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Tiefbau: Projekte
Der Tiefbau bleibt allein schon wegen seines Finanzierungsvolumens das Hauptgeschäft der marokkanischen Baubranche.
05.05.2025
Von Ullrich Umann | Casablanca
Marokko verfolgt das Ziel, seine Infrastruktur weiter auszubauen und zu modernisieren. Das bietet deutschen Unternehmen aus der Bauwirtschaft potenziell Wachstumschancen. Zum Beispiel hat die marokkanische Regierung angekündigt, bis 2035 Autobahnen und Schnellstraßen mit einer Gesamtlänge von 5.500 Kilometern zu bauen. Die geschätzten Investitionen belaufen sich auf 9,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen 3 Milliarden Euro für den Bau von Landstraßen und 12,4 Milliarden Euro für die Instandsetzung des bestehenden Straßennetzes von 7.000 Kilometern.
Marsa Maroc erhält Konzession für Hafen Nador West Med
Der Hafen Nador West Med an der Mittelmeerküste ist ein wichtiger Bestandteil der Infrastrukturoffensive. Der Hafen verfügt über einen 4,5 Kilometer langen Hauptterminal, einen 1,2 Kilometer langen Nebenterminal und einen 1,5 Kilometer langen Kai mit einem Tiefgang von 18 Metern. Damit ist er einer der modernsten Häfen der Mittelmeerregion.
Zuletzt gab es einige wichtige Entwicklungen, die den Betrieb des Westterminals des Hafens betreffen. So hat Marsa Maroc, der nationale marokkanische Hafenbetreiber, eine Konzession für 25 Jahre erhalten. Aus einer Pressemitteilung des Unternehmens geht hervor, dass der Westterminal in zwei Abschnitte unterteilt ist: ein 900 Meter langer Abschnitt für den Containerumschlag und ein 540 Meter langer Abschnitt für den Stückgutumschlag. Acht Ship-to-Shore-Kräne (STS), 24 Portalkräne (RTG) und 4 Mobilkräne werden installiert. Die Anfangsinvestition hat Marsa Maroc mit 280 Millionen Euro angegeben.
Unabhängig davon verhandelt die marokkanische Regierung mit dem chinesischen Reedereigiganten Cosco Shipping Corporation Limited über die mögliche Verwaltung eines weiteren Teils des Hafens. Das Projekt befindet sich noch in der Entwicklungsphase und es ist möglich, dass in Zukunft weitere Betreiber hinzukommen, um verschiedene Teile des Hafens zu betreiben.
Die Anbindung des Hafens an das Stromverteilungs- und an das Autobahnnetz wird derzeit mit Hochdruck vorangetrieben, um weitere Verzögerungen bei der Inbetriebnahme aller Terminals zu vermeiden - ursprünglich war die vollständige Aufnahme des Hafenbetriebs für das Jahr 2024 geplant. Derzeit wird unter anderem die Anbindung des Hafens an das landesweite Stromübertragungsnetz realisiert. Die Afrikanische Entwicklungsbank und der Africa Growing Together Fund haben einen Kredit in Höhe von 246 Millionen Euro für den Bau von Netzanschlüssen und Straßen bereitgestellt, darunter die 104 Kilometer lange Autobahn Nador-Guercif.
Ausbau der Wasserwirtschaft steht weiter im Fokus
Der chronische Wassermangel ist in Marokko ein existenzielles Problem. Der Bau von Anlagen zur Meerwasserentsalzung, zur Abwasseraufbereitung und von "Wasserautobahnen", die den Transfer großer Wassermengen ermöglichen, soll Abhilfe schaffen. Neben Haushaltsmitteln greifen die Verantwortlichen auf allen Verwaltungsebenen auf Darlehen und Zuschüsse bi- und multilateraler Geberinstitutionen zurück.
Unabhängig von den staatlich geförderten Projekten investiert auch die Privatwirtschaft in die Meerwasserentsalzung sowie in die Frisch- und Abwasseraufbereitung: zum einen, um ausreichend Prozesswasser zur Verfügung zu haben, zum anderen, um die gesetzlichen Anforderungen an die Brauchwasseraufbereitung zu erfüllen. Ein aktuelles Beispiel ist der Phosphatkonzern OCP, der 13 Milliarden US-Dollar in die gesamte Wertschöpfungskette zur Herstellung von grünem Ammoniak investiert, beginnend bei der Meerwasserentsalzung über die Erzeugung von grünem Strom, die Elektrolyse bis hin zur Umwandlung des grünen Wasserstoffs in Ammoniak.
Hochgeschwindigkeitsstrecken werden gebaut
Im Vorfeld der WM 2030 arbeitet die Eisenbahngesellschaft, Office National des Chemins de Fer du Maroc (ONCF), an der Modernisierung des Schienennetzes und des rollenden Materials für Intercity- und Hochgeschwindigkeitsverbindungen. Dafür ist ein Investitionsprogramm von 9,6 Milliarden Euro vorgesehen. Allein 5,3 Milliarden Euro fließen in den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Kenitra-Marrakesch und dann weiter nach Agadir, für die neben der Trasse auch Bahnhöfe gebaut oder renoviert werden.
Auf dem Streckenbauabschnitt Kenitra-Marrakesch erhielt die China Railway NO.4 Engineering Group Co (CREC 4), eine Tochtergesellschaft der CRRC Corporation Limited, den Zuschlag für die Tiefbauarbeiten der Phase 1. Gleichzeitig bekam die China Railway 20th Bureau Group (CRCC 20) den Zuschlag für das Los 5 desselben Projekts. Diese chinesischen Aufträge belegen die wachsende Bedeutung asiatischer Unternehmen bei großen Infrastrukturprojekten in Marokko, insbesondere im Eisenbahnsektor. Zusätzlich sind die Erdarbeiten für den Anschluss des internationalen Flughafens Casablanca "Mohammed V" an die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke im Gange.
Für die weitere Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Agadir und Marrakesch laufen die Vorprojektstudien. Ein entsprechender Auftrag wurde an die China Railway Design Corporation (CRDC) vergeben. Die Ausschreibung für den eigentlichen Streckenbau steht noch aus.
Veröffentlicht wurde hingegen der Bau der Eisenbahnverbindung zwischen Selouane und dem Hafen Nador West Med. Diese Strecke soll vorrangig dem Güterverkehr zur Verfügung stehen. Ein Konsortium aus der marokkanischen CID und der spanischen Ingenieurgesellschaft Ineco erhielt den Zuschlag für die Machbarkeitsstudien und den Vorentwurf der 85 Kilometer langen Intercity-Strecke zwischen Tanger und Tetouan.
Projektbezeichnung | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkung/Streckenlänge |
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Kenitra- Marrakesch Hochgeschwindigkeit Bahnlinie / ONCF | 4.500 | Planung | 320 Kilometer |
Marrakesch-Agadir Hochgeschwindigkeitsbahnlinie/ ONCF | 1.633 | Planung | 250 Kilometer |
Elektrifizierung von Bahnlinien, ONCF | 1.000 | Planung | 550 Kilometer |
Untersee- Stromverbindungskabel Marokko- Portugal, ONEE | 865 | Vorstudie | 250 Kilometer |
Kenitra Atlantic Port Complex/ ANP | 800 | Vorstudie | Bau eines Terminals |
Erweiterung Rabat Salé Tramway/STRS | 648 | Vorstudie | 19,5 Kilometer |
Gas-Pipeline Projekt Atlantic Ridge / Office National des Hydrocarbures et des Mines (ONHYM) | 400 | Vorstudie | Tanger-Casablanca: 300 Kilometer |