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Special Thailand Infrastruktur

Siemens Mobility setzt auf Verkehrswende in Thailand

Der Chef von Siemens Mobility in Thailand erklärt im Interview, wo und warum deutsche Technologieanbieter trotz starker Konkurrenz aus China gute Chancen haben.

Von Marcus Hernig | Bonn

Zu Person und Unternehmen


Tomasz Mazur, Siemens Dies ist ein eingebettetes Bild | © Siemens

Tomasz Mazur ist geschäftsführender Direktor (CEO) von Siemens Mobility Thailand und seit 16 Jahren dort tätig. Zuvor war er in Shanghai mitverantwortlich für den Bau der Magnetschienenbahn (MAGLEV). Siemens Mobility Thailand liefert und wartet spurgeführte Transportsysteme in der Metropolregion Bangkok und landesweit. Das Unternehmen hat rund 1.100 Beschäftigte. 


Herr Mazur, wo ist Siemens Mobility in Thailand aktiv?

Wir haben drei schlüsselfertige Eisenbahnanlagen projektiert und geliefert. Die erste Hochbahn Thailands, den Skytrain in Bangkok, haben wir mitentwickelt. Dann waren wir am Bau der U-Bahn in Bangkok beteiligt. Schließlich haben wir die S-Bahn, den "Airport Link" zu Bangkoks internationalem Flughafen Suvarnabhumi, mitgebaut. In den letzten Jahren haben wir Aufträge zur Verlängerung dieser urbanen Linien und zu deren Instandhaltung erhalten.

Wir machen auch die Energieversorgungsanlagen und die Signaltechnik für Thailands nationale Eisenbahnen und Flughäfen. Derzeit befinden wir uns in der Endphase der Lieferung von einer Versuchsanlage für einen "Automated People Mover" am Flughafen Suvarnabhumi. Das ist ein vollautomatisiertes, fahrerloses Zugsystem, das aus sechs Zweiwagenzügen besteht.

Sie produzieren vor Ort und exportieren ihre Technologien dann auch?

Nein, wir produzieren nicht in Thailand, wir montieren hier höchstens in Einzelfällen Systeme. Von Thailand aus projektieren und vertreiben wir Signal- und Bahnenergieversorgungsanlagen für weltweite Projekte. In Thailand selbst konzentrieren wir uns auf Metro- und S-Bahn-Projekte. Aktuell steht die Instandhaltung der gelieferten Eisenbahnsysteme im Auftrag der Betreiber im Mittelpunkt der Arbeit, nicht der Aufbau neuer Strecken.

Beim Bau neuer Strecken haben chinesische oder japanische Anbieter oft die besseren Chancen. Woran liegt das?

Der Preis ist häufig entscheidend: Die Märkte in Asien sind sehr preissensibel. Wer wie chinesische Anbieter günstige Komplettlösungen anbietet, erhält oft den Zuschlag.

Japan und Südkorea sind ja auch nicht günstig: Welche Vorteile haben sie gegenüber Siemens abgesehen von der geografischen Nähe?

Japaner und Südkoreaner punkten, wenn sie eine staatlich basierte Finanzierung mit anbieten. Die politische Zusammenarbeit mit der thailändischen Regierung spielt eine große Rolle. Neue Infrastrukturprojekte sollen Entwicklungs- und Produktionsstandorten koreanischer und japanischer Unternehmen in Thailand dienen.

Deutschen Firmen wird oft vorgeworfen, dass sie keine Komplettpakete für asiatische Bedürfnisse anbieten. Stimmt das?

Das stimmt nicht ganz. Siemens Mobility verfügt beispielsweise über die Kapazitäten, ein komplettes Eisenbahnnetz zu bauen, zu liefern und zu integrieren. In der Praxis werden viele Projekte jedoch in mehrere Aufträge und Subsysteme aufgeteilt, die getrennt ausgeschrieben und vergeben werden. Das ist eine Chance für Anbieter von Spezialtechnologien, die sich dann auf die separaten Ausschreibungen einzeln bewerben können.

Warum gibt es einzelne Ausschreibungen für Projektteile, wenn doch Paketlösungen in Thailand erwünscht sind?

Man muss unterscheiden zwischen der Vorliebe für Paketangebote ganzer Zugsysteme vor allem im Fernverkehrsbereich und differenzierteren Interessen im Nahverkehrsbereich. 

Im Nahverkehrsbereich werden die Anforderungen der Kunden aus Thailand zunehmend spezifischer. Sie sind nun zunehmend in der Lage, bei Stadtbahnanlagen Einzellose zu vergeben. Die Entscheidung für einen Spezialanbieter hängt vom Kunden ab: Ausschlaggebend ist wie dieser die erhaltenen Angebote bewertet, wie er den möglichen Erfolg eines Geschäftsmodells sowie das Risiko eines Angebots einschätzt. 

Wann haben deutsche Firmen denn da im Wettbewerb mit ostasiatischen Firmen überhaupt eine Chance?

Deutsche Technologie hat nur eine Chance, wenn sie Qualität und Langlebigkeit als Vorteile bietet. Die Kunst liegt auch in der Kommunikation: Es gilt, nicht zu belehren, sondern genau zuzuhören und auf die Bedürfnisse der Kunden in Südostasien einzugehen. Flexibilität im Portfolio ist wichtig. Hinzu kommen Qualität und Liefertreue. Sie benötigen auch Flexibilität beim Vertragsmanagement und die Fähigkeit, den Kunden bis zum perfekten Lauf einer Anlage zu begleiten.

Wie können Mittelständler dabei sein?

Die Auslandshandelskammer (AHK) hat Mittelständlern angeboten, sich hier in Thailand vorzustellen. Sie konnten sich ein Bild machen und Möglichkeiten ausloten, ihre Produkte direkt anzubieten. Wenn diese Firmen bereits Siemenslieferanten sind, dann können sie automatisch bei unseren Projekten als Sublieferanten dabei sein. Für Spezialisten für Fahrzeugbauteile, Gleisbau und anderes lohnt es, sich mit ihrem Angebot hier in Bangkok bei Siemens vorzustellen. Da unser Standort ein globaler Hub ist, bestehen gute Chancen auf weitere Geschäfte weltweit.

Welche Technologien bieten deutsche Mittelständler bereits erfolgreich in Thailands Eisenbahnbau an?

Da gibt es viele Beispiele: Wabtec und Harting bieten Konfektionsteile und Stecker für die Züge. Knorr Bremse ist mit Bremssystemen und Diagnoseeinrichtungen dabei. Schalke liefert Arbeitslokomotiven. Vosloh ist beim Gleisbau dabei. Voith und Flender liefern Kupplungen. Finanzierungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie Audits des TÜV Rheinlands eröffnen deutschen Firmen zusätzlich Geschäftschancen.

Sehen Sie für deutsche Firmen Chancen, bei den nationalen und grenzüberschreitenden Verbindungen in Thailand und Südostasien mitzubauen?

Die Chancen sind gering, denn viele Projekte sind politisch: Dazu gehören grenzübergreifende Unternehmungen wie die viel zitierte Kunming-Laos-Bangkok-Singapur-Eisenbahnverbindung. Das ist ein typisches Großprojekt der chinesischen Belt and Road Initiative: Staatliche Unternehmen aus China arbeiten direkt mit den jeweiligen Regierungsbehörden in Südostasien zusammen.

Wo sehen Sie denn die Zukunft der Mobilität in Thailand?

Gerade in Thailand ist es schwierig, die Menschen von der Straße auf die Schiene zu bringen. Daher sind Management und Vernetzung der bestehenden Verkehrssysteme wichtig: Intermodalität, Fahrplanangleichungen und Anpassungen an den Kundenbedarf nach individueller Beförderung sind die großen Zukunftsthemen für Mobilität in Thailand. Die Herausforderung liegt in der Entwicklung nahtloser Intermodalität zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern.

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