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Branchen | Türkei | Auslandsbau

Türkische Bauunternehmen sind weltweit aktiv

Die türkischen Baukonzerne sind im Auslandsgeschäft stark aufgestellt. Sie punkten vor allem bei großen Infrastrukturprojekten. Die Aufträge sind 2022 jedoch zurückgegangen.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Türkische Bauunternehmen sind zu einer festen Größe im weltweiten Baugeschäft geworden. Heute wird das meiste Projektvolumen in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und im europäische Raum umgesetzt. Das durchschnittliche Projektvolumen der letzten Jahre zeigt allerdings stark schwankende Werte. Im Jahr 2021 erzielten die türkischen Baufirmen einen Projektwert von über 30 Milliarden US-Dollar (US$). Im Folgejahr waren es nur noch 19 Milliarden US$.

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Auslandsgeschäft der türkischen Baukonzerne

Jahr

Anzahl der Projekte

Projektwert (in Mrd. US$)

Durchschnittlicher Projektwert

 (in Mio. US$)

2022

492

19,1

39

2021

443

30,8

69

2020

371

16,2

44

2019

539

19,7

36

2018

385

22,4

58

Quelle: Türkisches Handelsministerium 2023

Grund dafür war der Auftragsrückgang bei Großprojekten. Die Unternehmen begannen Einbußen über eine Vielzahl kleinerer Aufträge auszugleichen. Während der Gesamtprojektwert um ein Drittel zurückging, nahm die Anzahl der Projekte zu. Dies spiegelt sich im Rückgang des durchschnittlichen Projektwerts von 69 Millionen US$ im Jahr 2021 auf 39 Millionen US$ in 2022 wider.

Hohe Ausfälle im Russlandgeschäft

Das Projektvolumen ist im letzten Jahr wegen des russischen Angriffskriegs stark zurückgegangen. Russland ist traditionell einer der größten Märkte türkischer Baufirmen. Obwohl die Türkei sich nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligt und dies auch nicht plant, führte der Krieg zu einem starken Einbruch im Russlandgeschäft. Der Projektwert sank 2022 auf 2,3 Milliarden US$ im Vergleich zu 11 Milliarden US$ im Vorjahr. Dennoch blieb Russland gemessen am Projektwert auch 2022 der mit Abstand wichtigste Markt.

Suche nach neuen Märkten

Um den Rückgang zu kompensieren, suchen die türkischen Bauunternehmen nach neuen Märkten. Die Ziele für 2023 sind laut dem Türkischen Bauunternehmerverband TMB (Türkiye Müteahhitler Birliği) Westeuropa, Amerika und die Länder im asiatisch-pazifischen Raum. In den ersten vier Monaten 2023 führten Turkmenistan (810 Millionen US$), Libyen (802 Millionen US$) und Mazedonien (699 Millionen US$) das Ranking der größten Auslandsmärkte vor Russland (626 Millionen US$) an. Diese Zahlen meldete die staatliche Nachrichtenagentur TRT Haber unter Berufung auf das Handelsministerium.

Auslandsgeschäft der türkischen Bauunternehmen nach Ländern 2022

Land

Projektwert (in Mio. US$)

Anteil (in %)

Russland

2.341

12,3

Aserbaidschan

1.713

9,0

Irak

1.580

8,3

Rumänien

1.495

7,8

Usbekistan

1.481

7,8

Tansania

1.084

5,7

Polen

936

4,9

Katar

880

4,6

Ungarn

649

3,4

Lybien

640

3,4

Andere Länder

6.308

33,0

Insgesamt

19.107

100

Quelle: Türkisches Handelsministerium 2023

Stark im Infrastrukturbau

Die Türkei ist traditionell stark präsent im Infrastrukturbau, insbesondere bei Verkehrsprojekten wie Schiene und Flughafenbau sowie in der Energiebranche. Laufende Projekte im Verkehr sind beispielsweise die Hochgeschwindigkeitsstrecke Dar Es Salaam-Morogoro in Ostafrika, die Bahnstrecke von Tabora nach Isaka in Tansania (beide durchgeführt von Bauunternehmen: Yapi Merkezi), die große Ringstraße in Almaty (Alarko) und die südliche Ringautobahn in Bukarest (ebenfalls Alarko). TAV ist auf den Flughafenbau spezialisiert und ist derzeit aktiv beim Ausbau des Hamad International Airport in Katar sowie des Almaty International Airport in Kasachstan und bei der Sanierung des Mosul International Airport im Irak. Im August 2023 erhielt Limak Medienberichten zufolge den Auftrag für den Bau eines neuen Terminals am Kuwaiter Flughafen.

Bei Energieprojekten sind türkische Unternehmen unter anderem beteiligt an einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage in Dradenau im Hamburger Hafen (Enka), am Bau eines neuen Atomkraftwerks Hinkley Point C in England (Enka), dem Amur Gas Chemiekomplex in Russland und dem Midia Gasprojekt in Rumänien (beide Esta Insaat).

Darüber hinaus ist die Türkei auch an großen Wohnbauprojekten im Ausland beteiligt. Laufende Projekte im Hochbau sind beispielsweise der Wohntower Missoni Baia in Miami, der Wohnkomplex Belgravia Gate in London und die Oko Towers in Moskau (alle drei von Ant Yapi) oder The Address Residences Dubai Opera in den Vereinigten Arabischen Emiraten (TAV).

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Groß im weltweiten Baugeschäft

Ganze 40 türkische Baukonzerne sind auf der Top 250 Liste des US-Fachmagazins Engineering News Record (ENR) von Ende August 2023. Dabei orientiert sich das Ranking an den Auslandsumsätzen im Jahr 2022. Insgesamt setzten diese 40 Unternehmen rund 19,1 Milliarden US$ im Jahr 2022 im Ausland um. Die zehn bestplatzierten türkischen Baukonzerne im Ranking waren Rönesans, Limak, Enka, Yapi Merkezi, Ant Yapi, Esta Insaat, Tekfen, Calik Enerji, Cengiz und TAV.

Im Jahr 2005 überschritten die türkischen Bauunternehmen erstmals die Marke von 10 Milliarden US$ im Auslandsgeschäft. Den bisherigen Rekordwert erzielten sie 2015 mit 285 Projekten im Ausland und durchschnittlichen Projektkosten von 84 Milliarden US$.

Die Regionen, in denen sie seit den 70er Jahren das größte Projektvolumen umgesetzt haben, sind die GUS (46 Prozent des Projektwerts von 1972 bis 2022), Afrika (18 Prozent; davon Subsahara-Afrika: 6 Prozent, Nordafrika 12 Prozent) und Europa (9 Prozent).

Asien wird wichtiger Markt für technische Beratungsdienstleistungen

Türkische Unternehmen führten im Jahr 2022 technische Consulting-Dienste für Projekte im Wert von 263 Millionen US$ aus, wie das türkische Handelsministerium meldet. Traditionell sind die GUS sowie der Mittlere und Nahe Osten, ähnlich wie bei den Baukonzernen, für die technischen Beratungsdienstleister wichtige Auslandsmärkte. Außerdem haben asiatische Länder an Bedeutung gewonnen: Pakistan und Indien gehören mittlerweile zu den Top 10 Auslandsmärkten für türkische Berater. Im Jahr 2023 platzierten sich neue Märkte wie Nepal und Rumänien in den Top 10.

In diesem Jahr wurden sieben türkische Ingenieurbüros in die von ENR erstellte Liste "Top 225 International Design Firms" für ihre Leistungen im Auslandsgeschäft im Jahr 2022 aufgenommen. Diese Unternehmen sind NKY Architecture Engineering (Platz 91), Proyapi Engineering (138), Temelsu International Engineering (161), Yüksel Proje (162), Euro Consult for Engineering Consultancy (180), Dolsar Engineering (185) und Tekfen Engineering (205). Jüngst hat beispielsweise ein von Dolsar geführtes Konsortium den Auftrag für die Beratungs- und Ingenieurarbeiten für die zweite Phase des Kurram-Tangi-Staudammprojekts in Pakistan erhalten.

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