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Podcast Weltmarkt

Folge 31: USA - grenzenlose Freiheit oder begrenzte Möglichkeiten?

- Oktober 2025 -

US-Handelspolitik im Wandel: Was bedeutet der Kurs unter Trump für deutsche Unternehmen? Experten geben Einblicke bei WELTMARKT.

 

Die Vereinigten Staaten von Amerika sehen sich selbst als Land, das grenzenlose Freiheit bietet im Rahmen der geltenden Gesetze. Ein riesiger Markt sind und bleiben die USA. Und einer der wichtigsten Handelspartner für Deutschland – schon seit Jahrzehnten. Doch seit einiger Zeit ist vieles anders – und seit Trump die zweite Amtszeit im Weißen Haus angetreten hat, ist alles anders, vor allem immer wieder alles anders: Teils gibt es absurd hohe Zölle, für Herkunftsländer und Produktgruppen, sogar für Derivate. Dann wieder Vereinbarungen wie den 15-Prozent-Deal mit der EU. Oder die 10-prozentige Bevorzugung der Briten.

WELTMARKT möchte wissen, was der Zickzackkurs der US-Handelspolitik für die deutsche Wirtschaft bedeutet, wie Unternehmen damit umgehen und wie es weitergeht. Darüber sprechen wir mit Volker Treier, dem Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Zu Gast bei WELTMARKT ist auch Oliver Richtberg, Leiter der Abteilung Außenwirtschaft beim VDMA, dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Und GTAI-Wirtschaftskorrespondent Roland Rohde schildert seine Eindrücke direkt aus Washington, D.C. 

 

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Gäste in dieser Folge

 

Richtberg_Oliver-140_RZ Richtberg_Oliver-140_RZ | © Sarah Kastner Fotografie

Oliver Richtberg
arbeitete nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaften (in Marburg und Köln) zunächst im Deutschen Bundestag in Berlin. Seit Februar 2017 ist er beim VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) tätig – zu Beginn als Referent in der Abteilung Außenwirtschaft und von 2019 bis 2024 als Referent des Hauptgeschäftsführers. Seit Anfang Mai 2025 leitet Oliver Richtberg die VDMA-Abteilung Außenwirtschaft.

 

Hr.-Dr.-Treier_Copyright-DIHK_Werner-Schuering_RZ Hr.-Dr.-Treier_Copyright-DIHK_Werner-Schuering_RZ | © Werner Schuering

Dr. Volker Treier
ist seit 2019 Außenwirtschaftschef und Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). In dieser Funktion verantwortet er unter anderem die außenwirtschaftliche und europapolitische Vertretung der IHK-Organisation sowie die Koordination des Netzwerks der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs). 

Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Bamberg und Budapest promovierte Treier an der Universität Bamberg. 2003 trat er in die DIHK ein und übernahm dort Führungspositionen, unter anderem in den Bereichen Wirtschaftspolitik, Mittelstand, Innovation und Bildung.

Roland-Rohde_RZ Roland-Rohde_RZ

Roland Rohde
ist seit mehr als zwei Jahrzehnten als Auslandskorrespondent bei GTAI tätig. Viele Jahre war er in Hongkong und in Indonesien, seit knapp zwei Jahren lebt er in der US-Hauptstadt Washington, D.C. und berichtet über die amerikanische Wirtschaft. Roland Rohde hat BWL in Marburg studiert und in VWL promoviert – zum Thema internationaler Handel. Zudem studierte er in Taiwan die chinesische Sprache.

 

Weiterführende Informationen

Germany Trade & Invest – Wirtschaft in den USA

Germany Trade & Invest - Handelspolitik unter Trump

VDMA, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau

DIHK, Deutsche Industrie- und Handelskammer

Deutsche Auslandshandelskammern (AHK)

WELTMARKT #26: Trump wird Präsident – was heißt das für die deutsche Wirtschaft?

 

Transkript der Folge 

Das folgende Transkript wurde zum Zwecke der Barrierefreiheit mit einer Spracherkennungssoftware erstellt und danach auf offensichtliche Fehler hin korrigiert. Es entspricht nicht unseren Ansprüchen an ein vollständig redigiertes Interview. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

USA - Land der unbegrenzten Möglichkeiten, der begrenzten Möglichkeiten, der deutlich eingeschränkten Möglichkeiten? Was sind die USA unter Präsident Donald Trump? Stand heute, vor allem eins, schwer einzuschätzen. Und:

Vieles ist immer wieder .. anders. Teils gibt es absurd hohe Zölle, für Herkunftsländer und Produktgruppen, sogar für Derivate. Dann wieder Vereinbarungen wie den 15-Prozent-Deal mit der EU.

WELTMARKT möchte wissen, was die Handelspolitik der USA für die deutsche Wirtschaft bedeutet, wie Unternehmen damit umgehen und wie es weitergeht.

Dr. Volker Treier Ein völliger Rückzug, ein Verzicht auf den US-Markt ist unvorstellbar. Dazu sind die USA zu wichtig in vielen Technologiefeldern, in Unternehmenskooperationen. Also das wird jedenfalls nicht auf eine freiwillige Art und Weise von unseren Unternehmen passieren.

Das war Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer, den WELTMARKT für diese Folge interviewt hat. Außerdem sprechen wir gleich mit Oliver Richtberg vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, VDMA, sowie vor Ort in den USA mit dem GTAI-Wirtschaftskorrespondenten Roland Rohde. Denn, auch wenn wir erst im Januar eine Folge zur USA hatten, wurde wirtschaftlich bereits so viel durcheinandergewirbelt, dass wir noch einmal über den Atlantik schauen.

Den Start macht Oliver Richtberg, Leiter der Abteilung Außenwirtschaft beim VDMA. Herr Richtberg, wie wichtig ist denn der US-Markt für die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer?

Oliver Richtberg Super wichtig für uns, das kann man nicht anders sagen. Also er ist sowohl der wichtigste Exportmarkt für uns als auch der wichtigste Investitionsstandort. Wenn man das dann nochmal in Zahlen schildern will, also rund 13 Prozent unserer Exporte gehen in die Vereinigten Staaten aktuell. Also wichtigster Markt außerhalb der EU, und unsere Mitglieder beschäftigen auch rund 100.000 Mitarbeiter in den USA. Das heißt, der Markt ist wirklich sehr, sehr wichtig für den Erfolg unserer Branche. Und vor allem auch für die Strategie unserer Unternehmen.

Präsident Trump will die US-Wirtschaft stärken und die Industrie wieder ins Land holen. Heißt das, vereinfacht ausgedrückt, wer vor Ort ist, profitiert davon und wer exportiert, hat ein riesiges Problem.

Oliver Richtberg Gerade bei uns in der Branche, würde ich es nicht so sagen, auch nicht vereinfacht. Es ist so, dass selbst wenn Unternehmen vor Ort sind, gerade bei uns im Maschinenbaubereich, also wenn man eine Maschine baut, hat man teilweise hunderte, tausende Zulieferungen. Das heißt, selbst Unternehmen, die aktuell vor Ort in den USA produzieren, bekommen vielleicht sehr, sehr viele Zulieferungen aus Ländern, die jetzt auch hohe Zölle haben. Das heißt, selbst wenn man vor Ort ist, profitiert man höchstwahrscheinlich nicht davon.

Es kann sogar so weit gehen, dass ein Unternehmen z.B. aus Europa, das aktuell 15 % hat und nur exportiert, besser gestellt sein kann, als ein Unternehmen, das in den USA produziert, aber Vorprodukte aus Ländern erhält, die höhere Zölle haben. Was im Endeffekt heißt, das Wort profitieren und Zölle passt bei den meisten einfach nicht. Es wird den meisten schaden, leider.

Wie ist das bei Ihren Mitgliedsunternehmen? Exportieren die eher oder sind die eher vor Ort?

Oliver Richtberg Der ganz, ganz, ganz große Teil exportiert. Also wir haben rund 3600 Mitglieder im VDMA und wir schätzen, wir haben keine ganz genauen Zahlen, aber dass rund ein Viertel in den USA eine Niederlassung hat. Die meisten, die eine Niederlassung haben, haben Vertrieb und Sales. Das heißt, die produzieren gar nicht vor Ort. Und wenn man dann noch mal weiter runterbricht und dieser kleinere Teil, der dann wirklich vor Ort in den USA produziert, da ist es häufig so, dass immer noch sehr, sehr viele Komponenten für diese Produktion aus Deutschland, aus dem Heimatwerk, aus Europa kommen. Das heißt, wirklich nur ein ganz, ganz kleiner Teil produziert vor Ort, ohne von Exporten abhängig zu sein. Das heißt für uns ganz klar Export in die USA.

Gibt es konkrete Fragen, die Ihre Mitgliedsunternehmen stellen?

Oliver Richtberg Mit Abstand die meisten Fragen kommen zu den Stahl- und Aluminiumzöllen. Wer unter die 15%-Zölle fällt, das ist relativ klar. Aber wenn man in die Liste reinfällt mit den Stahl- und Aluminumzöllen, da geht es dann drum, man muss beim Export in die USA melden, wie hoch ist mein Stahlanteil, wie hoch mein Aluminiumanteil, wie hoch der Wert des Stahls und des Aluminiums ist, das ich verbaut habe, und auch, was das Gießland beim Stahl ist. 

Das sind alles Informationen, die unsere Unternehmen in der Regel gar nicht haben, weil die kaufen einfach Zulieferprodukte. Die enthalten natürlich Stahl und Aluminum, aber niemand weiß, wie hoch der Anteil ist und auch nicht, wie der Wert war und was das Giessland ist. Und das sind wirklich Themen, die immer individuell von den Unternehmen geklärt werden müssen. Und wir für den VDMA ist es tatsächlich so, dass wir zwei bis drei Mitarbeiter haben in der Außenwirtschaftsabteilung, die seit Anfang April wirklich tagtäglich am Telefon mit unseren Mitgliedern sind, um diese Fragen zu beantworten.

Wie gehen die Unternehmen mit der aktuellen Situation um?

Oliver Richtberg Das ist eine gute Frage, weil gerade diese Unsicherheit und diese Nichtvorhersehbarkeit, in unserer Branche, wo man langfristig über Jahre und Jahrzehnte denkt, wo Maschinen angeschafft werden, ist das einfach pures Gift. Man muss sich trotzdem natürlich darauf einstellen und wir sehen es, wir haben uns jahrelang in der Branche und das ist auch absolut verständlich, weil wir haben super Geschäfte in den USA gemacht. Wir haben ein super Geschäft über Jahrzehnte in China gemacht. 

Man sieht aber, dass beide Länder aktuell zunehmend schwierig werden und mit Sicherheit sind viele, viele unserer Unternehmen momentan daran, sich nach anderen Märkten umzuschauen und ein ganz, ganz wichtiges Kriterium ist dann natürlich die Stabilität, die momentan in den USA nicht gegeben ist und wir reden dann über Märkte wie Indien, über Brasilien, über Südostasien. Wo unsere Mitglieder momentan verstärkt hingucken, wo wir auch als VDMA so gut wie möglich unterstützen. Und das sehen wir ganz klar, dass unsere Mitglieder diese Unsicherheit als Anlass nehmen, sich nach neuen Märkten umzuschauen.

Danke an Oliver Richtberg für den Einblick in die Situation seiner Branche der Maschinen- und Anlagenbauer und wie sie mit der aktuellen Unsicherheit umgeht.

Wir weiten jetzt den Blick auf die gesamte deutsche Wirtschaft und wenden uns an den Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer.

Hallo Herr Treier. Wie ist denn die Stimmung unter den deutschen Unternehmen, wenn es ums US-Geschäft geht?

Dr. Volker Treier Die Unternehmen sind sehr besorgt wegen der hohen Belastung durch zusätzliche Zölle. 90 Prozent der Unternehmen mit Geschäften in den USA sagen in unserer jüngsten Befragung, dass sie negativ beeinträchtigt sind durch die Aktualitäten dieser Handels- und Zollpolitik und neben der Belastung durch die zusätzlichen Kosten, die aber im Wesentlichen versucht werden an die Kunden weiterzutragen. Das heißt, die USA schaden sich mit der Politik selbst. Aber natürlich ist das dann eine Frage, können diese Kosten, die weitergegebenen Kosten wirklich von den Kunden getragen werden? Das sind keine schönen Verhandlungen, die man dann führen muss.

Kennen Sie Unternehmen, die sich aus dem US-Geschäft zurückziehen oder ihre Aktivitäten zumindest stark gedrosselt haben?

Dr. Volker Treier Wir haben eine Delegationsreise vor wenigen Wochen in die USA gemacht. Und dort sind zumindest Unternehmen, Vertreter, die mit uns gesprochen haben, die sagen, ich habe investieren wollen. Und das sind häufig dann auch Mittelständler. Und die haben Maschinenprodukte aus Deutschland, aus Europa, auf den Weg gebracht, und die wurden dann plötzlich mit neuen Zollsätzen versehen, die das Produkt dann teurer gemacht haben. Und die haben dann gesagt, okay, das hält man dann auch nur vielleicht bei einer Maschine aus. Also die haben ihre Investitionen zurückgefahren. Also diese ganz konkreten Fälle, die gibt es.

Ist denn die Wirtschaftspolitik unter Trump wirklich so anders als die unter Ex-Präsident Biden?

Dr. Volker Treier Also es gibt Differenzen und es gibt aber auch Gemeinsamkeiten. Beide Präsidenten hatten und haben im Blick die Industrialisierung oder Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten vorzunehmen. Joe Biden hat das vielleicht in einer etwas freundlicheren, konzilianteren Art auch über den Atlantik argumentiert und verbalisiert. 

Aber die Politik, die im sogenannten Inflation Reduction Act gemündet ist, war auch WTO-fragwürdig, womöglich, was die Welthandelsorganisationsregeln anbelangt, WTO-widrig. Es wurde auch mit einem halbwegs attraktiven Steuersystem gearbeitet in der Joe Biden-Administration. Steuersätze, die nochmals von der Trump-Adminstration jetzt gesenkt worden sind. Da gehen beide doch in eine ähnliche Richtung. 

Der große Unterschied ist jetzt, durch Zollpolitik, durch Zollandrohungen mehr Investitionen glauben anregen zu können. Das ist jetzt die neue Handelspolitik der USA unter Donald Trump und die Umfragen zeigen, dass die Investitionspläne, die eher expansiv waren, unsere Unternehmen in den USA jetzt sich doch stark in Zurückhaltung, Vertagung, teilweise auch ins Negative verkehrt haben und deshalb sind unsererseits hier große Zweifel, dass am Ende diese Rechnung aufgehen wird.

Würden Sie sagen, die Regierung Trump hat langfristige Folgen fürs Engagement der deutschen Wirtschaft in den USA? Oder sind das einfach vier Jahre, die ein bisschen schwieriger sind?

Dr. Volker Treier Die USA sind ein äußerst wichtiger Absatzmarkt. Es ist in unserer Exportranglistenländer das Land Nummer eins der Absatzmärkte. Aber es sind immerhin oder nur knapp über 10 Prozent der deutschen Gesamtexporte gehen in die Vereinigten Staaten, das heißt knapp 90 Prozent gehen auch in andere Länder und wir haben die Unternehmen vor kurzem befragt, was die US-Zollpolitik auf ihre Geschäfte in den USA, auf ihre Aktivitäten auch in Form von Handel, aber auch von Investitionen bedeutet und was die US-Handels- und Zollpolitik für sie auch bedeutet, mit Blick auf die anderen Märkte.

Und eins ist klar, die Diversifizierung geht weiter, andere Märkte werden stärker in den Blick genommen, als wenn es diese Form von Handelspolitik nicht gäbe. Und auch sagen 17 Prozent der Unternehmen, die US-Geschäft haben, dass sie Investitionen, die sie dort vornehmen würden, jetzt vertagen. Es sagen 9% der Unternehmen dass sie Investitionen reduzieren, dass sie weniger machen als ohne diese Politik und es sagen nur 5 Prozent, dass sie mehr investieren. Also die Form des Ziels eine Reindustrialisierung auch für die Attraktion von deutschen Investoren zu erreichen, können wir in diesen Zahlen nicht sehen. 

Vielmehr wenden sich Unternehmen trotz der Bedeutung des Marktes, die steht außer Frage und das wird sich auch in vier Jahren nicht komplett in das Gegenteil verkehren. Trotz der Bedeutung dieses Marktes wird es andere Märkte geben, die allein durch die US-Handels- und Zollpolitik verursacht werden.

Also eine Diversifizierung - kein Rückzug?

Dr. Volker Treier Ein völliger Rückzug, ein Verzicht auf den US-Markt ist unvorstellbar. Dazu sind die USA zu wichtig in vielen Technologiefeldern, in Unternehmenskooperationen. Also das wird jedenfalls nicht auf eine freiwillige Art und Weise von unseren Unternehmen passieren.

… und dass sich US-Unternehmen aus Europa zurückziehen?

Dr. Volker Treier Auch das steht nicht zur Disposition. Europa ist viel wichtiger, als wir teilweise das diskutieren. Der europäische Binnenmarkt ist jetzt auch, auch als Folge der US-Handelspolitik, für deutsche Unternehmen noch wichtiger geworden und sagen fast drei Viertel der Unternehmen. Welche Märkte als Folge der US-Handels- und Zollpolitik für sie an Bedeutung nehmen, dass es der Binnenmarkt ist. 

Die US-Tech-Giganten sind in Deutschland und Europa, weil der europäische Binnenmarkt an dieser Stelle für ihre Geschäfte fast fundamental ist, womöglich hinter den USA, der weltweit wichtigste Markt und deshalb wird Europa durch einen Deal und die aktuellen, das Gerangel, es gibt ja ein Deal, das ist ja das Schöne, nicht weniger wichtig werden, sondern womöglich ähnlich wie die Sicht der deutschen Unternehmen, die wir befragt haben, sogar noch wichtiger werden.

Gibt es denn auch Gewinner bei der Sache? Zumindest temporäre Profiteure?

Dr. Volker Treier Es ist vorstellbar, dass es einzelne Unternehmen gibt, die Gewinner sind. Die muss man aber sozusagen im Schutz nehmen. Das hat keiner von diesen Unternehmen beabsichtigt, auf diesem Weg zu einem Gewinner auf Märkten zu werden. Die Europäische Union hat für alle Unternehmen in Europa verhandelt und ein Ergebnis erzielt, bei dem die Basisorientierung 15 Prozent sind. Das ist eine hohe Belastung. 

Rund zwei Prozent, das war der Durchschnitt vor diesem Deal. Gegenüber dem ist das eine erhebliche Zusatzbelastung, die vor allem die US-Kunden zahlen müssen, aber auch nicht an den Büchern der europäischen Unternehmen vorbeigehen werden. Es gibt andere Wirtschaftsregionen weltweit, die nicht diesen in Anführungstrichen guten Deal erreicht haben. Das Vereinigte Königreich und deren Unternehmen haben nur 10 Prozent. Aber danach kommt auch schon die Europäische Union mit den 15 Prozent. 

Insofern kann es natürlich Unternehmen, und das sind vereinzelte Unternehmen, aber die gibt es, die Konkurrenz aus anderen Regionen haben, wo die USA selbst wenige Unternehmen, die dann diese Produkte herstellen. Aber das ist es wirklich, das ist ein schwacher Trost gegenüber der Unterminierung einer internationalen Handelsordnung, die auf eine Verschränkung von Märkten gesetzt hat, auf ein gemeinsames, belastbares, verlässliches Regelwerk, wo wir auch noch viele Produktfelder hätten und Dienstleistungsbereiche hätten, wo es eine Einigung von wichtigen Wirtschaftsregionen, nicht zu sagen multilaterale Einigungen, geben sollte. 

Dieser Weg hin zu einer solchen regelbasierten wirtschaftlichen Verflechtung ist auch mit dieser US-Zoll- und Handelspolitik unterbrochen worden. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich hoffe, es ist nur ein Unterbrechen und ein keine Abkehr von diesem notwendigen Weg.

Hoffen auf bessere Zeiten also … Danke an Volker Treier. Auch für die Einschätzung, dass auf den amerikanischen Markt nicht verzichtet werden kann. Und die Beobachtung, dass sich Unternehmen aber durchaus nach neuen Märkten umschauen, im Sinne der Diversifizierung.  

Wir haben jetzt viel über die USA gesprochen, sprechen wir doch mit jemandem, der dort lebt und für Germany Trade & Invest die Entwicklung vor Ort verfolgt – mit Roland Rohde in Washington. Er hat uns bereits nach der Präsidentenwahl Rede und Antwort gestanden, für unsere erste Folge zum Thema gleich im Januar dieses Jahres.

Und - was hat sich seit Januar verändert?

Roland Rohde Fangen wir mal mit dem Positiven an. Also Steuersenkungen sind ja eigentlich per se einmal gut für die Wirtschaft: Steuersenkungen für die Haushalte, das kurbelt den Konsum an. Steuersenkungen für die Unternehmen, das kurbelt die Investitionen an. Dann auf der Plusseite weiter sind die Deregulierung, Entbürokratisierung. Das ist ja auch erstmal nicht schlecht. 

Aber das sind erstmal so die positiven Aspekte und ja, dann kommen wir jetzt zum Elefanten im Raum der Zollpolitik, der Handelspolitik. Und da will ich auch mit dem Positiven anfangen. Also Zölle haben unbestreitbar einen großen Vorteil, sie erhöhen die Staatseinnahmen in den USA. Und ja, die sprudeln auch munter die Zölle im Moment, werden auch weiter sprudeln. 

Und diese Einnahmen werden dazu genutzt, das Haushaltsdefizit zu reduzieren. Und das Haushaltdefizit war also unter Joe Biden völlig außer Kontrolle geraten. Er hatte ja dann große Programme, staatliche Programme aufgelegt, wie den Inflation Reduction Act und der war nicht nach oben gedeckelt. Ja, und niemand wusste, wie teuer er am Ende des Tages sein wird. Und der funktionierte eben über Steuergutschriften und dann brachen dem Staat halt die Einnahmen weg und das Defizit, also ging wirklich durch die Decke.

Und die negativen Auswirkungen der Handelspolitik, was ist damit?

Roland Rohde Erst einmal natürlich sind deutsche Unternehmen davon betroffen, es gibt da jetzt die vorläufige Vereinbarung zwischen der EU und den USA und da werden die allermeisten Einfuhren aus Deutschland mit 15 Prozent belegt und das ist natürlich für deutsche Unternehmer, die oft mit wenigen Margen rechnen, mit wenigen Prozentpunkten, ist das natürlich herb, und hinzu kommt noch dass durch die Zollpolitik auch der Wechselkurs, der US-Dollar, sehr stark nachgegeben hat, auch um noch mal 10 Prozent. 

Also wir sprechen hier von einer zusätzlichen Belastung von 25 Prozent, die nicht unbedingt voll auf die Unternehmen zukommen. Man muss immer gucken, wer zahlt am Ende des Tages die Zölle? Sind das wirklich die deutschen Unternehmen oder sind das nicht die Konsumenten in den USA? Aber wie gesagt, auf der Kostenseite ist das natürlich jetzt für viele Unternehmen ein großes Problem. Und da gibt es auch große Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen und Spaten. 

Ich nenne Ihnen ein Beispiel, ich sprach mit einem Automobilzulieferer in den USA, im Süden der USA, und der liefert unter anderem für BMW zu. Und der sagte, seine Kunststoffmaschinen, mit denen er Kunststoffteile produziert für die Automobilindustrie, die kommen aus Deutschland. Und da muss er jetzt 15 Prozent mehr zahlen, weil der Lieferant gesagt hat, ne, also wir reichen die Zölle, diese 15 Prozent Zölle, einfach weiter. Und weil es keine Alternativen zu diesen Importen gab, weil es eben auf dem amerikanischen Markt nicht entsprechende Maschinen gibt. 

Also es gibt durchaus Branchen, wo diese Zölle größtenteils weiter gereicht werden. In anderen Fällen, Automobil an sich, PKW ist das eben nicht so und es ist in jeder Branche völlig verschieden.

Und wie steht es mit dieser impulsiven Zollpolitik und den “Deals” von Trump, wie wirken sich die aus?

Roland Rohde Jetzt sind ja die ersten Einigungen mit wichtigen Handelspartnern zustande gekommen, mit der EU, mit China, Japan, Südkorea, Taiwan. Aber wie lange die Bestand haben, weiß man nicht genau. Und Trump hat ja zahlreiche andere Zölle angekündigt, branchenspezifische Zölle, eben zum Beispiel auf Holz, auf Pharmaprodukte, auf Halbleiter und so weiter. Da weiß man nicht, wann die kommen, ob die kommen und in welchem Umfang die kommen. 

Also eine hohe Unsicherheit und dann gibt es ja auch immer wieder Gerichtsurteile, dann wird da was aufgehoben und dann geht das zum Supreme Court. Und diese Unsicherheit, die macht sich natürlich stark bemerkbar in den USA, bei den Unternehmen, in den Haushalten. Die Haushalte sorgen sich zunehmend um ihren Job, der Arbeitsmarkt schwächelt, es werden keine neuen Stellen mehr geschaffen und die Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, weil sie eben nicht wissen, auf welcher Basis sie eigentlich ihre Investitionsentscheidung treffen sollen.

Und wie geht es mit der Inflation weiter?

Roland Rohde Die Inflation wird leicht steigen, weil eben ein Großteil der Zölle eben auch an die Konsumenten weitergegeben werden. Und die Arbeitslosigkeit wird leicht steigen. Die Erwerbstätigkeit wird zurückgehen. Und man merkt eben, dass für Schul- und Universitätsabgänger es im Moment unheimlich schwierig ist den ersten Job zu finden. Weil viele Unternehmen sagen, ja, wir entlassen nicht. Ja, es ist schwierig, Fachkräfte zu bekommen. Die wollen wir jetzt erst mal halten, aber sie stellen eben auch nicht ein. Ja, also „no hire, no fire“, sagt man hier so schön.

Und jetzt mal aus der Perspektive der deutschen Wirtschaft geschaut, für die der Markt USA ja extrem wichtig ist: Kann ein Teil von der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik sogar profitieren?

Roland Rohde USA ist der größte Exportmarkt für deutsche Unternehmen und die Exporte hatten ja auch im letzten und vorletzten Jahr Rekordwerte erreicht. In diesem Jahr müssen wir damit rechnen, dass sie zurückgehen. Schätzung, ungefähr um zehn Prozent, aber das  wie gesagt von einem sehr, sehr hohen Niveau aus. In einigen Branchen sieht es nicht gut aus, aber es gibt Branchen, die durchaus eben gegen den Trend wachsen und das ist zum Beispiel die Pharmabranche. 

Also die Arzneiwaren-Hersteller, die haben massiv Investitionen angekündigt in den USA. Man spricht da von ungefähr 250 Milliarden US-Dollar an Investitionen.Es wird massiv investiert in künstliche Intelligenz, in Datencenter, die schießen wie Pilze aus dem Boden. Und auch hier sind eben Zulieferchancen für deutsche Unternehmen, zum Beispiel im Bereich Gebäudetechnik, Abwassertechnik, ganz viele Sparten, und auch im Bereich Halbleiter. Es werden nach wie vor ganz viele Halbleiterfabriken hier errichtet. Also dort gibt es wirklich gute Absatzchancen und steigende Absatzchancen.

Wie kommt das mit Pharma, dass das so durch die Decke geht?

Roland Rohde Da rechnet man eben, dass als Zölle kommen werden auf Pharmaprodukte. Und dann haben die Unternehmen halt gesagt, ja gut, dann wollen wir verstärkt hier investieren. Aber da muss man auch ein bisschen vorsichtig sein bei dieser Zahl 250 Milliarden US-Dollar. Die Frage: Sind das nicht Investitionen gewesen, die ohnehin in der Pipeline waren, die ohne hingekommen wären und die sozusagen, um Trump zu beruhigen, dann sozusagen in der Presse dargestellt werden, als ja, wir tun das, wegen der Handelspolitik. Ich glaube, einen großen Teil werden diese Investitionen getätigt, weil der Pharmamarkt ist ein stark wachsender Markt.

US-Präsident Trump kann nicht wiedergewählt werden. Erwarten Sie, dass der nächste Präsident, wer auch immer es sein mag, einen grundlegend anderen Kurs in der Wirtschaftspolitik einschlagen wird?

Roland Rohde Da tut vielleicht mal ein Blick zurück in die Vergangenheit ganz gut. Also Protektionismus ist ja keine Sache, die Trump erfunden hat, sondern unter seinem Vorgänger Joe Biden hat er ja auch einiges eingeführt an protektionistischen Maßnahmen, nicht in Form von Zöllen, sondern mit viel raffinierteren Methoden, zum Beispiel im Rahmen seines Inflation Reduction Acts hat er sogenannte Made-in-America-Regeln eingefügt, das heißt lokale Wertschöpfungsanteile: Wenn es öffentliche Projekte oder öffentlich geförderte Projekten gibt, dann musste ein gewisser Anteil der Zulieferungen, der Materialien und so weiter, die mussten in Amerika produziert sein. 

Die Quoten haben sich stark unterschieden. Manchmal waren es 30 % im Durchschnitt, aber es konnten auch mal 50 sein. Zum Beispiel bei Stahl konnten es auch mal 100 % sein. Und dann hat er ja auch Zölle auf chinesische Elektroautos eingeführt, auf chinesische Batterien, Solarzellen und so weiter. Also Biden schien in seiner Amtszeit, also Trump im Vergleich zu Trumps erster Amtszeit wirklich auch nochmal von links zu überholen. Ich glaube, es ist ein genereller Trend, dass Amerika protektionistischer wird.

Die Rahmenbedingungen in zwei sehr wichtigen Märkten für deutsche Unternehmen, China und  USA, werden immer schwieriger. Können die durch andere Märkte ersetzt werden?

Roland Rohde Also da kann ich erst mal mit einem Nein starten und es dann näher erklären. Ich war selber lange, lange Zeit für die China-Berichterstattung tätig und kann mich gut an die Zeit erinnern, als es hieß: Wir müssen von China unabhängiger werden, wir müssen diversifizieren. Jetzt haben wir ein bisschen das gleiche Problem in den USA, aber China und USA sind riesige, riesige Absatzmärkte. Und da stellt sich die Frage: Wo sind denn eigentlich die Alternativen? 

Wenn Sie sagen, ja gut, Lateinamerika, das wären doch Alternativen. Aber wenn Sie sich die absoluten Lieferzahlen, Exportzahlen und Investitionszahlen eben anschauen, dann ist das im Vergleich zu den USA gering. Oder eben: Man hat immer gesagt, ja, es gibt doch tolle Märkte wie Indonesien. Ja, ich war auch mal in Indonesien als Berichterstatter und da habe ich das auch immer gehört. Ja, Indonesien, das ist doch hier ein Markt, 300 Millionen Einwohner. Da habe ich immer gesagt: Ja, Indonesien importiert genauso viele Waren wie eine große chinesische Stadt. Es gibt die großen Alternativen zu den großen Märkten, China und USA, die gibt es eigentlich nicht.

Sie haben ja den US-Präsidenten Biden erlebt und jetzt Trump. Was hat sich verändert zwischen den beiden Präsidentschaftszeiten?

Roland Rohde Für mich persönlich hat sich nichts groß verändert. Bei meiner Arbeit hat sich Einiges verändert. Eben als Marktberichterstatter muss ich Informationen liefern und da ist die Nachfrage von deutscher Seite durch die Decke gegangen. Also es kamen zig Anfragen zu Webinaren, zur Zollpolitik und dann sollte ich auch immer irgendwelche Prognosen machen und da musste ich sagen, ich kann keine Prognose machen, die kann keiner machen. Ja, es ist ein ein ganz starker Informationsbedarf, Aufklärungsbedarf. 

Und ja, für mich wurde die Arbeit auch interessanter, weil es plötzlich einen Bruch gab, einen starken Wandel, im Prinzip musste ich alle meine Marktberichte jetzt aktualisieren im Eiltempo. Also das hat sich schon sehr verändert. Was hat sich für die Unternehmen verändert? Da komme ich wieder zurück auf das Thema. Ja, die Unsicherheit, das hat sich stark verändert. Die Vorhersehbarkeit ist eben geringer, die Planbarkeit ist geringer. Man muss eben damit rechnen, dass dieses Jahr umsatzmäßig nicht so gut sein wird wie letztes Jahr und 2026 wahrscheinlich auch.

Dass man bei den USA, zugegeben etwas klischeebehaftet, an die große Freiheit denkt: Muss man sich davon jetzt verabschieden?

Roland Rohde Also ich sag mal so, das Angstniveau ist gestiegen, die Angst davor, Trump auf die Füße zu treten. Das will keiner irgendwie machen. Man redet ihm gerne nach dem Mund und das klappt auch ganz gut eigentlich. Also man muss sich eben anders verhalten. Man sagt A und tut B, habe ich so einen Eindruck. Aber wie gesagt, auch wenn man sieht, wie gegen Universitäten vorgegangen wird, wie Forschungsgelder gestrichen werden, wie ganze Forschungsinstitute dann geschlossen werden sollen. Also diese Wissenschaftsfeindlichkeit, diese Elitenfeindlichkeit, die finde ich schon bemerkenswert.

Vielen Dank nach Washington, an Roland Rohde von Germany Trade & Invest für dieses Gespräch, und auch für einige positive Seiten, die er der aktuellen Situation wirtschaftlich betrachtet trotz allem abgewinnen konnte.

Wer noch einmal in unser letztes Interview mit ihm hineinhören möchte, das wir im Januar veröffentlicht haben, findet den Link auf Folge 26 mit dem Titel „Trump wird Präsident – was heißt das für die deutsche Wirtschaft?“, in den Shownotes. Dort finden Sie auch die Links zu unserer USA-Berichterstattung.

Wir von WELTMARKT melden uns dann wieder im Dezember, passend zu Weihnachten als Fest des Schlemmens, mit einer Folge zum Export von Lebensmitteln und zum Import von Vorprodukten. Machen Sie es gut, bis dahin!

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