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Wirtschaftsumfeld | Polen | Regierungsbildung

Noch-Opposition präsentiert Koalitionsvertrag

Polen steht vor einem Regierungswechsel. Die bisherige Opposition hat sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Neben vielen Floskeln gibt es auch einige konkrete Ankündigungen. 

Von Christopher Fuß | Warschau

Die größten Noch-Oppositionsparteien in Polen haben nach ihrem Erfolg bei den Parlamentswahlen einen Koalitionsvertrag unterzeichnet. Darin legen die liberal-konservative Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska), der bürgerlich-konservative Dritte Weg (Trzecia Droga) und die sozialdemokratische Neue Linke (Nowa Lewica) auch einige wirtschaftspolitische Ziele fest.

So heißt es in dem 13-seitigen Dokument, man wolle die "grüne Energietransformation beschleunigen". Das soll unter anderem durch die "Freisetzung des Potenzials in der Onshore-Windenergie" gelingen. Hintergrund: Die scheidende Regierung hatte die Abstandsregeln für Windräder zwar gelockert, enttäuschte aber die Erwartungen der Industrie. Der Koalitionsvertrag lässt vermuten, dass hier weitere Liberalisierungen bevorstehen.

Außerdem wolle man ein Finanzierungsmodell für die geplanten Kernkraftwerke entwickeln und in die als überlastet geltenden Stromnetze investieren. Zwei im Koalitionsvertrag genannte Geldquellen für Energieprojekte sind der europäische Wiederaufbaufonds und die Einnahmen aus dem Handel mit Emissionszertifikaten. Darüber hinaus kündigen die Koalitionsparteien an, die Rolle der Besitzer von Kleinstanlangen (Prosumenten) zu stärken und das Heizprogramm Saubere Luft (Czyste Powietrze) zu reformieren.

Weitere Branchen im Fokus

Die für Polen wichtige Möbelindustrie darf sich über eine Ankündigung freuen, wonach dem Holzexport ein Riegel vorgeschoben werden soll. Die Branche beschuldigt die marktbestimmenden Staatsforsten (Lasy Państwowe), dass zu viel Rohmaterial in das nichteuropäische Ausland verkauft wird.

Auch die Agrar- und Lebensmittelbranche steht vor Veränderungen. Der Koalitionsvertrag spricht vom Bau eines neuen Getreidehafens und weiterer Lagerflächen. Die Investitionen sollen Polens Landwirtschaft angesichts des - laut Koalitionspapiers - "unkontrollierten Zustroms von Produkten" stärken. Gemeint sind Agrarimporte aus der Ukraine, die in Polen für heftige Diskussionen sorgen. Der Einzelhandel muss sich auf neue Zahlungsfristen gegenüber Lieferanten von maximal 30 Tagen einrichten.

Wirtschaftsvertreter sollen stärker in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden. Außerdem verspricht die Koalition, dass Änderungen des Steuerrechts frühestens sechs Monate nach deren Verkündung in Kraft treten. Damit reagieren die Parteien auf die Steuerreform Polski Ład aus dem Jahr 2022. Sie wurde nach Darstellung von Unternehmensverbänden überhastet und ohne ausreichende öffentliche Beratungen eingeführt. Wenig überraschend kündigt die Noch-Opposition an, Erhöhungen bei den Steuer- und Sozialabgaben aus Polski Ład zurückzunehmen. Dem gegenüber steht das Versprechen, die Ausgaben im Gesundheitswesen zu erhöhen.

Neue Regierung vor Weihnachten 2023

Bis die Koalitionsparteien ihr Programm umsetzen, werden noch einige Wochen vergehen. Zwar kommen Bürgerkoalition, Dritter Weg und Neue Linke auf über 50 Prozent der Sitze im Parlament. Staatspräsident Andrzej Duda hat den Auftrag zur Regierungsbildung aber der Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) erteilt. Sie konnte die meisten Wählerstimmen gewinnen, braucht aber einen Koalitionspartner.

Alle Oppositionsparteien haben eine Zusammenarbeit ausgeschlossen. Gelingt es PiS nicht, einen Koalitionspartner zu finden, hat das Parlament die Möglichkeit, aus seiner Mitte eine neue Regierung zu wählen. Berücksichtigt man mehrere verfassungsrechtliche Fristen, könnte dies Mitte Dezember 2023 geschehen.

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