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Branche kompakt | Marokko | Energiewirtschaft

Marokkos Energiewirtschaft investiert in alternative Technologien

Der Staat fördert Wind und Solar zur Stromerzeugung. Investitionen in Erdgas stabilisieren die Netze. Mittels Wasserstoffelektrolyse sollen sogar Energieexporte gelingen.

Von Ullrich Umann | Casablanca

Ausblick der Energiewirtschaft in Marokko

Bewertung: 

  • Etwa 10 Milliarden US-Dollar werden 2025 in Energieprojekte investiert.
  • Sechs Konsortien haben 30 Milliarden US-Dollar zum Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in Aussicht gestellt.
  • Das BIP wächst 2025 laut IWF um mehr als 3,6 Prozent.

Anmerkung: Einschätzung des Autoren für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: August 2025

  • Politische Ziele

    Marokko verfolgt eine ehrgeizige Energiestrategie, mit der das Land seine Energieversorgung und seinen Energieverbrauch grundlegend umgestaltet. 

    Die marokkanische Regierung verfolgt seit 2009 eine konsequente Energiestrategie, die auf zwei zentralen Säulen ruht: der Reduzierung der hohen Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen und der Positionierung des Landes als führende Nation im Bereich der erneuerbaren Energien. Da Marokko rund 90 Prozent seines Primärenergiebedarfs importiert, ist die Energiewende nicht nur eine klima-, sondern auch eine industriepolitische Notwendigkeit. Das zentrale Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien an der installierten Stromerzeugungskapazität bis 2030 auf über 52 Prozent zu steigern. Dieses Ziel soll durch einen Mix aus Solar- (20 Prozent), Wind- (20 Prozent) und Wasserkraft (12 Prozent) erreicht werden. Ergänzt wird der Ausbau der Erzeugungskapazitäten durch ein ambitioniertes Energieeffizienzziel, das eine Senkung des Energieverbrauchs um 20 Prozent bis 2030 gegenüber dem Basisszenario aus dem Jahr 2016 (Verpflichtung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen) vorsieht. Diese Maßnahmen betreffen Sektoren wie Industrie (-22 Prozent), Verkehr (-24 Prozent) und Gebäude (-14 Prozent) und sollen nicht nur den Energiebedarf reduzieren, sondern auch Arbeitsplätze schaffen.   

    Investitionen zum Kapazitätsausbau

    Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, hat Marokko ein Investitionsprogramm aufgelegt. Die Regierung plant, die Stromerzeugungskapazität von derzeit rund 12 Gigawatt auf 27 Gigawatt bis 2030 zu steigern, was einem Investitionsvolumen von 120 Milliarden Marokkanischen Dirham (MAD), umgerechnet etwa 13 Milliarden US-Dollar, entspricht. Ein wesentlicher Teil dieses Ausbaus, rund 80 Prozent, soll aus erneuerbaren Quellen stammen.

    Aktuell wirbt die Regierung private Investitionen aus dem In- und Ausland ein. Eigens wurde mit der Reform der Investitionscharta im Jahr 2022 der anreizorientierte Rechtsrahmen aufgewertet. In begründeten Fällen wird privaten Investoren zur Risikoreduzierung das Eingehen öffentlich-privater Partnerschaften angeboten. Neben der Privatwirtschaft beteiligen sich auch bi- und multilaterale Entwicklungsbanken, darunter die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), an der Projektfinanzierung mit dem Ziel, die CO2-freie Energieversorgung auszubauen. 

    Marokko profitiert von den im weltweiten Vergleich niedrigen Gestehungskosten (LCOE) für Wind- und Solarenergie, was den Erneuerbaren einen klaren und unbestreitbaren wirtschaftlichen Vorteil verschafft. Die marokkanische Regierung nutzt diesen Sachverhalt für ihr umfassendes Investitionsprogramm, das bis 2030 zusätzliche 15 Gigawatt an erneuerbarer Kapazität schaffen soll.

    Gestehungskosten speziell für PV und Wind in Euro pro Megawattstunde

    Technologie

    Marokko (LCOE-Spanne, geschätzt 2025)

    Welt (IRENA-Durchschnitt)

    Deutschland/EU (Durchschnitt jüngster Ausschreibungen)

    Onshore-Wind

    23 - 37 €

    ~31 €

    > 87 €

    Großtechnische Solar-PV

    28 - 46 €

    ~40 €

    60 - 80 €

    Quelle: ONEE

    Staatliche Institutionen wie das nationale Energieamt ONEE (Office National de l'Électricité et de l'Eau Potable) und die Agentur für nachhaltige Energie Masen (Moroccan Agency for Sustainable Energy) steuern und koordinieren diesen Ausbau. Das ursprüngliche Ziel, bis 2030 einen Anteil von 52 Prozent erneuerbarer Energien an der installierten Stromkapazität zu erreichen, gilt bereits als Untergrenze. Aktuelle Prognosen und Analysen deuten auf einen deutlich höheren Anteil von über 64 Prozent hin, was die Dynamik und den Erfolg der Strategie verdeutlicht.

    Die bislang größte staatliche Initiative ist die Großausschreibung „Offre Maroc“ für grünen Wasserstoff. Das Königreich möchte sich dadurch als zukünftigen Schlüsselexporteur grüner Energie nach Europa positionieren und vergrößert gleichzeitig die Nachfrage nach erneuerbarem Strom, hochmodernen Elektrolyseuren und der zugehörigen Infrastruktur für Produktion, Transport und Speicherung grünen Wasserstoffs und Derivaten daraus. Die Auswahl internationaler Konsortien, darunter mit Nordex eine deutsche Teilhabe, für die erste Projektphase bestätigt das hohe Interesse am Mitaufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Marokko.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Markttrends

    Marokkos Energiewende schafft exzellente Marktchancen für deutsche Unternehmen.

    Marokko entwickelt sich rasant zu einem der dynamischsten Energiemärkte in der gesamten MENA-Region (Mittlerer Osten und Nordafrika) und wird bis 2030 höchstwahrscheinlich eine Vorreiterrolle einnehmen. Diese tiefgreifende Transformation eröffnet deutschen Unternehmen Möglichkeiten zur Durchführung von Direktinvestitionen, zur Beteiligung an Bieterkonsortien für die zahlreichen öffentlichen Ausschreibungen zum Ausbau der Energiewirtschaft und nicht zuletzt auch zur Lieferung von Technologie als Unterauftragnehmer in Projekten. Der Vorteil deutscher Unternehmen im Vertrieb liegt unter anderem im hervorragenden Image, das Industriegüter aus Deutschland in Marokko genießen. 

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    neue Windparks sollen bis 2030 in Marokko entstehen. 

    Für deutsche Unternehmen ergeben sich daraus Chancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Ein schnell wachsender und hochattraktiver Markt erwartet Hersteller von Windturbinen, PV-Komponenten und Elektrolyseuren, ebenso wie Investoren, die Kapital in Projekte einbringen möchten, Projektentwickler, die neue Anlagen planen und umsetzen, EPC-Unternehmen (Engineering, Procurement, Construction), die schlüsselfertige Lösungen liefern, und spezialisierte Dienstleister in den Bereichen Beratung, Wartung und Betrieb. 

    Der Markt teilt sich dabei in zwei Hauptsegmente: Große öffentliche Ausschreibungen von ONEE und Masen, bei denen höchste Qualität, Zuverlässigkeit und technologische Exzellenz im Vordergrund stehen, und ein dynamischer Privatmarkt. Hier fragen Industrieunternehmen aus Sektoren wie Automobil, Agrar, Stahl und Zement dezentrale Anlagen zur Eigenversorgung nach, um ihre Energiekosten signifikant zu senken und ihre Produktion zu dekarbonisieren. Der Privatsektor verlangt nach agilen, kosteneffizienten und schnell rentablen Lösungen, die auf die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Industrie zugeschnitten sind.

    Ausgewählte Projekte der Energiewirtschaft

    Projektbezeichnung und Akteure

    Technologie und Kapazität

    Geschätztes Investitionsvolumen 

    Relevanz / Details

    OCP Green Investment Program (Tarfaya) -  OCP Group, Worley (über Joint Venture JESA)

    Wind, Solar, Power-to-X (Grünes Ammoniak)

    3,8 GW EE (Phase 1), 1 Mio. t/a grünes Ammoniak bis 2027, 3 Mio. t/a bis 2032

    7 Mrd. US$ (Ammoniak-Anlage) / 13 Mrd. US$ (Gesamtprogramm 2023-27)

    Weltgrößtes integriertes Projekt zur Dekarbonisierung der Düngemittelindustrie. Dient als Blaupause für die industrielle Nutzung von H2. 

    In Entwicklung, FEED-Phase seit Q3 2024, Betrieb ab 2027 geplant.

    TotalEnergies Hybridprojekt (Guelmim-Oued Noun) - TotalEnergies (Total Eren)

    Wind, Solar, Power-to-X (H2 & Ammoniak)

    >10 GW EE

    10,6 Mrd. US$

    In Planung, erste Produktion ab 2027 erwartet.

    HVDC-Leitung Dakhla-Casablanca - ONEE, TAQA Morocco, Nareva

    Stromübertragung (HGÜ)

    3 GW Übertragungskapazität, 1.400 km Länge

    Teil eines 14-Mrd.-US$-Infrastruktur-Deals

    Vergeben an TAQA/Nareva, Fertigstellung in Phasen bis 2029

    Noor Midelt Solarkomplex (Phase I-III) - MASEN, EDF, Masdar, ACWA Power, Nareva

    Hybrid (CSP/PV), PV mit Batteriespeicher (BESS)

    Phase I: 800 Megawatt; Phase II & III: je 400 Megawatt PV + BESS

    Phase I: ca. 780 Mio. US$; Gesamtkomplex: > 2,6 Mrd. €

    Phase I in Entwicklung; Phase II/III vergeben (ACWA/Nareva) / in Ausschreibung

    Noor Ouarzazate Solarkomplex (Phase I-IV) - MASEN, ACWA Power, KfW, EIB

    CSP (Parabolrinne/Turm), PV

    580 Megawatt Gesamtleistung

    ca. 2,6 Mrd. US$

    Wichtige Referenz für deutsche Technologie.

    Jbel Lahdid Windpark - ONEE, Siemens Gamesa, Nareva, ENEL Green Power, KfW

    Windkraft (Onshore)

    270 Megawatt

    Teil eines ca. 550 Mio. US$ Pakets für zwei Parks

    Beispiel für ein erfolgreiches PPP-Projekt im Windsektor mit maßgeblicher deutscher Beteiligung (Siemens Gamesa als Turbinenlieferant, KfW als Lead Financier).

    Aftissat Windpark (Phase I & II) - Nareva (EEM), GE Renewable Energy, Siemens Gamesa

    Windkraft (Onshore)

    402 Megawatt Gesamtleistung

    k.A.

    In Betrieb (Phase II seit 2023)

    Quelle: Recherche GTAI

     

    Um den massiven und beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien zu ermöglichen, investiert Marokko gezielt in flankierende Maßnahmen zur Stärkung der Energieinfrastruktur. Das Land stärkt und modernisiert sein Stromnetz mit erheblicher Unterstützung bi- und multilateraler Entwicklungsbanken, startet Ausschreibungen für große Batteriespeichersysteme (BESS) zur Netzstabilisierung und zur Integration fluktuierender erneuerbarer Energien und baut gleichzeitig die Gasinfrastruktur als flexible Übergangstechnologie aus, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

    Der Aufbau starker und vertrauensvoller lokaler Partnerschaften ist unerlässlich, um das spezifische Geschäftsumfeld zu navigieren, kulturelle Besonderheiten zu verstehen und langfristige Erfolge zu sichern. Marokko sucht Partner, die ein langfristiges Engagement zeigen und sich aktiv am Aufbau der lokalen Wertschöpfungskette beteiligen, indem sie beispielsweise lokale Arbeitskräfte schulen, Technologietransfer betreiben und Investitionen in die lokale Industrie tätigen. 
     

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Branchenstruktur

    Die Energiewirtschaft wird durch Stromerzeuger und Netzbetreiber dominiert. Die geringe Herstellerzahl wächst aber infolge ausländischer Direktinvestitionen.

    Drei zentrale staatliche Institutionen prägen den marokkanischen Energiemarkt, dessen Rollen sich im Zuge der Liberalisierung und des Ausbaus der erneuerbaren Energien stetig weiterentwickeln.

    MASEN agiert als zentraler Akteur und „One-Stop-Shop“ für die Entwicklung von Großprojekten im Bereich der erneuerbaren Energien. Die Agentur initiiert Projekte, führt Ausschreibungen durch, stellt Land bereit und strukturiert die Finanzierung, oft unter Einbindung internationaler Finanzinstitutionen. Indem MASEN Entwicklungsrisiken übernimmt und Staatsgarantien bereitstellt, schafft sie ein investitionsfreundliches Umfeld und beteiligt sich zudem häufig als Gesellschafter an den Projektgesellschaften.

    ONEE, der traditionelle staatliche Energie- und Wasserversorger, durchläuft einen Restrukturierungsprozess. Während die Stromerzeugung zunehmend in den Privatsektor übergeht, entwickelt sich ONEE primär zum Übertragungsnetzbetreiber (TSO). Damit fungiert ONEE als Hauptabnehmer für den Strom aus den von MASEN entwickelten Anlagen. Die Berufung des ehemaligen MASEN-Chefs an die Spitze des ONEE unterstreicht die engere Abstimmung beider Akteure und soll die Energiewende beschleunigen.

    Die nationale Regulierungsbehörde Autorité Nationale de Régulation de l'Electricité (ANRE) regelt den Netzzugang, gewährleistet die Stabilität des Stromsystems und überwacht den liberalisierten Markt. Jüngste Gesetzesreformen stärken die ANRE gezielt, um den Wettbewerb zu fördern und privaten Akteuren den Marktzugang zu erleichtern. Ein bedeutender politischer Wandel öffnet nun erstmals das Stromnetz für private Investitionen, was einen völlig neuen Geschäftsbereich für Infrastrukturinvestoren und spezialisierte EPC-Unternehmen schafft.

    Parallel zum Markt staatlicher Ausschreibungen entwickelt sich ein Markt, der von industriellen Großabnehmern angetrieben wird. Führende Industrieunternehmen forcieren aus Gründen der Kostensenkung, Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung ihre eigene Energiewende, insbesondere im Hinblick auf den EU-Kohlenstoffgrenzausgleichsmechanismus CBAM. Der staatliche Phosphat- und Düngemittelkonzern OCP Group, als größter industrieller Energieverbraucher, agiert hier als zentraler Nachfragetreiber. Mit einem 13-Milliarden-US-Dollar-Investitionsprogramm will OCP seinen Energiebedarf bis 2027 aus regenerierbaren Quellen decken, was die Installation von 5 Gigawatt an dedizierter EE-Leistung und die Produktion von einer Million Tonnen grünem Ammoniak erfordert.

    Finanzierung entscheidet zunehmend über Geschäftserfolg

    Marokko möchte seine hohe Importabhängigkeit bei Technologiegütern durch die Ansiedlung ausländischer Technologiehersteller schrittweise abbauen. Zweifellos verfügt das Land aber auch über eigene Kompetenzen in der Projektentwicklung, angeführt von nationalen Champions wie Nareva, sowie bei EPC-Dienstleistungen und der Anlageninstallation, für die sich ein Ökosystem aus hunderten KMU gebildet hat. Auch im Betrieb und der Wartung (O&M) erbringen lokale Firmen Dienstleistungen. 

    Bei einigen Produktgruppern ist die Importabhängigkeit besonders hoch. Dazu gehören Gondeln und Getriebe für Windkraftanlagen, hocheffiziente PV-Zellen, komplexe Wechselrichter, CSP-Schlüsseltechnologien sowie Netzleittechnik und vorerst auch noch Batteriespeicher. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft schafft zudem einen massiven neuen Bedarf an Elektrolyseuren und Power-to-X-Komponenten.

    Um den Aufbau einer heimischen Industrie voranzutreiben, nutzen Staatsunternehmen ihre Position als öffentlicher Auftraggeber gezielt und konditionieren die Zuschlagserteilung in Ausschreibungen an Loklisierungsverpflichtungen der ausländischen Bieter. Diese Strategie lenkt ausländische Investitionen nicht nur in Kraftwerke, sondern auch in lokale Produktionsstätten. Finanzierung entscheidet zunehmend über Geschäftserfolg

    Eine dynamische internationale Wettbewerbsarena

    Der Wettbewerb auf dem Markt für Energietechnik wird von ausländischen Branchenfirmen und wenigen marokkanischen Firmen geprägt. An der Spitze der marokkanischen Akteure steht die Nareva Holding, eine Tochter der königlichen Holding Al Mada. Als führender privater Projektentwickler und Energieerzeuger positioniert sich Nareva als Partner für internationale Investoren. Daneben existiert ein wachsendes Ökosystem kleinerer marokkanischer Firmen, die als Subunternehmer oder Joint-Venture-Partner für internationale EPC-Unternehmen agieren.

    Wichtige Branchenunternehmen

    Unternehmen

    Herkunft

    Tätigkeitsfeld in Marokko

    OCP GroupMarokkoStaatlicher Phosphatkonzern, Investor in grünen Wasserstoff
    Nareva HoldingMarokkoTochtergesellschaft der Al Mada Gruppe, entwickelt und betreibt Energieprojekte
    JESAMarokkoJoint Venture zwischen OCP und Worley, EPC-Dienstleister

    Engie

    Frankreich

    Betrieb von Kraftwerken, u.a. Safi-Kohlekraftwerk

    ACWA Power

    Saudi-Arabien

    Entwickler und Betreiber der Noor-Solar-Komplexe

    Enel Green Power

    Italien

    Entwicklung von Windparks

    Vestas

    Dänemark

    Lieferung von Windturbinen

    Goldwind

    China

    Lieferung von Windturbinen

    FichtnerDeutschlandIngenieur- und Beratungsdienstleistungen
    Siemens EnergyDeutschlandLieferung von Turbinen und anderen Kraftwerkskomponenten
    Quelle: GTAI-Recherche

    Auf internationaler Ebene haben traditionell europäische Firmen aus Frankreich (Engie, TotalEnergies), Spanien (Acciona) und Deutschland (Siemens Energy, Nordex) eine starke Stellung. Akteure aus den Golfstaaten, insbesondere aus Saudi-Arabien (ACWA Power) und den VAE (TAQA), gewinnen jedoch massiv an Einfluss. Sie bringen nicht nur Kapital, sondern auch umfangreiche Projekterfahrung mit. Gleichzeitig treten chinesische Unternehmen (Power China) als EPC-Dienstleister und Investoren auf.

    Finanzierung entscheidet zunehmend über Geschäftserfolg

    Der Energiesektor zog bereits einen signifikanten Anteil ausländischer Direktinvestitionen an, ein Anteil, der angesichts der gigantischen Investitionspläne exponentiell steigen wird. Das Wettbewerbsumfeld entwickelt sich von einem rein technologiegetriebenen zu einem finanz- und partnerschaftsgetriebenen Modell. Während deutsche Technologie hohes Ansehen genießt, erfordert der Erfolg in Marokko zunehmend wettbewerbsfähige Finanzierungslösungen und starke lokale Partnerschaften. Erfolgreiche Konsortien kombinieren daher typischerweise Kapital aus den Golfstaaten, Technologie aus Europa und die lokale Präsenz marokkanischer Partner.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Marktorganisation und Rahmenbedingungen

    Der Markt entwickelt sich technologisch in Richtung Erneuerbare. Gleichzeitig werden die Voraussetzungen geschaffen, damit mehr privates Engagement ermöglicht wird.

    Als Eckpfeiler seiner wirtschaftlichen und ökologischen Modernisierung verfolgt Marokko seit 2009 eine entschlossene nationale Energiestrategie. Diese wurde seither mehrfach aktualisiert, um die Transformation des Energiesektors bis 2030 und darüber hinaus zu steuern. Die Strategie ruht auf drei zentralen Säulen: dem massiven Ausbau erneuerbarer Energien, der Steigerung der Energieeffizienz und der zukunftsweisenden Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft.

    Flankiert wird der Ausbau der Erzeugungskapazitäten von einer ebenso ambitionierten Energieeffizienzstrategie, wobei alle nationalen Anstrengungen eng mit den internationalen Klimaschutzverpflichtungen Marokkos verknüpft sind. Im Rahmen des Pariser Abkommens hat sich das Land verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 bedingungslos um 18,3 Prozent zu reduzieren. Mit internationaler finanzieller und technologischer Unterstützung könnte dieses Ziel sogar auf eine Reduktion von bis zu 45,5 Prozent ausgeweitet werden.

    Einen strategisch neuen und zukunftsweisenden Baustein bildet die 2021 vorgestellte nationale Strategie für grünen Wasserstoff. Sie positioniert Marokko als potenziellen Vorreiter in diesem globalen Zukunftsmarkt. Die Pläne sehen eine duale Nutzung vor: Einerseits soll grüner Wasserstoff die heimische Industrie dekarbonisieren, insbesondere durch die Herstellung von grünem Ammoniak für den bedeutenden Phosphatsektor. Andererseits ist der Export, vor allem in den europäischen Markt, ein erklärtes Ziel. Um diese Produktion zu ermöglichen, plant Marokko den Bau von 15 GW zusätzlicher erneuerbarer Kapazitäten, die ausschließlich der Wasserstofferzeugung dienen sollen. 

    Modernisierung der Energieversorgung basiert auf zwei Modellen

    Für die Umsetzung der Energieprojekte setzt Marokko auf zwei etablierte Modelle. Bei Großprojekten dominiert das MASEN/IPP-Modell. Hierbei agiert MASEN als Projektentwickler: Sie identifiziert geeignete Standorte, führt Machbarkeitsstudien durch, sichert die Landrechte und organisiert internationale Ausschreibungen. Private Investoren errichten und betreiben die Kraftwerke als unabhängige Stromerzeuger (Independent Power Producer, IPP) und profitieren von langfristigen Stromabnahmeverträgen (Power Purchase Agreements, PPA) mit MASEN, die ihnen Einnahmesicherheit über 20 bis 25 Jahre garantieren. Das zweite Modell basiert auf dem Gesetz 13-09, das es privaten Akteuren ermöglicht, Erneuerbare-Energien-Anlagen zu entwickeln und den erzeugten Strom direkt an private oder öffentliche Abnehmer zu verkaufen, ohne auf staatlich festgelegte Einspeisetarife angewiesen zu sein.

    Die rechtlichen Grundlagen für diesen dynamischen Sektor wurden durch ein umfassendes Reformpaket im Jahr 2023 entscheidend modernisiert und gestärkt. Während das Gesetz 13-09 von 2010 den Markt erstmals für private Erzeuger öffnete, in der Praxis aber auf Umsetzungsblockaden stieß, schuf das Gesetz 48-15 von 2016 mit der Regulierungsbehörde ANRE die institutionelle Basis für einen fairen Netzzugang. Die jüngsten Reformen beseitigen nun gezielt frühere Hindernisse: Genehmigungsverfahren wurden vereinfacht, die restriktive "Solarzonen"-Regelung wurde aufgehoben, und Netzbetreiber sind nun zu jährlicher Transparenz über verfügbare Netzkapazitäten verpflichtet, was die Planungssicherheit für Investoren erheblich verbessert. Ein Meilenstein ist das Gesetz 82-21, das einen klaren Rechtsrahmen für die Eigenstromerzeugung schafft und es Erzeugern erlaubt, bis zu 20 Prozent ihres überschüssigen Stroms an den Netzbetreiber zu verkaufen. Dies fördert insbesondere die Dekarbonisierung der Industrie.

    Projektfrühinformationen auf mehreren Portalen zu finden

    Für die Überwachung von Geschäftsmöglichkeiten ist es unerlässlich, die zentralen Veröffentlichungsstellen zu kennen. Das Hauptportal der Regierung, verwaltet von der marokkanischen Staatskasse (Trésorerie Générale du Royaume), dient als zentrale Plattform für alle öffentlichen Ausschreibungen in Marokko. Hier werden die Ausschreibungen sämtlicher Ministerien und öffentlicher Einrichtungen veröffentlicht. MASEN betreibt zudem ein eigenes, spezialisiertes E-Tendering-Portal für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, das für Entwickler sowie EPC-Unternehmen in diesem Sektor von besonderer Bedeutung ist. Darüber hinaus sammeln internationale kommerzielle Plattformen wie Tendersinfo und TendersOnTime ebenfalls marokkanische Ausschreibungen. Ergänzend bietet Germany Trade & Invest (GTAI) Informationen zu internationalen Ausschreibungen an, darunter auch solche, die von der KfW finanziert werden, was insbesondere für deutsche Unternehmen von Interesse ist.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Markteinstieg

    Für deutsche Unternehmen, die in Marokkos Energiewirtschaft Fuß fassen möchten, haben sich mehrere strategische Ansätze bewährt.

    Eine grundlegende Form des Markteinstiegs für deutsche Energieunternehmen stellt die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen dar, insbesondere im Wasserstoff-, Solar- und Windsektor. MASEN fungiert hier als zentraler Akteur. 

    Deutsche Unternehmen können sich darüber hinaus direkt an den international wettbewerbsorientierten Ausschreibungen beteiligen, um zum Beispiel Kraftwerke als unabhängige Stromerzeuger (IPP) zu errichten und zu betreiben. 

    Eine weitere effektive Strategie besteht darin, sich als Technologie- und Know-how-Partner zu positionieren. Deutsche Firmen genießen einen ausgezeichneten Ruf für Qualität und Effizienz und finden Geschäftschancen in der Lieferung von Hochtechnologie-Komponenten wie Windturbinen, Solarmodulen, Wechselrichtern, Steuerungstechnik, Parabolspiegeln oder Elektrolyseuren für die Wasserstoffproduktion. Ebenso gefragt sind Ingenieur-, Planungs- und Beratungsdienstleistungen, bei denen deutsche Unternehmen, etwa Fichtner, bereits stark vertreten sind.

    Der Fokus auf den Wasserstoffsektor eröffnet weitere Chancen: Mithilfe der Initiative „Offre Maroc“ fördert die Regierung die Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft, was Möglichkeiten für die gesamte Wertschöpfungskette schafft – von Projektentwicklern über Hersteller von Elektrolyseuren bis hin zu Spezialisten für die Produktion grünen Ammoniaks oder synthetischer Kraftstoffe. 

    Die jüngsten Reformen, insbesondere im Rahmen des Gesetzes 13-09, erleichtern den Marktzugang für private Stromerzeugungsprojekte erheblich. Deutsche Unternehmen können dadurch Projekte in Eigenregie entwickeln, um Strom direkt an industrielle Großkunden zu verkaufen, was besonders für energieintensive Industrien interessant ist, die ihre CO2-Emissionen reduzieren möchten.

    Auch der Bereich Energieeffizienz bietet Wachstumspotenzial: Marokko strebt eine erhebliche Reduktion des Energieverbrauchs in Industrie, Verkehr und Gebäuden an. Das schafft Chancen für Anbieter von Energiemanagementsystemen, energieeffizienter Anlagentechnik, Gebäudedämmung und Smart-Grid-Lösungen. Da deutsche Produkte oft höhere Anschaffungskosten haben als Wettbewerbsangebote, ist es entscheidend, ihre Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und geringeren Lebenszykluskosten (Total Cost of Ownership) hervorzuheben.

    Regierung bietet Investitionsanreize

    Die marokkanische Regierung fördert ausländische Investitionen durch verschiedene Anreize. Die neue Investitionscharta ermöglicht finanzielle Zuschüsse von bis zu 30 Prozent des Investitionsvolumens, abhängig von Kriterien wie Nachhaltigkeit, Schaffung von Arbeitsplätzen und Standort in Förderregionen. Projekte im Bereich erneuerbarer Energien können zusätzlich eine Prämie von bis zu 5 Prozent erhalten. 

    Im Rahmen des Programms „Offre Maroc“ stellt der Staat große, erschlossene Landflächen zur Verfügung, um die Produktion von grünem Wasserstoff und die dafür erforderlichen erneuerbaren Energien zu ermöglichen. Ausländische Investoren genießen grundsätzlich uneingeschränkten Zugang zum Energiesektor und können marokkanische Gesellschaften zu 100 Prozent besitzen, was maximale unternehmerische Freiheit sicherstellt. 

    Die jüngsten Gesetzesreformen, insbesondere das Gesetz 82-21, schaffen einen klaren Rechtsrahmen für die Eigenerzeugung von Strom und erlauben den Verkauf von bis zu 20 Prozent des überschüssigen Stroms an den staatlichen Versorger ONEE. 

    Einstiegshilfen, Netzwerke und Projektfrühinformationen

    Für den erfolgreichen Markteintritt ist die Vernetzung mit den richtigen Akteuren vor Ort essenziell. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Marokko (AHK Marokko) in Casablanca unterstützt deutsche Unternehmen umfassend – von der Marktberatung über die Vermittlung von Geschäftskontakten bis zur Vermittlung von Rechtsberatungen sowie Geschäftspartnern. Die AHK organisiert zudem Wirtschaftsdelegationen und Fachkonferenzen. Germany Trade & Invest (GTAI) bietet detaillierte Marktanalysen, Branchenberichte sowie Informationen zu rechtlichen und zollrechtlichen Rahmenbedingungen und stellt damit eine wichtige Grundlage für die strategische Planung dar. Da AHK und GTAI in Casablanca eine Büronachbarschaft bilden, sind umfassende Paketlösungen aus Marktanalyse, Marktberatung und Geschäftspartnersuche möglich.

    Zu den marokkanischen Schlüsselakteuren zählen MASEN, die für Großprojekte im Bereich Solar- und Windenergie sowie für die Wasserstoffinitiative „Offre Maroc“ unverzichtbar ist, ONEE als zentraler Partner für Netzanschluss, Netzkapazitäten und Stromabnahme, sowie AMEE, die Agentur für Energieeffizienz. Das Ministerium für Energiewende und nachhaltige Entwicklung (MTEDD) definiert die politischen und strategischen Rahmenbedingungen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist im Rahmen der Deutsch-Marokkanischen Energiepartnerschaft (PAREMA) gleichfalls aktiv und spielt eine zentrale Rolle im politischen und technologischen Dialog zwischen Marokko und Deutschland im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade and Invest (GTAI)Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    Exportinitiative Energie

     

    AHK Marokko

    Vertretung der deutschen Wirtschaft, Servicestelle für Unternehmen

    Ministerium für Energietransition und nachhaltige Entwicklung

    federführend in der marokkanischen Regierung für Energiepolitik
    Marokkanische Agentur für nachhaltige Energie - MASENAgentur für erneuerbare Energien, Anlagenbetreiber, Projektentwickler, Servicestelle für Investoren
    Regulierungsbehörde für die Elektrizitätswirtschaft - ANREstellt Einspeise-, Netznutzungs- und Durchleitungstarife auf
    Agentur für Energieeffizienz - AMEEstellt Normen und Standards zur Erhöhung der Energieeffizienz auf, führt Audits durch
    Forschungsinstitut für Solarenergie und erneuerbare Energie - IRESENunterhält Forschungs- und Testlabors für Energietechnologien, Koordiniert landesweit die Energieforschung

    Verband für Elektrizitätswirtschaft, Elektronik und erneuerbare Energie - FENELEC 

    Interessensvertretung der Hersteller, Verkäufer und Installateure von Elektrotechnik, Elektronik und Anlagen der erneuerbaren Energien
    Energieverband - FEDENERGInteressensvertretung der Energiewirtschaft

    Fachmesse für Solartechnik - Solair Expo Maroc

    Casablanca, 10. bis 12.2.2026
    Fachmesse für erneuerbare Energien - EneR EventCasablanca, 26. bis 29.11.2025

     

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