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Branche kompakt | Slowakei | Automobilsektor

Slowakische Autoindustrie weiter auf Rekordjagd

Nach dem Ende der Lieferengpässe ist die slowakische Autoindustrie wieder auf Wachstumskurs. Viele neue Investitionen stehen an, darunter auch Batteriefabriken für Elektroautos.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Ausblick der Kfz-Branche in der Slowakei

  • Autoproduktion könnte 2024 neuen Rekordstand erreichen
  • Fabriken bereiten die Transformation zur Elektromobilität vor
  • Zulieferer investieren massiv in Kapazitäten für neue Antriebsformen
  • Volvo will ab 2027 ausschließlich Elektroautos in der Slowakei bauen
  • Fachkräftemangel in der Branche verschärft sich

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, angekündigten Investitionen, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: August 2024

  • Markttrends

    Die Slowakei baut ihre Rolle als eine führende Automobilnation aus. Die künftig fünf großen Fahrzeugfabriken sorgen für massive Investitionen und Neuansiedlungen von Zulieferern.

    Die Automobilindustrie bildet das Rückgrat der slowakischen Wirtschaft. Mit einer Produktion von 198 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner steht die Slowakei weltweit an der Spitze. Über 260.000 Jobs hängen direkt und indirekt von der Branche ab. Vier große Hersteller produzieren bereits Autos im Land: Volkswagen, Stellantis, Kia und Jaguar Land Rover. Mit Volvo baut derzeit bei Košice der fünfte Konzern eine Produktionsstätte auf. Hinzu kommen wichtige Tier-1-Zulieferer, die von ihren Werken in der Slowakei Abnehmer in ganz Europa beliefern.

    260.000 Jobs

    hängen in der Slowakei direkt und indirekt von der Automobilindustrie ab.

    Laut der Wirtschaftsfördergesellschaft Sario entfällt die Hälfte der slowakischen Industrieproduktion auf den Automobilsektor. Der Wirtschaftszweig hat einen Anteil von 11 Prozent am Bruttoinlandsprodukt.

    Der Höchststand der Fahrzeugproduktion aus dem Jahr 2019 (1,11 Millionen Autos) wurde bislang aber nicht wieder erreicht. Das lag in den vergangenen Jahren vor allem an den Engpässen bei der Versorgung mit Kfz-Teilen und Halbleitern. Die Lieferschwierigkeiten konnte die Branche 2023 weitgehend überwinden, sodass fast 1,1 Millionen Autos von den Bändern liefen.

    Neuer Produktionsrekord erwartet

    Für 2024 erwartete der Automobilverband ZAP SR noch im Januar eine Rekordproduktion von 1,13 Millionen Autos. Das wäre ein Plus von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allerdings vermeldete die Branche im 1. Quartal 2024 sinkende Produktions- und Umsatzzahlen sowie weniger Neuaufträge. Ob daher tatsächlich ein neuer Produktionsrekord erzielt werden kann, wird sich erst im weiteren Jahresverlauf zeigen.

    Der technologische Wandel weg vom Verbrennungsmotor hin zum Elektroantrieb kam bei den Herstellern in der Slowakei bislang nur langsam voran. Doch das ändert sich derzeit, denn der Zeitdruck wächst. Ab 2035 sollen in der EU nur noch Neuwagen zugelassen werden, die beim Fahren kein Kohlendioxid ausstoßen.

    Handelsstreit mit China bedroht die Branche

    Gefahren für die slowakische Autoindustrie drohen durch mögliche Gegenmaßnahmen auf die im Juli 2024 eingeführten EU-Zusatzzölle für chinesische Elektrofahrzeuge. Peking kündigte bereits an, seine Interessen zu verteidigen. Laut Elektroautoverband SEVA exportiert die Slowakei jährlich Fahrzeuge für rund 2,3 Milliarden Euro in das Reich der Mitte. Betroffen von Chinas Gegenreaktion wären vor allem die teuren Modelle von Volkswagen in Bratislava und von Jaguar Land Rover in Nitra. 

    Erfolge konnte die Slowakei zuletzt durch die Ansiedlung von Batterieproduzenten vorweisen. Im November 2023 gab das chinesische Unternehmen Gotion High-Tech bekannt, mit dem slowakischen Start-up InoBaeine Gigafactory in Šurany bei Nitra zu bauen. Kurz darauf eröffnete InoBat bereits eine eigene Produktionslinie für Batteriezellen in Voderady bei Trnava. Dort können bis zu 50.000 Hochleistungsbatterien pro Jahr hergestellt werden. 

    Außerdem baut Porsche eine Batteriefabrik in Horná Streda. Der "Smart Battery Shop" wird ab 2025 Batteriemodule für den geplanten elektrischen Porsche Cayenne produzieren, berichteten slowakische Medien.

    Neuwagengeschäft legt weiter zu

    Der slowakische Markt für Neuwagen setzt seine Erholungsphase fort, weil es bei der Auslieferung nicht mehr zu Engpässen kommt und die Verbraucher wieder reale Einkommenszuwächse verbuchen. Die Anmeldungen von Pkw stiegen 2023 nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie ZAP SR um fast 12 Prozent auf 88.000 Fahrzeuge. Im 1. Halbjahr 2024 ging es im Jahresvergleich noch einmal um fast 4 Prozent nach oben. 

    Absatz von Kfz in der SlowakeiStückzahl; Veränderung in Prozent

    Kategorie

    2022

    2023

    1. Halbjahr 2024

    Veränderung 1. Halbjahr 2024 / 1. Halbjahr 2023

    Pkw (M1)

    78.841

    88.003

    47.142

    3,7

    Leichte Nutzfahrzeuge (N1)

    7.679

    9.107

    5.245

    25,5

    Lkw (N2, N3)

    3.160

    3.939

    1.878

    -15,3

    Busse (M2, M3)

    394

    793

    161

    -41,0

    Quelle: ZAP SR 2024; Motofocus.sk 2024

    Unter den großen Anbietern haben die Marken Volkswagen und Škoda von Januar bis Juni 2024 besonders stark zugelegt, während Peugeot (-32 Prozent) und Kia (-12 Prozent) größere Einbußen hinnehmen mussten. Der chinesische Hersteller MG konnte seine Verkäufe im 1. Halbjahr 2024 um 145 Prozent auf 559 Autos ausweiten.

    Škoda ist die beliebteste Automarke mit einem Fünftel Marktanteil. Dahinter folgen Toyota, Hyundai und Volkswagen. Bei den leichten Nutzfahrzeugen verkauften Renault, Toyota und Ford im 1. Halbjahr 2024 am meisten Neuwagen.

    Absatz von neuen Pkw in der Slowakei nach HerstellernStückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent
    Hersteller

    Absatz 2022

    Absatz 2023

    Absatz 1. Halbjahr 2024

    Veränderung 1. Halbjahr 2024 / 1. Halbjahr 2023

    Marktanteil 1. Halbjahr 2024

    Škoda

    13.850

    17.4199.5926,620,4
    Toyota

    8.283

    10.2885.048-4,110,7
    Hyundai

    9.261

    8.9204.538-5,59,6
    Volkswagen

    6.890

    6.2994.37830,39,3
    Kia

    8.931

    9.4704.289-12,19,1
    Dacia

    3.728

    3.9952.3020,04,9
    Mercedes-Benz2 6313.2741.7405,13,7
    Quelle: ZAP SR 2024; Motofocus.sk 2024

    Elektroautos haben einen schweren Stand

    Benzinmotoren bleiben die beliebteste Antriebsart bei neuen Pkw in der Slowakei. Sie hatten im 1. Halbjahr 2024 einen Anteil von 46 Prozent an den Neuwagenverkäufen. Das waren drei Prozentpunkte weniger als im Vorjahreszeitraum, während der Anteil von Hybridfahrzeugen um fast vier Prozentpunkte auf 30 Prozent gestiegen ist. Rund 17 Prozent der Neuzulassungen waren reine Dieselfahrzeuge. Der Anteil von Autos mit ausschließlich Elektroantrieb war mit 2,6 Prozent weiterhin sehr gering. 

    Mehr als die Hälfte der Neuwagenverkäufe entfällt auf Kompakt-SUV. Weitere 27 Prozent sind Mittelklassewagen. Der hohe Anteil der eher hochpreisigen Autos hängt damit zusammen, dass über 70 Prozent der Zulassungen auf Firmenkunden entfallen. 

    Hohes Durchschnittsalter der Fahrzeugflotte

    Insgesamt waren in der Slowakei Ende Juni 2024 laut Polizeistatistik über 3,7 Millionen Fahrzeuge registriert, davon 2,7 Millionen Pkw. Der Motorisierungsgrad war mit 501 Autos pro 1.000 Einwohner nach Angaben des Europäischen Autoindustrieverbandes ACEA 2022 niedriger als im EU-Durchschnitt (574).

    Nach Angaben des ACEA lag das Durchschnittsalter der slowakischen Pkw 2022 bei 14,7 Jahren. Der Wert ist fast fünf Jahre höher als in Deutschland und steigt tendenziell an. Noch älter sind die in der Slowakei registrierten Lkw (durchschnittlich 15,9 Jahre).  

    Für viele Autofahrer kommt ein Neuwagen preislich nicht in Frage. Individuelle Importe bringen viele gebrauchte Fahrzeuge ins Land. Eine neue Berechnungsmethode der Anmeldegebühren berücksichtigt stärkere Emissionsklassen, Alter und Leistung eines Fahrzeugs. Dadurch können für weniger ökologische Fahrzeuge die Kosten auf bis zu 1.000 Euro steigen.

    Von Gerit Schulze | Bratislava

  • E-Mobility

    Die Slowakei gehört bei Elektromobilität zu den Schlusslichtern in Europa. Das ändert sich nur langsam, weil es nur wenige Ladepunkte und kaum Kaufanreize gibt.

    Elektroautos haben weiter einen schweren Stand zwischen Donau und Tatra. Als eines der wenigen Länder gewährt die Slowakei den Käufern keine Anreize, sodass die Marktdurchdringung sehr langsam vorankommt. Im Gesamtjahr 2023 wurden nur 2.346 Neuwagen mit reinem Batterieantrieb zugelassen. Das war ein Anteil von lediglich 2,7 Prozent, während der EU-Durchschnitt fast 15 Prozent erreichte. 

    Deutsche Modelle besonders beliebt

    Auch im 1. Halbjahr 2024 war das Käuferinteresse verhalten. Mit 1.233 Batterieautos betrug der Anteil an den Gesamtzulassungen magere 2,6 Prozent (EU: 12,5 Prozent). Die meisten Elektroautos (ohne Hybrid-Modelle) verkauften Volkswagen (210), Kia (168), Škoda (164), Mercedes-Benz (136) und BMW (112). Teslafahrzeuge sind in der Statistik von ZAP SR nicht erfasst.

    Impulse könnte der Handel mit gebrauchten Elektroautos bringen, denn das Interesse an günstigen Fahrzeugen ist da. Laut Datenbanken des Innenministeriums waren Ende Juli 2024 in der Slowakei rund 13.500 Pkw und 800 Nutzfahrzeuge mit reinem Elektroantrieb unterwegs. Außerdem gab es 13 Fahrzeuge mit Brennstoffzelle (Wasserstoff), darunter neun Busse.

    Zu wenig Schnellladestationen

    Die schwache Marktentwicklung der Elektromobilität liegt auch am geringen Angebot öffentlicher Ladesäulen. Der Branchenverband SEVA zählte Mitte 2024 in der Slowakei 2.158 Ladepunkte, von denen aber nur ein Drittel Schnelllader mit einer Leistung von 50 Kilowatt und mehr waren. Seit Jahresbeginn wurden 350 neue Ladepunkte in Betrieb genommen. 

    Für den Aufbau der Ladeinfrastruktur stellt das Wirtschaftsministerium Städten und Gemeinden Fördermittel aus dem Aufbau- und Resilienzplan bereit. Es gibt bis zu 3.000 Euro für einen normalen Ladepunkt (AC) und 29.000 Euro für Schnellladesäulen (DC). Eine weitere Förderrunde zielt auf Ultraschnellladestationen. Doch Marktbeobachter kritisieren, dass die Projektanträge nur sehr langsam bearbeitet werden. 

    Dafür engagieren sich private Unternehmen intensiver am Markt. E.on hat über seine slowakische Beteiligung ZSE schon rund 500 Ladesäulen aufgebaut und plant bis Jahresende 2024 den Bau von 150 Ultraschnellladern. Auch andere Energieversorger wie der Stromversorger SSE, der Gasversorger SPP oder das Unternehmen Greenway planen einen Ausbau ihres Ladenetzes.

    Marktdurchbruch ab 2028 erwartet

    Der Verband SEVA rechnet damit, dass die Slowakei erst nach 2028 an die westeuropäischen Zulassungszahlen für Elektroautos heranreicht, wenn der Preisunterschied zu Modellen mit Verbrennungsmotor verschwunden ist. Laut dem Basisszenario von SEVA steigt die Zahl der Elektroautos bis 2028 auf etwa 50.000 und bis 2030 auf 117.000. Sie hätten dann einen Anteil von 4,5 Prozent am Fahrzeugpark des Landes. Unter besonders günstigen Voraussetzungen (fallende Preise, bessere Infrastruktur, attraktive Kaufanreize) würde der Bestand bis 2030 sogar auf über 213.000 Elektroautos steigen.

    Dazu beitragen könnten einige im Land hergestellte Modelle wie der Citroën ë-C3, der ab 2024 im Stellantis-Werk Trnava produziert wird und in einer Basisversion für unter 20.000 Euro verkauft werden soll. Kia plant ab 2025/2026 den Produktionsstart für das Kleinwagenmodell EV2. Sein Preis soll unter 30.000 Euro liegen.

    Aktionsplan definiert Ziele für Elektromobilität

    Die slowakische Regierung verabschiedete im Juni 2023 den Aktionsplan zur Entwicklung der Elektromobilität. Sie will bis Ende 2026 sicherstellen, dass entlang des Fernstraßennetzes ausreichend Ultraschnellladesäulen entstehen (mindestens 228). Dafür sollen knapp 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Außerdem muss das normale Ladenetz erweitert werden. Unternehmen und Privathaushalte können Zuschüsse für die kombinierte Installation von Fotovoltaikanlagen und Wallboxen bekommen. Ziel sind 2.000 nicht-öffentliche Wallboxen sowie 3.100 öffentliche AC- und DC-Ladepunkte. 

    Der Aktionsplan verweist darauf, dass für alle Unternehmen und Privathaushalte Ladeinfrastruktur zugänglich sein muss ("right to plug"). Daher will die Regierung die Installation von Ladepunkten auch in Mehrfamilienhäusern erleichtern. Wenig konkret ist der Aktionsplan in Bezug auf direkte Kaufprämien für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen. Diese werden zwar als wichtig anerkannt, sollen aber je nach Haushaltslage definiert werden.

    Von Gerit Schulze | Bratislava

  • Branchenstruktur

    Vier Autofabriken und über 350 Zulieferer bilden den Kern der slowakischen Fahrzeugindustrie. Sie investieren derzeit kräftig, um den Wandel zur Elektromobilität zu bewältigen.

    Die slowakische Fahrzeugindustrie ist zurück auf der Wachstumsspur. Die Pkw-Produktion stieg 2023 um 10 Prozent auf 1,08 Millionen Fahrzeuge. Das war der drittbeste Wert in der Geschichte des Landes. Nur in den zwei Jahren vor der Coronapandemie wurden mehr Autos in der Slowakei gebaut. 

    Zum Aufschwung trug 2023 vor allem Volkswagen bei. Im Werk Bratislava produzierte der Autobauer 329.000 Fahrzeuge und damit 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Drei Viertel der Produktion entfielen auf die SUV-Modelle VW Touareg, Porsche Cayenne, Audi Q7 und Q8. Außerdem werden in der Fabrik seit 2023 der Škoda Superb und der VW Passat gebaut. Dafür lief die Fertigung der Kleinstwagenmodelle VW up! und e-up! aus. 

    Volkswagen platziert Milliardenaufträge im Land

    Seit seiner Gründung 1991 hat Volkswagen Slovakia über 5,5 Milliarden Euro investiert, davon allein 2023 rund 424 Millionen Euro. In einer weiteren Fabrik im mittelslowakischen Martin produziert Volkswagen Komponenten für Getriebe und Fahrwerke, Differenziale und andere Teile. Der Wolfsburger Konzern ist ein wichtiger Auftraggeber für die einheimische Industrie. Das Einkaufsvolumen betrug 2023 laut Jahresbericht 10 Milliarden Euro, wovon 26 Prozent in der Slowakei verblieben. Weitere 32 Prozent des Auftragsvolumens gingen an Lieferanten in Deutschland, 20 Prozent an ungarische Hersteller. 

    Der Exportwert von Volkswagen Slovakia erreichte im Vorjahr 11,7 Milliarden Euro. Die wichtigsten Absatzmärkte waren Europa (40 Prozent), Nordamerika (25 Prozent) und China (20 Prozent).

    Slowakische Autoproduktion nach Herstellern
    Hersteller / Standort

    2022

    2023

    Veränderung 2023/2022 in %

    Kia / Žilina

    311.000

    350.000

    13

    Volkswagen / Bratislava

    268.700

    329.000

    22

    Stellantis / Trnava

    312.500

    265.000

    -15

    Jaguar Land Rover / Nitra

    108.000

    135.000

    25

    Quelle: Slowakischer Automobilverband ZAP SR 2024

    Aufschwung mit Fragezeichen

    Für 2024 rechnet der Branchenverband ZAP SR mit einem Anstieg der Gesamtproduktion um 5 Prozent auf einen neuen Höchststand von 1,13 Millionen Fahrzeugen. Allerdings gibt es erste Anzeichen für eine Verschnaufpause. Das Statistikamt meldete für das 1. Quartal 2024 einen Produktionsrückgang in der Fahrzeugindustrie um 8 Prozent im Jahresvergleich. Der Wert der Neuaufträge schrumpfte um 13 Prozent. Außerdem sind die Einfuhren von Kfz-Teilen gesunken. Von Januar bis April 2024 importierte die Slowakei gemessen am Warenwert 11 Prozent weniger Komponenten für die Autoindustrie. 

    Hersteller bereiten Technologiewandel vor

    Derweil laufen in der Branche umfangreiche Investitionen. Kia bereitet am Standort Žilina die Linien für neue Modelle vor und investiert mehr als 150 Millionen Euro. Der Fahrzeughersteller kündigte eine Modelloffensive bei Elektroautos an und will innerhalb von vier Jahren 15 Modelle anbieten. Ein Teil davon könnte im slowakischen Werk montiert werden, darunter der Kleinwagen EV2. Kia produziert dort schon jetzt Hybridversionen des Ceed und Sportage.

    Auch südkoreanische Zulieferer bereiten sich auf den Technologiewandel vor. Die zum Hyundai-Konzern gehörende Mobis zieht für 180 Millionen Euro eine Produktion von Elektroantrieben bei Žilina hoch. Ebenfalls in der Nähe baut die südkoreanische Wia eine Fertigungslinie für E-Auto-Antriebswellen. Iljin Slovakia wiederum erweitert die Kapazitäten für Aluminium-Radaufhängungen und Luftfedern am Standort Prievidza.

    Stellantis investiert in Trnava laut slowakischen Medienberichten rund 200 Millionen Euro in das neue Produktionsprogramm. Besonders wichtig ist der Elektrokleinwagen Citroën ë-C3, der ab der zweiten Jahreshälfte 2024 in Serie geht. Nach der Markteinführung soll der E-Auto-Anteil an der Gesamtproduktion in Trnava auf über 50 Prozent steigen.

    Volvo und Jaguar setzen komplett auf Batterieautos

    Die große Umstellung der slowakischen Autoproduktion auf Elektroantriebe ist aber erst für die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts zu erwarten. Die fünfte Automobilfabrik des Landes, Volvo Cars in Košice, soll ab 2027 im Industriepark Valaliky an den Start gehen und von Beginn an ausschließlich Autos mit Batterieantrieb produzieren. Geplant ist eine Jahreskapazität von mindestens 250.000 Fahrzeugen.

    Jaguar Land Rover will bis zum Ende der laufenden Dekade sein slowakisches Werk in Nitra komplett auf Autos mit Batterieantrieb umstellen. Volkswagen kündigte an, "ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts" die vollelektrische Version des Porsche Cayenne in Bratislava zu bauen.

    Ein einheimisches Unternehmen, Patak Motors, plant in der Region Banská Bystrica die Fertigung von Retroautos in kleinen Stückzahlen. Der zweisitzige Roadster soll mit Verbrennungs- und Elektromotor ab 22.000 Euro angeboten werden.

    Außerdem berichteten slowakische Medien, dass der chinesische Autohersteller SAIC bei der Suche nach einem europäischen Produktionsstandort auch die Slowakei im Blick hat. 

    Zulieferunternehmen mit Milliardenumsätzen

    Mehr als 350 direkte Zulieferunternehmen sind laut Investitionsagentur SARIO in der Slowakei aktiv. Drei von ihnen (Mobis, Continental Tires und Motherson SAS) erzielten 2023 Umsätze von über 1 Milliarde Euro. 

    Führende Produzenten der Kfz-Industrie in der Slowakei Umsätze in Millionen Euro; Veränderung in Prozent
    Unternehmen, StandortTätigkeitsbereiche

    Umsatz 2022

    Umsatz 2023

    Veränderung 2023/2022

    Volkswagen Slovakia, BratislavaPkw-Produktion in Bratislava, Komponentenproduktion in Martin9.73511.75720,8
    Kia Slovakia, Teplička nad VáhomPkw-Produktion, Motoren6.7598.01418,6
    PCA Slovakia, Trnava 1)Pkw-Produktion, Batteriemodule3.6783.301-10,3
    Mobis Slovakia, GbeľanyArmaturenbretter, Achsen, Puffer, Bremssysteme1.8101.9859,6
    Continental Tires, Púchov 2)Reifen für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, SUV, Lkw und Busse1.3501.3751,9
    Motherson SAS Automotive Systems and Technologies Slovakia, BratislavaInnenraumausstattung8711.05521,1
    Faurecia Automotive Slovakia, BratislavaArmaturenbretter, Türkomponenten, Autositze, Auspuffe8638943,6
    ZF Slovakia, TrnavaKupplungen, Schwungräder, Wandler68080418,3
    Schaeffler Kysuce, Kysucké Nové MestoSpezialwälzlager für die Kfz-Industrie67877714,5
    Hella Slovakia Lighting, KočovceBeleuchtung für die Kfz-Industrie36771294,1
    1 gehört seit Januar 2021 zu Stellantis; 2 bis 2023 Continental Matador Rubber und Continental Matador Truck Tires.Quelle: Finstat 2024; Wirtschaftsmagazin Trend 2024; Register der Jahresabschlüsse 2024; Unternehmensangaben 2024

    Neben den Autofabriken investieren ebenso die Zulieferer in ihre slowakischen Werke. Dabei geht es vor allem um neue Kapazitäten für den Hochlauf der Elektromobilität. Auch neue Teileproduzenten kommen ins Land. Einer von ihnen ist der chinesische Hersteller von Bordladegeräten, Meta Systems, der fast 130 Millionen Euro investieren will.

     

    Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in der SlowakeiAuswahl
    Vorhaben

    Investitionssumme (in Mio. Euro)

    ProjektstandAnmerkungen
    Gotion InoBat Batteries / Batteriewerk und Forschungszentrum in Šurany

    1.230

    Investitionsanreize genehmigt; Produktionsstart ab Mitte 2027 geplantInoBat
    Mobis / neue Halle zur Produktion von Kfz-Teilen für E-Autos in Nováky

    180

    Investition für 2024 bis 2025 geplantMobis Slovakia
    ZF / Erweiterung der Produktion um Elektromotoren für E-Autos in Trnava

    132

    Investitionsanreize genehmigt; Produktionsstart Ende 2024ZF Slovakia
    Meta System / neues Werk zur Produktion von Bordladegeräten für E-Autos in Trnava

    126

    Investitionsanreize genehmigt; Produktionsstart ab 2025Meta System Slovakia / Deren Electronics
    Wia / neues Werk zur Produktion von Antriebwellen für E-Autos und Technologiezentrum in Dolný Hričov

    58

    Investitionsanreize genehmigt; Produktionsstart ab 2025Hyundai Wia Slovakia
    Schaeffler / Erweiterung der Produktion von elektrischen Achsen für E-Autos in Kysucké Nové Mesto 

    23

    Investition für 2024 bis 2027 geplant; Investitionsanreize genehmigtSchaeffler Kysuce
    Minebea / Erweiterung der Produktion von lackierten Kunststoffteilen in Košice

    10

    Betrieb der neuen Linie für Mitte 2025 geplantMinebea AccessSolutions
    SPPP Slovakia / Erweiterung der Lackieranlage für Rückspiegel, Kühlergrills und andere Kfz-Teile in Bánovce nad Bebravou

    3

    Investition im Frühjahr 2024 angekündigtSPPP
    CabinAir / neue Produktion von Luftfiltern für Kfz-Innenräume in Nové Mesto nad Váhom

    1,5

    Lieferungen für das neue Werk von Volvo und andere AutomobilherstellerCabinAir Slovakia
    Jaguar Land Rover / neues Batteriewerk und Erweiterung der Produktion um E-Autos in Nitra

    k.A.

    Produktionsstart spätestens ab 2030 Jaguar Land Rover Slovakia
    Quelle: Pressemeldungen 2024; SARIO 2024; Unternehmensangaben 2024; Fachmedien 2024

    Deutschland und die Nachbarländer sind wichtigste Handelspartner

    Der slowakische Autosektor ist eng in die globalen Lieferketten eingebunden und hat 2023 allein in der Kategorie SITC 784 Kfz-Teile und Komponenten im Wert von 6,5 Milliarden Euro exportiert. Das war ein Zuwachs um ein Viertel. Mehr als doppelt so groß war das Importvolumen mit 14,6 Milliarden Euro. Über ein Viertel davon kam aus Deutschland. Wichtige Lieferländer für Kfz-Teile sind außerdem die Nachbarn Tschechien, Ungarn und Polen sowie Frankreich und Südkorea.

    Beim Export ergibt sich ein ähnliches Bild mit Deutschland, Tschechien und Frankreich als den größten Abnehmern. Allerdings spielen auch Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich eine wichtige Rolle.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die Slowakeiin Millionen Euro; Veränderung in Prozent
     

    2023

    Veränderung 2023/2022

    aus Deutschland 2023

    Veränderung 2023/2022

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    1.291

    17,5

    218

    2,3

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    14.589

    21,2

    3.946

    21,0

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    1.727

    17,6

    247

    -1,7

    SITC 713.2 Motoren

    1.711

    30,0

    355

    69,3

    Summe

    19.317

    21,3

    4.767

    21,2

    Quelle: Eurostat 2024

    Von Gerit Schulze | Bratislava

  • Rahmenbedingungen

    Als Mitglieder der Europäischen Union gelten für Deutschland und die Slowakei auf dem Binnenmarkt die gleichen Rahmenbedingungen.

    Organisationen werden mit Zulassungsverfahren beauftragt

    Technische Inspektionen von Fahrzeugen werden in der Slowakei von etwa 200 Prüfstellen durchgeführt. Eine Liste führt der Technische Dienst für Technische Kontrolle Testek. Er überwacht auch die Einhaltung der Standards durch die Prüfstellen.

    Typenzulassungen für Kfz und Kfz-Teile dürfen derzeit von 12 damit beauftragten Organisationen vorgenommen werden, darunter Dekra Slovensko und TÜV SÜD Czech. Aufsichtsbehörde ist das Ministerium für Verkehr, das auch die beauftragten Organisationen auflistet.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Gerit Schulze | Bratislava

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Slowakei

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    WirtschaftsministeriumZuständig für die Kfz-Branche
    SARIO (Slovak Investment and Trade Development Agency)Förderstelle für Investitionen
    Verband der Automobilindustrie ZAP SRVereint 200 Mitglieder
    Maschinenbauverband ZSP SRUnter den Mitgliedern auch Kfz-Zulieferer
    Innung der Kfz-Verkäufer und ServicefirmenAutorisierte Verkäufer, Serviceunternehmen und Lieferanten
    StrojárstvoMonatszeitschrift für den Maschinenbau
    Autosalon BratislavaFachmesse, voraussichtlich im April 2025
    Autosalón Autoshow NitraFachmesse, 3. bis 6. Oktober 2024
    Informationsportal der Lieferanten der Kfz-IndustrieGebührenpflichtige Datenbank der Kfz-Industrie
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