Interview | Pakistan | Pumpen und Kompressoren
"Pakistans Wasserversorger wollen keine Pumpen made in China"
Der deutsche Pumpenhersteller KSB sieht sich in Pakistan als Marktführer. Landesgeschäftsführer Imran Ghani erklärt im Interview, wie er die Konkurrenz auf Abstand hält.
01.12.2025
Von Ulrich Binkert | Bonn
Herr Ghani, was ist der Grund für Ihre gute Marktstellung?
KSB errichtete sein Werk 1964 als erste Produktionsstätte in Asien. Bis heute sind wir der einzige internationale Pumpenhersteller in Pakistan. Dank dieser langjährigen Präsenz und unseres Engagements im Markt halten wir derzeit rund ein Drittel des Marktes in den von uns bedienten Branchen.
Warum kaufen Kunden im einkommensschwachen Pakistan hochwertige deutsche Technik?
In der Wasserversorgung, einem unserer wichtigsten Segmente, erwarten die Kunden jahrzehntelange Zuverlässigkeit der Systeme. Langfristig bieten unsere hohen Qualitätsstandards und geringen Wartungsaufwände einen echten Mehrwert, den unsere Kunden anerkennen. Ein aktuelles Beispiel sind Großprojekte in Pakistans größter Stadt: Das Karachi Water and Sewerage Board legte fest, dass alle Pumpen aus Europa, Nordamerika oder Japan stammen müssen. Daher lieferten wir Technologie aus deutscher Produktion, obwohl auch kostengünstigere Pumpenlösungen von KSB China verfügbar gewesen wären.
Wer finanziert Wasserversorgungsprojekte in Pakistan?
Das tun in der Regel die Weltbank, die Asiatische Entwicklungsbank und andere internationale Geber. Hinzu kommen bedeutende Finanzmittel der Provinzregierungen in Abstimmung mit der pakistanischen Bundesregierung.
"Um in den Markt zu kommen, brauchen Anbieter Referenzprojekte."
Gibt es weitere Möglichkeiten, Wettbewerber auf Abstand zu halten?
Um in den Markt zu kommen, brauchen Anbieter Referenzprojekte. Chinesen , die günstiger anbieten, nutzen dazu oft große Wohnungsbauvorhaben. Unser Markt ist das eher nicht. Trotzdem versuchen wir durch die Platzierung eigener Produkte die Konkurrenz fernzuhalten und verzichten zur Not auf Marge. Entsprechend suchen wir den Kontakt zu den großen Immobilienentwicklern.
Sind die Chinesen Ihre größten Konkurrenten?
Wichtiger noch sind einheimische Hersteller. Diese starten meist mit nachgebauten KSB-Komponenten schlechter Qualität im Ersatzteilmarkt, den sie uns damit streitig machen. Später kaufen sie auch Teile zu und bauen ganze Pumpen. Dadurch treten sie auch im Neugeschäft als Wettbewerber auf.
China ist in Pakistan stark vertreten und finanziert dort viele Projekte. Gehen die nicht an Ihnen vorbei?
Aufträge im Energiesektor wurden in den letzten 25 Jahren fast ausschließlich an chinesische Generalunternehmer vergeben, die überwiegend in China hergestellte Anlagen installieren. Wir haben jedoch auch eine starke installierte Basis mit einer größeren Anzahl von Pumpen, die KSB China geliefert hat, besonders im letzten Jahrzehnt.
Was machen die Wettbewerber aus anderen Ländern?
Türkische Firmen sind nur begrenzt in Pakistan anzutreffen und indische Anbieter kommen hier schlecht in den Markt. Anbieter aus den etablierten Industrieländern erzielen zusammen vielleicht ein Zehntel unserer Umsätze.
"Aufträge im Energiesektor wurden in den letzten 25 Jahren fast ausschließlich an chinesische Generalunternehmer vergeben."
Wie wichtig ist das Vertriebsnetz für den Markterfolg?
Dieser Punkt ist besonders wichtig. Einige europäische Lieferanten, die in Pakistan tätig sind, haben zwei Vertriebspartner und drei Änderungen im Partnernetzwerk in den letzten Jahren. Im Gegensatz dazu gab es bei unseren zwölf Händlern/Partnern seit Netzwerkgründung nur ein oder zwei Abgänge aus persönlichen Gründen. Wir arbeiten mit lokalen, unabhängigen Unternehmen zusammen, deren Zuständigkeiten nach Region und Marktsegment definiert sind. Dies ermöglicht eine effektive Abdeckung des ganzen Landes.
Wasserversorgung, Energie – wer sind Ihre anderen Hauptkundengruppen?
Die Öl- und Gaswirtschaft, die Industrie und der Hochbau. Kaum Geschäft haben wir mit der Landwirtschaft, die vor allem billig kauft und wenig auf Effizienz achtet.
Welche Kunden bedienen Sie in der Industrie?
Einmal die Nahrungsmittel- und Getränkehersteller. Kunden sind dort meist Multis, die ihr Gerät aber in Beschaffungsbüros im Ausland ordern. Vor zwei Wochen besuchten wir eine führende Fabrik für Snackchips, um wegen direkter Verkaufskontakte vorzufühlen - keine Chance. Wenn sie KSB-Pumpen einsetzen, machen wir immerhin das Ersatzteilgeschäft. Hinzu kommen Dünger- und Zementhersteller. An ihnen ist, ebenso wie am Öl- und Gassektor, oft das Militär über seinen Pensionsfonds beteiligt.
Wie viel exportieren Sie?
Rund ein Viertel unserer Produktion. Umgekehrt steht unsere Fabrik für etwa 70 Prozent unseres Umsatzes in Pakistan.
Wo liegt Ihre Produktion mit den Kosten?
In etwa auf dem Niveau unserer Schwesterfirma in China, also grob ein Fünftel unter dem deutschen Level. Eigentlich liegen wir sogar darunter, wir haben aber Zusatzkosten durch allfällige Probleme in der Versorgung mit Vorprodukten.
"Es gibt im Land nur wenige Unternehmen, die die von uns benötigten Teile herstellen können."
Fehlt Ihnen in Pakistan die Industriezulieferstruktur?
Ja. Es gibt im Land nur wenige Unternehmen, die die von uns benötigten Teile herstellen können. Die Firmen können auch nicht ausreichend zuverlässig liefern, weil ihnen selbst zum Beispiel Material fehlt. Deshalb produzieren wir vieles selbst, mit einer eigenen Wertschöpfung von 70 bis 75 Prozent. Es gibt Dinge, die müssen wir importieren. Dazu gehören der für die Gießerei benötigte Stahl oder Kugellager, wie sie sehr dichte Pumpen für die Ölindustrie benötigen.
Sind solche Importe angesichts der chronischen Devisenknappheit in Pakistan ein Problem?
Leider ja. In einem Exportgeschäft mit Aserbaidschan stand der aserbaidschanische Präsident quasi schon bereit zur Eröffnung eines Kraftwerks. Was fehlte, waren unsere Pumpen. Wir benötigten für deren Fertigstellung ein paar Teile aus dem Ausland. Der Kunde holte die Pumpen bei uns auf den letzten Drücker per Charterflugzeug ab. Am Ende klappte es doch noch mit der Eröffnung.
Wie äußert sich die Devisenknappheit noch?
Dividenden-Überweisungen ins Ausland werden blockiert und 2023 hatten wir auch Schwierigkeiten, Akkreditive zu eröffnen. Das Exportgeschäft leidet ebenfalls. Bei Kunden in Chile oder Indonesien hatten wir schon Probleme, Garantieleistungen anzubieten. Die Buchhaltung bekommt ihre Bücher nicht sauber, weil sie Vorgänge wegen fehlender Devisen über zwei, drei Jahre lang nicht abschließen kann.
Brain Drain überall
Niedrige Einkommen und politische Unsicherheit treiben viele Pakistaner ins Ausland, vor allem in die reichen Golfstaaten. Das merkt Imran Ghani auch im KSB-Werk in Hasanabad, eine gute Autostunde nordwestlich der Hauptstadt Islamabad. In den letzten vier Jahren verlor der Betrieb bei 700 Beschäftigten rund 100 Mitarbeiter, quer über alle Qualifikationsniveaus hinweg. Von insgesamt vier Planern kündigten zwei mit Ziel Saudi-Arabien. In der Gießerei, wo langjährige Erfahrung und viel Fingerspitzengefühl gefragt sind, hilft seit einiger Zeit ein Experte aus Deutschland bei der Ausbildung von neuen Mitarbeitern – ersatzweise für abgewanderte Kollegen. Die Gewinnung qualifizierter Fachkräfte ist schwierig in einer industriearmen Gegend, in die wenige Menschen ziehen wollen.