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Branche kompakt | Schweiz | Chemische Industrie

Branchenstruktur

Die Schweiz ist ein wichtiger Branchenstandort, besonders in der Pharmazie. Neben Basel gibt es weitere spezialisierte Cluster. 

Von Oliver Döhne | Bonn

Schlüsselbranche der Industrie

Für die Wirtschaft der Schweiz steuert die chemisch-pharmazeutische Industrie rund 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), ein Drittel des Wirtschaftswachstums und ein Drittel des gesamten Exports bei. In internationalen Rankings zu Wettbewerbsfähigkeit und Innovation rangiert die Schweiz regelmäßig weit vorne. Gründe sind gute Rahmenbedingungen, Infrastruktur, hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Wertschöpfungsgrad und Produktivität. Die Branche umfasst rund 1.000 Firmen, davon sind 250 im wichtigsten Branchenverband scienceindustries organisiert. Neben Global Playern sind auch kleinere, spezialisierte Anbieter aktiv.  

Pharmasektor dominiert

Ursprünglich ein Standort für die Textilfarbenproduktion, ist die Schweiz heute auf Life Sciences spezialisiert. Da keine detaillierten Produktionsdaten für Teilbereiche der chemischen Industrie vorliegen, ein Großteil der Produktion aber ins Ausland geht, gibt der Export Anhaltspunkte für deren Gewichtung.

Außenhandel mit chemischen Erzeugnissen (in Milliarden US-Dollar, 2022)

Sparte (SITC)

Import 

Export

Pharmazeutische Erzeugnisse (54)

49,6

102,1

Organische Chemikalien (51)

8,7

26,4

Ätherische Öle, Körperpflege-, Putz- und Reinigungsmittel (55)

2,3

4,3

Kunststoffe in Primärform (57)

2,9

2,2

Kunststoffe in anderern Formen (58)

2,3

2,0

Farben und Lacke (53)

1,1

1,4

Quelle: UN Comtrade (2023)

Medikamente sind das mit Abstand wichtigste Produkt, angeführt von den Branchenriesen Roche und Novartis. Der Standort Schweiz ist für Biotechnologieunternehmen attraktiv: Ende 2022 hatten 20 Prozent der europäischen Biotechfirmen ihren Hauptsitz in der Schweiz. Auch zwei der größten Duftstoffhersteller der Welt sind in der Schweiz ansässig. Die Farben- und Lackindustrie erzielt immerhin noch einen Umsatz von 3,1 Milliarden Euro jährlich. 

Hohe Produktivität und Forschungsausgaben

Im Global Industry Competitiveness Index (GICI) 2022 des Think Tanks BAK, dem globalen Vergleich von Chemie- und Pharmastandorten, liegt die Schweiz auf Rang 2. Das Land hat aber gegenüber 2021 bei Marktstellung und Innovation etwas eingebüßt. Bemängelt wird der Rückstand bei der Digitalisierung im Gesundheitssektor. In der Schweiz gibt es noch keine elektronische Patientenakte und einheitliche Erfassung von Daten. "Daran arbeiten wir im Projekt BâleDat gemeinsam mit Spitälern, der Pharmaindustrie, Wirtschaftsverbänden und dem Swiss Personalized Health Network", erläutert Martin Dätwyler, Direktor der Handelskammer Basel. Auf Landesebene steht hier das geplante Programm DigiSanté im Fokus. 

Auch das Fragezeichen bei den künftigen Beziehungen zur EU kosten Punkte. "Bleibt der Zugang zum Horizon Europe-Forschungsprogramm weiter eingeschränkt, wird dies die Innovationskraft und damit das Rückgrat der Wettbewerbsfähigkeit der chemisch-pharmazeutischen Unternehmen spürbar belasten", so das Resümee. Im vergangenen Horizon-Programm waren Roche, Novartis und mehrere Start-ups an europäischen Projekten beteiligt und bis zu 3 Milliarden Euro flossen in die Schweiz. 

Branchencluster in Basel, Zug und Genf

Wichtige regionale Cluster sind Basel, Zürich, Zug und die Region um den Genfersee. Medikamente, Generika, Vitamine, Wirkstoffe und Massenvorprodukte für Pharmazeutika, Tiernahrung sowie Lebensmittel kommen vorrangig aus dem wichtigsten Branchenzentrum in Basel. Dort sind Firmen wie Bayer, Boehringer Ingelheim, Johnson & Johnson, Lonza, Novartis und Roche und Sandoz angesiedelt. Im Cluster Zürich-Zug-Luzern-Schaffhausen, unter anderem mit den Schwerpunkten Diagnostika und Biotechnologie, sitzen Unternehmen wie AbbVie, Amgen, AstraZeneca, Bayer, Biogen, Bristol-Myers Squibb, Cilag, Gilead, Janssen, Lundbeck, Merck, MSD, Novartis, Pfizer, Roche, Sanofi, Takeda und CSL Vifor. 

Die Schweiz bietet eine Reihe moderner Biotech-Cluster wie zum Beispiel den Bio-Technopark Schlieren-Zürich, Switzerland Innovation Park Basel Area Main Campus, Technologiepark Basel, Getec Park Swiss, Campus Biotech, BioArk und Biopôle.

Aroma- und Duftstoffe für die Nahrungsmittel-, Kosmetik- und Parfümindustrie kommen vom Genfersee. Im dortigen Cluster "Espace Mittelland-Bassin Lémanique" (Kantone Neuenburg, Waadt, Solothurn, Genf, Bern) befinden sich die Schweizer Niederlassungen/Produktionen der Aromahersteller Givaudan und Firmenich. Auch Biotechunternehmen und Pharmahersteller wie Biogen, Bristol-Myers Squibb, Eli Lilly, GlaxoSmithKline, Merck, Sanofi, Takeda, UCB und Vifor Pharma sind vor Ort. Feine Spezialchemikalien werden, auch in sehr geringen Mengen, landesweit von spezialisierten Herstellern produziert. Branchenaktivitäten gehen oft über die Landesgrenzen hinaus, besonders im Dreiländereck um Basel. Das gilt sowohl für pendelnde Arbeitskräfte sowie für Forschungskooperationen. 

Wichtige Branchenunternehmen in der Schweiz (in Milliarden Euro)

Unternehmen

Sparte

Globaler Umsatz 2022

Roche-GruppePharma, Diagnostik

63,0 

NovartisPharma

48,0 

SyngentaAgrarchemikalien

31,7

SandozGenerika

9,2

GivaudanAromen, Duftstoffe

7,1

ClariantSpezialchemikalien

5,2

Cilag AG (J&J)Pharma

k.A.

LonzaPharma, Auftragsproduzent

6,2

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Firmenzentrale mehrerer Global Player

Dominante Unternehmen sind Roche und Novartis, auch wenn diese lediglich einen kleinen Teil ihres Umsatzes im eigenen Land erwirtschaften. Roche hat in der Schweiz rund 14.200 Mitarbeiter, davon 11.000 im Global Headquarter in Basel und 2.700 in der Diagnostics-Niederlassung in Rotkreuz am Zugersee. Der Umsatz in der Schweiz lag nach Unternehmensangaben bei umgerechnet rund 758 Millionen Euro. Roche hat in den vergangenen Jahren in der Schweiz rund 5 Milliarden US$ investiert. 

Das Unternehmen Novartis beschäftigt in der Schweiz 11.300 seiner weltweit 70.000 Mitarbeitenden und macht im Land rund 2 Prozent des globalen Umsatzes, etwa 930 Millionen Euro. Novartis, einst hervorgegangen aus den Farb- und Chemiefirmen Sandoz und Ciba-Geigy, schärft weiter sein Profil als Hersteller rezeptpflichtiger Medikamente und trennt sich von Unternehmensteilen außerhalb dieser Kernkompetenz. 

Novartis verkauft Roche-Aktien im Wert von 20,7 Milliarden US$ zurück an Roche. Im Oktober 2023 kam unter dem Namen Sandoz die Generikasparte des Konzerns an die Börse. Neuzugänge der vergangenen Jahre waren bei Novartis die Gentherapie-Firma AveXis und das Radiopharmaunternehmen Advanced Accelerator Applications (AAA). Ausländische Akteure sind, neben eigenen Niederlassungen und Produktionen über Beteiligungen am Agrarchemikalienhersteller Syngenta (China) und den Spezialchemikalienproduzent Clariant (Saudi-Arabien) in der Schweiz aktiv. 

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