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Special | Südafrika | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Industrie: Neue Energiequellen als Chance zur Dekarbonisierung

Unzuverlässige Stromversorgung ist aktuell ein Standortnachteil Südafrikas. Gesetzesänderungen erlauben die Eigenproduktion bis 100 Megawatt - wachsendes Potenzial für Fotovoltaik.

Von Marcus Knupp | Berlin

Die Energieversorgung ist für Industriebetriebe in Südafrika in den letzten Jahren immer mehr zu einem Problem geworden. Trotz des reichlich vorhandenen Energierohstoffs Steinkohle konnte der staatliche Versorger Eskom die Stromzufuhr zuletzt immer weniger sicherstellen. Die zeitweise Abschaltung ist für Privathaushalte unbequem. Für die industrielle Fertigung ist "load shedding" eine unter Umständen existenzbedrohende Einschränkung. Aber auch der Energieträger Kohle selbst stellt aus Klimaschutzperspektive eine zunehmende Belastung dar. Viele Unternehmen suchen daher nach Alternativen mit der doppelten Zielsetzung, ihre Energieversorgung zu stabilisieren und die Produktion zu dekarbonisieren.

Dekarbonisierung durch Eigenversorgung

Mit Dieselöl betriebene Notstromaggregate sind teuer und wenig umweltfreundlich. Eigene Fotovoltaikanlagen (PV) sind in beiderlei Hinsicht eine Alternative. Im Herbst 2021 hat die südafrikanische Regierung beschlossen, die eigene Stromerzeugung bis zu einer Kapazität von 100 Megawatt ohne die aufwändige Lizenzierung durch den National Energy Regulator of South Africa (NERSA) zuzulassen. Dies bietet gleichzeitig eine große Chance, die industrielle Produktion auf erneuerbare Energien wie PV umzustellen. In den nächsten fünf Jahren erwartet die Regierung einen Zubau von rund 5.000 Megawatt Eigenkapazitäten.

Produktionsbetriebe können dadurch gleichzeitig ihre Belastung aus der 2019 eingeführten CO₂-Besteuerung verringern. Sparten wie die in Südafrika zu weiten Teilen auf Kohleverflüssigung und -vergasung basierende Petrochemie gehören zu den weltweit größten Emittenten des Treibhausgases. Neben alternativen Energiequellen sind neue Produktionsverfahren, etwa im Kontext der Wasserstoffökonomie, ein Weg, diese Emissionen zu reduzieren. Das südafrikanische Gesetz zur Luftreinhaltung sieht hier generell immer geringere Grenzwerte vor. Wirtschaftspolitische Eingriffe wie die CO2-Grenzabgabe der Europäischen Union schaffen weitere Anreize, da emissionintensive Betriebe ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüßen könnten.

Treibhausgasemissionen der Industrie in Südafrika 2020

Emissionsquelle

Treibhausgasemissionen (Mio. t CO2e)

Prozessemissionen 1

25,49

   Metalle

12,22

   Mineralien

4,77

   Chemie

2,26

   Gebrauch von Chemikalien 2

6,23

Emissionen aus der Energieversorgung 3

33,34

Emissionen der Industrie insgesamt

58,82

1 wegen fehlender Daten sind die Elektroindustrie und sonstige Branchen nicht erfasst; 2 Schmierstoffe, Lösungsmittel, Kühlmittel etc. 3 für die Emissionen aus der Energieversorgung der Industrie liegen keine Daten nach Sparten vor.Quelle: National GHG Inventory Report South Africa 2000-2020, 2023

Die Statistik des südafrikanischen Greenhouse Gas Inventory Report folgt der Systematik des International Panel for Climate Change (IPCC). Darin werden Emissionen aus dem Energieeinsatz der Industrie einerseits und den industriellen Prozessen und Stoffverwendungen andererseits unterschieden. Dem Bereich Industrie werden in der Gesamtaufstellung auch der Bergbau und die Bauwirtschaft zugeordnet.

Metallerzeugung hat großes Potenzial für CO2-Reduzierung

Südafrika verfügt über weltweit bedeutende Vorkommen verschiedener Metallerze. Dazu zählen die Metalle der Platingruppe, Gold, Mangan, aber auch Eisenerz. Zum Teil werden diese direkt vor Ort weiter verarbeitet. Die Eisen- und Stahlproduktion ist einer der großen Emittenten von Treibhausgasen in der südafrikanischen Industrie. Der Stahlkonzern ArcelorMittal betreibt Werke an mehreren Standorten in Südafrika. Das Produktportfolio reicht von Kokereien über die Eisenverhüttung zu Flach- und Rundstahlprodukten.

In Saldanha an der Atlantiküste betreibt der Konzern eines der modernsten Stahlwerke weltweit. Hier wird zur Eisengewinnung das Direktreduktionsverfahren Midrex eingesetzt. Die Reduktion des Eisenerzes erfolgt dabei ohne den emissionsstarken Einsatz von Kokskohle unter Verwendung von Gas, aus dem in einem vorgeschalteten Schritt Wasserstoff als Reduktionsmittel gewonnen wird. Geplant ist, den Prozess in den kommenden Jahren auf den Betrieb mit grünem Wasserstoff umzustellen.

Partner in diesem von der staatlichen Industrial Development Corporation (IDC) unterstützten Projekt ist der südafrikanische Chemiekonzern Sasol, der auch an anderer Stelle am Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Südafrika beteiligt ist. In der Region Saldanha will Sasol auf der Basis erneuerbarer Energien Wasserstoff für den Export produzieren. Einen weiteren Weg der Zusammenarbeit sehen die beiden Unternehmen am inländischen Standort von ArcelorMittal in Vandebijlpark südlich von Johannesburg. Dort soll CO2 aus der Stahlproduktion aufgefangen und zum benachbarten Werk in Sasolburg transportiert werden, um im Produktionsprozess andere Rohstoffe zu ersetzen.

Bergbau ist Experimentierfeld für emissionsarme Technologien

Die größte Emissionsquelle von Treibhausgasen im Bergbau ist das Verladen und der Transport der Erze. Dies geschieht in der Regel mit dieselbetriebenen Lademaschinen und riesigen Speziallastwagen. Nach einer Studie der Wirtschaftsberatung McKinsey kann dieser Bereich für mehr als die Hälfte der Emissionen eines Erzbergwerks verantwortlich sein. Der südafrikanische Bergbaukonzern Anglo American setzt daher genau hier an. Er hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 CO2-neutral zu wirtschaften. Dieselfahrzeuge verursachen nach Angaben der Firma derzeit etwa 10 bis 15 Prozent der Gesamtemissionen des Unternehmens.

Seit Mai 2022 hat Anglo American den ersten Prototyp eines mit Partnern speziell entwickelten Bergwerklastwagens mit Brennstoffzelle in der Platinmine Mogalakwena im Einsatz. Der mit Wasserstoff betriebene Lastwagen basiert auf dem Modell 930E von Komatsu und hat eine Ladekapazität von 290 Tonnen. Die Leistung des Elektromotors beträgt 2 Megawatt. Nach dem Testbetrieb soll ab 2024 die gesamte Flotte von 40 Schwerlastern durch Brennstoffzellenfahrzeuge ersetzt werden. Danach wird der Einsatz auf weitere Bergwerke des Konzerns ausgedehnt.

Zentrale Partner sind der Brennstoffzellenhersteller Ballard und der US-amerikanische Technologieentwickler First Mode. Die Batterie- und Antriebskomponenten stammen von Williams Advanced Engineering (WAE). Die Wasserstofftanks an Bord sowie die Leitungen auf dem Lkw und an der Tankstation hat das niederländisch-deutsche Unternehmen NPROXX entwickelt. Zu dem Projekt gehört auch eine eigene Elektrolyseeinheit vor Ort mit 3,5 Megawatt, die durch Solarstrom mit Energie versorgt wird.

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