Wirtschaftsumfeld | Serbien | Investitionsförderung
Praxischeck
Serbien müht sich ein ansprechendes Investitionsumfeld zu schaffen. An einigen Stellen klappt das recht gut, an anderen gibt es Nachholbedarf.
02.11.2022
Von Martin Gaber | Belgrad
Serbiens Regierung bemüht sich, nicht nur ansprechende Investitionsanreize zu setzen, sondern auch das Investitionsklima zu verbessern. Das gelingt teilweise schon recht gut. Fortschritte zeigen sich im Doing Business Report der Weltbank. Dort kletterte Serbien von Platz 88 im Jahr 2010 auf Platz 44 im Jahr 2020. Die Weltbankanalysten lobten vor allem die Fortschritte im Bereich von Baugenehmigungen, beim Anschluss an das Stromnetz, in der Abwicklung von Steuerzahlungen, der Abwicklung von Insolvenzen, dem Durchsetzen von Verträgen und der Stärkung von Minderheitsinvestoren. Lediglich im Bereich Unternehmensgründung sehen die Analysten eine Verschlechterung. Im regionalen Vergleich der Westbalkan-Länder liegt nur Nordmazedonien vor Serbien. Nordmazedonien schafft es mit Platz 17 sogar unter die Top 20.
Große Investoren zeigen sich zufrieden
Vor allem große Investoren zeigen sich mit der Umsetzung ihrer Vorhaben zufrieden. So berichtet Milan Grujić, Geschäftsführer von ZF in Serbien und Präsident der Deutsch-Serbischen Wirtschaftskammer: "Wir sind mit der Umsetzung der Investitionsprojekte, insgesamt schon vier Projekte, zufrieden. Die Unterstützung von den Behörden ist weiterhin auf hohem Niveau. Wir haben aktuell über 1.700 Mitarbeiter in Pančevo, Novi Sad und Belgrad."
Das bestätigt auch das Unternehmen Continental, das sich für einen Standort in Novi Sad entschieden hat: "Wir haben hier hochqualifizierte Kolleginnen und Kollegen gefunden. Diese haben dazu beigetragen, dass wir alle Meilensteine erfüllen könnten. Außerdem haben uns sowohl die lokalen als auch zentralen Behörden hervorragend auf unserem Weg unterstützt," sagt Lucian Margineanu, der bis Sommer 2022 Werksleiter bei Continental war.
Besondere Unterstützung für deutsche Unternehmen
Deutsche Unternehmen können dabei nicht nur auf die Entwicklungsagentur RAS zählen, sondern auch auf weitere Akteure vor Ort. Die Deutsch-Serbische Wirtschaftskammer (AHK Serbien) hat bereits umfangreiche Erfahrung bei der Unterstützung von Ansiedlungsprozessen, sowohl im Green- als auch Brownfield-Bereich, und dabei vor allem kleine und mittlere Unternehmen unterstützt. Der zuständige AHK-Abteilungsleiter Milan Krstić verfolgt die Investitionspolitik der Regierung seit vielen Jahren und kennt den Bedarf deutscher Investoren: "Es wurden Reformen in den Bereichen des Arbeitsrechts, der Baugenehmigungen, der Inspektionen, des öffentlichen Auftragswesens und der Privatisierung verabschiedet, die zur Verbesserung des Geschäftsumfelds beigetragen haben. Die deutschen Investoren schätzen die Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter auf dem serbischen Markt finden zu können sowie die Loyalität ihrer Angestellten. Die Fluktuationsraten bei vielen deutschen Investoren sind überschaubar."
Daneben sitzt mit Jörg Heeskens ein deutscher Wirtschaftsberater direkt bei Serbiens Präsident Aleksandar Vučić. Heeskens kümmert sich insbesondere um die Abwicklung deutscher Investitionsprojekte. Das soll für schnelle und koordinierte Abläufe sorgen.
Im WEF-Bericht reicht es nur zum Mittelfeld
Im Global Competitiveness Report des World Economic Forums liegt Serbien nur im Mittelfeld. Auch in den Einzelbewertungen des Berichts rangiert das Land zumeist im Mittelfeld. Eher überdurchschnittlich schneiden hier die Bereiche Forschung und Entwicklung ab, aber auch der Arbeitsmarkt, die Aus- und Weiterbildung sowie die Infrastruktur.
AHK-Mitglieder würden wieder investieren
In der jährlichen Konjunkturumfrage der AHK Serbien sehen die befragten Unternehmen den Standort positiv. Rund 90 Prozent der Befragten würden sich wieder für eine Investition in dem Balkanland entscheiden. Vor allem mit Faktoren, die sich auf die Beschäftigten beziehen, zeigen sich die Unternehmen zufrieden. So loben sie Produktivität und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter und deren Qualifikation. Positiv stechen auch akademische und duale Ausbildung in den Kriterien hervor. Zudem zeigen sich die Unternehmen mit dem Steuersystem zufrieden. Unzufrieden sind die Betriebe mit den Themen Korruption und Kriminalität, Rechtssicherheit, Transparenz bei der öffentlichen Vergabe, dem Arbeitsrecht und der öffentlichen Verwaltung. Zudem wird auch in Serbien der Fachkräftemangel zum Problem.
Kriterien | Serbien | Deutschland |
---|---|---|
Gesamtrang | 72 | 7 |
1 Institutionen (Sicherheit, Transparenz, Recht) | 75 | 18 |
2 Infrastruktur | 51 | 8 |
3 Adaption von Informations- und Kommunikationstechnologien | 77 | 36 |
4 Makroökonomische Stabilität | 64 | 1 |
5 Gesundheit | 76 | 31 |
6 Bildung und Ausbildung | 55 | 5 |
7 Produktmärkte | 73 | 9 |
8 Arbeitsmarkt | 54 | 14 |
9 Finanzsystem | 82 | 25 |
10 Marktgröße | 74 | 5 |
11 Dynamik des Geschäftsumfeldes | 54 | 5 |
12 Innovationsfähigkeit | 59 | 1 |
Trotz vieler positiver Stimmen aus der Wirtschaft, müssen insbesondere kleinere Unternehmen auch Hürden in Serbien nehmen. Diese liegen vor allem im Bereich der Korruption, undurchsichtiger Bürokratie und beim Thema Rechtssicherheit.