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Branchen | Polen | Energieversorgung

Staatliche Zuzahlungen sollen Energierechnung senken

Unternehmen und Haushalte ächzen unter den hohen Energiekosten. Polens Regierung hat darum mehrere Hilfspakete auf den Weg gebracht. Nicht alle Maßnahmen überzeugen Analysten.

Von Christopher Fuß | Warschau

Polens Regierung will Unternehmen unterstützen, die wegen der gestiegenen Energiekosten in Schieflage geraten. Das Kabinett verabschiedete am 20. September 2022 einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Hilfsgelder sollen laut Wirtschaftsministerium dabei helfen, die gestiegenen Strom- und Erdgaspreise abzufedern. Voraussetzung für Empfänger: Die hohen Energierechnungen müssen den Betrieb gefährden.

Die Lage in vielen Unternehmen ist angespannt. Verschiedene Industrien drosseln wegen hoher Strom- und Gasrechnungen ihre Produktion. Polens größter Hersteller von Düngemitteln, die Grupa Azoty, hatte im August 2022 Anlagen heruntergefahren. Mittlerweile läuft der Betrieb auf Sparflamme weiter. Auch Stahlproduzent ArcelorMittal Poland reduzierte den Ausstoß, ebenso wie Fliesenhersteller Cerrad. Die polnische Lebensmittelindustrie warnte vor Produktionsstopps. Marek Dąbrowski, Geschäftsführer des polnischen Verbandes der Nudelhersteller, erklärt im Zeitungsinterview: "Hersteller erwägen, die Produktion vorübergehend einzustellen."

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Milliardenhilfen für Unternehmen

Die versprochenen Hilfsgelder könnten den Unternehmen helfen. Allerdings fehlten nach Bekanntgabe der Maßnahmen genaue Angaben darüber, wer nach welchen Kriterien Unterstützung erhält. Fest steht: Allein 2022 stellt die polnische Regierung mehr als 1 Milliarde Euro bereit. Bis 2024 will Polen den Unternehmen mit insgesamt 3,7 Milliarden Euro unter die Arme greifen.

Bereits zuvor hatte Wirtschaftsminister Waldemar Buda Hilfen speziell für energieintensive Unternehmen angekündigt. Dazu gehören Metallhersteller, Fliesenproduzenten, Düngemittelwerke und Glasbrennereien. Die Betriebe können jeweils bis zu 25 Millionen Euro erhalten. Eine Bedingung ist, dass sich die Strom- und Gasrechnung zwischen Februar und Dezember 2022 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt hat. Details zu den Auszahlungsbedingungen lassen auf sich warten.

Das Wirtschaftsministerium schlägt außerdem vor, dass Firmen in Zukunft direkte Leitungen zwischen einem erneuerbare Energien-Kraftwerk und Produktionsanlagen bauen dürfen. Die Netzaufsichtsbehörde (Urząd Regulacji Energetyki; URE) lehnt solche Verbindungen bislang ab – und das, obwohl die Netzbetreiber aus Kapazitätsgründen immer häufiger den Netzanschluss weiterer erneuerbarer Quellen verweigern. Bislang müssen Kraftwerke ihren Strom ins Netz einspeisen. Firmen könnten mit erneuerbaren Energien ihre Stromrechnung senken. Das Branchenportal WysokieNapiecie kritisiert in diesem Zusammenhang, dass Polen auf den bisherigen Abstandsflächen für Onshore-Windkraftwerke beharrt. Eine Reform der sogenannten 10H-Regelung (Zehnfache Turbinenhöhe ist gleich Mindestabstand zur nächsten bebauten Fläche) liegt auf Eis.

Das meiste Geld gibt es für Kohleheizungen

Auch Privathaushalte spüren die gestiegenen Energiepreise. Das polnische Parlament hat Entlastungsprogramme verabschiedet. Haushalte, die mit Kohle heizen, können einkommensunabhängig Einmalzahlungen in Höhe von über 630 Euro beantragen. Antragstellende müssen die Hilfen nicht für Heizkohle ausgeben.

Mitte September 2022 brachte Polens Regierung weitere Zuzahlungen auf den Weg. Haushalte, die mit Holzpellets heizen, erhalten über 630 Euro. Rund 420 Euro gibt es für Heizöl, 210 Euro für Stückholz und über 100 Euro für Flüssiggas. Im Gespräch sind Gelder für Haushalte, die mit Strom heizen. Das Energieministerium schlägt hier eine Einmalzahlung von bis zu 319 Euro vor. Auch Haushalte, die Wärmepumpen benutzen, sollen Zugriff auf diesen Elektrozuschuss erhalten.

Außerdem reguliert Polens Regierung die Preise für Fernwärme. Versorger dürfen laut einer neuen Regelung im Durchschnitt nicht mehr als 31,80 Euro netto je Gigajoule berechnen. Liegen die Kosten für die Wärmeerzeugung höher, zahlt der Staat einen Ausgleich an die Heizunternehmen. Für Kunden bedeutet dies laut Energieministerium einen Preisanstieg von 42 Prozent.

Kontrovers: Ein neues Gesetz macht es möglich, dass Emissionsvorschriften kurzzeitig außer Kraft treten können. Die Regelung greift, wenn eine "Bedrohung der Wärmeversorgungssicherheit" eintritt. Als Folge könnte minderwertige und abgasreiche Kohle in Heizöfen landen.

Verbrauchsgrenze soll zum Sparen anregen

Parallel zu den Wärmezuzahlungen arbeitet Polens Regierung an einer Strompreisbremse. Laut Plänen gilt für Privathaushalte bis zu einem Jahresverbrauch von 2 Megawattstunden der Stromtarif von 2022. Bestimmte Haushalte haben eine Obergrenze von 3 Megawattstunden. Wer mehr verbraucht, muss für die zusätzliche Energie den neuen Preis bezahlen. Die Regulierungsbehörde hat noch keinen neuen Tarif freigegeben. Die Obergrenze gilt auch für Haushalte mit Elektroheizungen und Wärmepumpen.

Privatpersonen, die ihren Stromverbrauch um 10 Prozent reduzieren, sollen eine Prämie erhalten. Premierminister Mateusz Morawiecki verlangt, dass die öffentliche Verwaltung ein Beispiel setzt und den eigenen Stromverbrauch ab Oktober 2022 um 10 Prozent senkt.

Unklar ist, ob Haushalte mit Gasheizung Unterstützung erhalten. Die Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna hält eine Preisbremse mit Verbrauchslimit, wie bei der Stromrechnung, für wahrscheinlich. Bereits seit Anfang 2022 hat Polens Regierung außerdem mehrere Steuern auf Strom, Gas und Kraftstoffe gesenkt.

Hilfen für Städte und Gemeinden

Teurer wird der Strom auch für Kommunen und öffentliche Einrichtungen. Ein Beispiel: Die Stadt Radom soll laut einem Angebot des Energieversorgers ENEA ab 2023 rund 750 Prozent mehr für Strom bezahlen. Polens Ministerium für Staatsunternehmen schlägt ein landesweites Preislimit von 131,4 Euro je Megawattstunde vor. Laut Nachrichtenagentur PAP wäre das ein Plus von 40 Prozent gegenüber den bisherigen Tarifen. Polen will das Programm mit einer Übergewinnsteuer finanzieren.

Nicht nur die Kosten stehen in der Kritik

Einige Analysten wünschen sich einkommensabhängige Hilfen für Privathaushalte. Energieexperten befürchten, von den pauschalen Zuzahlungen können falsche Signale ausgehen.

So bemängelt der Chefökonom der oppositionsnahen Stiftung Bürgerforum (Forum Obywatelskiego Rozwoju), Sławomir Dudek, es würde zu viel Geld in konventionelle Energieträger fließen. Auf dem Portal INNPoland rechnet er vor, dass die Kosten für alle Maßnahmen in Euro im zweistelligen Milliardenbereich lägen. Davon könne man "Millionen Wärmepumpen kaufen", so Dudek.

Das Portal WysokieNapiecie wiederum findet, die Strompreisbremse sollte nur bis 1,5 Megawatt gelten. Haushalte hätten dann einen stärkeren Anreiz zum Energiesparen.

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