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Special | Türkei | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Klimaziele: Netto-Null-Emissionen bis 2053

Bislang waren die Klimaziele der Türkei niedrig gesteckt und unverbindlich. Jetzt zeichnet sich eine Wende ab. 

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Die Türkei will das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität (Netto-Null) bis 2053 erreichen. Das Land hat das Umweltministerium um die Zuständigkeit für Klimaschutz aufgestockt und eine eigene Klimaabteilung eingerichtet. Mit Unterstützung der Weltbank läuft ein Projekt zur Einführung eines Emissionshandelssystems ETS (Emission Trading System). Dessen Start ist für 2026 anvisiert. Zu Beginn des Jahres 2023 veröffentlichte das türkische Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen den Nationalen Energieplan 2020 bis 2035 und die Wasserstoffstrategie.

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Der genaue Fahrplan bis zu Netto-Null ist unklar

Die beiden neuen Strategiepapiere geben erste Hinweise, wie die Türkei ihr Netto-Null-Ziel bis 2053 erreichen möchte. Der Energieplan und die Wasserstoffstrategie müssen jedoch Teil der nationalen Politik werden. An der Konkretisierung und Umsetzung der Ziele arbeiten nicht nur das Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen, sondern auch andere Ministerien. Beispielsweise muss in der Transportbranche, auf die ein großer Teil der CO2-Emissionen entfällt, eine anvisierte Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene mit dem Transportministerium abgestimmt werden. Dem Vernehmen nach bewerten Unternehmensvertreter den Energieplan 2035 allgemein eher positiv. Die Energiebranche soll durch die Veröffentlichung der Ziele bereits einen Aufschwung erlebt haben. Allerdings gibt es teils Zweifel an der Realisierbarkeit und der Umsetzung der Ziele. Zudem sei offen, wie die Projekte finanziert werden sollen.

Zur Erreichung des Netto-Null-Ziels muss die Türkei die Emissionen senken und den Ausbau grüner Energiequellen vorantreiben. Ist eine Dekarbonisierung durch Elektrifizierung nicht möglich, könnte Wasserstoff eingesetzt werden. Unternehmensvertreter erachten die veröffentlichten Wasserstoffziele im Allgemeinen häufig als noch nicht aussagekräftig genug. Es bleibe unklar, wie die Ziele erreicht werden sollen. Investoren wünschen sich einen konkreten Fahrplan. 

Unternehmen bereiten sich auf EU-Maßnahmen vor

Entscheidend für die weitere Entwicklung dürfte sein, dass Wirtschaft und Verbände das Thema Dekarbonisierung vorantreiben. Die EU ist der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für produzierende Unternehmen in der Türkei. Deshalb zwingen EU-Maßnahmen wie die geplante Einführung des europäischen Grenzausgleichssystems CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) zur CO2-Bepreisung von Importen und der Green Deal auch türkische Produzenten dazu, energieeffizienter zu werden. Nur so können sie sich ihre Wettbewerbsfähigkeit in der EU sichern. Die türkische Regierung hat Ende des Jahres 2021 einen Aktionsplan zum Green Deal veröffentlicht. 

Emissionshandelssystem ist in der Pilotphase

Die Türkei arbeitet schon länger in Zusammenarbeit mit der Weltbank an der Entwicklung eines ETS-Systems. Das erforderliche Reporting-System MRV ist seit 2015 in Kraft. Jetzt ist die dritte und letzte Projektphase erreicht: Die Pilotierung. Sie wird von unterstützenden technischen Studien begleitet. Stimmen aus dem zuständigen Energieministerium zufolge, wird sich das türkische ETS am EU-Emissionshandelssystem orientieren. Die Einführung ist für 2026 anvisiert. 

Vorrangiges Ziel ist die Unabhängigkeit von Importen

Die Türkei strebt die Abkehr von Gas und Erdöl hin zu grünen Energiequellen an. Das möchte das Land vor allem, um bei der Stromversorgung unabhängiger von Importen zu werden. Klimawandel oder Umweltschutz scheinen in der Politik nicht die treibenden Kräfte dafür zu sein. Dies zeigt besonders das Festhalten am Braunkohleabbau. Außerdem ist die mit Abstand wichtigste erneuerbare Energiequelle in der Türkei Wasserkraft, die ihrerseits viele Umweltbedenken aufwirft. Der Ausbau der Wasserkraft soll Experten zufolge bald das Limit des Machbaren erreicht haben. In den vergangenen Jahren rückte Windkraft in den Fokus. Für deren Erzeugung gibt es in der Türkei geeignete Gebiete, insbesondere in der Süd-Marmara-Region. Es entstehen auch vermehrt Solarprojekte.

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