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Wirtschaftsumfeld | Tschechische Republik | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Löhne und Gehälter

Die geringe Arbeitslosigkeit lässt die Löhne in Tschechien steigen. Doch auch Zusatzleistungen und flexible Arbeitszeiten sind entscheidend bei der Gewinnung von Fachkräften.

Von Gerit Schulze | Prag

Tschechiens Arbeitnehmende müssen zwei Jahre in Folge Reallohnverluste hinnehmen. Nach einem Rückgang um 8,5 Prozent im Jahr 2022 geht es 2023 nach Schätzungen des Finanzministeriums um weitere 2,5 Prozent bergab. Grund ist die hohe Inflation im Land, die 2023 wieder zweistellig ausfiel. Trotz der niedrigen Erwerbslosenquote lässt die schwache Konjunkturlage derzeit wenig Spielraum für stark steigende Löhne.

Hohe Zuwächse bei kommunalen Betrieben

Nominal stiegen die Durchschnittslöhne im 1. Halbjahr 2023 um 8,2 Prozent auf umgerechnet knapp 1.800 Euro. Besonders hoch waren die Zuwächse in der Energieversorgung und bei kommunalen Betrieben.

Für 2024 deuten sich leichte Verbesserungen für die Beschäftigten an. Das Finanzministerium rechnet mit realen Lohnzuwächsen von durchschnittlich 2,9 Prozent. Dazu trägt vor allem die abgeschwächte Inflation bei, die laut Zentralbank im kommenden Jahr nur noch 2,6 Prozent betragen soll. Spätestens 2026 dürfte der Durchschnittslohn in Tschechien die Marke von 50.000 Tschechischen Kronen (Kč) überschreiten. Umgerechnet würde damit auch die Grenze von 2.000 Euro fallen.

Mindestlohn verharrt auf niedrigem Niveau

Weit von dieser Marke entfernt ist der Mindestlohn. Er betrug 2023 monatlich 17.300 Kč (726 Euro) oder 103,80 Kč (4,35 Euro) je Stunde bei einer 40-Stunden-Woche. Bei Redaktionsschluss dieser Publikation wurde die Höhe für 2024 noch diskutiert. Die Gewerkschaften pochen darauf, dass der Mindestlohn wenigstens das Niveau eines halben Durchschnittslohns erreicht. Arbeitgeber und die Regierung sind zurückhaltender und wollen den Zuwachs parallel zum normalen Lohnanstieg gestalten. Derzeit profitieren rund 150.000 Beschäftigte in Tschechien von den Regelungen zum Mindestlohn.

In Prag verdienen Beschäftigte am meisten

Regional sind die Lohnunterschiede in Tschechien relativ gering. Nur Prag sticht deutlich hervor. In der Hauptstadt lag das Lohnniveau im 1. Halbjahr 2023 bei über 2.200 Euro und damit um ein Viertel über dem Landesdurchschnitt. Hier haben sich viele internationale Großunternehmen angesiedelt, die ihre Geschäfte in ganz Mittelosteuropa steuern und viele Expats beschäftigen. Außerdem ist die Moldaumetropole dank ihrer hohen Lebensqualität und der vielen Hochschulen ein Zentrum der IT-Branche, die hohe Gehälter offeriert. Neben Prag ist die Umlandregion Mittelböhmen die einzige Region, in der die Löhne über dem Landesdurchschnitt liegen. Ein vergleichsweise hohes Lohnniveau weisen auch Tschechiens zweitgrößte Stadt Brno und ihr Speckgürtel auf. 

Besonders niedrig sind die Löhne in den strukturschwachen Grenzregionen zu Sachsen wie Karlovy Vary oder Liberec. Auch die vom Strukturwandel betroffene Montanregion Mährisch-Schlesien hat noch ein recht niedriges Lohnniveau. 

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Softwareentwickler sind stark umworben

Die im Vergleich zu Deutschland geringen Einkommen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass für Spezialisten in bestimmten Branchen auch in Tschechien hohe Löhne gezahlt werden. Am meisten verdienen die Beschäftigten im IT- und Telekommunikationssektor. Bei über 3.000 Euro pro Monat liegen die Durchschnittslöhne außerdem in der Finanzwirtschaft und seit diesem Jahr im Energiesektor. Im IT-Bereich werden Hochschulabsolventen häufig gleich nach Ausbildungsende ohne Berufserfahrung mit hohen Einstiegsgehältern angelockt. 

Besonders niedrige Gehälter bekommen die Angestellten in der Gastronomie, im Hotelgewerbe und in der Landwirtschaft.

Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Branchen (in Kč und Euro, gerundet, Veränderung in Prozent)
Branche

1. Halbjahr 2023 (in Kč)

Veränderung 1. Halbjahr 2023 / 1. Halbjahr 2022 (in %) 1

1. Halbjahr 2023 (in Euro) 2

Durchschnittslohn

42.200

8,2

1.780

Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei

32.000

8,4

1.350

Verarbeitendes Gewerbe

41.400

9,5

1.750

Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung

71.100

18,7

3.000

Wasserversorgung, Abfallwirtschaft

37.500

9,3

1.580

Baugewerbe

35.700

7,8

1.510

Groß- und Einzelhandel, Reparatur von Kfz

40.100

8,3

1.700

Transport und Lagerhaltung

37.700

8,4

1.590

Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie

25.000

9,8

1.050

Informations- und Kommunikationsleistungen

77.000

7,9

3.250

Finanz- und Versicherungswesen

76.100

7,3

3.210

1 gegenüber Vorjahr, nominal bezogen auf Landeswährung; 2 durchschnittlicher Wechselkurs 1. Halbjahr 2023: 1 Euro = 23,69 Kč.Quelle: Tschechisches Statistikamt 2023; Tschechische Nationalbank 2023

Die offiziellen Werte sind auch in Tschechien nur ein Teil der Wahrheit. Je nach Beruf und Spezialisierung, aber auch je nach Arbeitgeber können die Gehälter stark variieren. Ein gutes Bild der Situation erlaubt das Informationssystem ISPV. Es bildet quartalsweise den Median des Bruttomonatslohns in der gesamten Tiefe der Berufsklassifizierung ab. Dieser lag zur Jahresmitte 2023 bei 38.000 Kč (1.540 Euro). 

Niederlassungen deutscher Firmen zahlen in der Regel höhere Löhne als im Landesdurchschnitt. Jeweils zum Jahresende fragt die Auslandshandelskammer in Prag (AHK Tschechien) bei ihren Mitgliedsunternehmen Angaben zu Gehältern in 80 Schlüsselpositionen, zu variablen Anteilen und Zusatzleistungen, Fluktuationsrate und Krankenquote ab. Die "Gehaltsbenchmark Tschechische Republik" liefert damit eine gute Orientierung für die Planung der Geschäfte im Land.

Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Positionen (in Kč und Euro, gerundet, Veränderung in Prozent)
Stellenbezeichnung (Klassifizierung nach CZ-ISCO, Klasse)

1. Halbjahr 2023 (in Kč)

Veränderung 1. Halbjahr 2023 / 1. Halbjahr 2022 (in %) 1

1. Halbjahr 2023 (in Euro) 2

Durchschnittslohn (insgesamt)

45.100

7,5

1.910

Führungskraft (1)

110.600

8,0

4.670

Personal mit akademischer Ausbildung (2)

73.200

7,6

3.090

Techniker:in (3)

48.600

7,5

2.050

Unterstützende Bürokraft (4)

35.800

6,6

1.510

Dienstleistungs- und Verkaufskraft (5)

30.100

6,8

1.270

Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft (6)

32.500

6,9

1.370

Handwerker:in (7)

38.200

7,9

1.610

Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft (8)

36.300

7,3

1.530

Hilfskraft (9)

26.300

6,6

1.110

1 gegenüber Vorjahr nominal bezogen auf Landeswährung; 2 Wechselkurs 1. Halbjahr 2023: 1 Euro = 23,69 Kč.Quelle: ISPV 2023; Tschechische Nationalbank 2023

Zusatzleistungen immer wichtiger

Die Fluktuationsrate und die Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, sind in Tschechien generell höher als in Deutschland. Deutsche Unternehmen versuchen daher, mit Benefits ihre Arbeitskräfte zu binden oder neue zu finden. 

Besonders beliebt und lange etabliert sind Essensgutscheine. Diese Zusatzleistung bieten laut Gehaltsbenchmark der AHK Tschechien fast alle befragten Unternehmen an. Über 70 Prozent gewähren ihren Angestellten Zuschüsse zur privaten Rentenversicherung. Mehr als 80 Prozent der nicht in der Produktion Beschäftigten können flexible Arbeitszeitmodelle nutzen. Bonus- und Prämienzahlungen sind in fast allen Betrieben üblich. Weniger verbreitet sind Zuschüsse zu Lebensversicherungen, Zeitkonten und ein 13. Gehalt. Für weitere Informationen siehe Abschnitt "Personalsuche und Personalmanagement".

Sozialabgaben über ein Drittel der Lohnsumme

Die Gesetzgebung unterscheidet zwei Pflichtversicherungssysteme: Die Kranken- und die Sozialversicherung. Die Sozialversicherung schließt die Rentenversicherung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Arbeitslosenversicherung ein. Die Gesamthöhe der Sozialabgaben und Krankenversicherungsbeiträge (ohne Unfallversicherung) beträgt für Arbeitgeber 33,8 Prozent des Bruttoverdienstes, für Arbeitnehmer 11 Prozent. Das noch nicht endgültig beschlossene Konsolidierungspaket der Regierung sieht vor, dass Arbeitnehmer ab 2024 zusätzlich 0,6 Prozent für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zahlen sollen.

Sozialversicherungsbeiträge 2023 (in Prozent der Bemessungsgrundlage)
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil)

21,5

Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil)

9,0

Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz (Arbeitgeberanteil)

2,1

Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil)

1,2

Sonstige Versicherungen (Arbeitgeberanteil) - siehe Anmerkung zu Unfallversicherung

0,28 - 5,04

Quelle: Tschechische Verwaltung der Sozialversicherung (ČSSZ) 2023; Gesetze

Erläuterungen zur Beitragsbemessung

In Tschechien gilt eine einheitliche Bemessungsgrenze für alle Sozialabgaben (außer der Krankenversicherung). Sie entspricht 2023 einem Jahreseinkommen ab dem 48-fachen des durchschnittlichen Monatslohns, also 1.935.552 Kč (rund 81.200 Euro). Für 2024 rechnet das Finanzministerium mit einem Monatslohn von 43.967 Kč (etwa 1.840 Euro). Die Beitragsbemessungsgrenze steigt dadurch auf 2.110.416 Kč (88.300 Euro).

Der Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung hängt vom Gefährdungspotenzial der Branche ab. Im Produktionssektor liegt er in der Regel bei 0,84 Prozent des für die Sozialversicherung herangezogenen Bemessungsbetrags. Banken, Versicherungen und Verlage müssen nur 0,28 Prozent bezahlen, Bergbaubetriebe 5,04 Prozent. Die Mindestprämie beträgt 100 Kč je Quartal.

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