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Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Bereits seit längerem legen niederländische Gemeinden beim Bauen Wert auf Wiederverwertbarkeit und Kreislaufwirtschaft. Auch bei Ausschreibungen ist das zunehmend wichtiger.

Von Michael Sauermost | Bonn

Zu den allgemeinen Nachhaltigkeitszielen der niederländischen Regierung zählt die Reduzierung der CO2-Emissionen im Bausektor um 49 Prozent bis 2030 (im Vergleich zu 1990). Bis 2050 ist sogar eine Reduzierung um 95 Prozent anvisiert. Die Energieeffizienz in Gebäuden muss dafür deutlich gesteigert werden. 

Bausektor auf gutem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Öffentliche Auftraggeber sollen verstärkt nachhaltige Baumaterialien und - techniken verwenden. Auftraggeber beziehen diese Kriterien zunehmend in Ausschreibungen ein. Bei jeder zehnten Ausschreibung der öffentlichen Hand wird mittlerweile Emissionsfreiheit verlangt, bis 2030 sollen es 100 Prozent werden, erwartet die Rabo Bank.

Die Niederlande verfolgen seit 2017 die Agenda "Circular Construction Economy (Nederland Circulair in 2050)" sowie das "Raw Materials Agreement (Grondstoffenakkoord)". Dabei handelt es sich um eine umfassende nationale Gesamtstrategie, mit der bis 2050 die vollständig zirkuläre Bauwirtschaft etabliert werden soll. Zahlreiche öffentliche und private Akteure sind dabei involviert. 

Bis 2050 sollen alle Bauwerke so konzipiert sein, dass ihre Materialien vollständig wiederverwendet oder recycelt werden können. Um die Lebensdauer zu verlängern, wird Wartung wichtiger. Hersteller bieten dann eine Dienstleistung an, nicht länger nur ein Produkt.

Die niederländische Regierung will die Umweltverträglichkeit von Gebäuden in drei Bereichen verbessern: einem geringeren Einsatz von Primärrohstoffen sowie Nutzung erneuerbarer oder biobasierter Materialien, der Wiederverwendung von Baumaterialien sowie durch geringere Umweltauswirkungen bei der Herstellung von Baumaterialien.

Unterschiedliche Zertifizierungssysteme im Einsatz

Ein wichtiges Instrument in diesem Zusammenhang ist der Environmental Performance of Buildings (Milieuprestatie Gebouwen, MPG-Standard). Dabei werden die Umweltauswirkungen von Baumaterialien über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes (angefangen bei der Planung, über den Bau, Renovierung, Nutzung und Abriss) bewertet. Um die Nachhaltigkeit weiter zu fördern, wird der MPG-Standard immer strenger. Die nächste Straffung ist für 2025 geplant.

Die international gängigen Zertifizierungssysteme BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method) sowie LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) finden ebenfalls Anwendung. Zusätzlich existieren die niederländischen Bewertungssysteme GPR Gebouw (Kategorien: Umwelt, Gesundheit, Nutzung und Zukunft) sowie Milieu Prestatie Gebouwen (MPG) für die Umweltleistung von Gebäuden. Eine Norm, die die CO2-Emissionen bei der Verwendung von Baumaterialien regelt, soll eingeführt werden. Auch die biogene Speicherung von CO2 in Baustoffen könnte relevant werden.

Nachhaltige Baumaterialien gefragt

Branchenunternehmen gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren bei vielen neuen Projekten biobasiertes Bauen zum Einsatz kommen wird. Zum Jahresende 2023 stellte die Regierung rund 200 Millionen Euro an Fördermitteln für biobasiertes Bauen zur Verfügung. 

Dadurch sollen bis 2030 erhebliche Investitionen in den Markt für biobasierte Materialien fließen. Ziel ist es, bis 2030 mindestens 30 Prozent der neu gebauten Häuser mit mindestens 30 Prozent biobasierten Materialien zu realisieren. Auch biobasierte Dämmstoffe aus natürlichen Fasern wie Hanf, Flachs und Zellulose, die eine gute Isolierleistung bieten und vollständig biologisch abbaubar sind, kommen zunehmend zum Einsatz.

Holz liegt weiter im Trend

Holz hat in den letzten Jahren in den Niederlanden noch an Popularität gewonnen. Eine rasante Entwicklung geht von Hollands Hout aus, einer gemeinsamen Initiative von Heijmans und Staatsbosbeheer. Dieses Projekt konzentriert sich auf die Verwendung von Holz aus niederländischen Wäldern für Holzrahmenhäuser. Das Holz wird in der neuen Fabrik von Heijmans in Heerenveen gelagert, wo bis 2024 mehr als 250 Häuser produziert wurden. Dank der Zusammenarbeit mit Staatsbosbeheer wird diese Zahl auf 1.000 Wohnungen erweitert.

Stickstoffemissionen im Blick

Besonders der Infrastrukturbereich besteht die sogenannte Stickstoffproblematik. Seit 2019 müssen alle stickstoffausstoßenden Bauprojekte nachweisen, dass sie keine Auswirkungen auf bestimmte Naturschutzgebiete haben. Insbesondere Infrastrukturprojekte sind betroffen: Straßen emittieren sowohl in der Bau- als auch in der Nutzungsphase nicht nur Stickstoff sondern auch CO2 und Feinstaub. Gebäude emittieren im Wesentlichen nur in der Bauphase Stickstoff.

3-D-Druck wächst

Der Einsatz von 3D-Drucktechnologien im Bauwesen hat in den Niederlanden erheblich an Bedeutung gewonnen. Beispielsprojekte wie das "3D Printed House" in Eindhoven zeigen, wie additive Fertigungstechnologien zur Reduzierung des Materialverbrauchs und zur Schaffung komplexer, nachhaltiger Bauwerke eingesetzt werden können. Auch im Infrastrukturbereich kommen 3D-Druckverfahren mittlerweile aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen zur Anwendung.

Staatliche Nachhaltigkeitsförderung

Förderprogramme in den Niederlanden im Bereich der nachhaltigen Bauwirtschaft basieren vorrangig auf steuerlichen Erleichterungen. Allgemein ist dabei zu beachten, dass viele der geförderten Projekte auch branchenübergreifend, nicht nur auf die Baubranche beschränkt sind. Das maßgebliche Förderprogramm der Regierung zur Reduzierung von CO2-Emissionen ist SDE++ („Stimuleringsregeling Duurzame Energieproductie en Klimaattransitie“). Dies ermöglicht Förderungen durch Subventionen von bis zu 15 Jahren.

Das Sustainable energy investment subsidy scheme (ISDE) ist speziell an nachhaltige Ausbauten in Gebäuden ausgerichtet - beispielsweise kleinere Windkraftanlagen, Wärmepumpen oder Solarwassererhitzer. Da sich dieses Programm auch explizit an Unternehmen aus dem Ausland richtet, die solche Anlagen in den Niederlanden installieren wollen, ist dies eine lukrative Möglichkeit, in den niederländischen Markt einzusteigen. Auch das durch die EU finanzierte Programm Horizon Europe  bietet zahlreiche Fördermöglichkeiten für die Anwendung nachhaltiger Technologien in den Niederlanden.

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