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Branchen | Türkei | Auslandsbau

Türkische Baukonzerne glänzen bei internationalen Projekten

Bauunternehmen in der Türkei haben sich weltweit einen Namen gemacht. Sie punkten vor allem bei großen Infrastrukturprojekten. 

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Ob Straßen, Flughäfen oder Kraftwerke – türkische Firmen sind bei großen Projekten weltweit aktiv. Im Vergleich zum Rekordjahr 2023 wird 2024 jedoch voraussichtlich ein schwächeres Jahr werden. Das liegt daran, dass die weltweite Projektaktivität unter der globalen Inflation, den zunehmenden Auswirkungen regionaler Konflikte, Problemen in der Lieferkette und Kostensteigerungen leidet. 

In den ersten acht Monaten des Jahres 2024 erzielten die türkischen Baufirmen im Ausland einen Projektwert von 11 Milliarden US-Dollar (US$), wobei sich der Trend zu größeren Projekten fortgesetzt hat: Der durchschnittliche Projektwert betrug im genannten Zeitraum 76 Millionen US$. Im Jahr 2023 lag das Auftragsvolumen bei 28 Milliarden US$.

Chancen für deutsche Firmen

Türkische Ingenieurbüros oder Baukonzerne könnten deutschen Bauunternehmen den Zugang als Subunternehmer zu Großprojekten verschaffen. Hierbei sind vor allem Speziallösungen für einzelne Aspekte des Projekts und Hightech gefragt. Seit den Übernahmen deutscher Bauunternehmen durch internationale Konzerne in den 2000er-Jahren, gibt es praktisch keine Bauaktivität als Gesamtunternehmer bei Großprojekten mehr. 

Russland ist trotz der Beeinträchtigungen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiterhin der führende Markt für türkische Baufirmen. Das Projektvolumen hat sich nach starken Rückgängen im Vorjahr 2023 erholt. Russland ist traditionell einer der größten Märkte türkischer Bauunternehmen. Auf Rang 2 folgt Rumänien, wo türkische Unternehmen Eisenbahn-, U-Bahn- und Autobahnprojekte durchführen. 

Auslandsgeschäft der türkischen Bauunternehmen nach Regionen 2023 In Milliarden US-Dollar; Anteil in Prozent
Region

Umsatz

Anteil

GUS

10,4

37,4

Europa

7,4

26,6

Mittlerer und Naher Osten

5,5

19,7

Afrika

3,5

12,6

Asien-Pazifik

0,9

3,2

Amerika

0,2

0,4

Quelle: Türkisches Handelsministerium 2024

Geschäftschancen in Saudi-Arabien und Irak

Saudi-Arabien ist zu einer wichtigen Zielregion für die türkischen Baufirmen geworden. Im Jahr 2023 wurden dort Projekte im Wert von knapp 3 Milliarden US$ umgesetzt. Die Branche erwartet große Geschäftschancen durch Projekte im Rahmen der Vision 2030. 

Ein weiterer aufstrebender Markt aus türkischer Sicht ist der Irak. Die Türkei hat mit dem Nachbarland ein Memorandum of Understanding zum Development Road Projekt unterzeichnet. Dieses Projekt umfasst eine 1.200 Kilometer lange Autobahn und Eisenbahnstrecke, die den im Bau befindlichen Hafen Al-Faw in Basra mit der Türkei verbinden soll. Der Hafen soll ab 2025 teilweise und bis 2028 vollständig in Betrieb gehen. Langfristiges Ziel ist ein durchgehender Korridor zwischen Basra und Europa als schnellere Alternative zum Suezkanal. Das Vorhaben eröffnet Chancen beim Bau von Straßen und Eisenbahnstrecken. Fragen zur Finanzierung und Sicherheit bleiben offen und könnten die Umsetzung des Projekts behindern. Zudem wurde ein Rahmenabkommen zur Zusammenarbeit im Wasserbereich geschlossen.

Neue Zielmärkte rücken im Auslandsgeschäft türkischer Bauunternehmen nach obenJahr 2023, Projektwert in Milliarden US-Dollar, Anteil in Prozent

Land

Projektwert

Anteil

Russland

4,6

16,5

Rumänien

3,6

13,0

Turkmenistan

3,4

12,1

Saudi-Arabien

2,9

10,4

Irak

1,5

5,3

Libyen

1,3

4,6

Spanien

1,0

3,7

Aserbaidschan

0,9

3,3

Andere Länder

8,7

31,1

Insgesamt

27,9

100

Quelle: Türkisches Handelsministerium 2024

Laufende Projekte türkischer Baufirmen im Ausland

Die Türkei ist traditionell stark präsent im Infrastrukturbau, insbesondere bei Verkehrsprojekten wie Schiene und Flughafenbau sowie in der Energiebranche. Eine Auswahl an Projekten, an denen türkische Firmen arbeiten, sind:

Transportprojekte (Straße, Schiene, Hafen)

  • Alarko: Bau der großen Ringstraße in Almaty, Kasachstan
  • Enka: Morava Corridor Autobahn in Serbien
  • Cengiz: Zweiter Abschnitt der Autobahn zwischen Sibiu und Pitesti in Rumänien
  • Yapi Merkezi: Bahnstrecke zwischen Dar es Salaam und Morogoro, das Sadara Rail Project und das Jubail Railway Network Project
  • Enka: Bau eines Kreuzfahrthafens in San Juan, Puerto Rico

Flughafenbau

  • TAV: Ausbau der internationalen Flughäfen Hamad in Katar, Almaty in Kasachstan und Sanierung des Flughafens Mosul im Irak
  • Limak: Bau eines neuen Terminals am Flughafen in Kuwait

Energieprojekte

  • Enka: Bau eines Gasturbinenkraftwerks in Tripolis, Libyen
  • Calik Enerji: Hochspannungs-Elektrizitätsleitung durch Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan

Hochbauprojekte

  • Limak: Wohn- und Büro-Tower in Skopje, Nordmazedonien sowie Renovierung und teilweise Neubau des Barcelona Spotify Camp Nou Stadium in Spanien

Außerdem baut Limak ein künstliches Tal und zwei TBM Tunnel innerhalb des “The Vault” Projekts, das den Zugang zu Trojena Region in den Bergen bei Saudi-Arabiens Neom Projekt bilden soll. Die Projekte verdeutlichen die umfassende Präsenz und Expertise türkischer Bauunternehmen bei internationalen Projekten.

Groß im weltweiten Baugeschäft

Ganze 43 türkische Baukonzerne sind auf der Top-250-Liste des US-Fachmagazins Engineering News Record (ENR) von Ende August 2024 vertreten. Sechs von ihnen haben es sogar unter die Top 100 geschafft und eines erreichte die Top 50. Das Ranking orientiert sich an den Auslandsumsätzen im Jahr 2023. Die zehn bestplatzierten türkischen Baukonzerne im Ranking waren Limak, Rönesans, Yapi Merkezi, Enka, Ant Yapi, Esta Insaat, Cengiz Construction, Gülermak und Aslan Yapi. 

Den bisherigen Rekordwert erzielten türkische Bauunternehmen 2015 mit 285 Projekten im Ausland und durchschnittlichen Projektkosten von 84 Milliarden US$. 

Acht Berater unter den Topfirmen weltweit

Türkische Unternehmen erbrachten im Jahr 2023 technische Consulting-Dienstleistungen für Projekte im Wert von 233 Millionen US$, wie das türkische Handelsministerium meldet. Infrastrukturprojekte machten dabei 55 Prozent und Hochbauprojekte 45 Prozent der Beratungsaufträge aus. Neben den traditionell wichtigen Regionen GUS, dem Mittleren und Nahen Osten, gewinnen asiatische Länder wie Indien und Pakistan an Bedeutung.

In diesem Jahr wurden acht türkische Ingenieurbüros in die von ENR erstellte Liste der "Top 225 International Design Firms" für ihre Leistungen im Auslandsgeschäft im Jahr 2023 aufgenommen. Diese Unternehmen sind NKY Architecture Engineering (Platz 106), Euro Consult for Engineering Consultancy (145), Proyapi Engineering (154), Yüksel Proje (162), Dolsar Engineering (174) Temelsu International Engineering (186), Tekfen Engineering (192) und Mapa Insaat (201). 

Beratende Ingenieure im Ausland

Bei großen Infrastrukturprojekten sind vielfältige Beratungsleistungen gefragt. Deutsche Ingenieurbüros führen weltweit unter anderem Machbarkeitsstudien durch, prüfen Designs und überwachen den Bau. Branchenvertreter berichteten GTAI von ihren Projekten in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika. Dabei wird deutlich: Deutsche Ingenieure sind vor allem in aufstrebenden Märkten aktiv. Dort sind sie oft auf Partner angewiesen. Wir beleuchten, wie sich die Deutschen gegen die Konkurrenz durchsetzen und an Aufträge kommen. Außerdem geben wir rechtliche Tipps. Erfahren Sie im GTAI-Online-Special mehr über Erfolgsfaktoren, Hürden und Besonderheiten der Branche.

Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zur Bauwirtschaft in der Türkei und zu Infrastrukturprojekten weltweit zur Verfügung.

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