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Grüner Wasserstoff steht in Thailand am Anfang
Thailand hat noch keine nationale Wasserstoffstrategie. Es gibt aber bereits einige Pilotprojekte. Inseln ohne Anschluss an das Stromnetz sollen erste Einsatzfelder werden.
06.08.2025
Von Frank Malerius | Bangkok
Thailand will in die Produktion und Verwendung von grünem Wasserstoff einsteigen, um die Ziele der CO2-Neutralität bis 2050 und Nettonull-Emissionen bis 2065 zu erreichen. Zwar besteht noch keine ausformulierte nationale Wasserstoffstrategie – anders als in den anderen großen Volkswirtschaften der ASEAN (Association of Southeast Asian Nations). Es gibt aber Strategieentwürfe und Road Maps, die potenziellen Marktteilnehmern eine grobe Orientierung geben.
Thailand plant drei Anwendungsgebiete für grünen Wasserstoff
Die Anwendungsbereiche sollen Stromproduktion, Mobilität und Industriewärme sein. In der Stromproduktion soll Wasserstoff vor allem durch Solaranlagen gewonnen und bei Bedarf wieder in Elektrizität umgewandelt werden.
In der Mobilität soll er überwiegend im Schwerlastverkehr zum Einsatz kommen, bei dem die Wasserstoff nutzende Brennstoffzelle der Batterie in Bezug auf Reichweite und Ladezeiten überlegen ist. Im individuellen Personenverkehr setzt Thailand auf Elektromobilität.
Für die Industriewärme soll grüner Wasserstoff Erdgas beigemischt werden. Im Jahr 2030 soll der Anteil von Wasserstoff bei 5 Prozent liegen, 2070 bei 20 Prozent. Darüber hinaus sollen aus grünem Wasserstoff Derivate wie Ammoniak und Methanol produziert werden, die einfacher transportiert werden können.
Erste Projekte laufen
Bisher gibt es in Thailand etwa 20 Projekte für grünen Wasserstoff. Bei den meisten handelt es sich nur um Studien, die sich vor allem mit den drei Einsatzbereichen befassen. Beteiligt sind vielfach der staatliche Strommonopolist Electricity Generating Authority of Thailand EGAT und der staatliche Öl- und Gaskonzern PTT. Im Bereich Mobilität erforschen unter anderem Toyota und der Zulieferer Denso den Einsatz in Thailand, in der Stromerzeugung beispielsweise der Turbinenhersteller Mitsubishi.
Es gibt auch konkrete Anwendungen von grünem Wasserstoff. Das bekannteste Projekt ist das 2015 errichtete Privatanwesen des deutschen Unternehmers Sebastian Schmidt "Phi Suea House" in Chiang Mai. Es ist energieautark und bezieht seinen Strom ausschließlich aus Fotovoltaik und daraus produziertem Wasserstoff.
Schmidt ist Eigentümer des in Italien beheimateten Produzenten von Elektrolyseuren Enapter, dessen Geräte in mehreren Projekten im Land im Einsatz sind. Im Gespräch weist der Wasserstoffpionier darauf hin, dass für Markteinsteiger im Elektrolyseur-Geschäft der Aufbau einer Serviceinfrastruktur unverzichtbar ist. Insbesondere die preisgünstigen chinesischen Hersteller hätten dies bisher unterschätzt.
Wasserstoff ersetzt Diesel auf Inseln
Als wichtigstes Einsatzgebiet für grünen Wasserstoff gilt die Stromversorgung in abgelegenen Regionen, die an kein Stromnetz angeschlossen sind. In Thailand sind das vor allem kleinere Inseln. Die meisten der 70 bewohnten Inseln des Königreichs werden mit Dieselgeneratoren versorgt. Zukünftig sollen sie ihren Strom über Solaranlagen beziehen. Bei Inseln mit geringem Strombedarf können Batterien die Dunkelphasen überbrücken, bei größerer Nachfrage kann grüner Wasserstoff das Problem lösen.
In Pilotprojekten sollen zwei Inseln von Diesel auf grünen Wasserstoff umgestellt werden. Dabei handelt es sich um die winzige private Touristeninsel Koh Munnork (auch Koh Man Nok) sowie um das Eiland Koh Jik in unmittelbarer Küstennähe der östlichen Provinz Trat. In Koh Jik ist die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) am Projekt beteiligt.
Thailand wohl doch kein Wasserstofflieferant für Deutschland
Thailand ist Teil der H2Uppp-Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) und galt als ein möglicher Lieferant von grünem Wasserstoff für Deutschland. Diese Option wird mittlerweile als unwahrscheinlich angesehen. Der Seeweg ist zu lang und die Verluste bei der Um- und Rückumwandlung in und von transportfreundlicheren chemischen Energieträgern wären zu groß.
Zudem sind erneuerbare Energien als Quelle für grünen Wasserstoff in Thailand bisher schwach ausgebaut. Überkapazitäten bei Gaskraftwerken nehmen den Anreiz für eine rasche Ausweitung von Erneuerbaren.
Größter grüner Stromerzeuger für Thailand sind Wasserkraftwerke im benachbarten Laos. Etwa 10 Gigawatt importiert das Königreich von dort. Wichtigster einheimischer grüner Stromerzeuger ist Biomasse. In Zukunft soll Fotovoltaik die mit Abstand dominierende Quelle sein. Windkraft ist keine Option, denn größere windstarke Regionen gibt es in den thailändischen Breitengraden nicht.
Bei hohen Energiepreisen sind Thais sensibel
Eine Wasserstoffwirtschaft jenseits von kleineren Anwendungen ist in Thailand nicht in Sicht. Dafür ist die Produktion bislang zu teuer. Als Schwellenland ist Thailand besonders sensibel für hohe Energiepreise, sowohl in der Industrie als auch bei den privaten Endverbrauchern. Alle Energieformen müssen mit Milliardensummen staatlich subventioniert werden, um sie für ärmere Bevölkerungsschichten erschwinglich zu halten – insbesondere dann, wenn die Weltmarktpreise für Öl und Gas hoch sind. Thailand muss beides wegen sinkender eigener Förderung in immer größeren Mengen importieren.
Der Preis für Haushaltsstrom liegt in Thailand bei 3,99 Baht (circa 10,7 Euro-Cent) pro Kilowattstunde. Dieser im Vergleich zu Europa niedrige Preis ist im Verhältnis zu thailändischen Löhnen hoch. In Thailand beträgt der Mindestlohn pro Tag zwischen 337 und 400 Baht (9,00 bis 10,70 Euro) und ist damit niedriger als der deutsche Mindestlohn pro Stunde. Zudem ist die Hälfte der Thais im informellen Sektor tätig und hat somit keinen Anspruch auf Mindestlohn.