investoren bestehen auf der Einhaltung der Vertragslaufzeiten, die teilweise erst in den 2040er Jahren auslaufen. 

    Das jüngste Kohlekraftwerk, Safi, wurde mit einer installierten Leistung von 1.386 Megawatt erst 2018 in Betrieb genommen. Es wird von der Safi Energy Company (SAFIEC), einem Joint Venture aus ONEE und der südkoreanischen Korea Electric Power Corporation (KEPCO), betrieben. Des Weiteren sind die Kohlekraftwerke Jorf Lasfar (2.056 Megawatt, im Besitz der Abu Dhabi National Energy Company - Taqa Marocco) und Mohammedia (300 Megawatt, ONEE) sowie die Gaskraftwerke Ain Beni Mathar (470 Megawatt, gebaut von der spanischen Abener Energia, in Konzession durch ONEE), Tahaddart (384 Megawatt, ONEE) sowie Tit Mellil (200 Megawatt, ONEE) am Netz.

    In der Praxis bedeuten die langfristigen Verpflichtungen im Bereich der fossilen Stromerzeugung, dass, sobald der nationale Strombedarf durch den Ausbau der erneuerbaren Energien gesättigt ist (derzeit muss Marokko Strom über ein Unterseekabel aus Spanien importieren), ein weiterer Ausbau von Wind- und Solarenergie bis zum Ende der Vertragslaufzeiten in Kohle- und Gaskraftwerken nur unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftlich und finanziell sinnvoll ist: Eine Voraussetzung wäre, überschüssigen Ökostrom zur Elektrolyse von grünem und exportfähigem Wasserstoff nutzen zu können. Eine weitere wäre, den überschüssigen Ökostrom in ausländische Märkte zu leiten.

    Unterseekabel für Ökostrom nach Großbritannien

    Letztes bahnt sich unter dem Projekttitel Xlinks an, bei dem vier 3.800 Kilometer lange Unterseekabel mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstechnik (HGÜ-Unterseekabel) nach Großbritannien verlegt werden. Der Investitionswert wird mit 20 Milliarden britischen Pfund angegeben. Eigens gründeten die britische Octopus Group gemeinsam mit der Abu Dhabi National Company TAQA für 30 Millionen britische Pfund das Unternehmen Xlinks First-Limited und dessen örtlichen Ableger Xlinks Morocco. Xlinks plant, 3,6 Gigawatt nachhaltigen Strom für durchschnittlich 20 Stunden pro Tag nach Großbritannien zu liefern.

    Um eine konstante Einspeisung des Ökostroms in die Kabel zu gewährleisten, investiert XLinks Morocco in der Region Guelmim-Oued Noun in Solarstromkapazitäten von 7 Gigawatt, weiterhin in Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 3,5 Gigawatt sowie in eine 20GWh/5GW-Batteriefarm. Das Gesamtprojekt soll bis 2030 betriebsbereit sein und anschließend 7 Millionen Haushalte versorgen. Das Essener Unternehmen Conenergy kooperiert seit 2022 mit Xlinks, wodurch eine Weiterleitung des marokkanischem Ökostroms über Großbritannien nach Deutschland eine Option wäre. Medienberichten zufolge hat inzwischen der chinesische Hersteller von Unterseekabeln, Ningbo Orient Wires & Cables, ein Angebot zur Übernahme von 11 Prozent der Anteile an Xlinks abgegeben.

    Export von grünem Wasserstoff setzt europäische Abnahmeverpflichtung voraus

    Ob aus dem überschüssigem Ökostrom nach 2030 auch grüner Wasserstoff für den Export erzeugt werden kann, hängt unter anderem von einer Abnahmeverpflichtung aus Europa ab. Aus öffentlich zugänglichen Informationsquellen geht nicht hervor, ob das in den europäischen Hauptstädten beziehungsweise am EU-Sitz in Brüssel erwogen wird. 

    In marokkanischen Regierungskreisen spricht man beim langfristig möglichen Ausbau der grünen Stromerzeugungskapazitäten für die Elektrolyse und den Export von Wasserstoff von Größenordnungen zwischen 30 Gigawatt und 80 Gigawatt. Jedoch wäre eine belastbare Abnahmeverpflichtung für die Finanzierung und Verlegung einer Wasserstoffpipeline nach Spanien eine essenzielle Voraussetzung dafür. 

    Denn Wasserstoff aus Marokko wäre auf den europäischen Märkten vom Abgabepreis her nur dann wettbewerbsfähig, wenn er per Rohrleitung über die iberische Halbinsel transportiert würde. Als Derivat per Tankschiff käme marokkanischer Wasserstoff preislich gegen die Konkurrenz aus Brasilien oder Namibia nicht an. Dies ergab eine vergleichende Studie des Fraunhofer Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE).


     

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Branchenstruktur

    Die Energiewirtschaft wird durch Stromerzeuger und Netzbetreiber dominiert. Die geringe Herstellerzahl wächst aber infolge ausländischer Direktinvestitionen.

    Die installierten Erzeugerkapazitäten für Ökostrom werden sich bis einschließlich 2027 um 4.128 Megawatt nahezu verdoppeln. Dieser Zuwachs besteht zu 2.625 Megawatt aus Solarfeldern und Aufdachanlagen sowie zu 1.503 Megawatt aus Windkraftanlagen. Die staatliche marokkanische Agentur für nachhaltige Energie (MASEN) entwickelt aktuell Fotovoltaikvorhaben zu einer Gesamtkapazität von 333 Megawatt an sieben Standorten. Darunter fällt die erste Phase des Projekts Noor PV Il. 

    Der staatliche Phosphatkonzern Office Chérifien des Phosphates (OCP) baut fünf Solarfelder mit einer Gesamtkapazität von 301 Megawatt, wovon 2024 etwa 200 Megawatt in Betrieb genommen werden. Weitere energiebranchenferne Unternehmen entwickeln 26 Fotovoltaikprojekte, allerdings mit einer geringeren Gesamtkapazität von 44 Megawatt – es ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen Projekten um Aufdachanlagen handelt. 

    Branchenfremde Energieerzeuger stoßen Projekte an

    Unternehmen dürfen Strom vorrangig für den Eigenbedarf produzieren, da ihr Anschluss an die Übertragungs- und Verteilernetze gesetzlich noch nicht abschließend geregelt ist. Anschlüsse sind unter bestimmten Voraussetzungen an das Hoch- und Mittelspannungsnetz realisierbar, jedoch nicht an das Niedrigspannungsnetz. 

    Ungeachtet dessen sind erste Firmen aus dem produzierenden Gewerbe aktiv geworden, um Ökostrom für den Eigenbedarf zu generieren. OCP möchte nicht nur Ökostrom, sondern zusätzlich grünen Wasserstoff beziehungsweise grünen Ammoniak zur Düngemittelproduktion erzeugen. Da OCP zu den finanzstarken Unternehmen gehört, sind die ambitionierten Ausbaupläne für Wind- und Solaranlagen, Meerwasserentsalzung und die Produktion von grünem Ammoniak realistisch.  Damit könnte OCP Ammoniakimporte substituieren. Für den Export des grünen Phosphat-Ammoniak-Düngers müsste OCP an den europäischen Zollgrenzen keine CO2-Abgabe zahlen.

     

    Ausgewählte Projekte der Energiewirtschaft

    Projektbezeichnung

    Leistung

    Unternehmen 

    Status

    Investitionsvolumen
    (in Milliarden €)

    Solar-Wind-Wasserstoff-Ammoniak-Komplex Guelmim-Oued Noun

    10 GW

    TotalEnergiesAbsichtserklärung

    10,0

    Solarkraftwerk Noor Midelt II nebst Energiespeicher

    400 MW

    MASEN, Geldgeber EU, EIB, French Development Agency (AFD), Weltbank, AfDB, KfW

    Bewerbungsschluss war im Juli 2023, Präqualifizierung

    1,08

    Solarkraftwerk Noor Midelt III nebst Energiespeicher

    400 MW

    MASENBewerbungsschluss war der 20.10.23, Präqualifizierung

    k.A.

    Solar-Wind-Wasserstoff-Ammoniak-Komplex Jorf Lasfar, Tarfaya

    200.000 t

    OCPPlanung und Präqualifizierung

    13,0

    Solar-Wind-Wasserstoff-Ammoniak-Komplex

    320.000 t

    Ajlan Bros/Gaia/Energy ChinaAbsichtserklärung

    k.A.

    Quelle: Recherche GTAI

    OCP geht als Staatskonzern eng abgestimmt mit der Regierung vor. Daher ist davon auszugehen, dass mit dem Gesamtvorhaben auch ein Leuchtturmprojekt projiziert werden soll, um zu beweisen, dass die industriemäßige Wasserstoffproduktion in Marokko möglich und profitabel ist. Im Zuge seiner Ausbaupläne hat OCP 2023 drei Roadshows nach Boston, London und Düsseldorf, durchgeführt.

    Auslandskapital fließt in die Produktion von Energietechnik

    Angezogen von den umfangreichen Investitionen in die Energiewirtschaft, aber auch aufgrund der stabilen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den moderaten Personalkosten kommen erste ausländische Hersteller von Energietechnik nach Marokko. Zusätzlich sind wegen eines Freihandelsabkommens mit den USA und der geographischen Nähe zu Europa die Ausfuhrmöglichkeiten günstig. Somit sind es nicht nur europäische Hersteller, die in Marokko investieren, sondern in jüngster Zeit vor allem asiatische, darunter chinesische Hersteller.

    So kündigte zum Beispiel die chinesische Industriegruppe Aeolon im November 2023 an, eine Fertigung von Rotorblättern für Windkraftanlagen am Standort Nador ansiedeln zu wollen. Die geplante Produktionskapazität fällt mit 600 Rotorblättern pro Jahr, mehr als 3.000 Beschäftigten und Investitionskosten von 220 Millionen Euro beträchtlich aus. Die Produktion soll bereits im Januar 2025 an den Start gehen.

    ONEE als Betreiber von Übertragungs- und Verteilernetzen hat im Juni 2023 eine Absichtserklärung mit HUAWEI Maroc zur Einrichtung von intelligenten Netzen unterschrieben. Dieser Schritt machte sich erforderlich, da in Zukunft mehr Solar- und Windanlagen an die Netze angeschlossen werden. Neben Steuer- und Kontrolltechnik soll HUAWEI dem Vernehmen nach auch Anlagen zur Energiespeicherung, darunter Batteriefarmen, installieren. Wie ONEE mitteilte, wird die Technologie des chinesischen Anbieters derzeit im Wissenschafts- und Technikzentrum für Elektrizität, das ONEE betreibt, getestet.

    Schon im Jahr 2021 hatte ONEE mit SIEMENS und der französischen ATOS ein Teilprojekt zur Einrichtung eines smart grids angestoßen. In diesem Zusammenhang implementierte SIEMENS und ATOS die Zählerplattform EnergyIP, mit der ONEE die Daten von mehr als 100.000 intelligenten Stromzählern erfassen und verarbeiten kann. 

    Das französische Unternehmen Dome Solar hatte 2019 am Standort Al Hoceima eine Produktion von jährlich 250 Megawatt monokristallinen, polykristallinen und Bi-Glas-Solarmodulen für die Verwendung auf Solardächern eingerichtet. Die marokkanische Niederlassung firmiert unter der Bezeichnung ALMADEN Morocco. 

    Hohe Importabhängigkeit bei Energie- und Elektrotechnik

    Die marokkanische Industrie stellt einige grundlegende energie- und elektrotechnische Erzeugnisse her. Darunter befinden sich einfache Transformatoren, Schaltanlagen, Stromkabel, Drähte, Schalter und Steckdosen, die vorrangig in der Bauwirtschaft sowie in der Automobil- und Bahnindustrie abgesetzt werden. In allen anderen Nomenklaturen der Energie- und Elektrotechnik, insbesondere wenn es um moderne und komplexe Ausrüstungen und Anlagen der Solar-, Wind-, Netz- und Speichertechnik geht, besteht eine extrem hohe Importabhängigkeit. 

    OCP hat die hohe Importabhängigkeit Marokkos zum Anlass genommen, moderne Technologiegüter für den Aufbau einer eigenen Energieerzeugung aus regenerativen Quellen nicht nur einzuführen und anzuwenden. Sondern der Konzern besteht in seinen Beschaffungsausschreiben auch auf einen Technologietransfer, um künftig entsprechende Investitionsgüter in Eigenregie zu fertigen. Damit erweitert der Bergbau- und Düngemittelkonzern sein Produktportfolio mittel- bis langfristig um den Bereich Technologiegüter zur Erzeugung grünen Stroms und Wasserstoffs.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Marktorganisation und Rahmenbedingungen

    Der Markt entwickelt sich technologisch in Richtung Erneuerbare. Gleichzeitig werden die Voraussetzungen geschaffen, damit mehr privates Engagement ermöglicht wird.

    Rechtsrahmen wird angepasst

    Die Regierung reformiert den Rechtsrahmen, um das Wachstum der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Das zuständige Ministerium für Energiewende und nachhaltige Entwicklung hat in diesem Zusammenhang Änderungen zu den Gesetzen 13-09 "Über erneuerbare Energien", 82-21, "Über die Eigenproduktion von elektrischer Energie" sowie 48-15 "Über die Regulierung des Elektrizitätssektors und die Gründung der ANRE (Nationale Agentur für Elektrizitätsregulierung)" ins Parlament eingebracht. Diese Änderungen zielen darauf ab, den rechtlichen und regulatorischen Rahmen für Projekte des Privatsektors im Bereich der erneuerbaren Energien zu verbessern und gleichzeitig die Sicherheit und Rentabilität der nationalen Elektrizitätswirtschaft zu gewährleisten.

    Institutionelle Reformen leiten neue Marktentwicklungen ein

    Den technischen Ausbau der grünen Stromgeneration treibt staatlicherseits MASEN voran. Ursprünglich gegründet, um ausschließlich Solarenergie experimentell aufzuziehen, ist die Agentur inzwischen auch für den Bau und den Betrieb öffentlicher Windparks zuständig. Die beim Bau von Erzeugereinrichtungen im Bereich der Erneuerbaren ebenfalls aktive staatliche ONEE wird perspektivisch alle ihre Solar- und Windparks an MASEN überschreiben. MASEN ist ebenfalls ein one-stop-shop für private Investoren. MASEN nimmt in diesem Zusammenhang Anträge auf Baugenehmigungen und Konzessionen für Anlagen der erneuerbaren Energien entgegen, unterstützt bei der Finanzierung und Einholung staatlicher Garantien und hilft beim Landerwerb. Für eigene Bau- und Erweiterungsvorhaben im Bereich der erneuerbaren Energieerzeugung unterhält MASEN die Ausschreibungsseite E-Tendering de MASEN, über die sich Hersteller und Dienstleister um Aufträge bewerben können.

    Zur Festigung der Forschungs- und Entwicklungslandschaft für Technologien der alternativen Energieerzeugung wurde 2011 das Institute for Research in Solar Energy and New Energies (IRESEN) gegründet. IRESEN sorgt unter anderem für eine landesweiten Koordinierung der Forschung und Entwicklung, wozu unter anderem ein "Green Energy Park" mit Forschungslaboren und Pilotanlagen eingerichtet wurde. Eigens zur Ausbildung von Facharbeitern für Solarenergie- und Windkraft-Systeme sowie Energieeffizienz haben Berufsschulen (Instituts de Formation aux Metiers des Energies Renouvables et de l’Efficacite Energetique/IFMEREE) ihre Pforten geöffnet, darunter in Oujda, Tanger und in Ouarzazate.

    Staatliche Monopole brechen auf

    Der Strukturwandel der staatlichen ONEE, von einem quasi Monopolkonzern in der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft, erstens zu einem Betreiber von Hoch- und Mittelspannungsübertragungsnetzen (Transportsystemoperateur), zweitens zu einem Strom- und Wasserversorger für den ländlichen Raum sowie drittens zum Anteilshalter und Betreiber von Kohle- und Gaskraftwerken (sogenanntes Dreier-Bundling) hält noch an. Der Prozess wird voraussichtlich lange dauern, da noch nicht alle notwendigen Reformen von Gesetzen, Regularien und Vorschriften durchgeführt wurden, die für das Dreier-Bundling notwendig sind.

    Die Mittel- und Niedrigspannungsverteilernetze in großen Ballungsräumen wurden schon in den 1990er Jahren privatisiert. So haben Lydec, ein Unternehmen der französischen SUEZ, die Strom- und Wasserversorgung von 4,5 Millionen Menschen im Großraum Casablanca sowie Redal, ein Unternehmen der französischen VEOLIA, die Strom- und Wasserversorgung der Hauptstadt Rabat, in beide Fällen als Serviceprovider, übernommen. 

    Zwar sind SUEZ und VEOLIA in Frankreich 2022 fusioniert, doch ist die Fusion beider Niederlassungen in Marokko aus kartellrechtlichen Gründen beziehungsweise wegen Verfahrensfehlern seitens VEOLIA Maroc noch nicht vollständig vollzogen worden. Im Ergebnis ist auch die Übernahme der SUEZ Maroc, und damit der Lydec, durch VEOLIA Maroc noch nicht beendet. Das marokkanische Wettbewerbsamt hat VEOLIA im Juni 2023 wegen des Scheiterns der geplanten vollständigen Veräußerung von SUEZ Maroc abgemahnt, wogegen VEOLIA Maroc Einspruch eingelegt hat. 

    Relativ stabile Stromabgabepreise

    Die Stromabgabepreise haben sich in den letzten Jahren kaum erhöht. Die Regierung hatte zwar schon für Mai 2023 eine Anhebung um 5 Prozent geplant, um damit die gestiegenen Importkosten für fossile Brennstoffe zu kompensieren. Doch wurde die Preisanhebung aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine auf 2024 verschoben.

     

    Stromtarife für Privathaushalte (ohne Berücksichtigung der MwSt.)

    monatlicher Verbrauch (in kWh)

    Tarif in Euro/kWh

    < 200

    0,07

    200-600

    0,09

    > 600

    0,12

    Quelle: ONEE

    Inzwischen wurde zwar keine Verteuerung der eigentlichen Stromabgabepreise, sondern eine stufenweise Anhebung der Mehrwertsteuer (TVA) auf den Stromverbrauch beschlossen. So beträgt die MwSt. aktuell 16 Prozent (vor dem 1.1.2024 lag sie bei 14 Prozent) und steigt nach einem Jahr auf 18 und nach einem weiteren Jahr auf 20 Prozent. Die Strompreise fallen damit im Vergleich zu anderen Ländern der Region aber immer noch moderat aus. Dies liegt daran, dass Marokko in den zurückliegenden Jahren erhebliche Investitionen in erneuerbare Energien getätigt hat, was sich dämpfend auf die durchschnittlichen Gestehungskosten für Strom auswirkte. 

    Stromtarife für gewerbliche Abnehmer (ohne Berücksichtigung der MwSt.)

    monatlicher Verbrauch (in MWh)

    Tarif in Euro/kWh

    < 100

    0,05

    100-500

    0,07

    > 500

    0,08

    Quelle: ONEE

    Die GTAI stellt weitere Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen

    AHK Marokko

    Vertretung der deutschen Wirtschaft, Servicestelle für Unternehmen

    Ministerium für Energietransition und nachhaltige Entwicklung

    federführend in der marokkanischen Regierung für Energiepolitik
    Marokkanische Agentur für nachhaltige Energie - MASENAgentur für erneuerbare Energien, Anlagenbetreiber, Projektentwickler, Servicestelle für Investoren
    Regulierungsbehörde für die Elektrizitätswirtschaft - ANREstellt Einspeise-, Netznutzungs- und Durchleitungstarife auf
    Agentur für Energieeffizienz - AMEEstellt Normen und Standards zur Erhöhung der Energieeffizienz auf, führt Audits durch
    Forschungsinstitut für Solarenergie und erneuerbare Energie - IRESENunterhält Forschungs- und Testlabors für Energietechnologien, Koordiniert landesweit die Energieforschung

    Verband für Elektrizitätswirtschaft, Elektronik und erneuerbare Energie - FENELEC 

    Interessensvertretung der Hersteller, Verkäufer und Installateure von Elektrotechnik, Elektronik und Anlagen der erneuerbaren Energien
    Energieverband - FEDENERGInteressensvertretung der Energiewirtschaft

    Fachmesse für Solartechnik - Solair Expo Maroc

    Casablanca, 27. bis 29.2.2024
    Fachmesse für erneuerbare Energien - EneR EventCasablanca, 23. bis 26.10.2024

     

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