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Interview | Polen | Personaldienstleistungen

"Die Suche nach Arbeitskräften ist überall eine Herausforderung"

Polens Arbeitsmarkt befindet sich im Umbruch. Oft reicht ein attraktives Gehalt allein nicht mehr aus, um Mitarbeitende zu finden. Fachleute verraten Tipps, wie die Suche gelingt.

Von Christopher Fuß | Warschau

Krzysztof Tuszyński, Executive Manager, Michael Page, Personalsuche in Polen Krzysztof Tuszyński, Executive Manager, Michael Page, Personalsuche in Polen | © Pfurman.com - Michael Page

Polen bleibt ein beliebtes Ziel für internationale Investoren. Gleichzeitig hat das Land eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in der EU. Krzysztof Tuszyński, Arbeitsmarktexperte beim Personalvermittler Michael Page, erklärt wie Unternehmen in dieser Situation effektiv nach Mitarbeitenden suchen können.

Wie ernst ist der Mangel an Fachkräften in Polen?

Dieses Problem spüren die Firmen schon seit Jahren. Es wäre aber falsch zu sagen, dass es einen Mangel an Fachkräften gibt. Vielmehr ist es so, dass spezialisierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits Arbeit haben. In einigen Teilen des Landes herrscht fast Vollbeschäftigung. Wir sprechen daher von einem Arbeitnehmermarkt. Jeder Investor sollte sich darüber im Klaren sein, dass er um Arbeitskräfte kämpfen muss.

Mit dieser Herausforderung stehen wir in Polen nicht allein da. Die Situation ist in anderen mittel- und osteuropäischen Ländern ähnlich. Je nach Region hat der Investor daher keine andere Wahl, als einen Teil seiner zukünftigen Mitarbeitenden aus anderen Unternehmen abzuwerben.

Wie überzeugen Sie einen Kandidaten, den Arbeitsplatz zu wechseln?

Nehmen wir ein Industrieunternehmen als Beispiel. Seit Juli 2024 beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Polen umgerechnet etwa 1.000 Euro. Viele Unternehmen zahlen ihren Arbeitskräften in der Produktion in der Regel nicht mehr als diesen Mindestlohn.

Einem Investor aus Westeuropa, der auf dem polnischen Markt Fuß fassen möchte, raten wir, 50 bis 100 Euro pro Monat auf diesen Mindestlohn aufzuschlagen. Dann haben Sie ein attraktives Angebot, das einen Kandidaten zu einem Jobwechsel motivieren kann. Diese Regel gilt jedoch nur für Einstiegspositionen.

Welche Rolle spielen die Lohnnebenleistungen?

Arbeitskräfte in der Produktion oder Mitarbeitende, die einfache Aufgaben ausführen, achten in erster Linie auf das Gehalt und erst in zweiter Linie auf die Lohnnebenleistungen. Vor allem für Fachkräfte oder Manager sind zusätzliche Leistungen wichtig.

Zu den beliebtesten Zusatzleistungen in Polen gehört die private Zusatzkrankenversicherung. Dieser Umstand ist auf die Defizite im öffentlichen Gesundheitswesen zurückzuführen, wie zum Beispiel die langen Wartezeiten auf einen Arzttermin. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schätzen darüber hinaus die Möglichkeit, die psychologische Beratungen im Rahmen einer privaten Zusatzversicherung in Anspruch nehmen zu können. Auch Lebensversicherungen werden als Zusatzleistung immer beliebter.

Welche weiteren Leistungen sind bei Führungskräften beliebt?

Ich empfehle Investoren, ihren Kandidaten für leitende Positionen einen Dienstwagen, mindestens aus der Mittelklasse oder höher, zur Verfügung zu stellen. Dies gilt zum Beispiel für die Werksleitung, die Produktionsleitung oder andere Führungspositionen. Für Mitarbeitende auf dieser Ebene kann eine solche Leistung den Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber attraktiver machen. Vorausgesetzt natürlich, dass die berufliche Herausforderung und das Gehalt stimmen.

Was die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben betrifft, beobachten wir, dass Unternehmen ihren Mitarbeitenden weitere Urlaubstage über das gesetzliche Minimum hinaus anbieten. Es gibt auch Firmen die mit steigender Betriebszugehörigkeit zusätzliche Urlaubstage gewähren.

In welchen Regionen ist der Fachkräftemangel besonders spürbar?

Vor ein paar Jahren hätte ich Ihnen noch gesagt, dass der Arbeitsmarkt in den Ballungsgebieten angespannt ist, während es in anderen Regionen etwas besser aussieht. Heute ist es überall in Polen eine Herausforderung geeignetes Personal zu finden. Wir dürfen nicht vergessen, dass nicht alle Branchen in jeder Region gleich entwickelt sind. In den östlichen Teilen des Landes, wie Podkarpackie und Lubelszczyzna, ist es vielleicht möglich, Kandidaten etwas billiger zu rekrutieren. Aber wird es dort leichter sein, einen qualifizierten Mitarbeiter zu finden? Sicherlich nicht!

Deshalb kann es sich sogar lohnen, in die Ballungsräume und Industriezentren zu gehen. Dort ist es einfacher, Mitarbeitende aus anderen Unternehmen abzuwerben. Die Industriezentren in Śląskie, wie zum Beispiel Tychy oder Gliwice, haben seit Jahren eine Arbeitslosenquote von 2 Prozent. Trotzdem tauchen dort immer wieder neue Investoren auf. Auch diese Unternehmen besetzen schlussendlich ihre offenen Positionen.

Das liegt nicht nur an den attraktiven Stellenangeboten der neuen Firmen. Wenn die Produktivität steigt, sinkt in der Regel die Zahl der Beschäftigten in einem Produktionsunternehmen. Dieser Anstieg der Produktivität ist nämlich auf eine zunehmende Automatisierung zurückzuführen, die wiederum Arbeitskräfte einspart. Infolgedessen landen neue Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt.

Wie lange dauert es, Mitarbeitende zu finden?

Wenn es sich um Fach- oder Führungskräfte handelt, benötigen wir in der Regel fünf bis zehn Arbeitstage, um dem Kunden die ersten Kandidaten zu präsentieren. Der gesamte Pool an Kandidaten wird in der Regel innerhalb von 15, maximal 20 Arbeitstagen vorgestellt. Danach braucht der Kunde in der Regel ein bis zwei Monate, um eine Auswahl zu treffen. Nicht zu vergessen ist auch die Kündigungsfrist der Kandidaten, die bis zu drei Monate betragen kann.

Der gesamte Einstellungsprozess dauert also zwischen drei und sechs Monaten, vom Beginn des Projekts für den Kunden bis zum Arbeitsantritt des neuen Kollegen. Arbeitskräfte für die Produktion können viel schneller eingestellt werden. Es ist wichtig, dass die Arbeitgeber ihren Kandidaten zügig ein attraktives Angebot machen. Die Konkurrenz ist groß. Aktiv suchende Arbeitnehmer erhalten sehr oft Angebote von mehreren Unternehmen.

Vieles hängt also von den Prozessen beim Kunden ab?

Arbeitgeber müssen schnell handeln und gut mit dem Kandidaten oder der beauftragten Personalvermittlung kommunizieren. Unternehmen können heute nicht mehr drei Monate warten, um eine interne Entscheidung zu treffen. Andernfalls hat sich der Kandidat bereits für die Konkurrenz entschieden.

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