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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung
Marokkos Verkehrsinfrastruktur hält internationalen Vergleichen stand. Dennoch werden die Straßen- und Schienennetze weiter ausgebaut, ebenfalls die Wasserinfrastruktur.
05.05.2025
Von Ullrich Umann | Casablanca
Insbesondere beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur spielen öffentliche Investitionen auf Jahre hinaus eine sehr wichtige Rolle. Privates Engagement ist in diesem Bereich eher nicht zu erwarten. Mittel für den Verkehrswegebau bezieht die Regierung neben dem Staatshaushalt unter anderem aus der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit, aber auch vom internationalen Kapitalmarkt. Marokko überzeugt die globalen Kapitalmärkte mit einer strikten Haushaltspolitik, wirksamer Inflationsbekämpfung, jahrelanger Währungsstabilität und stabilen politischen Verhältnissen, aber auch mit gut begründeten und geplanten Bauprogrammen.
Nizar Baraka, Minister für Infrastruktur und Wasser, hat auch für 2025 umfangreiche öffentliche Projekte in gleich mehreren Tiefbaubereichen angekündigt. So wird sein Ressort 430 Millionen Euro allein für Wasserprojekte und entsprechende Ausrüstungen bereitstellen. Davon fließen 390 Millionen Euro speziell in den Bau wasserwirtschaftlicher Infrastruktur. Mit dem Geld wird der Ausbau von 20 großen Staudämmen sowie der Bau von 129 kleineren Dämmen und Stauseen vorangetrieben. Der Bau des Staudamms Aït Ziat, der bis zu 186 Millionen Kubikmeter Wasser speichern kann, soll sogar schon 2025 abgeschlossen sein.
Autobahnbau wird fortgeführt
Für den Straßen- und Autobahnbau stellt das Ministerium im Rahmen des nationalen Autobahnprogramms für das Haushaltsjahr 2025 rund 266 Millionen Euro zur Verfügung. Für denselben Zweck fließen zusätzliche Mittel aus dem Budget der Autobahnbehörde Societe Nationale des Autoroutes du Maroc (ADM). Der Bau der neuen Autobahnabschnitte zwischen Tit Mellil und Berrechid sowie zwischen Rabat und Casablanca löst zum Beispiel 410 Millionen Euro an öffentlichen Investitionen aus, allerdings über mehrere Jahre verteilt.
Ein weiteres staatlich gefördertes Infrastrukturprojekt ist der neue Tiefseehafen Nador West Med, dessen Terminal für Erdölprodukte 2025 in Betrieb gehen soll. Nach Inbetriebnahme aller Terminals im Jahr 2027 wird der Hafen über eine Umschlagskapazität von 3 Millionen Containern und 25 Millionen Tonnen Kohlenwasserstoff verfügen. Mittelfristig sind auch ein Terminal für die Anlandung von Flüssigerdgas und eine Meerwasserentsalzungsanlage geplant.
Für den Bau der 104 Kilometer langen Autobahn zwischen Guercif und Nador, die den Hafen an das nationale Straßennetz anbindet, stellen die Afrikanische Entwicklungsbank und der Africa Growing Together Fund einen Kredit in Höhe von 246 Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem investiert die Regierung eine Million Euro in die Modernisierung der Industriegebiete Skhirate und Aïn Attiq, um die Umweltbelastung zu minimieren.
Energieinfrastruktur wächst schnell
Im Bereich der Energieinfrastruktur sind für 2025 erste Ausschreibungen für die geplante Gaspipeline Nigeria-Marokko geplant. Ein weiteres Energieprojekt ist der Ausbau des Stromübertragungsnetzes Süd-Zentral. Die erste Phase mit 1.500 Megawatt soll 2026 in Betrieb gehen, eine zweite Phase mit weiteren 1.500 Megawatt ist für 2028 geplant. Im Bereich der Energieerzeugung erhöht die Regierung den Anteil erneuerbarer Energiequellen am Strommix. Zu den Projekten gehören die Fortführung der Arbeiten an den Solarkraftwerken Noor Midelt I, II und III sowie der Windpark Koudia Al Baida II.
Perspektivisch wird sich der Staat aus Hoch- und Tiefbauprojekten im Energiesektor zurückziehen und das Feld sukzessive privaten Investoren überlassen. Damit verschiebt sich der Anteil öffentlicher Investitionen insbesondere im Energiesektor zugunsten privaten Engagements. Um diese Entwicklung zu unterstützen, bietet die Regierung Steuer- und Zollbefreiungen, klare Handelsbestimmungen, Bürokratieabbau und die Liberalisierung ehemals regulierter Märkte, wie zum Beispiel des Strommarktes. Die im Jahr 2024 veröffentlichte Initiative "Offre Maroc Hydrogène Vert" zielt explizit auf den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft durch ausländische Investitionen ab.