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Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Bereits seit längerem legen niederländische Gemeinden beim Bauen Wert auf Wiederverwertbarkeit und Kreislaufwirtschaft. Auch bei Ausschreibungen ist das zunehmend wichtiger.

Von Inge Kozel | Berlin

Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung

In den Niederlanden müssen die CO2-Emissionen bis 2030 um die Hälfte verringert werden, bis 2050 sogar um 95 Prozent. Das sind die Ziele der Regierung als Reaktion auf das Pariser Klimaschutzabkommen. Gebäude sind dabei für ein Drittel des gesamten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Ein weiteres Ziel der niederländischen Regierung ist es, bis 2050 eine vollständige Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen. Im Jahr 2030 bereits soll der Einsatz von Primärrohstoffen um 50 Prozent verringert werden.

Um zu einer Kreislaufwirtschaft zu gelangen, wurde das Regierungsprogramm Netherlands Circular ins Leben gerufen. Mit dem Kreislaufmodell ergeben sich neue Geschäftsmodelle. Um die Lebensdauer zu verlängern, wird die Wartung wichtiger. Hersteller bieten dann eine Dienstleistung an, nicht länger ein Produkt. Dies bietet dem Lieferanten einen Anreiz, eine hochwertige Wiederverwertung zu gewährleisten und langfristig Wartungen anzubieten.

Nach Ansicht der Rabo Bank gewinnen Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und biobasierte Gebäude im Hochbau an Bedeutung. Auftraggeber beziehen diese Kriterien zunehmend in Ausschreibungen ein. Die Auswirkungen auf die Umwelt werden dabei während des gesamten Lebenszyklus berücksichtigt: angefangen bei der Planung, über den Bau, Renovierung, Nutzung und Abriss.

Rund 35 Prozent des Abfalls bestehen derzeit aus Bauabfällen. Davon werden 95 Prozent bereits von der Baubranche recycelt, häufig jedoch als Downcycling (Umwandlung eines Produkts in ein qualitativ schlechteres Produkt). Beim zirkulären Bauen werden Baumaterialien wiederverwertet. Im Idealfall erhält das ganze Gebäude durch Umbau oder Renovierung eine andere Nutzung.

In den Niederlanden werden jährlich Gebäude im Wert von über 50 Milliarden Euro gebaut, die bereits die strengen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Allerdings müssen vor allem die bestehenden Gebäude nachhaltiger gestaltet werden, um die CO2-Ziele zu erreichen. Dabei handelt es sich um 8 Millionen Wohnhäuser und rund 1 Million gewerbliche und sonstige Gebäude.

Umweltverträglichkeit von Baustoffen wird wichtiger

Die niederländische Regierung will die Umweltverträglichkeit von Gebäuden in drei Bereichen verbessern:

  1. Geringerer Einsatz von Primärrohstoffen und Nutzung erneuerbarer oder biobasierter Materialien,
  2. Wiederverwendung von Baumaterialien,
  3. Geringere Umweltauswirkungen bei der Herstellung von Baumaterialien.

Neue Vorschriften zur Umsetzung sind in Vorbereitung. Dabei werden die Anforderungen an die Umweltverträglichkeit von Neubauten verschärft und biobasiertes Bauen wird gefördert. Eine Norm, die die CO2-Emissionen bei der Verwendung von Baumaterialien regelt, soll eingeführt werden. Auch die biogene Speicherung von CO2 in Baustoffen soll relevant werden. Dafür wird eine Standardmethode entwickelt, um den gespeicherten CO2-Gehalt in biobasierten Baustoffen zu berechnen.

Biobasierte Baumaterialien auf dem Vormarsch

Die Regierung will die Produktion biobasierter Baumaterialien erhöhen. Im neuen Programm der Regierung Building Balance werden an 13 Standorten biobasierte Rohstoffe angebaut und zu Baustoffen verarbeitet. Entsprechend liegt auch das Bauen mit Holz im Trend. Holz lässt sich leicht industriell verarbeiten und ist nachhaltig.

Auch die Wiederverwendung von Baurohstoffen und Materialien sorgt für einen geringeren CO2- und Stickstoffausstoß. Bereits bei der Planung oder beim Bau kann eine Wiederverwertung berücksichtigt werden, was zu Kosteneinsparungen führt. Baumaterialien sollen möglichst an der Baustelle oder in dessen Nähe „geerntet“ werden.

Fertigteilbau beschleunigt Bauprozess

Eine weitere Stellschraube, um die Emissionen zu verringern ist der Fertigteilbau in einer Fabrik, um den Bau von Gebäuden zu beschleunigen. Zudem wird in klimatisierten Räumen produziert; die Herstellung ist damit nicht mehr wetterabhängig. Eine zusätzliche Möglichkeit ist es, die Anzahl der Transporte zur Baustelle zu reduzieren.

Immer mehr Endnutzer von Immobilen berücksichtigen beim Kauf einer Wohnung die Energiekosten. Die Nachfrage nach nachhaltigen Wohnungen in guten Lagen dürfte zulegen.

Auch bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand wird Nachhaltigkeit zunehmend wichtiger. Bei etwa 10 Prozent der Ausschreibungen wird Emissionsfreiheit verlangt, bis 2030 sollen es 100 Prozent werden, schätzt die Rabo Bank. Da auch Baumaschinen zur Umweltverschmutzung beitragen, werden emissionsfreie Maschinen verlangt, wenn auch zunächst nur vereinzelt. Diese sind derzeit jedoch noch viel teurer als dieselbetriebene Maschinen.

Niederlande senken Stickstoffemissionen im Bausektor

Besonders im Infrastrukturbereich besteht die sogenannte Stickstoffproblematik. Seit 2019 müssen alle stickstoffausstoßenden Bauprojekte nachweisen, dass sie keine Auswirkungen auf bestimmte Naturschutzgebiete haben. Nur wenn geplante Vorhaben die Emissionen nicht erhöhen, werden Baugenehmigungen unter bestimmten weiteren Bedingungen erteilt. Insbesondere Infrastrukturprojekte sind betroffen: Straßen emittieren sowohl in der Bau- als auch in der Nutzungsphase nicht nur Stickstoff sondern auch CO2 und Feinstaub. Gebäude emittieren im Wesentlichen nur in der Bauphase Stickstoff. Für deren Baugenehmigung werden dabei häufig Stickstoffemissionen nicht berücksichtigt. 

Schwierig ist es allerdings bei Vertriebszentren: Auch hier besteht das Stickstoffproblem, wobei gesetzlich eine teilweise Befreiung möglich ist. Nicht nur in der Bauphase wird das Gas abgesondert. Auch während der Nutzungsphase herrscht in der Regel ein reger Lkw-Verkehr, der den Treibhausgasausstoß ansteigen lässt. Besonders problematisch wird es für Vertriebszentren in der Nähe von Naturschutzgebieten. 

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