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Branchen | Polen | Elektrohausgeräte

Turbulente Zeiten für Hersteller von Haushaltsgeräten

Hohe Kosten und sinkende Verkaufszahlen sorgen bei den Herstellern von Haushaltselektronik für gedämpfte Stimmung. Ein Produktsegment kann sich aber gegen den Abwärtstrend stemmen.

Von Christopher Fuß | Warschau

In Polen verlässt weniger Haushaltselektronik die Fabriken. Laut Branchenverband Applia schrumpften 2022 die Produktionszahlen von Waschmaschinen, Trocknern und anderen Großgeräten um 15 Prozent - der erste Rückgang seit mehr als 12 Jahren. Das macht sich auch beim Umsatz der Hersteller bemerkbar. Wie der Branchenverband mitteilt, lag der Wert der verkauften Produktion um 4 Prozent unter den Zahlen von 2021.

Angaben des Statistikamtes GUS (Główny Urząd Statystyczny) bestätigen den Abschwung. Die Behörde erfasst die Produktion unterschiedlicher elektronischer Haushaltswaren. Bei den meisten Artikeln gab es im Jahresvergleich einen Produktionsrückgang zwischen 5 und 35 Prozent, im Extremfall sogar um über 60 Prozent.

Hersteller sind abhängig von internationalen Märkten

Ein Teil des Einbruchs geht auf statistische Basiseffekte zurück. In den Jahren 2020 und 2021 lief die Produktion auf Hochtouren. Während des coronabedingten Lockdowns bestellten Privatkunden neue Geräte. Die steigende Inflation, hohe Energiepreise und eine unsichere Wirtschaftslage sorgten 2022 für die Kehrtwende. Europaweit mussten Verbraucher den Gürtel enger schnallen und Neuanschaffungen streichen. Hinzu kamen Lieferprobleme bei Komponenten.

Trübt sich die Lage auf internationalen Märkten ein, spüren das die Hersteller in Polen. Etwa 95 Prozent aller Elektrogroßgeräte sind für den Export, vor allem innerhalb Europas, bestimmt. Mehr als die Hälfte der Ausfuhren geht nach Deutschland, Frankreich, Italien und in das Vereinigte Königreich. Polen ist über die Jahre zu einem wichtigen Produktionszentrum gewachsen. Applia geht davon aus, dass bis zu 60 Prozent aller in der EU hergestellten Geschirrspüler, Waschmaschinen und Trockner aus Polen stammen.

Für einen Großteil der Produktion sind internationale Hersteller verantwortlich. BSH - die Hausgeräte-Sparte von Bosch - und die Firma Miele haben Werke in Polen. Hinzu kommen Firmen wie die schwedische Electrolux, die amerikanische Whirlpool oder die koreanischen Unternehmen Samsung und LG.

Der größte Produzent von Haushaltsgeräten mit polnischem Eigentümer ist die Firma Amica. Die ebenfalls polnische Firma Biazet aus Białystok arbeitet als Lohnfertiger im Auftrag von Marken wie Philips oder Kärcher. Solgaz produziert Herdplatten in der Woiwodschaft Dolnośląskie. Weitere polnische Anbieter, darunter MPM oder Manta, lassen einen Großteil ihres Angebotes in Asien fertigen und beliefern von dort aus Europa.

Branche reagiert mit Stellenabbau, Joint Ventures und Investitionen

Die Absatzflaute geht an den Firmen nicht spurlos vorbei. Amica musste im Oktober 2022 die Arbeitszeit im Werk in Wronki zeitweise auf 4 Tage die Woche reduzieren und Stellen abbauen. Zwischen dem 1. und 3. Quartal 2022 verzeichnete der Hausgerätehersteller einen Nettoverlust von umgerechnet rund 2,5 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor erwirtschaftete das Unternehmen im gleichen Zeitraum noch einen Gewinn von fast 17 Millionen Euro.

Auch andere Betriebe strukturieren um. Die amerikanische Firma Whirlpool und die türkische Arçelik bündeln ihre Aktivitäten in Europa. Die Whirlpool-Fabriken, darunter auch jene in Polen, werden Teil eines neuen Joint Venture. Noch machen die beiden Partner keine Angaben dazu, welche Auswirkungen der Zusammenschluss auf die Produktionsstandorte hat. Die polnische Wirtschaftszeitung Puls Biznesu vermutet, in den polnischen Fabriken könnten bald Elektrogeräte der Arçelik-Marke Beko entstehen.

Gut für deutsche Lieferanten von Produktionstechnik: Trotz der schwierigen Lage investieren die Hersteller. Im Jahr 2022 steckten die Firmen laut Applia rund 425 Millionen Euro in ihre Anlagen, ein Plus von über 50 Prozent gegenüber 2021. BSH installiert im Werk in Łódż beispielsweise eine neue Produktionslinie für Waschmaschinen. Die Inbetriebnahme ist für das 1. Quartal 2023 angesetzt.

Applia schreibt, dass die Unternehmen nicht nur ihre Produktionslinien ausbauen, sondern auch in Digitalisierung und Automatisierung sowie in Recycling investieren. Angesichts steigender Rohstoffpreise könnten auch Lösungen, die Materialeinsparungen bei Metallen und Kunststoffen ermöglichen, an Bedeutung gewinnen. 

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Mit Förderprogrammen gegen die Krise

Der Verkauf von Haushaltsgeräten in Polen leidet unter der Flaute auf dem Wohnungsmarkt. Die polnische Zentralbank hat als Reaktion auf die steigende Inflation den Leitzins angehoben. Dadurch werden Kredite für Wohnungen teurer. Im Jahr 2022 ging die Zahl der neu begonnenen Wohnungsbauprojekte folglich um 27,8 Prozent zurück. Wer in die eigenen vier Wände investiert, kauft in der Regel auch neue Haushaltselektronik. Schrumpft der Wohnungsbau, bleibt das nicht ohne Folgen für den Absatz von Geräten wie Waschmaschinen oder Kühlschränken.

Immerhin: Die polnische Regierung hat ein Zuzahlungsprogramm angekündigt. Subventionen sollen die Zinsen für den Kauf der ersten Wohnung auf 2 Prozent drücken. Geplant ist auch eine Art staatlich geförderter Bausparvertrag. Die Arbeiten an einem entsprechenden Gesetz werden aber wohl noch bis Anfang des 3. Quartals 2023 dauern.

Fördergelder haben in der Vergangenheit wichtige Wachstumsimpulse setzen können - auch bei elektronischen Haushaltsgeräten. Ein Beispiel sind Wärmepumpen. Ihr Absatz stieg 2022 um 120 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neben den hohen Energiepreisen halfen den Verkaufszahlen staatliche Zuschussprogramme wie "Meine Wärme" oder "Saubere Luft". Auch für das Jahr 2023 rechnet der polnische Branchenverband PORT PC mit einem Absatzplus von bis zu 50 Prozent. Firmen, darunter Viessmann und Daikin, bauen neue Produktionsstätten in Polen auf. Zulieferer wie Ziehl-Abegg folgen nach.

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