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Marokko: Vertragsrecht

Das marokkanische Vertragsrecht im Überblick. (Stand: 30.09.2025)

Von Sherif Rohayem | Bonn

Marokko hat das Wiener UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1984 (CISG) bisher nicht unterzeichnet.

Verträge regelt das marokkanische Recht im Gesetz über Obligationen und Verträge aus dem Jahr 1913 (mOVG). Artikel 230 mOVG schreibt vor, dass sich die Parteien an die wirksam geschlossenen Verträge halten müssen, als wären es Gesetze. Hier kommen gleich zwei fundamentale Rechtsprinzipien zum Ausdruck: zunächst das Prinzip, wonach Verträge erfüllt werden müssen und das Prinzip der Vertragsfreiheit.  

Das mOVG unterteilt sich in allgemeines Schuldrecht und besonderes Schuldrecht. Im allgemeinen Schuldrecht geht es um die Bedingungen, die für alle Schuldverhältnisse gelten - vertraglich und gesetzlich - während der besondere Teil die verschiedenen Vertragstypen regelt.

Von wirtschaftlich herausragender Bedeutung ist der Kaufvertrag - insbesondere die kaufrechtliche Gewährleistung. Das mOVG kennt sowohl den Rechtsmangel (Art. 532 a mOVG) als auch den Sachmangel (Art. 532 b mOVG).

Gewährleistung bei Vorliegen eines Rechtsmangels

Die Gewährleistung für Rechtsmängel umfasst zweierlei: Gemäß Art. 533 mOVG hat der Verkäufer jede Handlung zu unterlassen, die geeignet ist, die mit dem Kauf vereinbarten Nutzungsrechte am Kaufgegenstand zu schmälern oder zu beseitigen. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn die Kaufsache mit dem Recht eines Dritten belastet ist, obwohl lastenfreies Eigentum beziehungsweise eine ausschließliche Lizenz vereinbart war.

Des Weiteren betrifft die Rechtsmängelhaftung die Besitzentziehung infolge eines rechtsgültigen Herausgabeanspruch eines Dritten, den dieser zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf die Kaufsache geltend macht (Art. 534 mOVG). Artikel 535 mOVG konkretisiert die Haftung wegen Entzug des Besitzes in der Weise, dass dieser substantiell sein muss. Wenn der Käufer also nur teilweise aufgrund eines Drittrechts in seinem Besitz an der Kaufsache gestört wird, muss diese Teilentziehung erheblich sein. Sie ist dann erheblich, wenn sie so schwer wiegt, dass der Käufer die Kaufsache nicht erworben hätte, hätte er die Einschränkung vor dem Kauf gekannt (Art. 534, 535 mOVG). 

Gewährleistung bei Vorliegen eines Sachmangels

Ähnliches gilt für den Sachmangel. Auch hier muss die Minderung des Wertes oder die Tauglichkeit der Kaufsache für den vertraglichen Zweck die Bagatellgrenze überschreiten (Art. 549 ZGB). Zudem haftet der Verkäufer nicht für Mängel, die der Käufer kannte oder bei üblicher Sorgfalt hätte erkennen können (Art. 569 mOVG). Etwas anderes gilt im Hinblick auf die Mängel, die der Käufer hätte erkennen können, wenn der Verkäufer deren Abwesenheit zugesichert hat.

Nachdem der Käufer die Kaufsache empfangen hat, muss er sie unverzüglich auf Mängel untersuchen. Einen festgestellten Mangel hat der Käufer dem Verkäufer sieben Tage nach Empfang der Kaufsache anzuzeigen (Art. 553 Abs. 1 mOVG). Unterlässt er dies, gilt die Sache als mängelfrei akzeptiert, es sei denn, der Mangel war bei einer normalen Untersuchung nicht erkennbar oder der Käufer war unverschuldet an der Untersuchung gehindert. In letzteren Fällen hat der Käufer den Mangel unverzüglich nach Entdeckung anzuzeigen (Art. 553 Abs. 2 mOVG).

Gewährleistungsrechte

An Gewährleistungsrechten kennt das marokkanische Recht den Rücktritt vom Vertrag, die Minderung (Art. 560 mOVG) und den Schadensersatz. Beim Rücktritt gibt der Käufer die Sache und die daraus gezogenen Gewinne an den Verkäufer zurück. Im Gegenzug erhält der Verkäufer den Kaufpreis und etwaig entstandene Kosten, inklusive Aufwendungen (Art 563 mOVG). Ist die Kaufsache untergegangen, hat der Käufer nur einen Anspruch auf Rückerstattung des vollständigen Kaufpreises, wenn der Untergang auf den Mangel zurückzuführen ist. Hat der Käufer die weitere Verschlechterung der bereits mangelhaften Sache dagegen verschuldet, so bleibt ihm nur die Minderung (Art. 564 mOVG). Will der Käufer den Gegenstand hingegen ohnehin behalten, so verzichtet er damit sowohl auf seinen Rücktritts- als auch auf seinen Minderungsanspruch und ist in diesem Fall auf Schadensersatz beschränkt (Art. 556 Abs. 1 mOVG).

Die Gewährleistung kann gemäß Art. 544 mOVG auch vertraglich ausgeschlossen werden, jedoch nur in Bezug auf den Schadensersatz, nicht in Bezug auf die Rückerstattung des Kaufpreises. Gewährleistungsrechte verjähren bei beweglichen Sachen innerhalb von 30 Tagen ab Übergabe (Art. 573 Abs. 2 mOVG). Das Recht zum Rücktritt vom Vertrag verjährt gemäß Art. 311 mOVG grundsätzlich nach einem Jahr. Detaillierte Ausführungen zum marokkanischen Verjährungsrecht bietet der GTAI-Rechtsbericht Verjährung im marokkanischen Recht.

Produzentenhaftung

Ausgangspunkt der marokkanischen Produzentenhaftung ist Art. 106-1 mOVG, wonach ein Produzent für Schäden haftet, die durch sein defektes Produkt verursacht wurden. Gemäß Art. 106-6 mOVG trägt der Geschädigte die Beweislast für den Schaden, der ihm durch das defekte Produkt entstanden ist.

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