Special | Slowakei | US-Zölle
Slowakei: 70 Prozent der US-Exporte entfallen auf Pkw
In der Slowakei gefertigte SUV sind in den USA beliebt. Bis zu 15.000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie sind durch höhere Zölle in Gefahr.
26.05.2025
Von Gerit Schulze | Prag
Die USA stehen mit einem Exportvolumen von nur 4,4 Milliarden Euro 2024 für die Slowakei nur auf Platz 9 der wichtigsten Exportdestinationen. Trotzdem erzielt die Slowakei gegenüber den USA einen Handelsüberschuss von 3,6 Milliarden Euro. Besonders für die Automobilindustrie im Land sind die Zollankündigungen eine ernste Herausforderung.
Besonderheiten in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA
Über 70 Prozent der slowakischen Exporte in die USA entfallen auf Pkw. Besonders die Werke von Volkswagen in Bratislava und von Jaguar Land Rover in Nitra wären von US-Zusatzzöllen betroffen. Dort werden große SUVs und Geländewagen produziert, die auf dem US-Markt sehr beliebt sind. Die Zölle treffen vor allem margenträchtige Modelle mit Vollausstattung und einen Sektor mit hoher Wertschöpfung.
Laut dem Industrieverband APZD (Asociácia priemyselných zväzov a dopravy) exportiert VW Bratislava 16 Prozent seiner Produktion in die USA, JLR Nitra 23 Prozent. Insgesamt exportiert die Slowakei laut dem Branchenverband jährlich rund 100.000 Pkw in die USA. Durch Zölle würde diese Zahl um ein Viertel sinken (20.000 Pkw im Wert von 1,1 Milliarden Euro). Eine längerfristige Anwendung von US-Zöllen auf Autos würde in der slowakischen Automobilindustrie zum Verlust von 9.000 bis 15.000 Arbeitsplätzen führen.
Außerdem hat die Slowakei starke Exporte bei Reifen, Werkzeugmaschinen, Wälzlagern und Pumpen. Indirekt betroffen sind Kfz-Zulieferer, Metallverarbeiter und Kunststoffhersteller. Der Staatshaushalt könnte so insgesamt bis zu 150 Millionen Euro pro Jahr an Einnahmen verlieren.
Produkt | Wert |
Straßenfahrzeuge (SITC 78) | 3,2 |
Kautschukwaren (SITC 62) | 0,3 |
Maschinen für verschiedene Zwecke z.B. Wellen und Kurbeln, Getriebe, Pumpen, Kompressoren (SITC 74) | 0,3 |
Elektrische Maschinen (SITC 77) | 0,2 |
Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke, z.B. Werkzeugmaschinen (SITC 72) | 0,1 |
Herausforderungen und Chancen
Die slowakische Zentralbank rechnet bei einem Handelskonflikt mit den USA mit Entlassungen von bis zu 20.000 Beschäftigten in der Industrie. Aktuell gibt es hier allerdings 100.000 offene Stellen, so dass dieser Effekt womöglich ausgeglichen würde.
Das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) würde 2026 bei Einführung der von den USA angekündigten Zölle Richtung Null gehen. Bislang rechnet das slowakische Finanzministerium noch mit jeweils 1,9 Prozent Wachstum für 2025 und 2026.
Das slowakische BIP könnte bei Beibehaltung der Strafzölle bis Ende 2027 um 3 Prozent geringer ausfallen, das wäre ein Verlust von rund 3 Milliarden Euro. Außerdem würde bei den Exporten ein Defizit von 5 Milliarden Euro im Vergleich zur Situation ohne die Zusatzzölle erwartet.
Sollten sich die negativen Erwartungen bewahrheiten, wäre die Regierung in Bratislava bereit, Kurzarbeitsanreize für Arbeitnehmer zu aktivieren. Außerdem ist eine Abwrackprämie im Gespräch, um den Kauf von Neuwagen anzukurbeln und so die einheimische Automobilindustrie zu stützen.
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